Zucht von Schlangen und Mäusen |
Stadt-Roth

Grünschnabel
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Zucht von Schlangen und Mäusen |
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Wir hatten diese Tage über eine Schlangenzucht in einem Mehrfamilienhaus. Zur Aufzucht der Schlangen werden zeitgleich Mäuse gezüchtet, die an die Schlangen verfüttert werden. Seitens eines Anwohners wird sich über den zunehmenden Gestank verursacht durch den Züchter beschwert.
Wir bekomme ich einen solchen Fall am günstigsten für die anderen Mieter gelöst.
Problem: Der Züchter ist Miteigentümer in diesem Haus und kann daher nicht zum Auszug bewegt werden. Die Aufzucht von Tieren ist meines Wissens auch kein Gewerbe, da dieses als Urproduktion in der Gewerbeordnung festgehalten wird.
Wer hatte ähnlichen Fall oder kann hierzu hilfreiche Hinweise geben
Vorab vielen Dank
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1
27.11.2007 11:48 |
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Solon
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ve-ru

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RE: Zucht von Schlangen und Mäusen |
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Hallo Kollegin,
was sagen die Kollegen vom Veterinäramt eigentlich zu diesem Thema.
Normalerweise ist ja hier eine Erlaubnis des Veterinäramtes bezüglich der Schlangen- und Mäusezucht erforderlich.
Ansonsten mal mit dem Züchter reden, ob er nicht seine Mäusezucht in ein unbewohntes Grundstück verlagern könnte.
Vielleicht ist er ja einsichtig, wenn er schon eine schlechte Nase hat.
Viele Grüße aus der Schillerstadt Rudolstadt
__________________
Kirsten Venz
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2
27.11.2007 12:41 |
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Solon
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Roland Kissau
Kaiser

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RE: Zucht von Schlangen und Mäusen |
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Hallo aus Hückeswagen,
solange die Tierchen (egal ob Schlangen oder Mäuse) im Haus bzw. der Wohnung bleiben und sich nicht auf öffentliche Flächen begeben, würde ich die Bewohner, die sich beeinträchtigt fühlen, auf den Privatrechtsweg verweisen (Rechtsanwalt, Mieterverein). Wenn's ein Mietshaus ist, hilft vielleicht schon die Androhung von Mietminderung.
Ansonsten würde ich mich, wie schon von Ve-Ru angeführt, mal mit dem Veterinäramt in Verbindung setzen.
Viel Spaß weiterhin mit diesem Fall und eine schöne restliche Woche wünscht
Roland Kissau
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3
27.11.2007 13:08 |
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Antonia Thien

König
   
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RE: Zucht von Schlangen und Mäusen |
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Hi,
auch ich würde das Veterinäramt einschalten. Für die Schlangenzucht in den einzelnen Bundesländern gibt es unterschiedliche Vorschriften. Während man m.W. in Bayern eine Erlaubnis braucht, um bestimmte Arten von Schlangen (z.B. Giftschlangen) zu halten, ist das in anderen Bundesländern nicht so. Dann gibt es noch teilweise die Verpflichtung, die Schlangen beim Naturschutzamt zu melden, wenn sie z.B. dem Artenschutz unterliegen. Zudem braucht man für bestimmte Tierarten Cites-Bescheinigungen. Das sind aber alles Sachen, mit denen sich das Veterinäramt befassen sollte.
Was die Geruchsbelästigungen angeht, könnten die TA-Luft und Immissionsschutzrichtlinien einschlägig sein. Aber da würde ich es so halten wie mein Vorredner: auf den Privatrechtsweg verweisen.
Viele Grüße
A. Thien
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4
27.11.2007 13:28 |
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Marcel Fromm
Routinier
 
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Bei mir möchte nun jemand die Zucht von Königspythons anzeigen. Ich denke aber eher daran, dass die Tierzucht allgemein von den Vorschriften der Gewerbeordnung ausgenommen ist.
Natürlich werde ich das Veterinäramt von der Gewerbe-Anmeldung unterrichten, aber diese nicht bearbeiten bzw. zurückweisen, da die Tierzucht von der GewO ausgenommen ist.
Seht ihr das auch so?
__________________ Mit freundlichen Grüßen aus Sondershausen
Marcel Fromm
"Mein Kurzzeitgedächtnis ist sehr schlecht." - "Wie schlecht ist es denn?" - "Wie schlecht ist was?"
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19.01.2023 09:03 |
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Roesje

