Durchsetzung der GU |
Neetz
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Hallo aus Brandenburg,
folgendes Problem:
Einem Gewerbetreibenden habe ich 2004 das Gewerbe untersagt. Er legte Widerspruch ein; alles ging zur Widerspruchsbehörde. Im November 2005 kam Widerspruchsbescheid. GU ist rechtskräftig.
Der Knabe macht aber rotzdem weiter. Er hat an der Betriebsstätte nur eine Briefkasten. Der ist mal zugeklebt mal nicht. Lagerflächen besitzt er vor Ort auch nicht mehr. Diese sind auch durch seine Frau angemietet worden. Er betreibt einen erlaubnisfreien Güterkraftverkehr. Privat wird er von seiner Frau verleugnet. ist also nirgends greifbar. Was kann ich noch tun, um ihn zu stoppen? Die SV-träger rufen hier ständig an und verlangen, das ich tätig werde. Er beschäftigt Leute und zahlt nicht. Von den Steuerschulden will ich gar nicht erst sprechen.
Was kann ich tun? Mit ´ner OV komme ich sicherlich auch nicht weit.
Bitte helft mir!!!
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1
09.03.2006 15:35 |
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Solon
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pmcolonia
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Sind denn Auftraggeber bekannt? Wenn ja, würde ich die über die Tatsache der OV unterrichten und darauf hinweisen, dass möglicherweise Beihilfe zu einer Owi leisten. Das wirkt normalerweise.
Ansonsten sollen die SV mal die Personalien der Arbeitnehmer mitteilen. Diese kann man als Zeugen in einem OWi-Verfahren anhören und bekommt sehr schnell raus, welche Auftraggeber existieren. Die Auftraggeber haben sicherlich auch Möglichkeiten Kontakt mit dem Gewerbetreibenden aufzunehmen.
Wenn das eine Handynummer ist, kommt man ganz gut an die Kontonummer und kann die Konten durchsuchen mit einem entsprechenden Beschluß, den man beantragen kann. Da gibt es mit Sicherheit auch einen Postanschrift etc.
Das Owi-Verahren ist geradezu ein ideales Mittel um unzuverlässige Gewerbetreibende aufzufinden.
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2
09.03.2006 15:46 |
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Solon
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BE-DE
Kaiser
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von der Delme,
wir schalten in solchen Fällen auch manchmal die FKS ein.
Die haben da auch oft Interesse und sehr weit gehende Möglichkeiten.
__________________ der nächste
kommt bestimmt und immer schön munter bleiben
von der D....
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3
09.03.2006 16:13 |
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Ingolstadt
König
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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
bei unwilligen Gewerbetreibenden ist man mit den üblichen Vollstreckungsmaßnahmen schnell am Ende, denn Zwangsgelder gehen bei vermögenslosen Personen ins Leere, wenn kein Betrieb vorhanden ist, kann auch keiner mit unmittelbarem Zwang geschlossen werden (Aktenordner in der Wohnung, Gewerbetätigkeit auf der Baustelle etc.).
Da der Verstoß gegen eine vollstreckbare oder unanfechtbare Gewerbeuntersagung den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllt, werde ich jetzt erproben, ob die Anwendung von allgemeinem Sicherheitsrecht sowie das Polizeirecht einen Weg aus der Sackgasse ermögliche. Es gibt hier aber keine Standardlösung, da das Sicherheits- und Polizeirecht in den Bundesländern sehr unterschiedlich ausgestaltet ist.
In Bayern sind die Sicherheitsbehörden bei der Durchsetzung sicherheitsrechtlicher Verwaltungsakte auf die Vollstreckungsmaßnahmen Zwangsgeld, Ersatzvornahme, Ersatzzwangshaft und unmittelbarem Zwang beschränkt. Durchsuchungen von Geschäftsräumen und Sicherstellung von Sachen zur Gefahrenabwehr sind der Polizei vorbehalten.
