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Geschrieben von Bianka am 22.08.2023 um 15:37:

  Vermietung Ferienwohnung Gewerbe ja oder nein?

Hallo zusammen!
Ich diskutiere gerade mit einem Steuerberater über den Sinn einer Gewerbeanmeldung. Seine Mandantin Vermiete ja nur hin und wieder und dies falle gem. dem Steuerrecht NUR unter Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung.
Ich seh das leider anders! Wer über Buchungsplattformen wie booking.com und eine eigene Webseite Zimmer vermietet, die online buchbar sind, der macht das aus Gewinnabsicht. Punkt! Steuerrecht hin oder her. Aber wir bewegen uns hier meiner Meinung nach ganz klar im gewerblichen Bereich.
Wie sind da eure Erfahrungen? Streng genommen bewegt man sich hier sogar haarscharf in Richtung §34c GewO, meiner Meinung nach.
Den Satz "aber mein Steuerberater hat gesagt....." Ich kanns nicht mehr hören Zeigefinger Ihr kennt das :-)



Geschrieben von hans-im-glück1986 am 22.08.2023 um 16:28:

 

Hallo,

bei der Beurteilung der Verwaltung eigenen Vermögens liegen Gewerberecht und Steuerrecht sehr eng beieinander. Der gern gebrauchte Grundsatz, dass das Steuerrecht für das Gewerberecht unerheblich wäre (und umgekehrt), greift hier nicht. Die Vorarbeiten des BFH können daher für die gewerberechtliche Praxis herangezogen werden.

Die Verwaltung eigenen Vermögens ist ein Negativmerkmal für den Gewerbebegriff. Liegt sie vor, sind andere Merkmale (wie Gewinnerzielungsabsicht) unerheblich. Daher liegt trotz Gewinnerzielungsabsicht bei der eigenen Vermögensverwaltung kein Gewerbe vor.

Um beurteilen zu können, ob eigene Vermögensverwaltung vorliegt, bedarf es einer Gesamtschau. Allein das heutzutage übliche Schalten von Anzeigen auf Internet-Portalen spricht weder für noch gegen eigene Vermögensverwaltung. Es kommt u.a. auf Indizien wie die Häufigkeit und Dauer der Vermietung an, ggf. werden Zusatzleistungen (z.B. Wäscheservice, Frühstück) angeboten, ggf. sind die Kosten für die Schaltung der Anzeige nicht unerheblich, ggf. werden Hilfspersonen eingesetzt/entlohnt.
Es ist aber auch der Schutzzweck der GewO zu betrachten: nimmt die Tätigkeit solche Ausmaße an, dass die Allgemeinheit oder Arbeitnehmerinteressen spürbar berührt sind. Da es sich letztlich um eine Bagatellschwelle handelt, sind die Anforderungen an die Verwaltung eigenen Vermögens hoch. --> Die Schwelle zur Gewerbsmäßigkeit liegt also tief.

Lehrreich: BVerwG, Urteil vom 26.01.1993 - 1 C 25/91

p.s. die "Nähe" zum Immobilienmakler ist mir nicht klar. Dieser nimmt keine Verwaltung eigenen Vermögens vor. Daher gibt es auch keine Abgrenzungsschwierigkeiten...



Geschrieben von marxh am 23.08.2023 um 14:10:

  RE: Vermietung Ferienwohnung Gewerbe ja oder nein?

Moin Moin

Schaue Dir doch mal § 38 GewO Randnummer 29 an....

Dann weiß Du wie Du mit den Ferienwohnungen umgehen kannst.

Bei uns werden alle Ferienwohnungen Gewerbe rechtlich erfasst...




Geschrieben von Thomas Mischner am 24.08.2023 um 11:45:

  RE: Vermietung Ferienwohnung Gewerbe ja oder nein?

Hallo,
Zitat:
Bei uns werden alle Ferienwohnungen Gewerbe rechtlich erfasst...

das halte sich so pauschal für bedenklich (siehe Beitrag 2).
Der Bezug zu § 38 GewO erschließt sich mir auch nicht. Die Vorschrift bezieht sich zwar auf die Vermittlung von Unterkünften, nicht aber auf deren Vermietung.



Geschrieben von marxh am 24.08.2023 um 11:58:

  RE: Vermietung Ferienwohnung Gewerbe ja oder nein?

Moin Moin

wir sprechen hier nur über Ferienwohnungen...




Geschrieben von hans-im-glück1986 am 24.08.2023 um 14:42:

  RE: Vermietung Ferienwohnung Gewerbe ja oder nein?

Zitat:
Original von marxh
Moin Moin

wir sprechen hier nur über Ferienwohnungen...



Da gebe ich dem Vorredner absolut Recht. § 38 Nr. 4 GewO hat überhaupt nichts mit dem Fall zu tun. Betroffen wären Betreiber von Internetplattformen, die touristische Mitwohngelegenheiten vermitteln (zB Airbnb, 9flats oder Wimdu). Die Vermietung eigener Unterkünfte ist bereits keine Vermittlertätigkeit.

