Eddy Scharf im Interview: "Da danke ich dem Gericht!" |
räubertochter

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Eddy Scharf im Interview: "Da danke ich dem Gericht!" |
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Knappe vier Monate nach dem letzten Interview mit PokerStrategy.com scheint Eddy Scharf sein Glück wieder gefunden zu haben.
Damals, unmittelbar nach der verlorenen Verhandlung vor dem Bundesfinanzhof, sprach der 63-Jährige noch offen vom finanziellen Ruin, inzwischen hat er aus der Not eine Tugend gemacht.
Mehrere Pokerspieler unterstützen ihn finanziell beim Gang vors Verfassungsgericht und auch aus seinem gestiegenen Bekanntheitsgrad versucht er inzwischen Gewinn zu schlagen.
"Ich sehe dem ganz gelassen entgegen"
PokerStrategy.com: Hallo Eddy, vor einiger Zeit hattest du bereits angekündigt, eine Verfassungsbeschwerde zu prüfen. Seid ihr diesen Weg inzwischen gegangen?
Eddy Scharf: Ja. Man muss das ja vier Wochen nach der schriftlichen Urteilsbegründung einlegen, man hat also relativ wenig Zeit. Also mal schauen was dabei rumkommt.
PokerStrategy.com: Das heißt der Rechtsstreit zieht sich noch mal ein paar Jahre hin?
Eddy Scharf: Das muss nicht sein. Es kommt darauf an, ob die Verfassungsbeschwerde überhaupt zugelassen wird. Erfahrungsgemäß passiert das nicht sehr oft, in ein paar Monaten wird das der Fall sein oder eben nicht. Falls es zugelassen wird, geht es sicherlich noch einige Zeit. Wenn nicht, dann ist das Urteil rechtskräftig und dann wird die Lawine losgetreten.
PokerStrategy.com: Damit spielst du auf deinen Bluff an, oder? Du hast anderswo schon angemerkt, dass du deine Verluste inzwischen nachweisen kannst und deshalb sogar eine Steuerrückzahlung erwartest.
Eddy Scharf: Ich hatte ja jetzt sieben Jahre Zeit, die entsprechenden Unterlagen herbeizuschaffen, das habe ich auch für das Jahr 2008 lückenlos geschafft. Da das Gericht bei mir entschieden hat, dass es grundsätzlich steuerbar ist, egal ob Gewinn oder Verlust, und bei allen anderen nur, wenn sie gewinnen, könnte das für das Finanzamt wie ein Bumerang nach hinten losgehen.
Aber das betrifft mich nicht, ich sehe dem ganz gelassen entgegen. Ich mache jetzt aus der Not eine Tugend, mein Bekanntheitsgrad ist ja gestiegen durch diese Aktion und das nutze ich auch zu meinem Vorteil aus.
PokerStrategy.com: Inwiefern?
Eddy Scharf: Zusammen mit meinem Freund Christoph Wolters fangen wir jetzt an, Pokerevents für Firmen und ähnliches zu veranstalten. Nicht im Bereich Coaching, sondern für Firmen die ein Event für ihre Mitarbeiter veranstalten wollen. www.Wildcard-Event.de heißt unsere Homepage. Damit habe ich schon Erfahrung, ich habe das zum Beispiel schon für Audi gemacht, oder für einen Golfclub, das ist sehr gut angekommen. Die wollen ein bisschen Spaß haben, das können wir ganz gut.
Mittlerweile ist mein Name ja viel bekannter als es mir pokertechnisch eigentlich zusteht, aber sagen wir mal so: Da danke ich dem Gericht! (lacht)
PokerStrategy.com: Ich muss nochmal auf die Verfassungsbeschwerde zurückkommen. Was genau ist der Inhalt der Beschwerde?
Eddy Scharf: Im Prinzip hat mir der Bundesfinanzhof den Rechtsweg vorenthalten, bzw. hat er ihn abgekürzt. Wenn das Gericht nämlich zu einem Urteil kommt, das nicht mit der Rechtsprechung in anderen Bereichen übereinstimmt, also z.B. dem Verwaltungs- oder Strafgericht, dann tritt der große Senat zusammen um für eine Einheitlichkeit der Rechtsordnung zu sorgen.
Es darf nicht zu einer unterschiedlichen Bewertung der gleichen Tatsache kommen. Genau das ist aber unserer Meinung nach passiert. Dass das Pokerspiel von zahlreichen (auch obersten) Gerichten als Glücksspiel bewertet wird und von den Finanzgerichten eben nicht. Unabhängig davon, ob es nun ein Glücks- oder ein Geschicklichkeitsspiel ist, muss es von verschiedenen Gerichten einheitlich bewertet werden.
"Es kann sein, dass alles nochmal von vorne anfängt"
PokerStrategy.com: In deinem Fall wurde der große Senat aber nicht einberufen.