Ich werde daher demnächst einige "Betriebsstätten" in Wohnungen im Rahmen der Befugnis nach § 29 GewO besichtigen. Solle dabei festgestellt werden, dass der Betrieb noch läuft und der Gewerbetreibenden einer Belehrung nicht zugänglich sein, wird die Polizei eingeschaltet. Diese hat, nach vorheriger richterlicher Anordnung, die Befugnis die Räume zu durchsuchen und Sachen sicherzustellen, welche dazu dienen, den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit zu verwirklichen. Mit der Sicherstellung wird die Gefahr einer Zuwiderhandlung gegen die Untersagung abgewehrt.
Ob diese Konstruktion funktioniert, muss ich noch testen. Sofern die Sicherheitsbehörden in anderen Bundesländern weitergehendere Befugnisse zur Gefahrenabwehr haben, z.B. Beschlagnahmen durchführen, können diese zur Vollstreckung der Gewerbeuntersagung genutzt werden.
Die Ausübung eines Gewerbes entgegen einer bestandskräftigen Untersagung stellt auch eine Gefahr im Sinne des allgemeinen Sicherheitsrechts dar. Die dortigen Befugnisse können somit zur Abwehr dieser Gefahr genutzt werden. In § 35 GewO wurde bewusst die früher vorhandene Vollstreckungsvorschrift gestrichen um die Anwendung der landesrechtlichen Instrumente zu ermöglichen.
Die zur Vorbereitung der Aktion erforderlichen Schreiben liegen schon vor. Wer mit mir zusammen das Sicherheitsrecht austesten möchte, kann diese gerne mit Mail anfordern.
__________________ Thomas Kirchhammer
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4
09.03.2006 17:33 |
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BE-DE
Kaiser
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nochmal von der Delme,
m.E. kann man auch über den § 148 Nr. 1 GewO nachdenken. Dann sitzt die Staatsanwaltschaft mit im Boot
Soweit brauchte ich allerdings mit jetzt noch nicht gehen
Ansonsten riecht es bald verdächtig nach
. auch der SchlaDo hat mal ein Ende
__________________ der nächste
kommt bestimmt und immer schön munter bleiben
von der D....
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5
09.03.2006 17:42 |
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Lachmann
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Ich muss mich doch auch mal als Neuling zu Wort melden. Meine Antwort muss ich leider in zwei Teilen schicken, da ich nicht alles in den Editor bekommen habe.
Im Tenor meiner OVs ist folgender Textbaustein enthalten:
Für den Fall, dass Sie Ihrer Pflicht zur Unterlassung der Gewerbeausübung nicht innerhalb eines Monats nach Vollziehbarkeit dieser Verfügung nachkommen, drohe ich Ihnen hiermit gemäß §§ 55 Abs. 1, 57, 62 und 63 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NW) die Anwendung unmittelbaren Zwangs an.
und in den Erläuterungen dieser Textbaustein:
Als Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges kommen in Betracht:
- die Schließung und die Versiegelung genutzter Betriebsräume,
- die Stilllegung und die Versiegelung genutzter Kraftfahrzeuge,
- die Stilllegung und die Versiegelung genutzter Arbeitsgeräte sowie
- die Wegnahme von Arbeitsmaterial, Arbeitsgerät und Arbeitsunterlagen.
Bei der ggf. erforderlichen Anwendung kommt es auf die Eigentumsverhältnisse nicht an.