Vielleicht die Verwaltungspraxis an die Rechtslage anpassen...



Geschrieben von Ludwig am 24.08.2023 um 15:43:

  RE: Vermietung Ferienwohnung Gewerbe ja oder nein?

Zitat:
Original von hans-im-glück1986
p.s. die "Nähe" zum Immobilienmakler ist mir nicht klar. Dieser nimmt keine Verwaltung eigenen Vermögens vor. Daher gibt es auch keine Abgrenzungsschwierigkeiten...

Zitat:
Original von Thomas Mischner
Der Bezug zu § 38 GewO erschließt sich mir auch nicht. Die Vorschrift bezieht sich zwar auf die Vermittlung von Unterkünften, nicht aber auf deren Vermietung.

Es scheint im Bereich der Erlaubnisse nach § 34c I 1 Nr. 1 und Nr. 4 GewO in der Gewerbeverwaltung ein weit verbreitetes grundlegendes Missverständnis zu geben: Es wird verkannt, dass es jeweils um ein Dreiecksverhältnis unter Einbeziehung eines Dritten, nämlich des Auftraggebers, geht. Oder das Dreiecksverhältnis wir falsch interpretiert, wenn zB ein "Gastronom" mit gepachtetem Beherbergungsbetrieb Zimmer vermietet. Stichwort Monteursunterküntfte. Dann kommt man selbstredend schnell auf die Erlaubnispflichtt nach §34c oder die Überwachung nach § 38. Auch hier im Forum taucht dieser Ansatz immer wieder wie selbstverständlich auf.
Zitat:
Original von marxh
wir sprechen hier nur über Ferienwohnungen...

Eben nicht. Sondern über die Vermittlung von Ferienwohnungen für einen Dritten, nur dann kann § 38 Nr. 4, 2. Alternative GewO greifen.
Zitat:
Original von Thomas Mischner
Zitat:
Bei uns werden alle Ferienwohnungen Gewerbe rechtlich erfasst...

das halte ich so pauschal für bedenklich (siehe Beitrag 2).

Das sehe ich auch so. Insoweit ist die Lektüre des von Hans-im-Glück zitierten BVerwG-Urteils in der Tat sehr hilfreich. Eigentlich reicht ein Blick auf den Leitsatz 2.

Allerdings wird man marxh zugestehen müssen, dass die Grenze sehr, sehr schnell überschritten sein wird.

Zitat:
Original von hans-im-glück1986

Vielleicht die Verwaltungspraxis an die Rechtslage anpassen...


Uhij uhij juuh! Warum so böse?



Geschrieben von Hinterwäldler am 25.08.2023 um 10:57:

 

Hallo,

nach meinem Verständnis (in einer Tourismusgemeinde tätig) ist die normale Vermietung einer Ferienwohnung im eigenen Haus im Regelfall kein Gewerbe, sondern Verwaltung eigenen Vermögens.

Zum Gewerbe wird das insbesondere erst dann, wenn besondere Zusatzleistungen angeboten werden wie z. B. ein tägliches Frühstück, regelmäßiger Reinigungs- und Wäscheservice oder Gästepool, oder die Vermietung in größerem Stil erfolgt, wofür nach meiner Erinnerung mal ein grober Grenzwert von 15 Betten genannt wurde.

Ein Gewerbe liegt aber auf jeden Fall dann vor, wenn eine Wohnung angemietet wird, um sie mit Gewinn als Ferienwohnung weiterzuvermieten.

Wer wie im Ausgangsfall "hin und wieder" eine eigene Wohnung als Ferienwohnung vermietet, betreibt aber definitiv kein Gewerbe.



Geschrieben von hans-im-glück1986 am 25.08.2023 um 16:50:

 

Zitat:
Original von Hinterwäldler

Ein Gewerbe liegt aber auf jeden Fall dann vor, wenn eine Wohnung angemietet wird, um sie mit Gewinn als Ferienwohnung weiterzuvermieten.



Ist es denn üblich, Ferienwohnung "ohne Gewinn" zu vermieten oder liegt die Gewinnerzielung bei der Vermietung von Ferienwohnungen nicht in der Natur der Sache?

Die "Verwaltung eigenen Vermögens" beschränkt sich nicht auf die bloße Werterhaltung.

Deshalb ist es bei der Verwaltung eigenen Vermögens für das Gewerberecht unerheblich, ob (aber nicht wie viel) Gewinn erzielt werden soll bzw. im Steuerrecht ob Einnahmen erzielt werden (s.o. zu Indizien, die für ein Gewerbe sprechen können).

VG



Geschrieben von Hinterwäldler am 28.08.2023 um 07:49:

 

Bitte richtig lesen: Ich schrieb von Anmietung zum Zwecke der gewinnbringenden Weitervermietung; da handelt es sich gerade nicht um eigenes Vermögen...


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