Subunternehmerin im Reisegewerbe - Hilfe! |
Herr-Schmidt
Grünschnabel
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Subunternehmerin im Reisegewerbe - Hilfe! |
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Guten Tag zusammen,
ein sehr informatives Forum hier, doch leider habe ich das passende Thema für mich nicht gefunden. Daher hoffe ich sehr auf rege Beteiligung und nützliche Hinweise in diesem Thread.
Leider fällt mein Text sehr lang aus, sorry! Doch ich möchte mein Problem und die Querelen von Amts wegen gerne recht nachvollziehbar darstellen, deshalb geht es leider nicht anders. Mir ist sehr an Ihrem Fachwissen gelegen, deshalb bitte ich lesen sie weiter!
Es geht um meine Frau. Als Steinmetzgesellin möchte sie sich in ihrem Beruf selbständig machen. Da derzeit sowohl Geld als auch Zeit fehlen um den Meistertitel zu erlangen, hat sie sich nach Alternativen umgeschaut und ist so auf das Reisegewerbe gestossen. Ein Handwerk kann man ja durchaus im Reisegewerbe ausüben. Wir haben festgestellt dass in der Gewerbeordnung offenbar die Rede von Subunternehmern im Reisegewerbe ist und diese einer Reisegewerbekarte nicht benötigen. Dies wurde entsprechend im Internet recherchiert. Meine Frau strebt ein reines Subunternehmen an, da da sie nur Steinmetzbetrieben ihre Arbeiten anbieten möchte. Nach § 55b Abs. 1 GewO benötigt meine Frau in diesem Falle scheinbar gar keine Reisegewerbekarte, da sie keine Privatkundschaft hat:
§ 55b Abs. 1 GewO
(1) Eine Reisegewerbekarte ist nicht erforderlich, soweit der Gewerbetreibende andere Personen im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes aufsucht. Dies gilt auch für Handlungsreisende und andere Personen, die im Auftrag und im Namen eines Gewerbetreibenden tätig werden.
Und jetzt kommen die Probleme. Meine Frau hat also alles in die Wege geleitet, war zunächst beim Arbeitsamt zwecks Beantragung Existenzgründerzuschuss, hat Seminare besucht, einen umfangreichen Geschäftsplan erstellt, sich vom Steuerbüro beraten lassen usw.
Sie nahm tel. Kontakt zum Gewerbeamt auf um sich zu vergewissern ob sie den Paragraphen recht verstehe und was sich in ihrem Fall nun konkret beantragen müsse, ob sie vielleicht doch die Reisegewerbekarte braucht. Aber selbst wenn sie in ihrem Fall keine benötigt, so muss sie doch irgend ein Schriftstück erhalten, was sie als Reisegewerbetreibende bestätigt/anerkennt. Doch leider wurde sie am Telefon recht unwirsch abgewimmelt, man sei nicht zuständig und der benannte Paragraph meine Staubsaugervertreter und dergleichen.
Einen Tag später ergab ein weiterer Anruf den Kontakt zu einer sehr netten und bemühten Sachbearbeiterin, offensichtlich der Vertretung der Dame vom Vortag, die sich nach kurzer Ausführung gerne dazu bereit erklärte die Anfrage an die Kollegin (Vortag!) weiter zu leiten. Sie wisse übrigends, dass man ein Handwerk im Reisegewerbe ausüben könne, doch dass man die Reisegewerbekarte nicht bräuchte sei ihr neu. Aber alles würde geprüft, man rufe zurück.
Nach ca. einer Woche fragte meine Frau vorsichtig nach (persönlich, da gerade in der Nähe), da die Betriebsgründung möglichst Anfang März erfolgen sollte. Die Dame (erstes Telefonat, Staubsauger-Auskunft) sagte sie hätte sich schon hier und da erkundigt, wüsste noch nichts Abschliessendes aber es sähe wohl so aus, dass keine Reisegewerbekarte für das Vorhaben benötigt wird. Sie melde sich...
Letzte Woche kam der Anruf und sie sagte meiner Frau sie bräuche keine Karte, müsse die Sache nur beim Finanzamt anmelden. Sie hätte sich hier und da erkundigt bei anderen Gewerbeämtern, der Stadt usw. (leider war auch auf Nachfrage nicht zu erfahren wo genau bei der Stadt sie sich erkundigte). Die Frage ob es sich denn so immer noch um ein Reisegewerbe handelt wurde bejaht. Auf die Bitte dies alles in Schriftform bestätigt zu bekommen, fing sie dann an rum zu drucksen, sagte das ginge nicht, wiederholte das gesagte vom Finanzamt etc. und verabschiedete sich rasch.