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6
09.03.2006 18:52 |
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Lachmann
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In Brandenburg gibt es doch ebenfalls ein Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg (VwVGBbg)
dort sind die Zwansmaßnahmen in folgenden § geregelt
Unterabschnitt 1
Erzwingung von Handlungen, Duldungen
oder Unterlassungen
§ 15 Zulässigkeit des Verwaltungszwanges
§ 16 Vollzugsbehörden
§ 17 Zwangsmittel
§ 18 Verhältnismäßigkeit
§ 19 Ersatzvornahme
§ 20 Zwangsgeld
§ 21 Ersatzzwangshaft
§ 22 Unmittelbarer Zwang
§ 23 Androhung der Zwangsmittel
§ 24 Festsetzung der Zwangsmittel
§ 25 Anwendung der Zwangsmittel
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7
09.03.2006 18:57 |
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Lachmann
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Es gibt doch noch Teil 3 |
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bei der Durchsetzung würde ich erstmal versuchen die Fahrzeuge zu ermitteln. In der Regel nehmen die Angestellten die Fahrzeue mit nach Hause dort würde ich die Fahrzeuge stilllegen und die Nummernschilder mitnehmen. Sollte dies nicht möglich sein würde ich wie PM Colonia verfahren. Wenn die Ehefrau die Betriebsräume angemietet hat kann man ihr auch vorwerfen nur Strohmann zu sein, was ebenfalls zu einer Gewrbeuntersagung führen kann.
Bei der Durchsetzung einer Gewerbeuntersagung sind unsere Gegener immer recht kreativ, daher müssen wir uns auch immer etwas neues einfallen lassen.
Aber lass den Kopf nicht hängen
und k
ämpfe
Grüße aus Köln
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8
09.03.2006 19:09 |
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pmcolonia
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RE: Es gibt doch noch Teil 3 |
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@ Ingolstadt:
Was ich meine ist § 46 OwiG. Dieser Paragraph macht die Vorschriften der StPO anwendbar. Damit bin ich authorisiert Durchsuchungsbeschlüsse zu beantragen und nach deren Erteilung auch Durchsuchungen durchzuführen. Da findet man oftmals die tollsten Dinge und die Übeltäter werden danach merklich stiller.
Das sollte eigentlich in allen Bundesländern funktionieren.
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9
10.03.2006 07:36 |
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LK Oldenburg
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RE: Es gibt doch noch Teil 3 |
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aus dem noch immer winterlichen Wildeshausen,
§ 46 OwiG räumt den Verwaltungsbehörden die Rechte der Staatsanwaltschaft ein; dh. wie schon von PM Colonia richtig ausgeführt können wir beim Amtsgericht selbst die Durchsuchung beantragen und die Polizei zur Durchsuchung hinzuziehen. Neben dem Owi-Verfahren drohen wir mit der Gewerbeuntersagung gleichzeitig ein Zwangsgeld in Höhe von 2.500 - 5.000 € (je nach Einzelfall) an. Außerdem gibt uns das Nds. SOG die Möglichkeit der Ersatzzwangshaft, auf die wir bei der Zwangsgeldandrohung ebenfalls hinweisen.
Schönes Wochenende
Siegfried Bluhm
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10
10.03.2006 08:13 |
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Ingolstadt
König
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RE: Es gibt doch noch Teil 3 |
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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Problem bei der Vollstreckung (Erzwingung) einer Gewerbeuntersagung ist, dass die üblichen Zwangsmittel dann nicht greifen, wenn der/die Betreffende vermögenslos ist (Zwangsgeld, Bußgeld) oder nicht über Geschäfträume oder Betriebsmittel verfügt, deren Benutzung verhindert werden kann (unmittelbarer Zwang). Für die Wegnahme von Betriebsmitteln (Beschlagnahme, Sicherstellung) findet sich in den Vollstreckungsgesetzen der Länder keine Rechtsgrundlage.
Nach dem OWiG kann ermittelt werden, ob die OWi tatsächlich begangen wird (Durchsuchung mit richterlicher Anordnung nach § StPO i.V. mit 46 OWiG). Das Ergebnis der Ermittlungen wäre dann aber ein Bußgeldbescheid, den der Betroffene nicht bezahlt s.O.
