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Zum Ende der Seite springen Sportwetten VG München Az M 16 K 04.6138 7 Bewertungen - Durchschnitt: 10,007 Bewertungen - Durchschnitt: 10,007 Bewertungen - Durchschnitt: 10,007 Bewertungen - Durchschnitt: 10,007 Bewertungen - Durchschnitt: 10,00
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Sportwetten VG München Az M 16 K 04.6138

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Mitleserinnen und Mitleser,

es ist schon faszinierend, wie von den Vertretern der Wett-Lobby offenkundige Desinformation betrieben wird. Unter http://www.isa-casinos.de/articles/12751.html findet sich folgende Behauptung über den Inhalt des Urteils des VG München vom 7. Juni 2006:

Das vom Bundesverfassungericht bemängelte Regelungsdefizit bei Sportwetten ist bislang nicht beseitigt worden.

Das Bundesverfassungsgericht hat keine europarechtliche Beurteilung hinsichtlich des Sportwettenmonopols vorgenommen (anders die Auffassung der Monopolbefürworter).

Im Bereich der Grundfreiheiten (für Sportwetten vor allem die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit) sind Übergangsregelungen dem Europarecht fremd. Europarechtswidrige Vorschriften sind sofort nicht anzuwenden.

Die derzeitige Gesetzeslage und deren Vollzug im Freistaat Bayern erfüllen nicht die Gambelli-Kriterien und sind daher europarechtswidrig. Das Bayerische Staatslotteriegesetz und entsprechende beeinträchtigende Regelungen des Staatslotterievertrages sind damit nicht anwendbar.

Es gibt keine kohärente und systematische Glücksspielpolitik, die neben Sportwetten auch Spielbanken, Lotterien, Pferdewetten, Fernseh- und Radiogewinnspiele kohärent und konsistent an den Allgemeininteressen ausgerichtet zu regeln hätte. Hierfür wäre angesichts des Gesetzesvorbehalts auch eine gesetzliche Regelung erforderlich.

Diese Feststellungen sind zwar auch im Urteil enthalten und in dessen Konsens auch, zumindest nach Ansicht der 16. Kammer des VG München, richtig, aber aus den, vom Gericht veröffentlichten Leitsätzen des Urteils ergeben sich ganz andere Konsequenzen:

Leitsätze

1. Die Bewilligungen aus dem EU-Ausland berechtigen im Freistaat Bayern nicht ohne weiteren anerkennenden Akt zum Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten und gelten grundsätzlich nicht als Erlaubnis nach § 284 StGB.

2. Der sich aus § 284 StGB ergebende Erlaubnisvorbehalt für das Veranstalten von Sportwetten ist eruroparechtskonform.

3. Die derzeitige Gesetz- und Vollzugslage im Freistaat Bayern mit dem sich aus dem Staatslotterievertrag ableitbaren Staatsmonopol zum Veranstalten von Sportwetten ist europarechtswidrig.

4. Es besteht kein spruchreifer Anspruch auf eine Genehmigung zum Veranstalten von Sportwetten, sondern nur ein Anspruch auf Neubescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts.

Die Konsequenzen aus dem Urteil (keine Eilentscheidung) wären damit folgende:

Zu Nr. 1 u. 2:
Eine im Ausland erteilte Erlaubnis für das Veranstalten von Sportwetten gilt nicht unmittelbar für das Vermitteln von Sportwetten durch einen im Inland tätigen Vermittler. Dieser Vermittler benötigt für seine Tätigkeit eine eigene Erlaubnis. Der Erlaubnisvorbehalt in § 284 StGB ist europarechtskonform. Aus dem Urteil ergibt sich somit, dass dass derjenige, welcher Sportwetten in das Ausland vermittelt gegen den objektiven, europarechtskonformen Straftatbestand des § 284 StGB verstößt. Wenn der Betreffende schuldhaft (vorsätzlich, ohne Verbotsirrtum) und rechtswidrig (ohne Rechtfertigungsgrund) handelt, ist er wegen Veranstaltung eines verbotenen Glücksspiels zu bestrafen.

Die Argumentation, § 284 StGB sei insgesamt wegen Verstoßes gegen Europarecht nicht anwendbar und damit auch keine Grundlage für sicherheitsrechtliche Anordnungen mit Sofortvollzug, ist damit durch das VG München widerlegt.

Zu Nr. 3:
Dass die derzeitige Rechtslage sowohl gegen Verfassungs- als auch gegen Europarecht verstößt, ist unbestritten. Es ist nur zu entscheiden, welche Konsequenzen daraus gezogen werden. Das BVerfG hält das derzeitige Recht in der Übergangsphase weiterhin für anwendbar. Das VG München ist der Ansicht, dass eine Übergangszeit zwar verfassungsrechtlich, aber nicht europarechtlich zulässig sei. Da das BVerfG nur über den Inhalt der Rechtsvorschrift, nicht aber über die Behandlung von Anträgen auf Genehmigung der Sportwettvermittlung geurteilt habe, müsse dieser Sachverhalt anders betrachtet werden. Ein Antragsteller habe einen Anspruch auf Entscheidung über seinen Antrag unter Berücksichtigung des Europarechts. Das dies das Bayer. Innenministerium im vorliegenden Fall nicht getan habe, müsse über den Antrag neu entschieden werden.

Zu Nr. 4:
Das Gericht stellt fest, dass für das Veranstalten von Sportwetten auch dann eine Erlaubnis im Sinne des § 284 StGB erforderlich ist, wenn für das Erteilen der Erlaubnis keine (bayeischen) Rechtsvorschriften bestehen. Das Veranstalten von Sportwetten ohne Erlaubnis ist daher auf jeden Fall verboten. Wenn jemand Sportwetten vermitteln will, muss er daher zuerst einen Antrag auf die Erlaubnis stellen. Über diesen Antrag ist nach Ansicht des Gerichtes in angemessener Zeit zu entscheiden. Die entscheidende Behörde (derzeit das Innenministerium) müsse dann aufgrund Europarechts dafür sorgen, dass Entscheidungskritierien, welche z.B. die Vorgaben des BVErfG zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung berücksichtgen, geschaffen werden. Ein Anspruch auf Betreiben einer Sportwettvermittlung ohne Genehmigung besteht auch nach Ansicht des VG München daher nicht.

Erfreulich ist auch, dass sich das VG mit dem Geltungsbereich einer österreichischen Erlaubnis auseinandersetzte. Da die Österreichische Buchmacherbewiligung nur für den Betrieb des Gewerbes in bestimmten, genau bezeichneten Geschäfträumen in einem österreichischen Bundesland berechtigt, verleiht diese kein Recht, in Deutschland eigene Annahmestellen oder Vermittlungsstellen zu betreiben.

Also, das Urteil wiederholt zwar die Feststellung des BVerfG, dass die derzeitige Rechtslage weder verfassungs- noch europarechtskonform ist, stellt aber gleichzeitig fest, dass dies den Betreibern von Wettannahmestellen nicht das Recht verleiht, die Sportwettvermittlung ohne Erlaubnis durch eine deutsche Behörde zu betreiben. Das ist doch etwas ganz anderes, als die Wett-Lobby in das Urteil hineininterpretiert.

Das gesamte Urteil findet sich hier.

__________________
Thomas Kirchhammer

Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Ingolstadt: 04.07.2006 09:47.

1 04.07.2006 09:35 Ingolstadt ist offline E-Mail an Ingolstadt senden Homepage von Ingolstadt Beiträge von Ingolstadt suchen
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RA Arendts
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Inhalt des Urteils

Es ist aus meiner Sicht hilfreich, auch die Ausführungen des Gerichts - vor allem zur gemeinschaftrechtlichen Rechtslage - zu lesen:

„Der gegenständliche Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums des lnnern vom 4. November 2004 unter dem Az. I A 4-2161.5 - 67 ist rechtswidrig. Das Bayerische Staatsministerium des lnnern verkennt mit den Ausführungen im gegenständlichen Bescheid die europarechtlichen Vorgaben. So ist sowohl zum Zeitpunkt der Antragstellung, des Bescheidserlasses als auch zum aktuellen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 7. Juni 2006 im Freistaat Bayern zur Überzeugung der erkennenden Kammer eine europarechtswidrige Situation gegeben, wenn Veranstaltern und Vermittlern von privaten Sportwetten bei europarechtlichem Bezug die Erlaubnis bzw. Anerkennung einer Berechtigung hierfür mit Verweis auf ein grundsätzlich bestehendes Verbot der privaten Sportwettveranstaltung und -vermittlung im Freistaat Bayern verwehrt wird.

a) Unabhängig davon, ob entscheidungserheblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des gegenständlichen Bescheids der Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids war oder aber der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung relevant wäre, ist der gegenständliche Bescheid europarechtswidrig.