Eddy Scharf: Bei der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesfinanzhof hat mein Anwalt Thomas Carlè auf diese Möglichkeit hingewiesen, woraufhin die Vorsitzende Richterin kurz in Schnappatmung verfiel, weil sie wohl den Eindruck hatte ihre Kompetenz sei infrage gestellt.
Das tue ich zwar durchaus, aber darum geht es nicht. Das ist ein normales Rechtsmittel, das zur Anwendung kommen sollte, mir aber vorenthalten wurde. Ich bin kein Jurist, aber nach meinem Verständnis ist das sinngemäß der Kern der Verfassungsbeschwerde.
Es geht also nicht um die Frage ob es Glücksspiel ist oder nicht, ob es versteuert werden muss oder nicht, sondern um die Feststellung, dass hier mit unterschiedlichem Maß gemessen wird. Ob das Bundesverfassungsgericht das auch so sieht, ist natürlich die Frage. Da muss man abwarten, ob die Beschwerde überhaupt zugelassen wird oder nicht. Bis dahin ruht das Verfahren erst einmal.
PokerStrategy.com: Was passiert also im Optimalfall?
Eddy Scharf: Es kann sein, dass dann alles nochmal von vorne anfängt. Das könnte dann sehr lange dauern. Ich merke auch, dass bei den Finanzämtern und bei den Gerichten ein Umdenken stattfindet.
Am Anfang des Verfahrens hatte niemand im Finanzamt etwas mit Poker zu tun, das ist heute schon anders. Jeder kennt es, jeder hat es schon mal gesehen und die meisten haben es auch schon gespielt. Deshalb kann man inzwischen schon hoffen, dass man ein offenes Ohr in den jeweiligen Finanzämtern findet.
Aber die müssen sich natürlich an die jeweiligen Urteile halten und da sieht es derzeit so aus, dass Spieler, die Gewinne machen, Steuern zahlen müssen, und dass man bei den Verlierern von Liebhaberei spricht.
Ich habe es ja angeblich nachhaltig betrieben, wobei das Gericht davon ausging, dass ich in sechs Jahren 19 Turniere gespielt habe, also im Schnitt drei Turniere im Jahr. Das ist in den Augen des Bundesfinanzhofs nachhaltig, da kann sich ja jeder selbst ausrechnen, ob dieses Kriterium für ihn zutrifft. Ähnlich sieht es beim Thema Gewinnerzielungsabsicht aus, da fällt quasi auch jeder drunter.
"Diesen Leuten gehört auf jeden Fall mein Dank!"
PokerStrategy.com: Neulich warst du sogar Erster und Zweiter im selben Turnier, wie ging das denn?
Eddy Scharf: Inzwischen ist es scheinbar Gang und Gäbe, dass man im Casino ein Pseudonym angibt. Leider musste ich jetzt auch dagegen angehen. Auf irgendeiner Pokerseite wurde nämlich veröffentlicht, dass ich in Dortmund gleich zwei Mal gewonnen hätte. Erster wurde ich als 'Eddy Scharf' und Zweiter als 'Eddy schafft an'.
Im ersten Moment habe ich natürlich auch gelacht, aber noch mehr hab ich gelacht, als ich dem Casino einen Anwalt auf den Hals gehetzt habe und die dann zurückrudern mussten, um mir schriftlich zu bestätigen, dass ich nicht an dem Turnier teilgenommen habe.
Aber das hat natürlich Konsequenzen für die Zukunft, dass es gewissen Spielern nicht mehr gestattet ist, unter einem falschen Namen Turniere zu spielen. Wie man sich dauernd so ins eigene Knie schießen kann ist mir wirklich unbegreiflich. Aber mir persönlich ist das recht, bisher hat das Finanzgericht ja abgestritten, dass es diese Möglichkeit überhaupt gibt, das habe ich jetzt immerhin schwarz auf weiß.
PokerStrategy.com: Auf der anderen Seiten hört man immer wieder, dass du bei deinem Verfahren auch finanzielle Unterstützung von anderen Pokerspielern bekommst. Stimmt das?
Eddy Scharf: Das ist richtig. Vor allem bei der Verfassungsbeschwerde. Es gibt eine Menge Pokerspieler, die mich unterstützen und die Kosten tragen, weil ich selbst nicht mehr dazu bereit war. Ich würde mich auch gerne persönlich bei jedem Einzelnen dafür bedanken, nur kenne ich gar nicht alle. Zum großen Teil sind die selber davon betroffen, sogar mehr als ich persönlich, trotzdem ist natürlich niemand dazu verpflichtet mir zu helfen. Deshalb gehört diesen Leuten auf jeden Fall mein Dank!
https://de.pokerstrategy.com/news/world-...ich-dem-Gericht!-_95188/
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15.01.2016 09:29 |
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