Eine Durchsuchung ist allerdings nicht erforderlich, da den Gewerbebehörden in solchen Fällen nach § 29 GewO ein Betretungsrecht zusteht:
§ 29 (1) Gewerbetreibende oder sonstige Personen, ....... oder 4. gegen die ein Untersagungsverfahren nach § 35 oder § 59 eröffnet oder abgeschlossen wurde (Betroffene), haben den Beauftragten der zuständigen öffentlichen Stelle auf Verlangen die für die Überwachung des Geschäftsbetriebs erforderlichen mündlichen und schriftlichen Auskünfte unentgeltlich zu erteilen.
2) Die Beauftragten sind befugt, zum Zwecke der Überwachung Grundstücke und Geschäftsräume des Betroffenen während der üblichen Geschäftszeit zu betreten, dort Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen, sich die geschäftlichen Unterlagen vorlegen zu lassen und in diese Einsicht zu nehmen. Zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung können die Grundstücke und Geschäftsräume tagsüber auch außerhalb der in Satz 1 genannten Zeit sowie tagsüber auch dann betreten werden, wenn sie zugleich Wohnzwecken des Betroffenen dienen; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt.
Die Besichtigung der Geschäftsräume hilft allerdings nur bedingt weiter. Entweder stellen wir fest, dass das Gewerbe tatsächlich eingestellt und nur nicht abgemeldet wurde oder wir haben den Nachweis einer Ordnungswidrigkeit.
Eine Sicherstellung des zur untersagten Gewerbeausübung verwendenten Geschäftsbedarfs (Aktenordner, Kundendaten, DV-Speichermedien, PC-Ausstattung etc.) ist nur nach Sicherheits- oder Polizeirecht möglich. Aus diesem Grund werde ich abklären, inwieweit ich die Polizei dazu bewegen kann, die sicherheitsrechtlichen Befugnisse nach dem Polizeiaufgabengesetz anzuwenden. Zum Glück habe ich hier ein Weisungsrecht.
In anderen Bundesländern ist die Aufgabenverteilung zwischen Polizei und Sicherheitsbehörden (Ordnungsämter) anders geregelt. Sollte das Ordnungsamt zu einer Durchsuchung und Sicherstellung zur Gefahrenabwehr befugt sein, könnten diese Befugnisse eingesetzt werden um die, mit der Gewerbeausübung verbundene Ordnungswidrigkeit zu unterbinden (nicht zu ahnden).
__________________ Thomas Kirchhammer
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11
10.03.2006 08:58 |
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pmcolonia
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RE: Es gibt doch noch Teil 3 |
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@ingolstadt
Zunächst widerspreche ich der Behauptung, dass für die Wegnahme von Betriebsmitteln keine Rechtsgrundlage existiert. Die bloße Wegnahme (also nicht Sicherstellung oder Beschlagnahme) ist eine Form der Anwendung unmittelbaren Zwanges. Dafür habe ich eine Rechtsgrundlage.
Richtig ist die Aussage, dass im OwiVerfahren Beweismittel gesammelt werden, die die Tat als solche belegen. Ich darf aber auch die Erkenntnisse, die ich im Owi-Verfahren gewinne im Zwangsmittelverfahren nutzen.
Prinzipiell stimmt natürlich die Aussage, dass aufgrund des § 29 GewO ein Betretungsrecht gegeben ist. Nicht nur das, ich habe sogar ein Nachschaurecht. Die Verpflichtung im 29 erstreckt sich aber für den Gewerbetreibenden nur darauf, gewünschte Unterlagen vorzulegen. § 29 GewO umfasst nicht das Recht, dass ich nach Dingen selbst suche. Und sofern der Gewerbetreibende wirklich eine Owi begeht, wie sieht es mit dem Recht aus, sich nicht selbst zu belasten?
§ 29 ist echt nur ein stumpfes Mittel.
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12
10.03.2006 10:13 |
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Lachmann
Jungspund
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Durchsetzng der GU |
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Ich denke mal das Problem liegt an Bayern!