(1) Dem erkennenden Gericht ist nicht verwehrt, die Europarechtskonformität der bayerischen Rechtslage zum Sportwettmonopol eigenständig zu prüfen. Das Gericht sieht sich insoweit nicht in einer Bindungswirkung nach § 31 BVerfGG dahingehend, dass die vom BVerfG ausgesprochene Übergangsregelung und das bestehende Verbot der Sportwettenvermittlung und Veranstaltung durch Private bis zu einer Neuregelung auch aus europarechtlicher Sicht gelte. Das BVerfG hat nämlich keine europarechtliche Beurteilung hinsichtlich der Rechtslage zum Sportwettenmonopol in Bayern vorgenommen, die Bindungswirkung für die Prüfung durch die nationalen Gerichte entfalten könnte. Ausdrücklich hat es in Rdnr. 77 im Urteil vom 28.3.2008 Az. 1 BvR 1054/01 vielmehr ausgeführt, dass eine Überprüfung der EU-Grundfreiheiten im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde ausscheide. Ein möglicher Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht sei auch nicht mit der Begründung rügefähig, angesichts des Anwendungsvorrangs des europäischen Gemeinschaftsrechts könnte es ggf. schon an einem anwendbaren, den Gesetzesvorbehalt eines Grundrechts ausfüllenden Gesetz und damit an einer Beschränkung der grundrechtlichen Gewährleistung fehlen. Für die insoweit maßgebliche Frage der Vereinbarkeit einer innerstaatlichen Norm des einfachen Rechts mit den Bestimmungen des europäischen Gemeinschaftsrechts sei es nicht zuständig (BVerfG a.a.0. Rdnr. 77 mit Verweis auf BVerfGE 145 (174f.) und 82, 159 (191)). Die Auffassung von Hecker/Schmitt, dass das BVerfG Bedenken der Europarechtskonformität ausdrücklich erwähnt hätte und sich aus der Erklärung der Anwendbarkeit des § 284 StGB ergebe, dass das BVerfG daher auch von dessen Europarechtskonformität ausgehe (Hecker/Schmitt, a.a.0. S. 64), ansonsten eine Nichtanwendbarkeit aufgrund des Anwendungsvorrangs des Europarechts von Nöten gewesen wäre (vgl. Dübbers/Kartal, Kommentar zur BVerfGE, ZfWG 2006,33 (35)) steht zu den Ausführungen des BVerfG Im klaren Gegensatz. Das erkennende Gericht sieht sich aber aufgrund der Bindungswirkung nach § 31 BVerfGG daran gebunden, dass gerade noch keine europarechtliche Überprüfung durch das BVerfG stattfand, die wiederum Bindungswirkung entfalten könnte.

Die Auffassung von Schmidt (Das Vorgehen gegen Illegale Sportwetten in Bayern, GewArch 2006,177 (178)), aus der Entscheidung des BVerfG ergebe sich klar, dass das dort geregelte übergangsweise Verbot der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten euch für auf der Grundlage von in EU-Mitgliedstaaten erteilten Erlaubnisse gelte. weil die von der dortigen Beschwerdeführerin in den Ausgangverfahren gestellten Anträge auf Genehmigung der Vermittlung von Sportwetten ins EU-Ausland endgültig gescheitert seien, übersieht den verfassungsgerichtlichen Streitgegenstand. So hatte das Bundesverfassungsgericht nicht über den Genehmigungsanspruch an sich zu entscheiden, sondern über etwaige Grundrechtsverletzungen. Ob die Versagung der Genehmigung europarechtswidrig war, hatte und konnte das BVerfG angesichts seines nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG eingeschränkten Überprüfungsspielraums nicht beurteilen. Schließlich sieht sich das BVerfG selber nicht als Superrevisionsinstanz.

Die vom BVerfG bestimmte Übergangsfrist führt bei Erfüllung der dortigen Auflagen zur Überzeugung des Gerichts nicht per se zu einem europarechtskonformen Zustand (a.A. VG Münster vom 2.6.2006 Az. 9 L 379/06; und wohl auch Schmidt, a.a.O., S. 178). So sind Übergangsregelungen im Bereich der Grundfreiheiten dem Europarecht grundsätzlich fremd (VG Arnsberg vom 23.5.2006 Az. 1 L 379/06; VG Minden vom 26.5.2006 Az. 3 L 241/06; Dübbers/Kartal, a.a.O. S.34) Vielmehr ist angesichts des europarechtlichen Anwendungsvorrangs durch Nichtanwendung europarechtswidriger Vorschriften sofort ein europarechtskonformer Zustand herbeizuführen. Die vom EuGH im Verfahren C 317/04 und C 318/04 vom 30. Mai 2006 selbst bestimmte Übergangsregelung erfolgte ersichtlich aus einem anderen Schutzzweck heraus, nämlich "aus Gründen der Rechtssicherheit und zum Schutz der betroffenen Person" (Pressemitteilung Nr. 46/06 vom 30.5.2006). Der den Mitgliedstaaten vom EuGH eingeräumte Spielraum bei der Glücksspielpolitik und die grundsätzliche Notwendigkeit einer Transformation der europäischen Vorgaben in nationales Recht (S.O.) führen im übrigen nicht zur einer derweiligen Tolerierung europarechtswidriger Zustande - außerhalb eingeräumter Umsetzungsfristen - und Abschwächung des Anwendungsvorrangs. Die vom BVerfG gesetzte Übergangsfrist ist somit nicht als eine Frist zur Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben zu verstehen, in deren Zeitraum ein europarechtswidriger Zustand hinzunehmen wäre (a.A. wohl VG Halle vom 4.5.2006 Az. 3 B 56/06 HAL).

(2) Es kann somit für das vorliegende Verfahren. das erlaubnisrechtlicher und nicht ordnungsrechtlicher Natur ist, dahinstehen, ob der Beklagte nunmehr (nach den Änderungen im Oddsetwesen entsprechend der Pressemitteilung vom 4.4.2006 und den Ausführungen der Bayerischen Staatlichen Lotterieverwaltung anhand des vorgelegten Maßnahmenkatalogs in der mündlichen Verhandlung) die Vorgaben des BVerfG im zitierten Urteil vom 28. März 2006 für die Obergangszelt erfüllt, da diese Übergangsfrist gerade nicht für die europarechtliche Beurteilung von Belang ist. Aus europarechtlicher und damit hier streitentscheidender Sicht kommt es darauf an, ob der Beklagte die Anforderungen des Europarechts, wie sie vorrangig im Gambelli-Urteil ausgeführt wurden, erfüllt. Daraus folgt, dass der Beklagte die Anforderungen hinsichtlich einer kohärenten und systematischen Glücksspielpolitik, die, wie ausgeführt, wohl normativer Ausprägung bedarf, unverzüglich zu erfüllen hat. will er weiterhin private Anbieter aus dem EU-Ausland vom bayerischen Markt fernhalten.

b) Eine Versagung der begehrten Erlaubnis bzw. Anerkennung der Berechtigung der Klägerin zur Veranstaltung bzw. Vermittlung von Sportweiten im Freistaat Bayern ist europarechtswidrig, wenn - wie hier erfolgt - dieses Begehren alleine in Bezug auf das im Freistaat Bayern bestehende Verbot der Sportwettenveranstaltung und Vermittlung durch Private begründet wird.

(1) Die Versagung von Erlaubnissen bzw. anerkennender Akte ausländischer Erlaubnisse zur Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten - und damit die derzeitige Lage im Freistaat Bayern aufgrund des Staatslotteriegesetzes und des Staatslotterievertrages - stellt grundsätzlich eine Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit im Sinne von Art. 43 EG bzw. der Dienstleistungsfreiheit im Sinne von Art. 49 EG dar (vgl. EuGH - Gambelli - Rdnr. 44 - 59, insb. Rdnr. 46 zur Niederlassungsfreiheit, Rdnr. 54f. zur Dienstleistungsfreiheit des Veranstalters und Rdnr. 58 zur Dienstleistungsfreiheit des Vermittlers; EuGH - Zenatti - Rs. C-67/98 vom 21.10.1999 Slg. 1999, 1-7289 Leitsatz).

(…)

(3) Die derzeitige Gesetzeslage und deren Vollzug im Freistaat Bayern erfüllen jedoch nicht die vorn EuGH im Gambelli-Urteil aufgestellten Anforderungen an eine solche Rechtfertigung.

aa) Diesbezüglich kann und muss angesichts des § 31 BVerfGG auf die Ausführungen im Urteil des BVerfG vom 28.3.2006 Az. BvR 1054/01 Bezug genommen werden.

