Wiedergestattung während Wohlverhaltensphase? |
Christian Bülow
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Wiedergestattung während Wohlverhaltensphase? |
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Hallo zusammen,
ich habe folgendes Problem und wollte wissen, ob ich mit meiner Lösung richtig liege. Vielleicht habe ich auch nur eine Denkblockade
Ein Gewerbetreibender hat von hier vor einiger Zeit eine mittlerweile bestandskräftige Gewerbeuntersagung bekommen. Allerdings wird unsererseits die Tätigkeit als fachlich-technischer Leiter des Gewerbebetriebes geduldet. Dieses Gewerbe wird auch tatsächlich von jemand anderem ausgeübt.
Nun hat derjenige, der die GU hat, ein Insolvenzverfahren durchgeführt. Dieses ist zwischenzeitlich abgeschlossen und er befindet sich derzeit in der Wohlverhaltensphase. Diese endet 2009 und ihm wurde Restschuldbefreiung angekündigt.
Nunmehr beantragt er bei mir eine Wiedergestattung der selbständigen Gewerbeausübung nach § 35 Abs. 6 GewO.
Er befindet sich ja nun quasi unter der Obhut des Verwalters und er könnte praktisch keinen "Mist" bauen. Wenn er sich also nichts zu Schulden kommen lässt, ist er in 4 Jahren schuldenfrei. Kann ich ihm unter diesen Umständen die Wiedergestattung geben? Ich sträube mich schon dagegen, da er ja noch sämtliche Schulden (erheblich!!!) bei den ganzen Stellen hat. Allerdings sieht die Norm ja vor, dass die Wiedergestattung zu erteilen ist, wenn Tatsachen...... dass die Unzuverlässigkeit nicht mehr vorliegt. Er hat sich ja in den letzten Jahren an die Vorgaben im InsVerfahren gehalten.
Sollte ich also bis zum Abschluss des InsVerfahrens warten oder muss ich es sogar??? Oder aber muss ich sogar die Wiedergestattung machen? Leider finde ich hierzu absolut gar nichts in irgendwelchen Kommentaren.
Sitze ich da in einer Zwickmühle oder ist das alles gar nicht so kompliziert und ich mache mir unnötig einen Kopf?
Viele Grüße aus dem Rheinland
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27.09.2005 17:24 |
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Solon
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Thomas Mischner
Moderator
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In der Kürze hab ich zwei Entscheidungen dazu gefunden.
Das OVG Bremen hält es offenbar für ausreichend, wenn der Betroffene sich seit einiger Zeit nichts mehr hat zu Schulden kommen lassen und ein Insolvenzverfahren durchgeführt wird (Beschl. v. 04.12.04 – 1 B 402/03-).
In einem Fall, der sich noch in einem früheren Stadium des Insolvenzverfahrens befand, hat das OVG Münster die Ablehnung der Wiedergestattung für rechtens erklärt, weil eine Restschuldbefreiung noch nicht absehbar war. Hinzu kam, dass hier die Schuldnerin nicht zu irgendwelchen Tilgungen in der Lage war(Beschl. v. 02.06.04 - 4 A 223/04 -).
Mein persönliches Fazit daraus ist folgendes:
Als zuverlässig (weil schuldenfrei) kann der Schuldner erst wieder gelten, nachdem die Restschuldbefreiung erfolgt ist. Im Zweifelsfall würde ich die Wiedergestattung daher auch erst zu diesem Zeitpunkt gewähren. Denn die bloße Aussicht auf Schuldenfreiheit ist keine "Tatsache" i. S. v. § 35 Abs. 6 GewO. Anderseits heißt das für mich nicht, dass man nicht auch mal eine Wiedergestattung aussprechen kann, wenn absehbar ist, dass es demnächst mit Sicherheit zur Restschuldbefreiung kommen wird. Wenn der Schuldner noch vier Jahre Wohlverhaltensphase vor sich hat, wäre mir eine diesbezügliche Prognose allerdings noch zu unsicher.
Schöne Grüße
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2
28.09.2005 12:16 |
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Solon
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Kramer-Cloppenburg
Moderator
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Hallo!! .... und ein freundliches
aus Cloppenburg ins Rheinland!