Die Gesetzeslage ist dort offensichtlich einfach anders.
http://rsw.beck.de/
Das Verwaltungsvollstreckungsgesetz ist dort einfach anders aufgebaut als in NRW oder Brandenburg. In NRW ist die Wegnahme von Arbeitsmaterial, Arbeitsgerät und Arbeitsunterlagen kein Problem.
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13
10.03.2006 10:43 |
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Ingolstadt
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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Forum dient auch dazu, durch Einbringen und Diskussion verschiedener Aspekte ein bestehendes Problem zu lösen. Wie oben ersichtlich, wird es keine für Jeden passende Lösung geben, da die Vollstreckung und das Sicherheits- und Polizeirecht zur ausschließlichen Landesgesetzgebung gehört. (ist zugleich ein Vorgeschmack auf die angestrebte Föderalisierung von Teilen des Gewerberechts).
Das Bayer. Polizeiaufgabengesetz definiert den unmittelbaren Zwang folgendermaßen:
PAG Art. 61 Begriffsbestimmung
(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel und durch Waffen.
(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.
(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln, Wasserwerfer, technische Sperren, Diensthunde, Dienstpferde, Dienstfahrzeuge, Reiz- und Betäubungsstoffe sowie zum Sprengen bestimmte explosionsfähige Stoffe (Sprengmittel).
(4) Als Waffen sind Schlagstock, Pistole, Revolver, Gewehr, Maschinenpistole, Maschinengewehr und Handgranate zugelassen.
Ich habe absichtlich etwas ausführlich zitiert, um zu zeigen, welche Mittel der Polizei zur Verfügung stehen, ihre Anordnungen durchzusetzen.
Unmittelbarer Zwang ist damit allein die Einwirkung auf eine Sache oder Person. Die Wegnahme einer Sache gegen den Willen des Besitzers ist eine Beschlagnahme, die Sicherstellung die Begründung des Besitzes durch die Sicherheits- oder Polizeibehörde.
Wenn das Landesrecht den Sicherheitsbehörden die Möglichkeit von Durchsuchungen von Wohn- und Geschäftsräumen zur Gefahrenabwehr (aufgrund richterlicher Anordnung) sowie zur Beschlagnahme und Sicherstellung einräumt, können diese Möglichkeiten auch zur Abwehr gewerberechtlicher Gefahren genutzt werden. In Bayern ist dies nicht der Fall, eine Sicherstellung darf nur durch Polizeivollzugsbeamte, nicht durch Verwaltungsbeamte der Sicherheitsbehörde erfolgen.
Mein Vorschlag, die sicherheitsrechtlichen Befugnisse zu nutzen sollte daher jeder im Lichte seines Landesrechts betrachten.
§ 29 GewO berechtigt nur zu Besichtigungen und zu Auskünften und hat insoweit vordergründig nichts mit der Vollstreckung zu tun. Im Rahmen der Besichtigung kann jedoch festgestellt werden, ob noch ein Gewerbe betrieben wird und ob es etwas zum Sicherstellen gibt. Nur dann rentiert es sich beim Gericht einen Antrag auf die Hausdurchsuchung zu stellen und die Polizei einzuschalten, wenn dies nach Landesrecht erforderlich ist, um an die Sachen heranzukommen.
__________________ Thomas Kirchhammer
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14
10.03.2006 11:05 |
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nette.tante
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Und das Fazit der ganzen Sache ist: Wir Bayern sind arme Schweine, wenns um Zwangsmittel geht.
__________________ Gruß
nette.tante
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15
10.03.2006 11:14 |
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Lachmann
Jungspund
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Durchsetzung der GU |
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Jo ist offensichtlich so.
Dafür urteilen eure Gerichter aber hoffentlich härter als unsere, den Strafanzeigen wegen beharlichen Verstoß gegen die GU gehen meistens aus wie das "Hornberger Schießen".