Kaiser

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Also ich sehe das mittlerweile doch recht kritisch, generell jede Tierzucht als Urproduktion zu werten und daher nicht zur Anzeige zu bringen.
Ursprünglich war ja die Idee dahinter, dass z.B. die Zucht von Nutztieren des Landwirts ausgenommen ist bzw. Zuchtstätten früher entsprechend rar gesät waren und das Ganze auch eher Hobby aus Leidenschaft war.
Mittlerweile ist das -insb. im Haustierbereich- ein Geschäft, dass an Kriminalität und Umsätzen an den Drogenhandel heranreicht ("Hunde-Mafia") und in dem sehr viel Leid geschaffen wird. Viele "Züchter" sind nichts anderes, als bloße Vermehrer und Händler, die des Geldes wegen Tiere wie Sand am Meer vermehren und verscherbeln, ergo einfach bloß ein lukrativer Tierhandel sind.
Abgesehen davon, dass ich zu diesem Thema bereits seit Jahren absolut dringenden Handlungsbedarf des Gesetzgebers sehe, wäre ich mittlerweile soweit, bei solchen Tätigkeiten die Gewerbsmäßigkeit zu prüfen, indem ich hinterfrage, wie die Art und Weise der Ausübung der "Zucht" stattfindet und in jedem Fall das Vet-Amt mit ins Boot hole.
__________________ Alles ist schwierig bevors leicht wird!
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20.01.2023 08:01 |
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Marcel Fromm
Routinier
 
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Dass ich das Veterinäramt informiere, steht meiner Meinung außer Frage. Aber die Tierzucht ist doch nach etlichen Kommentierungen von den Regelungen der GewO ausgenommen, oder?
Nach Rücksprache mit dem Züchter handelt es sich laut seiner Aussage um drei bis vier Tiere pro Jahr, was ich erstmal so hinnehmen muss.
__________________ Mit freundlichen Grüßen aus Sondershausen
Marcel Fromm
"Mein Kurzzeitgedächtnis ist sehr schlecht." - "Wie schlecht ist es denn?" - "Wie schlecht ist was?"
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7
20.01.2023 08:37 |
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Roesje

Kaiser

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Genau genommen, ist Viehzucht grundsätzlich Urproduktion und daher als solche nicht Gewerbe.
Es kann jedoch zuweilen zweifelhaft sein, ob Viehzucht (Aufzucht) vorliegt oder ein gewerbsmäßiger Viehhandel. In solchen Fällen wird das entscheidene Merkmal sein, ob der Betrieb mit einem landwirtschaftlichen Betrieb verbunden ist, oder nicht. (Ziffer 71 zu § 6 GewO - Landmann/Rohmer).
Im weiteren Verlauf der Kommentierung wird zwar auch von der allg. Tierzucht gesprochen, aber wenn man das alles so liest, wird eigentlich deutlich, dass diese Bestimmung einst sehr eingebettet war zum Thema Landwirtschaft, Urproduktion eben.
Wenn man nun nur ein bisschen Kenntnis darüber besitzt, wie heutzutage Tierhandel/Tierzucht stattfindet, ist m.E.n. nicht pauschal jede sog. "Zuchtstätte" oder jeder sog. "Züchter" von insb. Haustieren wie Hunde, Katzen als Viehzüchter i.S.d. § 6 GewO zu werten, sondern es sollte genauer geschaut und geprüft werden, wie diese Zucht und der Verkauf der Tiere wirklich läuft und ob derjenige wirklich noch unter diesen Tatbestand fällt.
Bei den sog. Vermehrern, die alles vermehren und verscherbeln und dann irgendwelche Mischlinge als Rassehunde zu horrenden Preisen an den Mann bringen, unterstelle ich Gewinnerzielungsabsicht und gewerbsmäßigen Handel, abgesehen von einer gewissen Kriminalität > https://www.vier-pfoten.de/unseregeschic...assives-problem
Deswegen bin ich ja auch der Meinung, dass da eigentlich dringender Handlungsbedarf besteht. Das System TSchG und Veterinärämter funktioniert da in der Realität eindeutig nicht so gut, wie es im Sinne eines wirklichen Tierschutzes funktionieren müsste.
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8
23.01.2023 08:06 |
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Stadtverwaltung Frankenthal

