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Poker: Karsten Schneidewindt im Interview mit Rechtsanwalt Dr. Martin Bahr

DR. MARTIN BAHR - SPEZIALIST IM GLüCKSSPIELRECHT
Zitat:
Dr. Martin Bahr ist Rechtsanwalt und Spezialist für Gewinn- und Glücksspielrecht sowie Herausgeber - eines Pod- und Vodcasts. Dazu betreut er noch das wichtigste deutsche Internetportol zum Glücksspielrecht isa-casinos.

Im Interview mit JuReport erklärt er, warum er den Begriff „Web 2.0“ nicht mehr hören kann, ob Rechtsanwälte auch gute Pokerspieler sind und welche rechtlichen Fragen derzeit im Poker aktuell sind ...

Herr Dr. Bahr, spielen Sie eigentlich Poker? Als wie guten Spieler würden Sie sich beschreiben? Wenn nein, warum nicht?

Ich spiele ab und zu Poker, aber nicht wirklich mit Leidenschaft, weil mir das Spiel zu wenig Nervenkitzel hat. Ich bevorzuge da andere Dinge.

Ein Jura-Professor hat in einer Antrittsvorlesung zum BGB-AT einmal gesagt, „Es gibt so viele Schaumschläger unter Rechtsanwälten, die ihre Mandanten am Telefon 20 Minuten windelweich reden, ohne auch nur einen blassen Schimmer von der Materie zu haben. Lassen Sie sich nicht bluffen!“ Wie würden Sie diesen Hinweis kommentieren?

Der Jura-Professor hat Recht. Der Satz gilt aber, in leichter Abwandlung, genauso für Jura-Professoren.

Was haben Pokerspieler und Rechtsanwälte – abgesehen vom Bluffen – gemein?

Ich glaube nicht, dass Pokerspieler und Rechtsanwälte viel gemeinsam haben. Ein guter Rechtsanwalt blufft nicht, sondern kennt die Grenzen, die ihm die Rechtsordnung bzw. der Sachverhalt auferlegt und handelt danach. D.h. es ist eine nüchterne, rationale Haltung erforderlich. Beim Poker dagegen ist dies häufig anders, dort spielt eine emotionale, leicht irrationale Einstellung eine wichtige Rolle.

Was sind – aus juristischer Sicht – derzeit die brennenden Fragen in Bezug auf Pokern?

Ist Pokern wirklich, wie es die überwiegende juristische Kommentarliteratur sieht, ein zufallsbezogenes Spiel und somit Glücksspiel? Wenn wirklich alles Glück ist, warum treffen sich dann in den Poker-Endausscheidungen immer wieder die gleichen Spieler? Und das Pokern zeigt sehr schön wie - wieder einmal - faktisch Recht geschaffen wird. Denn, wenn Pokern gegen Entgelt betrieben wird, handelt es sich nach derzeitiger Rechtslage um verbotenes Glücksspiel. Der Pokerboom in den letzten Monaten hat jedoch dazu geführt, dass die Ordnungsbehörden beide Augen zudrücken und viele Veranstaltungen erlauben. Hier werden dann einfach wild irgendwelche Gesetzestexte so lange interpretiert, bis man das gewünschte Ergebnis hat.

Glücksspiel (wie auch Backgammon) oder Geschicklichkeitsspiel (wie z.B. Skat)? Was ist Pokern Ihrer Meinung nach?

Meine persönliche Meinung: Pokern ist, jedenfalls wenn es professionell betrieben wird, ein Geschicklichkeitsspiel.

Sogar so genannte private Runden können durchaus zu einer Teilnahme an einem illegalen Glücksspiel werden. Können Sie den Lesern kurz Varianten darstellen, die noch nicht bzw. bereits strafbar wären?

Wie ich schon meinte: Nach der derzeitigen Rechtslage ist es so, dass eine Poker-Party mit Geldeinsatz ein strafbares Glücksspiel ist. Viele Ordnungsbehörden drücken hier aber beide Augen zu und akzeptieren dennoch solche Veranstaltungen, wenn die Voraussetzungen der Anlage zu § 5a SpielVO vorliegen: Also u. a. maximal 15,- EUR Einsatz und nur Sachpreise.

Glauben Sie, dass es in Deutschland möglich ist, ein lange Jahre durch die Gerichte als Glücksspiel eingeordnetes Spiel zu einem Geschicklichkeitsspiel werden zu lassen? Wie kann man die Gerichte hierzu bringen (abgesehen von der täglichen Zwangsteilnahme an Pokerrunden)?