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16
10.03.2006 11:25 |
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Ingolstadt
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Zitat: |
Original von nette.tante
Und das Fazit der ganzen Sache ist: Wir Bayern sind arme Schweine, wenns um Zwangsmittel geht.
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Liebe Kollegin,
das Ganze ist ein Ergebnis der verschiedenenTraditionen und Entwicklungen des Polizei- und Ordnungsrechts in Bayern und Preussen (gemeint ist das Königreich Preussen zur Zeit des Kaiserreichs). Während dort, und in den norddeutschen Nachfolgestaaten immer noch, die polizeiliche Generalklausel angewandt wurde/wird (Die Polizei kann eine Anordnung treffen, wenn dies zur Abwehr einer Gefahr erforderlich ist), herrscht in Bayern grundsätzlich das Prinzip der Spezialermächtigung (Die Polizei kann Anordnungen treffen wenn sie hierzu durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes besonders ermächtig ist). In der Praxis führen beide Prinzipien zum gleichen Ergebnis, aber die Begründung der polizeilichen Verwaltungsakte muss anders erfolgen.
Nach dem 2. Weltkrieg mussten aufgrund des Besatzungsrechts (Genehmigungsschreiben der West-Alliierten zum Grundgesetz) die Aufgaben der Polizei und der Verwaltung streng getrennt werden, um einem "Polizeistaat" entgegenzuwirken.
Für das normale Verwaltungshandeln reicht das BayVwZVG (Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz) normalerweise aus, aber bei den hier zur Debatte stehenden Fallgestaltungen kann man mit diesem Repertoire an Vollstreckungsmitteln wenig anfangen.
Ganz so arm dran sind wir Bayern trotzdem nicht. Das PAG (Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Bayerischen Staatlichen Polizei) enthält die erforderlichen Befugnisse. Die Sicherheitsbehörden (Behörden der allgemeinen Inneren Verwaltung) haben nach Art. 9 Abs. 2 des Polizeiorganisationsgesetzes das Recht, der Polizei Weisungen im polizeilichen Aufgabenbereich zu erteilen.
Falls die Polizei nicht bereit ist, mit der Gewerbebehörde zusammenzuarbeiten (Art. 9 Abs. 1 POG) wäre es denkbar, die Polizei anzuweisen, die Wohnung und die Geschäftsräume zu durchsuchen und alles zu beschlagnahmen, was der Fortsetzung des untersagten Betriebes dient. (der richterliche Beschluss kann m.E. auch von der Verwaltungsbehörde beantragt und von der Polizei ausgeführt werden)
Wie bereits ausgeführt, habe ich diese Möglichkeiten noch nicht in der Praxis erprobt. Es stehen gerade aber einige solche Fälle zur Vollstreckung heran, dann kommt es zum Praxistest. Ich werde gerne berichten.
__________________ Thomas Kirchhammer
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Ingolstadt: 10.03.2006 12:34.
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17
10.03.2006 12:30 |
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nette.tante
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Zitat: |
Original von Ingolstadt
Wie bereits ausgeführt, habe ich diese Möglichkeiten noch nicht in der Praxis erprobt. Es stehen gerade aber einige solche Fälle zur Vollstreckung heran, dann kommt es zum Praxistest. Ich werde gerne berichten. |
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Das wäre sehr nett. Dann kann ich in Zukunft meine Kundschaft auch damit beglücken.
__________________ Gruß
nette.tante
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18
13.03.2006 08:06 |
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Kramer-Cloppenburg
Moderator
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Hallo! .... und ein freundliches
aus meiner Wohnung!
Also, bei uns nin Niedersachsen haben wir gemeinsam mit der Polizei die Aufgabe der Gefahrenabwehr und können somit bequem und prima auf das Nds. SOG zurückgreifen und bei den Gewerbeuntersagungen müssen wir es sogar.
