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Geschrieben von Anja Witt am 12.09.2023 um 16:08:

  Gewerbe Montuerswohnung ?

Hallo zusammen,

folgende Frage erhielt ich heute:

zur Zeit vermite ich ein Haus an Monteure.
Ab nächstem Jahr werde ich mit der Vermietung über die Freigrenze der Kleinunternehmerregelung kommen.

Nach Rücksprache mit meinem Steurberater sind dennoch die Voraaussetzungen um als Gewerbe eingestuft zu werden nicht erfüllt, da es sich um die Vermietung von einem einzigen Haus handelt.
Er meinte ich solle mich dennoch beim Gewerbeamt rückversichern.

Können Sie mir bestätigen, dass ich für dieses Vorhaben kein Gerwebe anmelden muss?


Ist das so ? oder muss eventuell doch Gewerbe angemeldet werden ?

Danke für die Hilfe



Geschrieben von CelRod am 13.09.2023 um 09:24:

  RE: Gewerbe Montuerswohnung ?

Hallo großes Grinsen

Bei der Einordnung einer Vermietung als gewerblich oder "bloß" private Verwaltung eigenen Vermögens, kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.

Die Vermietung ist in der Regel eine private Vermögensverwaltung. Kommen aber besondere Umstände hinzu, welche der Betätigung des Vermieters (als Ganzes gesehen), das Gepräge einer selbstständigen, nachhaltigen vom Gewinnstreben getragenen Beteiligung am allg. wirtschaftlichen Verkehr verleihen, tritt die bloße Nutzung des privaten Vermögens zurück.

Indizien für eine Einordnung als gewerblich können zB. sein:
- Häufigkeit und Dauer der Vermietung
- Zusatzleistungen wie Wäscheservice oder Frühstück?
- nicht unerhebliche Kosten für Schaltung einer Anzeige?
- Hilfspersonen eingesetzt/entlohnt?
- Wird ein Ansprechpartner permanent vorgehalten?

Hierzu gibt es schon einige Beiträge in diesem Portal:
www.forum-gewerberecht.de/thread.php?threadid=5478&hilight=vermietung+gewer
blich

https://www.forum-gewerberecht.de/thread.php?threadid=3887&hilight=vermietu
ng+gewerblich


PS.: Ich hoffe ich habe die Verlinkungen hinbekommen, es ist mein aller erster Beitrag xD



Geschrieben von HBinder am 14.09.2023 um 16:56:

  RE: Gewerbe Montuerswohnung ?

Hallo,

ich möchte noch ergänzen, dass nicht entscheidend ist, ob man über die Freigrenze als Kleinunternehmer kommt, sondern ob eine Gewinnerzielungsabsicht gegeben ist. Das bedeutet, wenn die Vermietung nicht als Verwaltung eigenen Vermögens anzusehen ist, besteht die Pflicht zur Gewerbe-Anmeldung bereits dann, wenn eine Gewinnerzielungsabsicht bejaht werden kann, auch wenn im Ergebnis nur geringe Einnahmen erzielt werden.

Grüße
HBinder



Geschrieben von Ludwig am 15.09.2023 um 06:02:

  RE: Gewerbe Montuerswohnung ?

Zitat:
Original von HBinder
Hallo,

ich möchte noch ergänzen, dass nicht entscheidend ist, ob man über die Freigrenze als Kleinunternehmer kommt, sondern ob eine Gewinnerzielungsabsicht gegeben ist. Das bedeutet, wenn die Vermietung nicht als Verwaltung eigenen Vermögens anzusehen ist, besteht die Pflicht zur Gewerbe-Anmeldung bereits dann, wenn eine Gewinnerzielungsabsicht bejaht werden kann, auch wenn im Ergebnis nur geringe Einnahmen erzielt werden.

Grüße
HBinder


Das stimmt so nicht (Stichwort: "Gewinnerzielungsabsicht").

Bitte lesen:

Hans-im-Glück1986 - Beitrag #2

und das dort zitierte Urteil des BVerwG: Urteil vom 26.01.1993 - 1 C 25/91



Geschrieben von Civil Servant am 15.09.2023 um 11:14:

 



ich habe da ein Verständnisproblem. Ich halte die Ausführungen des Kollegen Binder für korrekt und auch nicht im Lichte des verlinkten Postings für falsch.

