Anlieferung von Waren in einem reinen Wohngebiet |
Boshamer
Haudegen
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Anlieferung von Waren in einem reinen Wohngebiet |
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Guten
aus Kierspe,
wir haben ein kleines Problem bei der Anlieferung von Waren und, damit verbunden, Nachbarschaftsstreit:
Ein Bürger meldet letztes Jahr sein Nebengewerbe "Verkauf von Backwaren sowie Zeitschriften und Kioskbedarf" an. Gewerbestandort ist eine Wohnstraße in Kierspe. Der Bürger ist im Hauptberuf Bäcker bei einer großen Bäckerei und fährt verschiedene Standorte mit seinem KleinLKW an. So weit, so gut.
Nun regt sich die Nachbarschaft, zu Recht, darüber auf, dass die Lieferfirmen für diesen Bäcker morgens früh zwischen 03.30 Uhr und 04.15 Uhr diverse Sachen anliefern wie z.B. Zeitungen, Süsswaren etc. Dabei fahren die Lieferer mit hoher Geschwindigkeit in die Wohnstraße, halten mit quietschenden Reifen, lassen das Radio dudeln und laden bei laufendem Motor aus. Der Gewerbetreibende sieht das Problem auch, kann aber nach eigenen Angaben an der Situation nichts ändern.
Baurechtlich ist an den Gewerberäumen und an der Ausübung des Gewerbes nichts zu beanstanden (wurde durch das Bauordnungsamt überprüft). Veterinärrechtlich (Zubereitung von Brötchen etc) ist ebenfalls nichts zu beanstanden. Aber die Volksseele kocht
.
Nun bildet sich eine Bürgerinitiative "Rettet die Nachruhe im L...weg", die nun beim Bürgermeister und der Politik dafür sorgen will, dass das Gewerbe aus diesem Bereich verschwindet
.
Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht und kann Hilfestellung geben?
Das wäre sehr nett
Ich freue mich auf Antworten.
Viele Grüße
Boshamer
__________________ Das Leben ist zu schön, um es mit Arbeit zu vergeuden.
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1
06.10.2005 10:39 |
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Solon
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Gewerbeamt Dreieich
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Also so ein Problem hatten wir bisher noch nicht.
Früher gab es in Hessen die Gefahrenabwehrverordnung gegen Lärm. Da hätte man vielleicht etwas rausholen können.
Jetzt greift nur noch das Bundesimmissionsschutzgesetz und wenn sich dort nichts finden läßt, subsidär der § 117 OWiG. Nach dem BImSchG ist Nachtzeit von 22 Uhr bis 6 Uhr. Hier würde ich entweder auf §Gebiete, in denen ausschließlich Wohnungen untergebracht sind" tippen. Danach dürften in der Nacht dort nicht mehr als 35 dB(A) herrschen.
Einfach mal ein paar Anhörbögen zum Bußgeldverfahren verschicken. Das reicht oft schon um die Sensibilität zu erhöhen *G*.
Mehr kann ich dazu leider auch nicht raten, leider.
__________________ Magistrat der Stadt Dreieich
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2
06.10.2005 13:33 |
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Solon
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Boshamer
Haudegen
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In NRW gilt das LImSchG mit den selben Zeiten. Die sind aber hier nicht anzuwenden. Das wurde vom Planungsamt mit überprüft. Die Straße ist auch jederzeit befahrbar, da öffentlich.
Und ich habe keine Lust, mich mit einem Lärmpegelmesser morgens früh auf die Lauer zu legen um zu gucken, wie hoch die Spitzenwerte sind
um dann hinterher das Verfahren vor dem AG zu verlieren, weil die sagen, dass das hinzunehmen ist.
Ich denke, dass das ganze die Spitze eines Nachbarkrieges ist....
__________________ Das Leben ist zu schön, um es mit Arbeit zu vergeuden.
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3
06.10.2005 14:03 |
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Gewerbeamt Dreieich
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Eigentlich ist das sehr gut, dass das LImSchG keine Anwendung findet, WEIL dann greift § 117 OWiG und der verlangt keine Lärmmessung. Das Bußgeld wäre dann bis zu 5.000 Euro.
__________________ Magistrat der Stadt Dreieich
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4
06.10.2005 14:12 |
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Manfred Milbrodt unregistriert
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RE: Anlieferung von Waren in einem reinen Wohngebiet |
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Hallo aus Raisdorf,
wenn ich dieses Problem richtig einordne, so handelt es sich weder um ein gewerberechtliches noch um ein (allgemein) ordnungsrechtliches Problem.
Es ist – als lex specialis – nach wie vor baurechtlich einzustufen. Der störende Betrieb liegt in einem reinem Wohngebiet. Es also ein rechtsgültiger Bebauungsplan aufgestellt worden.
Dann gilt aber auch die Baunutzungsverordnung und hier greift wiederum
§ 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen
(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets, im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.
Die Kollegen aus der Bauabteilung sind hier nach wie vor gefragt, denn es geht nicht nur darum, ob der Betrieb baurechtlich genehmigt worden ist, sondern auch darum, ob dieser Betrieb den baurechtlichen Bestimmungen entspricht. Hier müssten die Bauamtskollegen ggf. in Zusammenarbeit mit dem Gewerbeaufsichtsamt/Umweltamt Lärmmessungen vornehmen und bei Überschreiten der Richtwerte in Form von Auflagen die Baugenehmigung „ergänzen“.