Das Problem, das wir generell mit dem Glücksspielrecht haben, ist nicht durch die Gerichte verursacht, sondern durch die Politik und den Gesetzgeber. Es wäre falsch, hier Einfluss auf die Gerichte nehmen zu wollen. Vielmehr muss der Blick in Richtung Politik gehen: Nach wie vor verteidigen die Vertreter des staatlichen Monopols ihre Pfründe ohne ein einziges überzeugendes Argument.

Der EuGH kann und darf nicht beurteilen, ob Poker ein Glücksspiel ist oder nicht. Spielt der EuGH trotzdem eine Rolle im Poker-Recht?

Mittelbar. Der EuGH hat durch die „Gambelli“-Entscheidung, die eigentlich Sportwetten betrifft, endlich den lang ersehnten Wind in das festgefahrene deutsche Glücksspiel-Monopol gebracht. Dies wird auch für den Poker-Bereich auf lange Sicht von Vorteil sein.

Der gesamte Glücksspielsektor ist derzeit ein Schlachtfeld für die Lobbyisten. Auch die Rechtsberufe tragen heute nicht mehr nur zur Rechtsfortbildung, sondern auch zur Meinungsbildung bei. Wie bewerten Sie diese Erweiterung der Tätigkeit der Rechtsberufe?

Diese Frage muss sich jeder Jurist selbst beantworten, das ist seine höchstpersönliche Entscheidung. Diese Tendenz ist aber keine Besonderheit des Glücksspielrechts, sondern Gang und Gebe in allen Bereichen, wo finanzielle Interessen eine große Rolle spielen.

Hand aufs Herz: Wenn Sie der Ministerpräsident von Niedersachsen wären, den Haushalt verantworten und den Bereich des Glücksspiels bzw. des Pokerns rechtlich reformieren müssten, wie würden die Reformen dann aussehen?

Ich hätte den Glücksspielstaatsvertrag nicht auf den Weg gebracht, da er klar rechtswidrig ist. Und ich hätte mich dafür eingesetzt, dass endlich das staatliche Glücksspielmonopol abgeschafft und durch einen sinnvollen, angemessenen Wettbewerb von Privatunternehmen ersetzt wird.

Vor allem Anbieter aus dem Ausland versuchen, ihre Pokerangebote auf dem deutschen Markt zu etablieren. Für den TV-Sender DSF und Stefan Raabs TV Total sind Pokerturniere mittlerweile regelmäßige Programminhalte. Können Sie die Skepsis bei Staat und Privaten nachvollziehen, wenn private Anbieter ihre Lizenz aus "eher kleinen" Staaten als Beweis ihrer Seriosität vorbringen?

Nein, kann ich nicht. Das ist das übliche Scheinargument der Monopol-Vertreter. Es geht bei der Abschaffung des Monopols ja nicht darum, dass hier jedes Unternehmen aus dem Ausland zukünftig Glücksspiele anbieten darf. Der Staat kann und soll natürlich auch zukünftig gewisse Mindestpflichten aufstellen, die von allen einzuhalten sind. Wenn ein ausländischer Anbieter diese erfüllt, dann wird er zugelassen. Wenn nicht, dann wird er eben nicht zugelassen. Wir leben in einer globalisierten, internationalen Welt. Auch wenn wir es wollten, die Zeiten der alleinigen Glückseeligkeit in Deutschland sind vorbei. Diese gesamte Diskussion ist typisch deutsch und unterfüttert mit den typisch deutschen Ressentiments, dass nur deutsches Recht die Verbraucher hinreichend schützen kann.

Fast alle großen – ausländischen – Pokeranbieter versuchen, das in Deutschland geltende Verbot für entgeltliche Glücksspielangebote von Privaten zu „umgehen“, indem sie unentgeltliche Spielmöglichkeiten auf .de oder .net-Seiten anbieten, um den Nutzer dann irgendwie auf die gewerblichen .com-Seiten zu lotsen, wo der User sein Geld lassen und der Anbieter sein Geld verdienen kann.

Ist das Trick 17 oder rechtlich einwandfrei? Sehen Sie, jetzt kann ich doch noch die typische Juristenantwort geben: „Es kommt darauf an.“

Jetzt im Ernst: Der § 284 Abs. 4 StGB verbietet die Werbung für illegale Glücksspiele. Es ist aber immer eine Frage des Einzelfalls, wo die Grenze zwischen zulässiger objektiver Berichterstattung und verbotener Werbung liegt. Juristisch ist das, was DSF und viele anderen Fernsehsender machen, nicht unheikel, weil man schnell ins Strafrecht abgleiten kann. Andererseits ist es so, dass für eine strafrechtliche Verurteilung die Norm bzw. das deutsche Glücksspielrecht, das zum 01.01.2008 in Kraft tritt, verfassungsgemäß sein muss. Und da bestehen doch grundlegende Zweifel.