Kaiser
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Zucht von Schlangen und Mäusen |
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Guten Morgen,
also wir würden wahrscheinlich auch nur das Veterinäramt, das Bauordnungsamt sowie eventuell wegen der Geruchsbelästigungen den zuständigen Kollegen informieren....
ob jetzt eine Gewerbeanmeldung getätigt werden muss oder nicht, ändert doch eigentlich nicht viel an dem Sachverhalt... allenfalls das man bei gewerberechtlicher Unzuverlässigkeit einfacher tätig werden könnte... aber ansonsten sehe ich persönlich da wenig Vorteile von einer Gewerbeanmeldung
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9
23.01.2023 08:26 |
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Roesje

Kaiser

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Den Vorteil sehe ich eindeutig in der Möglichkeit der Gewerbeüberwachung.
Nach meiner bisherigen Erfahrung, fällt leider bei vielen Vet-Ämtern Vieles durch's Raster, d.h. viele Züchter/Vermehrer/Händler sind nirgends amtlich registriert, überwacht und überprüft.
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23.01.2023 08:39 |
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Stadtverwaltung Frankenthal

Kaiser
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Zucht von Schlagen und Mäusen |
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@ Roesje...
das sehe ich nicht unbedingt so... das Veterinäramt würde ja von uns informiert und muss ggfs. auch eine Erlaubnis nach § 11 Tierschutzgesetz erteilen... ob das Veterinäramt unbedingt mehr Kontrollen macht, nur weil einmalig eine Gewerbeanmeldung getätigt wurde, bezweifle ich...
ich gehe eher davon aus, dass wir im Falle der Gewerbeanmeldung eine Akte anlegen würden, das Veterinäramt informieren würden und dann würde die Akte abgehängt und mehr oder weniger in Vergessenheit geraten, da wir gewerberechtlich ja keine Handhabe haben....
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11
23.01.2023 08:48 |
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Roesje