Die Entscheidung würde ich ähnlich sehen, wie der Kollege Mischner!
Hierbei sollte man jedoch nicht außer acht lassen, ob allein wirtschaftliche Gründe für die Untersagung oder aber auch andere Gründe (Straftaten, massive Missachtung gesetzlicher Normen etc.) bei der Entscheidung von Bedeutung waren.
Darüber hinaus hat ja das Gericht bei der Entscheidung im Rahmen des Insolvenzverfahrens die sich bietenden Einkommensverhältnisse und Schulden berücksichtigt. Hierbei ist es davon ausgegangen, dass der Betroffene weiterhin (bis zum Abschluss des Verfahrens) ein entsprechendes monatliches Einkommen aus der von ihm ausgeübten Tätigkeit hat und sicherlich dementsprechende Auflagen und Zahlungsverpflichtungen verfügt. Wie soll er diese einhalten, wenn er nun wieder selbständig tätig wird und das Einkommen entfällt??
Darüber hinaus würde ich zum jetzigen Zeitpunkt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (die ja allein für sich ein gewerberechtlicher Unzuverlässigkeitsgrund ist, sofern der überschuldete Gewerbetreibende nicht von allein die gewerblichen Tätigkeiten einstellt) sehr genau und detailliert hinterfragen. Wenn hier weiterhin ein erheblicher Verbindlichkeitenstand besteht und nur minimale Tilgungen erfolgten, bleibt letztlich ja keine andere Beurteilung des Sachverhaltes, wie zum Zeitpunkt der Gewerbeuntersagung.
Das nun die unzuverlässige Person "unter dem Druck" des Insolvenzverfahrens versucht, die gewerberechtliche Zuverlässigkeit wieder herzustellen, ist zwar lobenswert, dürfte letztlich jedoch für sich allein genommen nicht ausreichen, um die gewerberechtliche Zuverlässigkeit wieder zu attestieren.
Auch würde ich mir in jedem Fall die Insolvenzakte vorlegen lassen und mit dem Insolvenzverwalter sprechen, bevor ich hier eine abschliessende Entscheidung, die auch einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren standhält, treffe.
Auch im Interesse des Gewerbetreibenden würde ich ihm bei den jetzigen wirtschaftlichen Verhältnissen raten, das Insolvenzverfahren abzuschliessen, um dann, wenn die Restschuldbefreiung erfolgt ist, einen Antrag nach § 35 Abs. 6 GewO zu stellen, sofern er dann tatsächlich erneut wieder gewerblich tätig sein möchte. Auch würde ich ihm anheim stellen, den Antrag (derzeit noch kostenfrei) wieder zurückzunehmen und ihm deutlich machen, dass er - sofern er einen rechtsmittelfähigen Bescheid wünscht - nach dem sich derzeit bietenden Sachverhalt mit einer negativen Entscheidung rechnen muss.
__________________ Ansonsten, ... weiterhin viel Spaß bei der Arbeit! -------
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3
28.09.2005 13:11 |
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Christian Bülow
Eroberer
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Themenstarter
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Na das hört sich doch schon mal gut an - Danke!
Den Gedanken mit dem Insolvenzverwalter hatte ich auch schon. Ich denke schon, dass sich dieser gegen eine selbständige Gewerbeausübung aussprechen wird, zumal der Beschluss über die Ankündigung der Restschuldbefreiung gerade erst vor 4 Monaten ergangen ist. Aber wir werden mal gemeinsam drüber reden.
Der Beschluss des OVG Münster ist für mich natürlich sehr interessant, da es das für mich zuständige ist. Und der Fall stellt sich sehr ähnlich zu meinem dar. Im Zweifel muss ich ja schon auf die Meinung dieses Gerichtes achten, da ich mit meiner Entscheidung nicht baden gehen will.
Geht aber auch schon in die Richtung, wie ich sie mir vorgestellt hatte.
Also, vielen Dank noch mal für die Tips und die Rechtsprechung!
Grüße aus dem Rheinland!
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4
28.09.2005 15:11 |
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