Ja nach SV drohe ich entweder Zwangsgeld (wenn keine Betriebsstätte vorhanden ist oder aber für die Gewerbeausübung keine Betriebsräume erforderlich sind) oder die Schließung der Betriebsräume und Einziehung der für die Gewerbeausübung erforderelichen Hilfsmittel (Fahrzeuge, Maschinen, Computer usw.) im Rahmen des unmittelbaren Zwangs an. Dieses wird dann, wie es sich gehört, auch entsprechend begründet und im Endeffekt auch vollzogen.
So habe ich vor Jahren (also ich noch nicht in Cloppenburg war) im Rahmen einer Betriebsschließung sowohl die Betriebsräume (kleines Büro in einer Wohnung) abgeschlossen, Steckschloss eingeschoben, Siegelmarke drauf und Belehrung dran. Zuvor hatte ich aber, damit ich nicht unnötig wieder hin musste, das Telefon, welches auch für Privatzwecke genutzt wurde, auf den Flur gestellt und alles, was Privat war, daneben gepackt.
Anschließend wurden die Fahrzeuge, Bagger und Maschinen dieses Tiefbau-Unternehmens auf das Gelände der Feuerwehr verbracht und dort eingeschlossen. Die Gesichter wurden immer länger und die Augen immer größer!
Ein paar Tage später legte mir dann ein Anwalt entsprechende Verträge vor, wonach die Maschinen und Geräte an den Sohn verkauft worden sein sollen. Nachdem ich mir dann versichern ließ, dass die Beträge in der Tat auch in dem Moment an die Eltern gezahlt werden sollen, wenn die Fahrzeuge und Maschinen ausgehändigt werden, war es ein nettes Gespräch mit dem Finanzamt, den Aushändigungstermin abzustimmen. Beim Aushändigen der sichergestellten Gerätschaften war dann auch ein Vollstreckungsbeamter zugegen, der m. W. das für den Fuhrpark gezahlte Geld gleich mitgenommen hat.
:
Beim Versiegeln der Räume hatte ich nur einen Fehler gemacht. Ich habe das Siegel und die Belehrung sowohl auf dem Schloss als auch in Griffhöhe auf der Tür und dem Türrahmen gemacht. Als ich dann die Räume wieder freigeben wollte (der Sohn wollte ja die alten Aufträge übernehmen) waren die Siegel weg. Auf Befragen, wer sich denn hieran zu schaffen gemacht hat, zeigten alle auf ein kleines 3 - 4 jähriges Kind, welches die Siegel usw. "abgeknibbelt" haben soll. Und da das Kind nicht lesen konnte, konnte es auch nicht bestraft werden.
Aber man lernt ja auch aus solchen Dingen. Und jetzt sind ein paar mehr Siegel an den Türen und zwar nicht mehr nur auf dem Schloss sonder auch ganz oben, wo kein kleines Kind dran kommt.
Und der Argumentation, dass man ein Zwangsgeld nicht gegen jemanden androhen darf, der offensichtlich wirtschaftlich nicht mehr leistungsfähig ist (Grund der Gewerbeuntersagung), kann ich nicht folgen. Wenn er nach der Untersagung wieder tätig wird, hat er ja wieder Einnahmen. Und wenn er diese nicht für die Zahlung des Zwangsgeldes zurücklegt, sondern verbraucht, kommt dann halt die Ersatzzwangshaft. Das hat man doch versprochen und sollte es auch halten!
Und das wir hiermit, im Gegensatz zu anderen Behörden nicht spaßen, haben einige nette Landsleute schon festgestellt. Bei einem hat es fast ein Jahr gedauert, bis er im Rahmen einer "Personalienfeststellung" auf dem Polizeirevier vom zuständigen Gerichtsvollzieher für die Absitzung der Ersatzzwangshaft verhaftet werden konnte. Denn er wollte doch partout nicht dahin, wo wir ihn hinhaben wollte.
__________________ Ansonsten, ... weiterhin viel Spaß bei der Arbeit! -------
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20
13.03.2006 19:29 |
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