So ist nach dessen Auffassung das im Rahmen des Wettmonopols eröffnete Sportwettenangebot Oddset nicht konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaff und Bekämpfung der Wettsucht ausgerichtet (BVerfG, Rdnr. 120). Das Staatslotteriegesetz enthalte keine entsprechenden materiellrechtlichen Regelungen und strukturellen Sicherungen, die dies hinreichend gewährleisten. Die Mängel in der konkreten Ausgestaltung von Oddset stellten nicht nur ein Defizit im Vollzug des einfachen Rechts dar, sondern es drücke sich darin vielmehr ein entsprechendes Regelungsdefizit aus (Rdnr. 120). Dieses Regelungsdefizit spiegele sich dann wider, dass auch tatsächlich eine konsequente Ausrichtung der durch den Freistaat Bayern veranstalteten Wetten am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht und problematischen Spielverhalten sowie der Begrenzung der Spiel- und Wettleidenschaft gegenwärtig nicht gegeben sei (Rdnr. 132). So verfolge die Veranstaltung der Sportwette Oddset erkennbar auch fiskalische Zwecke (Rdnr. 133) und sei nicht aktiv an einer Bekämpfung von Spielsucht und problematischen Spielverhalten ausgerichtet, sondern erscheine vielmehr im Rahmen wirtschaftlich effektiver Vermarktung als grundsätzlich unbedenkliche Freizeitbeschäftigung (Rdnr. 134). Das erklärte Ziel der Markterschließung der Zielgruppe 18 - 40jähriger (Rdnr. 135), die breit angelegte Werbung (Rdnr. 136). ein derart breit gefächertes Vertriebsnetz von Lotto-Annahmestellen mit der Maxime "weites Land – kurze Wege", wodurch die Möglichkeit geschaffen werde, Sportwetten zu einem allerorts verfügbaren normalen Gut des täglichen Lebens zu machen (Rdnr. 138), nicht effektiv jugendschützendes Internetangebot (Rdnr. 139) und die wenig beschränkende Präsentation des Wettangebots (Rdnr. 140f) bewirkten, dass die geltende Rechtslage nicht ausreiche, um das Monopol zu legitimieren und allein damit den Ausschluss privatwirtschaftlicher Unternehmen vom Veranstalten von Sportwetten verfassungsrechtlich zu begründen (Rdnr. 142).

Das Bundesverfassungsgericht führt in diesem Zusammenhang aus, dass "insofern" die Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts parallel zu den vom EuGH zum Gemeinschaffsrecht formulierten Vorgaben liefen (Rdnr. 144). Daraus ergibt sich zur Überzeugung des erkennenden Gerichts und angesichts der Bindungswirkung des § 31 BVerfGG, dass das bisherige bayerische Sportwettmonopol nicht nur nach nationalem Recht, vielmehr auch europarechtlich beurteilt keine Rechtfertigung darstellen kann, da es nicht an rechtfertigenden Zielen zum zwingenden Schutz des Allgemeininteresses ausgerichtet ist. (…)

bb) Darüber hinaus wird im Freistaat Bayern auch derzeit keine kohärente und systematische Glücksspielpolitik im Sinne des EuGH und der europarechtlichen Vorgaben betrieben (vgl. hierzu auch Redeker/Sellner/Dahs & Widmaier, a.a.O.. S. 18ff).

Das Anforderungsprofil des EuGH geht zur Rechtfertigung von beschränkenden Maßnahmen noch über die Ausführungen des BVerfG hinaus, welches auch nur "insofern" (vgl. BVerfG, a.a.O. Rdnr. 144) einen Gleichlauf attestierte. als es zuvor prüfte, ob das Sportwettenmonopol konsequent an rechtfertigenden Zielen ausgerichtet sei. Der EuGH verlangt über die Zielausrichtung hinaus, die nach Auffassung des BVerfG bereits nicht gegeben ist, dass die Beschränkungen geeignet sein müssen, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitrage (EuGH - Gambelli - Rdnr. 67). Es bedarf also einer kohärenten und systematischen Glückspielpolitik im gesamten, wozu auch Spielbanken, Lotterien, Pferdewetten, Fernseh- und Radiogewinnspiele gehören. Dies spiegelt sich auch In Rdnr. 69 des Gambelli-Urteils und in dessen Leitsatz wieder, wonach eine Rechtfertigung mit Bezugnahme auf die öffentliche Sozialordnung ausgeschlossen wird, wenn die Behörden eines Mitgliedstaats die Verbraucher zur Teilnahme an Lotterien, Glücksspielen und Wetten anreizen und ermuntern, um daraus Einnahmen zu erzielen. Der EuGH verlangt somit zur Überzeugung der Gerichts eine ganzheitliche Glücksspielpolitik. Eine solche Glücksspielpolitik wird im Freistaat Bayern jedoch nicht betrieben (vgl. z.B. die Ausführungen von Redeker/Sellner/Dahs & Widmaier, a.a.O. Seite 18ff.).

Insofern erachtet das Gericht trotz der in der mündlichen Verhandlung vorgestellten kurzfristigen Änderungen im Oddset-Bereich in Bayern die Auffassung des OVG Magdeburg vom 4.5.2006, des VG Gelsenkirchen vom 29.5.2006 Az 7 L 701/06 und im Ansatz auch des VG Bayreuth vom 27.4.2006 Az. B 1 S 06.283, dass angesichts der umgehend ergriffenen Maßnahmen mit teilweise erheblichen Einschränkungen für Oddset-Wetten die aktuelle staatliche Ausgestaltung des Wettmonopols auch den Anforderungen des EuGH zur Rechtfertigung von Beschrankungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs gerecht werde und somit kein Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht mit der Folge einer teilweisen Nichtanwendung von Vorschriften des Glücksspielgesetzes bestehe, für nicht zutreffend.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Ausführungen des Bundeskartellamtes vom 24. Mai 2006 Gesch.-Z. B 10 - 148/05 zu verweisen, in denen schwerwiegende kartellrechtliche und europarechtliche Bedenken gegen die lotterierechtliche Gestaltung und Aufteilung des deutschen Marktes und insbesondere § 5 Abs. 3 des Lotteriestaatsvertrages selbst betreffend (Seite 136 a.a.O.) erhoben werden.

Auch im Sportwettenwesen selber bestehen im übrigen nach Ansicht des Gerichts trotz der vorgenommenen Änderungen im Oddset-Bereich noch weiterhin Bedenken hinsichtlich Kohärenz und Konsistenz sowie einer klaren Ausrichtung des Sportwettenwesens an den schutzwürdigen hohen Zielen des Allgemeininteresses. So sind gegenwärtig erhebliche Defizite im Bereich Aufsichtwesen, Werbung/Sponsoring, dem umfassenden Vertriebsnetz und dem Durchgreifen ordnungsrechtlicher Art erkennbar.

Unabhängig davon sieht es das Gericht als notwendig an, die vom EuGH geforderte kohärente und systematische Glucksspielpolitik nicht nur im faktischen Vollzug auf Exekutivebene zu betreiben, sondern angesichts des Gesetzesvorbehalts (Art. 19 Abs. 1 GG) diese in normierter Weise in Gesetz zu gießen, gerade wenn hiermit in Grundrechte eingegriffen wird. In diesem Zusammenhang wird auch wiederum auf die Ausführungen des BVerfG verwiesen, die nicht nur ein Vollzugsdefizit, sondern vielmehr auch ein Regelungsdefizit im Staatslotteriegesetz konstatieren (BVerfG a.a.O. Rdnr. 120). Aus Rdnr. 156 ergibt sich auch deutlich, dass das BVerfG von einer Neuregelung durch den Gesetzgeber (Landes- oder Bundesgesetzgeber) ausgeht und nicht nur von faktischen Vollzugsänderungen.

Es kann dahinstehen, ob die Vorgaben des BVerfG für die Übergangszeit derzeit erfüllt werden, da das vom BVerfG bemängelte Regelungsdefizit bis zur mündlichen Verhandlung am 7. Juni 2008 unzweifelhaft nicht beseitigt wurde. So zeigt sich bereits an der Protokollnotiz am Ende der Beschlüsse der lnnenminister auf der Innenminister-Konferenz am 5.5.2006, dass noch keine abschließende Meinungsbildung bundesweit dazu stattgefunden hat, ob das Staatsmonopol tatsächlich fortgeführt werden soll oder eine teilweise Öffnung des Marktes in Betracht zu ziehen sei. Vielmehr ist nach Auskunft des Klägerbevollmächtigten eine politische Initiative zur Sportwettenregelung seitens der FDP-Fraktion in den Bundestag eingebracht worden. Erst die Beseitigung dieses Regelungsdefizits wird jedoch einen verfassungskonformen und europarechtskonformen Zustand herbeizuführen in der Lage sein.