Für den Fall, dass es um die steuerliche Kleinunternehmerregelung geht:
Die behandelt doch nur und ausschließlich die Frage, ab welcher Umsatzhöhe Umsatzsteuerpflicht zwingend besteht. Das halte auch ich gewerberechtlich für irrelevant. Nicht ganz umsonst ist ja in den Gewerbemeldeformularen ankreuzbar gewesen: Nebengewerbe, was ja schon kleine Umsätze und kleine oder keine keine Gewinne (aber natürlich Gewinnerzielungsabsicht) nahe legt.

Beste Grüße

CS



Geschrieben von Ludwig am 18.09.2023 um 07:43:

 

Moin!

Nein, es geht um das Stichwort „Gewinnerzielungsabsicht“, und zwar themenbezogen als vermeintlich „entscheidendes“ Abgrenzungsmerkmal zur privaten Vermögensverwaltung.

Die Gewinnerzielungsabsicht ist zwar Bestandteil der Definition des Gewerbes. Für die Frage, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit von dem Begriff des Gewerbes ausgenommen ist, spielt die Gewinnerzielungsabsicht jedoch keine Rolle.

Im Gegenteil. Wird eine Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt (in unserem Problemkreis der Vermietung eines eigenen Hauses zum Beispiel im Falle der unentgeltlichen Zurverfügungstellung des Hauses etwa an einen gemeinnützigen Verein) liegt schon deshalb keine gewerbliche Tätigkeit vor. Es bedarf dann bereits keiner Abgrenzung zu dem Ausnahmetatbestand der Verwaltung und Nutzung privaten Vermögens mehr.

Nur wenn es sich um eine auf Erwerb gerichtete wirtschaftliche Tätigkeit handelt, was die Gewinnerzielungsabsicht in der Regel impliziert, muss geprüft werden, ob die konkrete Tätigkeit von dem Begriff des Gewerbes ausgenommen ist. Liegt ein solcher Ausnahmetatbestand vor, ist also die konkrete, auf Erwerb gerichtete wirtschaftliche Tätigkeit von dem Begriff des Gewerbes ausgenommen, findet die Gewerbeordnung keine Anwendung und es bedarf keiner Gewerbeanzeige gemäß § 14 GewO.

Ein Ausnahmetatbestand kann die Verwaltung und Nutzung eigenen Vermögens sein. „Kann“, weil dieser Ausnahmetatbestand, anders als zum Beispiel die Urproduktion, nicht bedingungslos ist.

Von einer bloßen Verwaltung und Nutzung privaten Vermögens, also der Unanwendbarkeit der Gewerbeordnung, kann im Einzelfall vielmehr nur gesprochen werden,

– und dies ist das einzige Entscheidungskriterium –,

wenn, so formuliert es das BverwG, „die Auswirkungen der Betätigung Dritte nicht oder doch nur in geringer, eine "Bagatellschwelle" nicht überschreitender Weise berühren.

Begründet wird dies mit den Schutzzwecken der Gewerbeordnung:

Durch das Abgrenzungsmerkmal 'Verwaltung und Nutzung eigenen Vermögens" werden solche Betätigungen ausgenommen, die nicht oder nur geringfügig die Schutzzwecke der Gewerbeordnung berühren, so daß ihre Einbindung in den gewerberechtlichen Ordnungsrahmen nicht erforderlich ist. Die Notwendigkeit, die Allgemeinheit und Beschäftigte in dieser Weise zu schützen, ist zwar grundsätzlich gegeben, wenn sich jemand im Rahmen einer auf Erwerb gerichteten selbständigen Tätigkeit an Verbraucher wendet und/oder Beschäftigte heranzieht. Sie ist aber um so geringer, je mehr sich die Betätigung im Bereich des "Privaten" abspielt, hingegen um so größer, je mehr sie sich "nach außen" entfaltet. Sie hängt auch von dem Gefahrenpotential ab, das objektiv durch den Betrieb und seine Anlagen in bezug auf die angeführten Schutzgüter entsteht. Je stärker und häufiger Dritte mit der auf Erwerb gerichteten Tätigkeit des Betreibers in Berührung kommen, desto mehr stellt sich das Erfordernis der persönlichen Zuverlässigkeit; je mehr Anlagen zum Betrieb eingesetzt werden, desto stärker rückt das Erfordernis ihrer Geeignetheit in den Vordergrund.

BverwG, Urteil vom 26.01.1993, Az:. 1 C 25.91; Rn. 17.

Es empfiehlt sich wirklich, das relativ kurze Urteil des BverwG einmal in Ruhe zu lesen.

Ob bzw. wann diese Bagatellschwelle in dem Fall der Fragestellerin überschritten ist, kann ohne nähere Informationen zu dem Umfang der Tätigkeit nicht beantwortet werden.


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