Heute ging meine Frau mit diesen Auskünften zu Arbeitsamt und Finanzamt, mit dem Ergebnis, dass
a) ihr Antrag auf Existenzgründerzuschuss ohne ein Schriftstück vom Gewerbeamt, welches das Reisegewerbe bestätigt, nicht abschliessend bearbeitet werden kann
und
b) auf dem entsprechenden Formular vom Finanzamt zur Anmeldung, Erteilung Steuernummer etc., "Freiberufliche" oder "Gewerbliche" Tatigkeit angekreuzt werden muss. In unserem Fall muss wieder eine Bescheinigung vom Gewerbeamt beigebracht werden.
Der Herr vom A-Amt regte sich furchtbar auf über die Aussagen der Dame vom G-Amt auf. Er empfahl einen erneuten persönlichen Besuch beim G-Amt und dass meine Frau darauf pochen sollte etwas schriftlich zu bekommen. Also ist meine Frau wieder hin zum G-Amt und hat die Sachbearbeiterin erneut befragt ob sie nun tatsächlich als Reisegewerbende gelte und ob sie das schriftlich bekommen könne. Wieder kam die Antwort dass es schriftlich nichts gäbe. Auf die Darlegung der Probleme hin und die Frage was man denn zum Beispiel in das Formular beim F-Amt eintragen solle, sagte die Frau man könne ja einfach eine "Freiberufliche Tätigkeit" angeben. Dann fing sie wieder an abzuwimmeln und verwies auf ihre Vorgesetzte bzw. deren Tel.Nr. Meine Frau verließ die Behörde darauf hin.
Es ist meines Erachtens nach ungeheurlich wie die Dame sich verhält. Doch an wen soll man sich noch wenden? Übrigends hat die sehr freundliche und bemühte Vertretung (?) vom zweiten Telefonat mit dem G-Amt die letzte Unterhaltung still mitbekommen. Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass es mit ihr einen anderen Verlauf genommen hätte, da sie einen sehr viel engangierteren Eindruck gemacht hat.
Deshalb eröffne ich auch mit diesem Roman meinen Beitrag in diesem Forum, weil ich nach all dem Lesen der verschiedenen Forenbeiträge den Eindruck gewonnen habe, dass sich hier eben solche vom Schlage der stillen Frau im G-Amt austauschen, die im Bürgerinteresse agieren und Lösungsorientiert an solche Probleme heran gehen!
Nach wie vor ist uns nicht ganz klar ob meine Frau ihr Reisegewerbe ohne die Karte ausüben kann, oder ob sie diese für ihre Sache doch beantragen muss. Wie ist dieser o.g. Pargraph denn jetzt wirklich zu verstehen? Was empfiehlt ihr in der jetzigen, verfahrenen Situation zu tun?
Mit der Vorgesetzten wurde heute noch kein Kontakt aufgenommen, doch die Sachbearbeiterin hat schon durchblicken lassen, dass die Vorgesetzte bereits involviert ist. Da wird man dann wahrscheinlich auch gleich abgebügelt...
Das erschreckende an der ganzen Sache ist für mich, dass ein Bürger hier ganz lapidar in irgend etwas hinein geschickt wird, so ungefähr "Kreuz mal Freiberuf an"! Dass meine Frau wenn sie dies täte, Probleme mit der HWK wegen Schwarzarbeit etc. bekommt scheint nicht zu interessieren. Und da hat man sich doch extra an die Behörde gewandt um die Sache abzuklären!!! Ich verstehe es nicht mehr!
Hoffe auf zahlreiche konstruktive Antworten, es muss doch ähnliche Fälle geben!?
Viele Grüsse
Matthias Schmidt
PS. Es sei erwähnt, dass sich die beabsichtigte Tätigkeit meiner Frau ohne weiteres im Reisegewerbe umsetzen lässt, es geht NICHT um die blosse Umgehung des Meistertitels! Das Amt hat dies auch nie in Frage gestellt!