(4) Mangels Rechtfertigung der Grundfreiheitenbeeinträchtigung und aufgrund der europarechtlichen Konsequenz der Unanwendbarkeit einer europarechtswidrigen Regelung ist von der Nichtanwendbarkeit des Bayerischen Staatslotteriegesetzes sowie der entsprechenden beeinträchtigenden Regelungen des Staatslotterievertrags mit dem Ausschluss privater Veranstalter und Vermittler von Sportwetten vom Glücksspielmarkt auszugehen. Nachdem sich der gegenständliche Bescheid jedoch auf gerade diese europarechtswidrige und damit nicht anwendbare Situation bezieht. ist dieser rechtswidrig. Die Möglichkeit einer Erlaubnis für private Sportwettveranstalter und Vermittler kann ohne weitere Rechtfertigung nicht kategorisch, wie es der Beklagte im gegenständlichen Bescheid tut, ausgeschlossen werden (vgl. auch BGH vom 14.3.2002, Az. I ZR 279/99 NJW 2002, 2175 (2176), der für den Fall einer Europarechtswidrigkeit des Sportwettenmonopols eine solche Konsequenz ins Feld führt).“


Eine Strafbarkeit nach § 284 StGB wird man natürlich weiterhin für das Vermitteln an in einem anderen EU-Mitgliedstaat staatlich zugelassenen und dort laufend behördlich überwachten Buchmacher verneinen müssen (so auch die durchgängige Rechtsprechung des Strafgerichte).

Nach den Schlussanträgen des Generalanwalt des EuGH in den vebundenen Rs. Placanica ist im Empfangsstaat keine zusätzliche Erlaubnis notwendig. Der EuGH hat diese Sache im März verhandelt und wird voraussichtlich bis Ende des Jahres sein Urteil verkünden.

Nach österreichischem Recht ist das (binnen-)grenzüberschreitende Anbieten zulässig. Leider hat sich das VG geweigert, die dazu angebotenen Beweise zu erheben. Die österreichische Bewilligung bezieht sich ausdrücklich auch auf das Angebot online/über Internet.
2 05.07.2006 13:03 RA Arendts ist offline E-Mail an RA Arendts senden Homepage von RA Arendts Beiträge von RA Arendts suchen
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Hallo aus Thüringen,

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Arendts,

schön, dass Sie den Weg in dieses Forum gefunden haben und ich wünsche uns eine für alle Seiten gewinnbringende und sachliche Diskussion zur Sportwettenthematik!

Zu Ihren Ausführungen gleich ein paar Anmerkungen von mir:

Zitat:
Eine Strafbarkeit nach § 284 StGB wird man natürlich weiterhin für das Vermitteln an in einem anderen EU-Mitgliedstaat staatlich zugelassenen und dort laufend behördlich überwachten Buchmacher verneinen müssen (so auch die durchgängige Rechtsprechung des Strafgerichte).


Eine generelle Negierung der Strafbarkeit nach § 284 StGB kann ich nicht nachvollziehen.
Auf Grund der sich derzeit teilweise noch widersprechenden Rechtssprechung der Verwaltungsgerichte ist es nachvollziehbar, wenn die Strafrichter in den bisher bekannt gewordenen Verfahren eine Strafbarkeit ausgeschlossen haben. Dies basierte i. d. R. auf Annahme des „unvermeidlichen Verbotsirrtums“ (z. B. OLG Stuttgart vom 26.06.2006 - 1 Ss 296/05 -). Meines Erachtens ist es nicht Aufgabe der Strafrichter zu entscheiden, ob die in Malta, Gibraltar, Österreich … erteilten Wettkonzessionen nach europäischen Recht in Deutschland Wirkung für den Wettveranstalter und den Wettvermittler entfalten. Diese Frage ist zunächst durch die Fachgerichte, nämlich die Verwaltungsgerichte, abschließend zu beurteilen. Insoweit ist es verständlich, dass die Strafgerichte zunächst zu Gunsten des Angeklagten entscheiden, dies schließt aber nicht die (künftige) Anwendung des § 284 StGB mit anders lautenden Urteilen aus.

Zitat:
Nach den Schlussanträgen des Generalanwalt des EuGH in den vebundenen Rs. Placanica ist im Empfangsstaat keine zusätzliche Erlaubnis notwendig. Der EuGH hat diese Sache im März verhandelt und wird voraussichtlich bis Ende des Jahres sein Urteil verkünden.


Der Generalanwalt geht in den betreffenden Schlussanträgen, die übrigens ein Verfahren betreffen, dass sich mit der erfolgten gesetzlichen Neuregelung des italienischen Glückspielmonopols nach der „Gambelli-Entscheidung“ auseinandersetzt, davon aus, dass der konzessionierte Wettveranstalter direkt seine „Dienstleistung“ anbietet und der Wettvertrag ausschließlich zwischen ihm und dem Wetter zustande kommt. Dem zufolge kommt er zu der Auffassung, dass keine weitere Kontrollinstanz und Erlaubnis notwendig wäre.
In Deutschland zeigt sich jedoch ein anderes Bild: Über „Dienstleistungs- und/oder Geschäftsbesorgungsverträge“ agieren i. d. R. 3 Beteiligte für ein Wettbüro: der Veranstalter im Hintergrund, ein „Dienstleister“ (Unternehmen, die z. T. nur für die Wettabwicklung in Deutschland extra gegründet wurden) und der Wettbürobetreiber. Die Wetteinsätze werden vom Inhaber des Wettbüros eingenommen und für die Auszahlung der Gewinne benutzt. Die Abrechnung erfolgt nicht selten nur an den „Dienstleister“. Ob diese dann tatsächlich an den Veranstalter als steuerpflichtige Wetteinnahme weitergeleitet werden, bleibt offen...
Das „REMOTE GAMBLING FROM GIBRALTAR” schreibt beispielsweise vor, dass vom Wettkunden mindestens Name, Adresse und Geburtsdatum vom Veranstalter zu erfassen sind. In den deutschen Wettbüros kann man aber anonym wetten...
An diesen Beispielen – die es in den kommenden Hauptsacheverfahren bei den Verwaltungsgerichten zu ergänzen und näher zu erörtern gilt -, lässt sich m. E. schon ableiten, dass ein ordnungsrechtlicher Anspruch deutscher Behörde besteht - auch unabhängig des weiterhin bestehenden Glücksspielmonopols – kontrollierend durch Erlaubnisvorbehalt auf den Wettmarkt Einfluss zu nehmen. Folgerichtig haben die Münchner Richter im eingangs erwähnten Urteil den unter 1. genannten Leitsatz geprägt.
Auch die gegenwärtigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Augsburg „wegen der Manipulation von Sportwetten im gesamten Bundesgebiet, Erpressung und Betrug" könnten durchaus den Schluss zu lassen, dass die Kontrolltätigkeit der Erlaubnisbehörde in einem anderen EU-Mitgliedsstaat nicht ausreichend ist.


Zitat:
Nach österreichischem Recht ist das (binnen-)grenzüberschreitende Anbieten zulässig. Leider hat sich das VG geweigert, die dazu angebotenen Beweise zu erheben. Die österreichische Bewilligung bezieht sich ausdrücklich auch auf das Angebot online/über Internet.