Das Internet spielt bei Pokerangeboten eine immer größere Rolle. Das macht es für die Behörden schwierig, einzugreifen. Hat der Staat überhaupt eine Möglichkeit, gegen – illegale – Pokeranbieter aus dem Ausland vorzugehen?

Nein. Die Strafverfolgung endet in aller Regel an den deutschen Grenzen. Deswegen ist das Ganze ja so absurd. Sie veröffentlichen einen Law-Podcast, einen Videocast, sind Justitiar einer Podcast-Vereinigung, Buchautor und vieles mehr. Sind Sie noch als praktizierender Rechtsanwalt tätig? Wie verbinden Sie diese verschiedenen „Branchen“?

Mehr als 90% meiner Tätigkeit bin ich als Anwalt unterwegs. Die restlichen 10% sind sonstige Dinge (Vorträge, Bücher, Aufsätze, Produktionen usw.). Wir sind eine extrem spezialisierte Kanzlei und beraten unsere Mandanten nur im Bereich Recht der Neuen Medien und Glücks- und Gewinnspielrecht. Auch wenn es nicht auf den ersten Blick den Anschein hat, zwischen den beiden Rechtsgebieten gibt es sehr viele Überschneidungen. Die vielen sonstigen Aktivitäten beruhen insbesondere darauf, dass ich ein sehr neugieriger Mensch bin und einfach gerne neue, unkonventionelle Dinge ausprobiere. So haben wir z.B. vor kurzem eine eigene, kostenlose Hörspielserie zum Online-Recht herausgebracht: captain-ormog.

Welchen Einfluss wird Ihrer Meinung nach das Web 2.0-Zeitalter auf die Rechtsberatung haben? Wird es irgendwann einmal eine – funktionierende – virtuelle Kanzlei geben (Second Life lässt grüßen)?

Ich kann den Begriff „Web 2.0“ nicht mehr hören. Dies ist ein schnöder Marketingbegriff, nicht mehr. Momentan stürzen sich aber alle, nicht zuletzt die Presse, auf dieses Wort und meinen, das Rad wäre neu erfunden worden. Die rechtlichen Probleme, die in diesem Zusammenhang auftreten, sind vom Grunde her nichts Neues, verschärfen aber die bekannten Problemlagen ganz erheblich. Es wird also auf absehbare Zeit genug Material geben, damit auch weiterhin das LG Hamburg weitere sagenhafte Urteile fällen kann.


Der Einfluss auf den Kanzlei-Betrieb dürfte auf absehbare Zeit verschwindend gering sein. Unsere meiste Korrespondenz erfolgt bereits heute nur noch per Telefon, Fax oder E-Mail.

Wer sich als Rechtsanwalt mit Glücksspiel beschäftigt, der findet sich sehr schnell mit der gesamten deutschen Rechtsordnung konfrontiert: Glücksspielrechtliche Streitigkeiten werden vor den Strafgerichten, vor den Verwaltungsgerichten und den Zivilgerichten ausgetragen. Muss der Glücksspielrechtler ein All-Rounder sein?

Nein, und das wäre auch fatal. Eine Person alleine kann niemals sämtliche Rechtsgebiete bedienen und dabei zugleich hochwertige Leistungen erbringen. Meine Kollegen und ich haben daher jeweils unterschiedliche Tätigkeitsschwerpunkte, so dass wir unseren Mandanten eine entsprechend kompakte Beratung bieten können.

Welchen Rat würden Sie jungen Juristen geben, die sich im Glücksspielrecht betätigen wollen? Bietet der Boom im Glücksspielbereich, vor allem im Poker, neue Berufsfelder für Juristen? Wie würden Sie den Markt einschätzen?

Der Rat, den ich gebe, lautet: Schau zuerst, welches Rechtsgebiet Dir Spaß macht und probiere es aus. Denn nur, wenn einem die Tätigkeit Spaß macht, wird man erfolgreich sein. Was bringt es mir, wenn ich z.B. Steuerrecht mache, viel Geld verdiene, aber todunglücklich bin? Das mag man ein, zwei Jahre durchhalten, aber irgendwann schlägt sich das auch auf die eigenen Leistungen nieder. Der Blick sollte also immer auf das Rechtsgebiet gerichtet sein, das einem Freude bringt.

Das Interview führte Karsten Schneidewindt.

unter: http://www.referendare.net/news.php?news=819&lit_tipp=195
1 15.10.2007 14:21 anders ist offline E-Mail an anders senden Beiträge von anders suchen
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