Kaiser

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Ich habe halt die Erfahrung gemacht, dass mehrere "Hobbyzüchter" bei uns, die kein Gewerbe, jedoch schon jahrelang tätig sind und teils mit ihrem Hundeverkauf Umsätze in 6-stelliger Höhe machen, einem zuständigen Vet-Amt völlig unbekannt waren, geschweige denn, dass da jemand Erlaubnisse nach dem TSchG hatte.
Daher hinterfrage ich in jedem Fall, ob Zucht wirklich Zucht oder gewerbliche Vermehrung und Handel ist.
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12
23.01.2023 08:59 |
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Civil Servant
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ich geben zu bedenken, dass ohne eine Einstufung als Gewerbe, das Instrument der Gewerbeuntersagung nicht zur Verfg. steht. Ich weiß, dass das vom Ende her gedacht ist und rechtlich daher auf schwachen Füßen steht, es gibt aber einen Fall, der @Roesje schon den Rücken stärkt.
Ich zitiere aus dem Erlass von 2015:
"... nach hiesiger Ansicht bestehen gegen die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens nach § 35 GewO wegen Steuerschulden gegen die Unternehmergesellschaft, die Hühnermast mit ca. 1 500 Hühnern sowie Eierhandel betreibt, grundsätzlich keine Bedenken.
Wie Sie zutreffend dargestellt haben, ist die Literatur bei der gewerberechtlichen Einordnung der Massentierhaltung unterschiedlicher Auffassung. Hierbei steht nämlich infrage, ob derartige Betriebe als Urproduktion zu qualifizieren sind. Nach dem tradierten Begriffsverständnis von Rechtsprechung und Schrifttum ist Gewerbe i.S.d. Gewerbeordnung jede nicht sozial unwertige, auf Gewinnerzielung gerichtete und auf Dauer angelegte selbstständige Tätigkeit, ausgenommen Urproduktion, freie Berufe und bloße Verwaltung eigenen Vermögens. Die Urproduktion, zu der auch die Viehzucht rechnet, genießt nach Stober/Eisenmenger, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, 15. Aufl. 2011, S. 21, deshalb eine Sonderstellung, weil sich die Gewinnung roher Naturerzeugnisse in der herkömmlichen Art und Weise erheblich von der eigentlichen gewerblichen Betätigung unterscheidet (Jahreszeiten, Witterung, Bodenverhältnisse usw. …).
Marcks in Landmann-Rohmer, 58. EL Mai 2011, § 6 GewO Rn. 72, verneint (in der wohl irrigen Annahme einer diesbezüglichen überwiegenden Meinung) die Gewerbeeigenschaft bei modernen Geflügel- und Schweinemastbetrieben, denn er stellt ausschließlich auf die Gewinnung roher Naturerzeugnisse ab, ohne einen Bezug zu Grund und Boden zu verlangen. Ebenso ordnet Ennuschat in Tettinger/Wank/Ennuschat, 8. Auflage 2011, § 6 GewO Rn. 45, moderne Geflügel- und Schweinemastbetriebe der Urproduktion (unter Bezugnahme auf Schönleiter/Böhme zur Hunde- und Katzenzucht in GewArch. 2006, 407, 409) zu, obwohl er dies als nicht unproblematisch erachtet. Hingegen hält aber inzwischen die überwiegenden Meinung (Friauf in Friauf, 268. EL April 2013, § 1 GewO Rn. 166 m.w.N., Labi, jurion-Onlinekommentar, § 6 GewO Rn. 16) Betriebe mit Massentierhaltung wegen der vollständigen Trennung derartiger Betriebe von der Bewirtschaftung des Bodens und der Gewinnung von Früchten aus dem Boden für echte Gewerbebetriebe."
Dem Hinweis von Friauf, a.a.O., dass die Viehzucht durch § 6 Abs. 1 Satz 2 GewO dem Anwendungsbereich der GewO entzogen werde, tritt Labi, jurion-online-Kommentar, § 6 GewO Rn. 16, zu Recht mit dem Argument entgegen, dass diese Rechtsfolge im Fall industriemäßig betriebener Aufzuchtformen nicht in Betracht komme. Er will solche Mastbetriebe schon begrifflich nicht mehr der Viehzucht zuordnen, weil die Viehzucht als Urproduktion stets einen Bezug zu Grund und Boden erfordert, und bei den in Rede stehenden Mastbetrieben keine eigene Futtergrundlage mehr besteht. Ähnlich argumentiert auch Repkewitz in Friauf, 234. EL Juli 2009, § 6 GewO Rn. 86 f., der noch ergänzt, dass die Viehzucht bei § 6 Abs. 1 Satz 2 GewO nicht unabhängig von der Frage der Zugehörigkeit zur Urproduktion interpretiert werden kann. Dieser Meinung schließe ich mich insbesondere aus ordnungsrechtlichen Gesichtspunkten an, so dass Betriebe der Intensivtierhaltung auf Fremdfutterbasis mit automatisierten und dem Bezug von Grund und Boden enthobenen Arbeitsabläufen dem Gewerberecht unterworfen sind (ebenso Reinhardt, DVBl. 2012, 1195, 1201). Daher ist m.E. ein Gewerbeuntersagungsverfahren gegen die fragliche Unternehmergesellschaft einzuleiten, jedoch sollte von Ihnen noch geprüft werden, ob § 35 Abs. 8 Satz 1 GewO einschlägig ist.
Die bislang vom BLA „Gewerberecht“ entschiedenen Fälle zur Pensionspferdehaltung sowie zur Hunde- und Katzenzucht stehen dem oben genannten Ergebnis nicht entgegen. Die zuvor gefundene Lösung stimmt im Übrigen auch mit dem Steuerrecht überein, denn auch in diesem Rechtsbereich wird der gewerbliche von dem landwirtschaftlichen - und damit im letzteren Fall der Urproduktion - Mastbetrieb dahingehend abgegrenzt, indem auf die ausreichende eigene Futtergrundlage abgestellt wird (vgl. Grube, jurisPR-SteuerR 14/2014 Anm. 6 zum Urteil des BFH vom 13.11.2013 - XI R 2/11 -). Daher könnte in Zweifelsfragen die Gewerbebehörde auf die Einstufung durch die Finanzbehörden zurückgreifen."
Ich würde nicht ausschließen wollen, dass die Prinzipien, die dem Erlass zu Grunde liegen, auf den hier interessierenden Fall angewandt, ebenfalls eine Einstufung als Gewerbe ermöglichen könnten.
Ich würde das tendenziell begrüßen, denn andernfalls läge hier die eingangs von mir schon erwähnte Regelungslücke vor. Die Freiberufe sind ja alle spezialgesetzlich geregelt. "Untersagungen" sind möglich, auch wenn sie hier durch Berufskammern erfolgen. Der Bereich der Tierzucht könnte nur untersagt werden, wenn es um des Tierwohl geht. Alle anderen Auspekte des öffentlichen Interesses bleiben aber außen vor und das ist eigentlich so nicht in Ordnung.
Beste Grüße
CS
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13
26.01.2023 09:28 |
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Marcel Fromm
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Guten Morgen.
Der Züchter gibt hier zunächst an, dass es sich um eine reine Hobbyzucht handeln soll. Laut seiner Aussage ist geplant, 2 Verpaarungen pro Jahr anzusetzen. Das würde 4 bis 16 Jungtiere pro Jahr bedeuten.
Laut Aussage des Veterinäramtes müssten es pro Jahr 100 Nachzuchten sein, damit er als vollgewerblicher Züchter eingeordnet wird.
Das Veterinäramt hat von mir von der vom Züchter eingereichten Gewerbe-Anmeldung eine Kopie erhalten. Zumindest in diese Richtung ist von mir als Gewerbebehörde mehr nicht wirklich möglich. Nun liegt es meiner Ansicht nach in der Aufgabe vom Veterinäramt, ihn da in gewisser Hinsicht "im Auge zu behalten".
Natürlich erzielt der Züchter mit dem Verkauf Einnahmen - diese muss er dann dem Finanzamt mitteilen.
Eine gewerbliche Betätigung habe ich für diesen speziellen Fall eher nicht ausmachen können (weil Tierzucht kein Gewerbe; siehe Rd.-Nr. 70 bis 72 zu § 6 und Rd.-Nr. 21 zu § 14 der Kommentierung Landmann/Rohmer).
__________________ Mit freundlichen Grüßen aus Sondershausen
Marcel Fromm
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14
26.01.2023 09:54 |
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Stadtverwaltung Frankenthal