Ihr Bedauern über diese Entscheidung kann ich nachvollziehen. Jedoch aus anderem Grund.
Eine Regelung in den österreichischen Buchmachergesetzen, wonach das grenzüberschreitende Anbieten der Wetten über das Internet erlaubt ist, ist mir jetzt auf Anhieb nicht geläufig. Allerdings besteht eine analoge Rechtsauffassung der österreichischen Ordnungsbehörden. Dies betrifft jedoch nicht den Betrieb von Wettbüros, den hierfür ist eine orts- bzw. objektgebundene Erlaubnis erforderlich. Wer in Österreich Wetten veranstalten (Buchmacher) und / oder vermitteln (Totalisateur) will, bedarf der Bewilligung durch die örtlich zuständige Landesregierung. Im Klartext: ein Anbieter mit Bewilligung der Salzburger Landesregierung bedarf für die Eröffnung eines Wettbüros oder den Betrieb von „Wettomaten“ in Niederösterreich der zusätzlichen Erlaubnis der Niederösterreichischen Landesregierung. Wenn eine Buchmacherbewilligung nicht einmal innerhalb des EU-Mitgliedsstaates Österreich Geltung hat, sondern nur innerhalb eines Bundeslandes, kann wohl eine derartige Erlaubnis über den Verweis auf den EGV nicht in der gesamten EU Wirkung entfalten. Wenn ein Wettvermittler, beispielsweise in Wien, nach Wiener Recht einer eigenen Bewilligung bedarf, wäre es Rechtsbeugung anzunehmen, dass anderseits die Buchmachererlaubnis über den Verweis auf die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit allein ausreichend wäre, das ein Dritter in Deutschland eine Wettbüro für den Buchmacher selbständig betreiben kann. Denn die Buchmachererlaubnis würde bei diesem Rechtsverständnis eine höhere Wertigkeit in Bezug auf die Drittwirkung für die Wettbürobetreiber erlangen, als ihr nach dem Recht des Herkunftslandes zusteht.
Durch die Behörden in Malta und Gibraltar werden sog. „Offshore Buchmachererlaubnisse“ erteilt. Diese berechtigen den Inhaber – i. d. R. ausschließlich über das Internet und andere elektronische Medien – grenzüberschreitend Wetten anzubieten, jedoch nicht an die Bevölkerung des erlaubniserteilenden Landes. Würde man die Erlaubnis nun ausreichend für das Betreiben von Wettannahmestellen in Deutschland anerkennen, würde dies den Reglungsgehalt der Erlaubnis einerseits sprengen und anderseits zur europarechtswidrigen Innländerdiskriminierung in Malta bzw. Gibraltar führen. Eine Wettlizenz, die im eigenen Land nicht dazu berechtigt, Wettbüros zu betreiben, kann nicht auf Art. 43 und 49 EGV gestützt eine derartige Berechtigung für einen anderen EU-Mitgliedsstaat entfalten.
Insoweit hoffe ich persönlich, dass die Gerichte künftig bei der Prüfung der EU-Konformität des deutschen Wettrechtes nicht am EGV halten machen, sondern im Detail die rechtlichen Ausgestaltung des Wettrechts in den betreffenden Mitgliedsstaaten mit in ihre Entscheidungsfindung einbeziehen.

__________________
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3 05.07.2006 17:07 Puz_zle ist offline Beiträge von Puz_zle suchen
RA Arendts
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Vielen Dank.

Bislang habe ich die strafrechtlichen Verfahren gewonnen, einige sind allerdings noch anhängig. Die Strafgerichte gehen durchgehend von der Nichtanwendbarkeit des § 284 StGB aus, so etwa jüngst das AG Ravensburg. Das Amtsgericht lehnte die Eröffnung der Hauptverfahrens mit der Begründung ab, dass die derzeitige Rechtslage nicht mit dem Europarecht vereinbar sei und aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts unangewendet bleiben müsse. Bezüglich der vom Bundesverfassungsgericht festgelegten Übergangsfrist für eine gesetzliche Neuregelung bis Ende 2007 führt das Gericht aus:

„Hieran ändert auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 nichts, denn dem Recht der Europäischen Gemeinschaften und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind Übergangsfristen, während derer nationales Recht trotz seiner Unvereinbarkeit mit dem EG-Vertrag weiter anwendbar ist, fremd.“

Die Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts liefen entsprechend der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts parallel zu den vom Europäischen Gerichtshof formulierten Vorgaben. Das bestehende staatliche Monopol für Sportwetten sei nicht konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und aktiven Bekämpfung der Wettsucht ausgerichtet, sondern vielmehr stünden fiskalische Interessen im Vordergrund. Diese Wertungen seien auch dafür maßgeblich, ob die tatsächliche und rechtliche Ausgestaltung des Wettmonopols den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts entspreche. Der Angeschuldigte habe sich daher nicht strafbar gemacht.


Zu der Einschaltung von Dienstleistern kann ich Ihnen nichts sagen. Unsere Mandanten sich Buchmacher, die ihre Dienstleistungen gesamteuropäisch (darunter auch in Deutschland) binnengrenzüberschreitend anbieten (und natürlich auch völlig ordnungsgemäß versteuern). Die Wettverträge kommen am Sitz des Buchmachers zustande (dort, wo auch der Server sitzt).

Die aufsichtsrechtliche Kontrolle in Großbritannien, Malta, Österreich etc. dürfte deutlich besser sein als in Deutschland. Die Staatliche Lotterieverwaltung hätte etwa wegen Unzuverlässigkeit keine Chancen, in Österrecih eine Buchmacherbewilligung zu bekommen, da sie sich bis vor einem Jahr nicht um Jugendschutz gekümmert hat. Die Teilnahme Miderjähriger ist erst seit zwei Jahren verboten, überwacht wird dies erst seit Juli letzen Jahres. Bislang waren die Annahmestellen für das staatliche Glücksspiel froh, dass endlich einmal wieder Junge in den Laden kommen ...

Zugegeben etwas Polemik, aber die Deutschen müssen sich erst einmal an die eigene Nase fassen und - entsprechend den durchaus durchdachten Vorgaben des VG München - eine kohärente und konsistente Glücksspielpolitik entwerfen - von der sehe ich bislang nichts. Zutreffend hat das Bundesverfassungsgericht auch das Fehlen einer unabhängigen Überwachung bemängelt.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Arendts
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Sportwetten: Wie stehen die "öffentlich rechtlichen" dazu?

Zocken fürs Wettmonopol

Öffentlich-rechtliche Sender und Landesmedienanstalten uneins über TV-Spots für Anbieter privater Sportwetten

Vor allem im Vorlauf zur Fußball-WM konnte man ihr kaum entkommen: der TV-Reklame für private Sportwetten-Anbieter. Doch die sind wie ihre Spots eigentlich illegal, sagen die Ministerpräsidenten der Länder - und haben den für Zulassung und Rechtsaufsicht im privaten Rundfunk zuständigen Landesmedienanstalten (LMA) aufgetragen, die Spots zu verbieten. Doch dummerweise verdienen viele Privatsender gut an solcher Reklame, Sportkanäle wie das DSF können und wollen nicht darauf verzichten.

Gestern trafen sich die Justiziare von ARD und ZDF mit den LMA-Direktoren in Berlin. Und es hätte eine historische Erklärung werden können. Denn alle ziehen an einem Strang … Der kleine Schönheitsfehler: Bei der Frage, ob die Werbung für Anbieter privater Sportwetten nun wirklich illegal sei, konnten sich die TV-Vertreter nur zur einhelligen Auffassung durchringen, dass man sich nicht einig sei. Es bleibt also dabei: Die Landesmedienanstalten halten weiter zu den Privatsendern, die ihrerseits weiter für Firmen wie Bet and Win werben. Für ARD wie ZDF stellt sich das Problem dagegen nicht, weil sie derartige Werbung schon länger nicht mehr ausstrahlen.

Ein Bericht der taz von STEFFEN GRIMBERG vom 04.07.2006 S. 15. Weiter unter: http://www.taz.de/pt/2006/07/04/a0169.1/text
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Moin Moin aus Thüringen,

@RA Arendts

Ob die aufsichtsrechtliche Kontrollen in Großbritannien, Malta, Österreich etc. tatsächlich deutlich besser sind, als in Deutschland, hat meines Wissens wohl noch keiner so richtig überprüft. Zumindest haben weder Gerichte noch der Generalanwalt des EuGH diesbezügliche Wertungen getroffen.
Wenn nach Ihrer Meinung die staatliche Lotterieverwaltung wegen zurückliegender Unzuverlässigen im Jugendschutz beispielsweise in Österreich keine Buchmacherbewilligung bekommen würde, wie schaud es dann mit den österreichischen Anbietern aus, die fast flächendeckend durch Dritte Wettbüros in Deutschland forcieren, ohne das diese die selbst nach liberalen österreichischen Sportwettenrecht erforderliche Genehmigung für das Wettbüro besitzen? Müsste diese Praxis nicht sagar zum Widerruf der erteilten Bewilligungen führen?

Eine unabhängige Überwachung des Glücksspielsektor halte ich auch für geboten. Denn im Moment teilen sich diese Aufgabe die Ordnungsbehörden in allen Ebenen, die Rechtsanwälte der privaten Sportwettenanbieter, die Gerichte, die Medien ... Auf Grund der unterschiedlichen Interessenlage fällt dementsprechend die Bewertung von Ist- und Soll-Zustand unterschiedlich aus.
Allerdings bleibt die Frage, wer diese Überwachungsfunktion künfitg wahrnehmen könnte.

@anders
Die (Nicht-) Entscheidung der Landesmedienanstalten zur Frage der Sportwettenwerbung beruht lt. offizieller Pressmitteilung des VPRT u. a. darauf
Zitat:
... dass ein Einschreiten gegenüber den privaten Rundfunkveranstaltern eine aufsichtliche Maßnahme darstellt, die einen Eingriff in die Rundfunkfreiheit des jeweiligen Veranstalter bedeutet ...