Ach ja, zu prüfen wäre auch, inwieweit die gewerbliche Tätigkeit in einem reinem Wohngebiet zulässig ist.
Gruß
Manfred Milbrodt
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5
06.10.2005 14:13 |
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Boshamer
Haudegen
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RE: Anlieferung von Waren in einem reinen Wohngebiet |
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Viele Grüße und danke schön nach Roisdorf,
die Frage der Zulässigkeit dieses Gewerbes ist geprüft worden und wurde bestätigt.
Das Staatliche Umweltamt hat sich aus dieser Thematik mit Verweis auf das Bauordnungsamt ganz heraus gehalten. Aber danke für den Tipp... ich werde das noch einmal aufgreifen und das Bauordnungsamt bitten, gemeinsam mit dem StUA zu prüfen.
Und auch danke für den Tipp mit § 117... das wird dann als Option in der Hinterhand gehalten.
__________________ Das Leben ist zu schön, um es mit Arbeit zu vergeuden.
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6
06.10.2005 14:21 |
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Manfred Milbrodt unregistriert
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RE: Anlieferung von Waren in einem reinen Wohngebiet |
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nochmals Hallo aus Raisdorf,
gemeint ist die baurechtliche Zulässigkeit in einem reinem Wohngebiet; m. W. ist in einem reinem Wohngebiet grundsätzlich eben nur das Wohnen zulässig, aber generell nicht eine gewerbliche Tätigkeit, bis auf sog, nichtstörende Tätigkeiten (z.B. Bürotätigkeit, kein Anliefer- u. kein Publikumsverkehr)
Gruß
Manfred Milbrodt
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7
06.10.2005 15:00 |
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Jörg Wiesemeier
Moderator
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RE: Anlieferung von Waren in einem reinen Wohngebiet |
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Hej aus Hamm,
auch in Hamm machen wir dieses Problem zu einem baurechtlichen.
Im Rahmen der Baugenehmigung hätte auch der Lieferverkehr mit überprüft werden müssen.
Als Gewerbebehörde sind wir da raus.
__________________ Alles immer schön sportlich sehen.
Jörg Wiesemeier
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8
06.10.2005 15:02 |
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Manfred Milbrodt unregistriert
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RE: Anlieferung von Waren in einem reinen Wohngebiet |
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kurz vor Feierabend dies noch dazu:
Die Festsetzung von Baugebieten einschließlich der allgemeinen Vorschriften der § 12 – 14 BauNVO im Bebauungsplan hat kraft Bundesrecht grundsätzlich nachbarschützende Funktion. Der selbe Schutz besteht auch im unbeplanten Innenbereich, wenn die nähere Eigenart der Umgebung einem der Baugebiete der BauNVO entspricht (§ 34 Abs. 2 BauGB).
Ein Verstoß gegen das in § 15BauNVO enthaltene Rücksichtnahmegebot ist ausgeschlossen, wenn alle durch das Gebot geschützten, möglicherweise beeinträchtigten Belange auch durch spezielle bauordnungsrechtliche Regelungen geschützt sind und das Vorhaben deren Anforderungen genügt. Der Nachbar hat auf die Bewahrung der Gebietsart einen Schutzanspruch, der über das Rücksichtnahmegebot hinausgeht.
BVerwG 16.9.1993 – 4 C 28.91, BauR 1994, 223
Gruß
manfred Milbrodt
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9
06.10.2005 15:42 |
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Boshamer
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RE: Anlieferung von Waren in einem reinen Wohngebiet |
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aus Kierspe,
das Problem ist geklärt:
Ich habe die beiden Streithansel an einen Tisch gesetzt und die haben sich dann nicht direkt geprügelt, aber doch so einige Nettigkeiten an den Kopf geworfen. Das Problem war dann auch hinterher nicht mehr die Anlieferung sondern der ganze Abgrund nachbarschaftlicher Streitigkeiten, die man bei RTL unter "Höllische Nachbarn" nachsehen kann. Nachdem wir einen Kompromiß gefunden hatte, teilten die Anlieferer mit, dass sie die Sachen (Zeitungen, Zeitschriften, Süßkram etc.) im Gewerbegebiet anliefern, weil sie den guten Kunden nicht verlieren wollten. So ist also alles doch noch zum Guten ausgegangen. Die Untersagung des Befahrens der Gemeindestraße, wie vom Nachbarn gefordert, haben wir dann doch nicht gemacht, weil das weit über das Ziel hinaus geschossen wäre. Ich habe jetzt seit 2 Wochen nichts mehr gehört und gehe davon aus, dass das funktioniert. Schaun ma mal, tät der Kaiser sagen.
Viele Grüße
Boshamer
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10
26.10.2005 10:32 |
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Manfred Milbrodt unregistriert
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RE: Anlieferung von Waren in einem reinen Wohngebiet |
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Hallo aus Raisdorf
das ist wieder einmal ein typischer Fall, den viele von uns auch aus ihrer ordnungsbehördlichen Tätigkeit kennen.
Miteinander geredet, um so ein Problem aus der Welt zu schaffen, wird nicht mehr, also bei der Behörde "anschwärzen",
damit diese den "Schiedsmann" spielen kann oder noch besser "mit der vollen Wucht des Staates" eingreift
und wenn gar nichts mehr geht "hoch lebe die Rechtsschutzversicherung".
Gruß
Manfred Milbrodt
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26.10.2005 11:02 |
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