Kaiser
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Zucht von Schlangen und Mäusen |
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@ Marcel Fromm...
was hat er den angemeldet, wenn es kein Gewerbe ist???
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15
26.01.2023 10:55 |
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Marcel Fromm
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Naja, eingereicht hat der Züchter die Gewerbe-Anmeldung mit der Tätigkeit "Hobby-Königspthonzucht", aber ich habe die Anmeldung nach Rücksprache mit ihm nicht bearbeitet. Das von ihm eingereichte Formular habe ich aber dennoch dem Veterinäramt zur Kenntnis übermittelt mit dem Hinweis, dass es gewerberechtlich eher unter den § 6 fällt.
__________________ Mit freundlichen Grüßen aus Sondershausen
Marcel Fromm
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16
26.01.2023 11:27 |
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Roesje

Kaiser

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Zitat: |
Original von Civil Servant
"...deshalb eine Sonderstellung, weil sich die Gewinnung roher Naturerzeugnisse in der herkömmlichen Art und Weise erheblich von der eigentlichen gewerblichen Betätigung unterscheidet (Jahreszeiten, Witterung, Bodenverhältnisse usw. …).
CS |
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Vielen Dank für die Zitierung. Das meinte ich damit, dass der Gesetzgeber ja aus bestimmten Gründen einst -vor langer, langer Zeit, als wir eher noch ein Staat voller Bauern waren- die Urproduktion aus dem Instrumentarium der GewO ausgenommen hat und diese Intention des Gesetzgebers teils mit heutigen Realtiäten nichts mehr gemein hat. Daher sehe ich diesen dringenden Handlungsbedarf insb. bei dem Thema Tierzucht, da es sehr viel mit Tierschutz zu tun hat, der nicht wirklich gewährleistet wird/werden kann mit derzeitigen Gesetzen und Verordnungen (das TSchG ist ja mehr Farce und bietet den Vet-ämtern nicht wirklich Grundlagen).
Wenn angebliche "Hobbyzüchter" Umsätze in solch enormer Höhe machen bzw. Gewinne erzielen, ist das m.E.n. tendenziell Gewerbe, denn der richtige Hobbyzüchter, der sich z.B. einer gewissen Hunderasse aus Leidenschaft verschrieben hat, legt in der Regel finanziell drauf bzw. läuft sein Hobby auf Kostendeckung raus. Der erzielt keine Gewinne oder nur sehr geringfügig. Alle anderen -das ist meine persönliche Meinung und Erfahrung- sind auch nicht unbedingt als Züchter zu werten, sondern eher Vermehrer und Händler, die aus Profitgier Tiere, insb. eben Hunde und Katzen, vermehren und verkaufen. Weil es halt einfach ist (so gut wie keine staatliche Kontrolle oder Auflagen) und sich lohnt (es heißt nicht umsonst "Hunde-Mafia")
Daher hinterfrage ich -wenn denn überhaupt jemand auf die Idee kommt und so etwas wie Hobbyzucht anmelden wollen würde- durchaus und hake mal nach, schadet ja nicht, aber natürlich hat man nur bedingt die Möglichkeit als Gewerbebehörde. Das Problem liegt eher im Tierschutzrecht selbst einhergehend mit Vollzugsdefiziten, die aus mehreren Faktoren entstehen.
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17
26.01.2023 11:53 |
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