Was hat jedoch gut bezahlte Fernseh- und Rundfunkwerbung mit der Rundfunkfreiheit zu tun? Vielleicht sollten sich die Landesmedienanstalten dazu mal die BGH-Entscheidung "Schöner Wetten" vom 01.04.2004 - I ZR 317/01 - anschauen, wo das Gericht m. E. klar die Trennung zwischen Jounalismus in den Medien (einschließlich der zugehörigen Grundrechtsfreiheiten) und der Werbung dargestellt hat ...
Guckst du HIER (unter "Entscheidungen")

Zum Thema Sportwettenwerbung noch ein interessanter LINK

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6 06.07.2006 07:55 Puz_zle ist offline Beiträge von Puz_zle suchen
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Sportwetten VG München Az M 16 K 04.6138

Sehr geehrter Herr RA Arendts,

ich danke Ihnen für die unmittelbare Teilnahme an der Diskussion, sie zeigt deutlich die unterschiedlichen Standpunkte und Sichtweisen. Die nachfolgenden Ausführungen sind für die Mitleser bestimmt, Sie bedürfen sicher keiner Einführung in das EG Recht.

Die Auseinandersetzung dreht sich eigentlich nur noch um den "Anwendungsvorrang" des EG-Rechts. Verfassungsrechtlich ist die Angelegenheit durch das Urteil des BVerfG geklärt. Das Verhältnis zwischen nationalem und EG-Recht ist ein sehr kompliziertes Thema, das bisher weder vom EuGH noch vom BVerfG abschließend geklärt werden konnte. Schon die Erklärung dieses Begriffes ist schwierig, siehe hier (Anwendungsvorrang) oder hier (Kollisionsregelung) oder hier (populäre Kurzfassung) .

Bezüglich der Sportwetten könnte eine Kollision mit Gemeinschaftsrecht vorliegen. Nach dem Abschnitt über die „Dienstleistungsfreiheit“ hat grundsätzlich jeder Gewerbetreibende, welcher in einem Mitgliedsstaat sein Gewerbe in zulässiger Weise betreibt, das Recht, in jedem anderen Mitgliedsstaat die gleichen Leistungen anzubieten. Ein Veranstalter von Sportwetten, der sein Gewerbe z.B. in der Republik Malta betreibt, dürfte dann die in Malta zulässigen Leistungen auch im gesamten Gebiet der EG anbieten. Die Dienstleistungsfreiheit besteht jedoch nicht unbeschränkt (genauso wenig wie die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG), sondern kann durch Gesetze der Mitgliedsstaaten beschränkt werden.

Art. 46 Abs. 1 des EG-Verträges besagt hierzu Folgendes:

Dieses Kapitel (Anm.: über die Dienstleistungsfreiheit) und die aufgrund desselben getroffenen Maßnahmen beeinträchtigen nicht die Anwendbarkeit der Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die eine Sonderregelung für Ausländer vorsehen und aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind.

Das sog. Gambelli Urteil stellt fest, dass nationale Beschränkungen für Veranstalter von Glücksspielen möglich sind, wenn diese dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, nicht aber vorwiegend anderen Zwecken, z.B. der Sicherung eines staatlichen Monopols, dienen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. März 2006 entspricht der Regelungsinhalt von Art. 46 Abs. 1 EGV praktisch deckungsgleich dem des Art. 12 Grundgesetz. Beschränkungen des Grundrechts auf freie Berufswahl und -ausübung sind nur zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zulässig.

Insoweit besteht keine Konkurrenz zwischen EG-Recht und nationalem Recht, da beide Rechtsvorschriften auf das gleiche Ziel, nämlich dem Schutz der Gemeinschaft vor den negativen Folgen bestimmter Formen der Gewerbeausübung ausgerichtet sind. Es ist daher mit den EG Verträgen vereinbar, dass § 284 StGB das gewerbliche Veranstalten von Glücksspielen nur mit einer vorherigen, behördlichen Erlaubnis zulässt. Bisher hat niemand bezweifelt, dass das gewerbliche Veranstalten von Glücksspielen mit spezifischen Gefahren verbunden ist, welche mit der vorbeugenden Überprüfung des Gewerbetreibenden und der laufenden Überwachung der Gewerbeausübung abgewehrt werden müssen.

Gegen die Niederlassungsfreiheit verstoßen daher nicht die generelle Erlaubnispflicht, sondern die (noch) fehlenden Kriterien für die Entscheidung über Erlaubnisanträge. Das BVerfG hält es allerdings für zulässig, diesen Zustand für eine Übergangszeit unter bestimmten Bedingungen hinzunehmen. Bezüglich der Einschränkung der Berufs- bzw. Niederlassungsfreiheit hält es sogar ein staatliches Monopol für Glücksspiele für zulässig. Ob das Europarecht einen solchen Schwebezustand zulässt ist umstritten. Das VG München (16. Kammer) ist hier der Ansicht, bis zum Erlass entsprechender Rechtsnormen müsse die Verwaltung aufgrund des Europarechts über gestellte Anträge nach „europarechtskonformen Hilfskriterien“ entscheiden.

Ich überlasse diese Diskussion den Verfassungsjuristen und ziehe aus der Rechtslage nachstehende Folgerungen für die Praxis der Verwaltungsbehörden:

1. Die durch § 284 Abs. 1 festgelegte Erlaubnispflicht für Glücksspielanbieter ist mit europäischem Recht vereinbar, da diese die Bevölkerung vor den Gefahren nicht überwachten Glücksspiels schützen soll. Ein selbständiger Gewerbetreibender, welcher Wetten veranstalten oder in das Ausland vermitteln will, benötigt somit eine, auf seine Person lautende, von einer deutschen Behörde ausgestellte Erlaubnis für diese Tätigkeit.

2. Wenn der Wettveranstalter (Buchmacher) in Deutschland eine Niederlassung gründen möchte, benötigt er demnach eine Erlaubnis der deutschen Behörden. Die Konzessionsbehörde im Ausland prüft zwar dessen persönliche Zuverlässigkeit und die Geschäftstätigkeit, kann aber z.B. nicht die Zuverlässigkeit des in Deutschland eingesetzten Personals oder die Eignung der in Deutschland benutzten Räumlichkeiten prüfen. Das deutsche Recht könnte zudem für die Ausübung des Gewerbes vor Ort zusätzliche Voraussetzungen verlangen, wie Zahlungsarten, Ausweisprüfungen, Bonitätsgarantien, Jugendschutz, Inhalt der Wettscheine etc. Auch die Überwachung der Gewerbeausübung vor Ort kann nur durch deutsche Behörden, nicht durch das Herkunftsland erfolgen. Insofern kann eine Erlaubnis aus dem EG Gebiet schon aus diesen Gründen keine unmittelbare Rechtswirkung in Deutschland entfalten.

3. In praktisch allen Fällen sind in Deutschland aber nicht die ausländischen Wettveranstalter selbst tätig, sondern selbständige Gewerbetreibende aus dem Inland, die aus der Vermittlungsprovision ihren Gewinn erzielen wollen. Es ist vollkommen klar, dass die Tätigkeit dieser Vermittler nicht von der ausländischen Erlaubnisbehörde des Wettveranstalters, genehmigt und überwacht werden kann. Die Vermittler benötigen daher auf jeden Fall eine behördliche Genehmigung im Sinne des § 284 StGB.

4. Unabhängig von der Erlaubnispflicht, kann der Wettveranstalter sein Gewerbe in Deutschland nur in dem Umfang ausüben, der ihm nach dem Recht des Herkunftslandes zugestanden wird. Die Dienstleistungsfreiheit aufgrund EG-Rechts soll es den Gewerbetreibenden ermöglichen, die im Herkunftsland zulässigen Dienstleistungen auch dann in einen anderen Staat der EG anzubieten, wenn diese dort größeren Beschränkungen als im Herkunftsland unterliegen. Eine Erweiterung der im Herkunftsland zugestandenen Befugnisse kann damit aber nicht erreicht werden.
So hat z.B. das VG München festgestellt, dass die österreichischen Bundesländer die Ausübung des Buchmachergewerbes nur in ganz bestimmten Räumen zulassen. Dieser ist nach österreichischem Recht nicht befugt, ohne Genehmigung Filialen in Deutschland eröffnen oder die Wetten aus Niederlassungen von selbständigen Vermittlern entgegennehmen. Zulässig ist nur, Wetten über das Internet entgegenzunehmen, wenn diese vom Wetter höchstpersönlich und unmittelbar an den, in den zugelassenen Räumlichkeiten des Buchmachers stehenden Internetserver gesandt werden.

Die, von verschiedenen Anbietern vorgelegte „Class II Remote Gaming Licence“ der Lotteries & Gaming Authority der Republik Malta berechtigt den Wettveranstalter nach den maltesischen Gesetzen ausschließlich zur Annahme von Wetten, die über das Internet höchstpersönlich und direkt vom Wetter beim Wettveranstalter platziert werden. Die Annahme entsprechender Wetten, die von einem PC mit Standort Malta abgegeben werden, ist allerdings verboten. Der Begriff „Remote Gaming“ bedeutet Veranstaltung von Glücksspielen im Ausland (remote = entfernt). Die für das Veranstalten von Remote Betting geltenden, gesetzlichen Bedingungen können nicht eingehalten werden, wenn die Wetten nicht direkt, sondern über einen in Deutschland tätigen, selbständigen Vermittler entgegengenommen werden.

Wenn die Herkunftsländer der Wettanbieter es den Gewerbetreibenden nicht erlauben, im Ausland Niederlassungen zu gründen, Wetten über Vermittler anzunehmen oder bestimmte Arten der Gewerbeausübung nicht zulassen, wird mit einer Erlaubnispflicht oder einem Staatsmonopol für diese Tätigkeiten die Niederlassungsfreiheit der ausländischen Anbieter nicht eingeschränkt.

5. Vermittler von Sportwetten betreiben ihr Gewerbe daher ohne Erlaubnis im Sinne des § 284 StGB, wenn sie keine, von einer deutschen Behörde ausgestellte Erlaubnis vorweisen können. Es spielt dabei keine wesentliche Rolle, ob die Erlaubnis nicht beantragt, noch nicht erteilt oder abgelehnt wurde. In den meisten Fällen wurde bisher kein Erlaubnisantrag gestellt. Dies liegt an der irrigen Annahme, die Erlaubnis des Wettveranstalters aus dem Ausland würde auch dem Vermittler das Recht verleihen, in Deutschland sein Gewerbe zu betreiben. Diese Annahme hat sich spätestens mit dem Urteil des BVerfG als falsch erwiesen.

6. Wenn jemand ein Gewerbe, zu dessen Betrieb eine Erlaubnis erforderlich ist, das Gewerbe ohne Erlaubnis betreibt, ist die zuständige Behörde berechtigt, die Fortsetzung des Betriebes zu verhindern. Dies ist eine allgemeine Regel des Wirtschaftsverwaltungs- und sonstigen Genehmigungsrechtes. Es spielt daher prinzipiell keine Rolle, ob die Unterbindung des Betriebes auf das allgemeine Sicherheitsrecht oder § 15 II GewO gestützt wird, da die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf jeden Fall eine Unterbindung bis zur Herstellung rechtmäßiger Zustände verlangt. Ohne Unterbindungs- oder Sanktionsmöglichkeit könnte keine gesetzliche Erlaubnispflicht durchgesetzt werden. (Die Gewerbeordnung ist nur auf die in ihr geregelten Spiele anwendbar ist (§ 33 h GewO) damit scheidet § 15 II GewO als Untersagungsnorm aus).

7. Die Tätigkeit von Veranstaltern oder Vermittlern von Sportwetten, denen hierfür keine Erlaubnis einer deutschen Behörde erteilt wurde kann daher mit den Mitteln des allgemeinen Sicherheitsrechts unterbunden werden. Die Unterbindung der durch § 284 StGB verbotenen Tätigkeit kann auch sofort vollzogen werden, da auf absehbare Zeit nicht mit der Erteilung einer solchen Erlaubnis gerechnet werden kann. Weder das deutsche, noch das europäische Recht verleihen dem in Deutschland tätigen Gewerbetreibenden das Recht, das Gewerbe ohne Erlaubnis auszuüben.

8. Der Anspruch des Gewerbetreibenden auf Prüfung seiner Rechte steht hinter dem Recht der Allgemeinheit auf staatlichen Schutz vor den, mit der Gewerbeausübung verbundenen Gefahren zurück. Nach rechtsstaatlichen Gründen ist es alleine Aufgabe der gesetzgeberischen Körperschaften, die Regeln für die Gewerbeausübung vorzugeben. Ein Anspruch auf Tätigwerden der gesetzgeberischen Körperschaft besteht nur, wenn durch die Untätigkeit des Gesetzgebers verfassungsmäßige Rechte eingeschränkt werden.

9. Abschließend hege ich die Hoffnung, dass die Streitigkeiten über die Anwendung europäischen Rechts durch die europäische Verfassung beigelegt werden. In dieser ist eine, dem Grundgesetz vergleichbare Aufgabenverteilung in der Gesetzgebung vorgesehen. Informationen zur europäischen Verfassung finden Sie hier: http://europa.eu/constitution/de/lstoc1_de.htm

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Thomas Kirchhammer
7 11.07.2006 16:27 Ingolstadt ist offline E-Mail an Ingolstadt senden Homepage von Ingolstadt Beiträge von Ingolstadt suchen
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RE: Sportwetten VG München Az M 16 K 04.6138

Zitat:
Original von Ingolstadt
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Mitleserinnen und Mitleser,

es ist schon faszinierend, wie von den Vertretern der Wett-Lobby offenkundige Desinformation betrieben wird. Unter http://www.isa-casinos.de/articles/12751.html findet sich folgende Behauptung über den Inhalt des Urteils des VG München vom 7. Juni 2006:

Das vom Bundesverfassungericht bemängelte Regelungsdefizit bei Sportwetten ist bislang nicht beseitigt worden.

Das Bundesverfassungsgericht hat keine europarechtliche Beurteilung hinsichtlich des Sportwettenmonopols vorgenommen (anders die Auffassung der Monopolbefürworter).

Im Bereich der Grundfreiheiten (für Sportwetten vor allem die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit) sind Übergangsregelungen dem Europarecht fremd. Europarechtswidrige Vorschriften sind sofort nicht anzuwenden.

Die derzeitige Gesetzeslage und deren Vollzug im Freistaat Bayern erfüllen nicht die Gambelli-Kriterien und sind daher europarechtswidrig. Das Bayerische Staatslotteriegesetz und entsprechende beeinträchtigende Regelungen des Staatslotterievertrages sind damit nicht anwendbar.

Es gibt keine kohärente und systematische Glücksspielpolitik, die neben Sportwetten auch Spielbanken, Lotterien, Pferdewetten, Fernseh- und Radiogewinnspiele kohärent und konsistent an den Allgemeininteressen ausgerichtet zu regeln hätte. Hierfür wäre angesichts des Gesetzesvorbehalts auch eine gesetzliche Regelung erforderlich.

Diese Feststellungen sind zwar auch im Urteil enthalten und in dessen Konsens auch, zumindest nach Ansicht der 16. Kammer des VG München, richtig, aber aus den, vom Gericht veröffentlichten Leitsätzen des Urteils ergeben sich ganz andere Konsequenzen:

Leitsätze

1. Die Bewilligungen aus dem EU-Ausland berechtigen im Freistaat Bayern nicht ohne weiteren anerkennenden Akt zum Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten und gelten grundsätzlich nicht als Erlaubnis nach § 284 StGB.

2. Der sich aus § 284 StGB ergebende Erlaubnisvorbehalt für das Veranstalten von Sportwetten ist eruroparechtskonform.

3. Die derzeitige Gesetz- und Vollzugslage im Freistaat Bayern mit dem sich aus dem Staatslotterievertrag ableitbaren Staatsmonopol zum Veranstalten von Sportwetten ist europarechtswidrig.

4. Es besteht kein spruchreifer Anspruch auf eine Genehmigung zum Veranstalten von Sportwetten, sondern nur ein Anspruch auf Neubescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts.

Die Konsequenzen aus dem Urteil (keine Eilentscheidung) wären damit folgende:

Zu Nr. 1 u. 2:
Eine im Ausland erteilte Erlaubnis für das Veranstalten von Sportwetten gilt nicht unmittelbar für das Vermitteln von Sportwetten durch einen im Inland tätigen Vermittler. Dieser Vermittler benötigt für seine Tätigkeit eine eigene Erlaubnis. Der Erlaubnisvorbehalt in § 284 StGB ist europarechtskonform. Aus dem Urteil ergibt sich somit, dass dass derjenige, welcher Sportwetten in das Ausland vermittelt gegen den objektiven, europarechtskonformen Straftatbestand des § 284 StGB verstößt. Wenn der Betreffende schuldhaft (vorsätzlich, ohne Verbotsirrtum) und rechtswidrig (ohne Rechtfertigungsgrund) handelt, ist er wegen Veranstaltung eines verbotenen Glücksspiels zu bestrafen.

Die Argumentation, § 284 StGB sei insgesamt wegen Verstoßes gegen Europarecht nicht anwendbar und damit auch keine Grundlage für sicherheitsrechtliche Anordnungen mit Sofortvollzug, ist damit durch das VG München widerlegt.

Zu Nr. 3:
Dass die derzeitige Rechtslage sowohl gegen Verfassungs- als auch gegen Europarecht verstößt, ist unbestritten. Es ist nur zu entscheiden, welche Konsequenzen daraus gezogen werden. Das BVerfG hält das derzeitige Recht in der Übergangsphase weiterhin für anwendbar. Das VG München ist der Ansicht, dass eine Übergangszeit zwar verfassungsrechtlich, aber nicht europarechtlich zulässig sei. Da das BVerfG nur über den Inhalt der Rechtsvorschrift, nicht aber über die Behandlung von Anträgen auf Genehmigung der Sportwettvermittlung geurteilt habe, müsse dieser Sachverhalt anders betrachtet werden. Ein Antragsteller habe einen Anspruch auf Entscheidung über seinen Antrag unter Berücksichtigung des Europarechts. Das dies das Bayer. Innenministerium im vorliegenden Fall nicht getan habe, müsse über den Antrag neu entschieden werden.

Zu Nr. 4:
Das Gericht stellt fest, dass für das Veranstalten von Sportwetten auch dann eine Erlaubnis im Sinne des § 284 StGB erforderlich ist, wenn für das Erteilen der Erlaubnis keine (bayeischen) Rechtsvorschriften bestehen. Das Veranstalten von Sportwetten ohne Erlaubnis ist daher auf jeden Fall verboten. Wenn jemand Sportwetten vermitteln will, muss er daher zuerst einen Antrag auf die Erlaubnis stellen. Über diesen Antrag ist nach Ansicht des Gerichtes in angemessener Zeit zu entscheiden. Die entscheidende Behörde (derzeit das Innenministerium) müsse dann aufgrund Europarechts dafür sorgen, dass Entscheidungskritierien, welche z.B. die Vorgaben des BVErfG zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung berücksichtgen, geschaffen werden. Ein Anspruch auf Betreiben einer Sportwettvermittlung ohne Genehmigung besteht auch nach Ansicht des VG München daher nicht.

Erfreulich ist auch, dass sich das VG mit dem Geltungsbereich einer österreichischen Erlaubnis auseinandersetzte. Da die Österreichische Buchmacherbewiligung nur für den Betrieb des Gewerbes in bestimmten, genau bezeichneten Geschäfträumen in einem österreichischen Bundesland berechtigt, verleiht diese kein Recht, in Deutschland eigene Annahmestellen oder Vermittlungsstellen zu betreiben.

Also, das Urteil wiederholt zwar die Feststellung des BVerfG, dass die derzeitige Rechtslage weder verfassungs- noch europarechtskonform ist, stellt aber gleichzeitig fest, dass dies den Betreibern von Wettannahmestellen nicht das Recht verleiht, die Sportwettvermittlung ohne Erlaubnis durch eine deutsche Behörde zu betreiben. Das ist doch etwas ganz anderes, als die Wett-Lobby in das Urteil hineininterpretiert.

Das gesamte Urteil findet sich hier.



Das staatliche Monopol für die Veranstaltung von Sportwetten ist weder offensichtlich verfassungs- noch offensichtlich europarechtswidrig. Dies meint das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes. Es entschied in mehreren Eilrechtsschutzverfahren gegen die privaten Vermittler. Die private Wettvermittlung ins EU-Ausland müsse vorläufig unterbleiben.

Den Sportwettenvermittlern war die Vermittlung von Sportwetten an private Wettveranstalter im EU-Ausland mit sofortiger Wirkung untersagt worden. Die Vermittler wollten ihre Wettgeschäfte aber vorläufig, also zumindest bis zur Entscheidung in der Hauptsache, weiter betreiben. Deswegen zogen sie vor Gericht - allerdings ohne Erfolg.

Das OVG betont, dass das staatliche Sportwettenmonopol seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages zum 01.01.2008 weder offensichtlich verfassungswidrig noch offensichtlich europarechtswidrig sei. Eine endgültige Entscheidung darüber werde im Klageverfahren getroffen. Die im Eilrechtsschutzverfahren maßgebliche Interessenabwägung sei aber zu Gunsten des mit dem staatlichen Wettmonopol verfolgten Interesses an der Eindämmung der Spielleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht zu fällen. Die privaten Interessen der Vermittler an der vorläufigen Fortsetzung ihrer Wettgeschäfte müssten demgegenüber zurückstehen.
8 17.12.2009 10:11 nile ist offline Beiträge von nile suchen
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RE: Sportwetten VG München Az M 16 K 04.6138

Zitat:
Original von Ingolstadt

Bezüglich der Sportwetten könnte eine Kollision mit Gemeinschaftsrecht vorliegen.


Das verstehe ich nicht. Wo genau kommt es denn da zu einer Kollision?
9 19.12.2009 13:14 frolix ist offline Beiträge von frolix suchen
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RE: Sportwetten VG München Az M 16 K 04.6138

"das gemeinschaftsrecht bezeichnet alle rechtsnormen innerhalb der europäischen gemeinschaften, also die grundrechte, die allgemeinen rechtsgrundsätze, die rechtsprechung des europäischen gerichtshofs, die rechtsakte im rahmen der außenbeziehungen der gemeinschaften sowie die übereinkommen, die zwischen den mitgliedstaaten in anwendung der verträge geschlossen werden."

und da sportwetten vielerorts gegen geltende rechte in europa verstoßen, kollidieren beide miteinander. so einfach ist das.

servus,

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RE: Sportwetten VG München Az M 16 K 04.6138

Zitat:
Original von Ingolstadt
Nach dem Abschnitt über die „Dienstleistungsfreiheit“ hat grundsätzlich jeder Gewerbetreibende, welcher in einem Mitgliedsstaat sein Gewerbe in zulässiger Weise betreibt, das Recht, in jedem anderen Mitgliedsstaat die gleichen Leistungen anzubieten. Ein Veranstalter von Sportwetten, der sein Gewerbe z.B. in der Republik Malta betreibt, dürfte dann die in Malta zulässigen Leistungen auch im gesamten Gebiet der EG anbieten. Die Dienstleistungsfreiheit besteht jedoch nicht unbeschränkt (genauso wenig wie die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG), sondern kann durch Gesetze der Mitgliedsstaaten beschränkt werden.


Dieser Abschnitt ist der Entscheidende.
11 26.12.2009 19:03 pingpong ist offline Beiträge von pingpong suchen
Claire Claire ist weiblich
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RE: Sportwetten VG München Az M 16 K 04.6138

Artikel 12 besagt doch Folgendes:

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Mir ist jedoch nicht klar, wie Artikel 12 GG in diesem Zusammenhang Relevanz hat bzw. zur Anwendung kommen soll. Hier dürften doch ganz andere Paragraphen eine viel bedeutsamere Rolle spielen. Deshalb ist mir nicht ganz klar, warum dieser Abschnitt das Entscheidende sein soll.

Gruß,

Claire
12 28.12.2009 01:29 Claire ist offline Beiträge von Claire suchen
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In mehreren von der Kanzlei Bongers geführten Verfahren der Untersagung der Sportwettvermittlung hat das Verwaltungsgericht Klagen privater Vermittler stattgegeben und die entsprechenden Verfügungen aufgehoben.

Damit ist das Verwaltungsgericht Hamburg das erste Gericht, dass in Klageverfahren nach den Urteilen des EuGH vom 08.09.2010 seine bisherige Rechtsprechung in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes korrigiert. Auch wenn es sich in diesen Verfahren nur um eine so genannte summarischen Prüfung gehandelt hatte, so musste das Verwaltungsgericht jedoch seinen bisherigen Prüfungsmaßstab in den jetzigen Klageverfahren aufgrund der Urteile des EuGH aufgeben. Nach nun umfassender Gesamtbetrachtung des Glückspielmarktes in Deutschland kam es zu dem Ergebnis, dass keine kohärente und systematische Glückspielpolitik in Deutschland betrieben würde. Insbesondere die gesetzlichen Regelungen im Automatengewerbe seien nicht konsequent an der Suchtbekämpfung ausgerichtet. Vielmehr würde hier eine Politik der Angebotsausweitung betrieben, die mit dem Gedanken der Suchtbekämpfung nicht in Einklang stehe. Im Ergebnis läge damit eine mit Unionsrecht unvereinbare Rechtslage vor. Aufgrund des Anwendungsvorranges sei der Glückspielstaatsvertrag damit unanwendbar im Bereich der terrestrischen Sportwettvermittlung an eu-konzessionierte Unternehmen.

http://isa-guide.de/law/articles/31427_v...n_des_eugh.html

foerster
13 09.11.2010 15:50 foerster ist offline Beiträge von foerster suchen
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