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03.03.2008 22:00 |
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Solon
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Solon
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OJ Neuss
Haudegen
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RE: Subunternehmerin im Reisegewerbe - Hilfe! |
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Sehr geehrter Herr Schmidt,
mal davon abgesehen, dass in diesem Forum grundsätzlich keine Einzelrechtsfragen geklärt werden, kann ich Ihren Zorn auf die Kollegin vom Gewerbeamt nicht nachvollziehen.
Sie haben selbst im Internet recherchiert, dass für die beschriebene Tätigkeit keine Reisegwerbekarte erforderlich ist. Dies wird Ihnen von der Kollegin bestätigt. Jetzt haben Sie Sorge, dass ohne Reisegewerbekarte Schwarzarbeit vorgeworfen würde. Was kann die Kollegin dafür?
Die von Ihnen beschriebene Tätigkeit unterliegt nicht der Reisegewerbekartenpflicht. Basta.
Alles was Ihrer Frau fehlt ist eine Umsatzsteuernummer.
Dass der entsprechende Vordruck beim Finanzamt nur zwei Felder zum Ankreuzen hat, ist ebenfalls nicht die Schuld der Kollegin des Gewerbeamts.
Also Sekt oder Selters. Bei der Handwerkskammer den Sachverhalt darlegen, Umsatzsteuernummer besorgen, bei der Arbeitsagentur die eventuellen Ansprüche durchsetzen und loslegen.
Jürgen Schmitz
p.s.: Falls die Einnahmeseite nach kurzer Zeit stimmt, doch mal über die Meisterschule nachdenken.
__________________ Dort wo die Erft den Rhein begrüßt......
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04.03.2008 10:33 |
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Abraham
Routinier
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RE: Subunternehmerin im Reisegewerbe - Hilfe! |
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Mir scheint, als läge hier eher ein technisches Problem beim Finanzamt vor, weil deren Vordrucke nicht auf die Ausnahmebestimmungen der Gewerbeordnung ausgelegt sind, insofern schließe ich mich dem Kollegen aus Neuss an.
§ 55 b GewO steht von der Rechtsystematik im Titel III der Gewerbeordnung dem Reisegewerbe.
Er ergänzt die Freistellungstatbestände des § 55 a GewO.
Er soll, lt. Kommentierung Landmann- Rohmer zum § 55b GewO, dem Umstand Rechnung tragen, dass ein ambulant tätiger Gewerbetreibender, der seine Leistungen nicht an Letztverbraucher anbietet, nicht so umfassend überprüft werden sollte. Der Gesetzgeber geht also davon aus, das Gewerbetreibende untereinander ein geringeres Schutzbedürfnis haben.
Ihre Frau ist also im Reisegewerbe, jedoch unter einem gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestand tätig. Eine Reisegewerbekarte gem. §55 GewO wird daher nicht erteilt.
Eine Gewerbeanmeldung nach § 14 GewO kommt ebenfalls nicht in Betracht, da das Gewerbe ambulant ausgeübt werden soll (vgl. hierzu auch Ausführungen in dem Urteil des BVerfG.).
Gruß aus dem Ruhrgebiet
Abraham
__________________ Hier gepostete Äußerungen geben lediglich die Meinung der Verfasserin wieder.
Dieser Beitrag wurde 1 mal editiert, zum letzten Mal von Abraham: 04.03.2008 10:52.
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04.03.2008 10:51 |
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Civil Servant
Foren Gott
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ich will mich hier doch noch einmal einklinken, denn ich habe Zweifel, dass die beschriebene Tätigkeit als Reisegewerbe qualifiziert werden kann.
Davon ausgehend, dass die betroffene Dame, wie beschrieben, einen annähernd festen Kreis von Auftraggebern hat, der sich - unterstelle ich mal - bei Bedarf meldet, um z.B. Umsatzspitzen abzufangen, liegt kein Reisegewerbe vor, denn das Tatbestandsmerkmal "ohne vorherige Bestellung" aus § 55 GewO wäre nicht erfüllt. Selbst wenn die Dame von sich aus den Kontakt sucht, habe ich Zweifel am Reisegewerbe wegen der bereits bestehenden früheren Kontakte.
Die Dame setzt sich meines Erachtens permantent der Gefahr aus, wegen unberechtigter Handwerksausübung / Schwarzarbeit belangt zu werden. Mein Bauch sagt mir, dass das langfristig ein äußerts destabiles Fundament ist, auf das ich persönlich wahrscheinlich keine Existenzgründung bauen würde.
Schon mal Meister-BaFöG geprüft?
Gruß aus Mittelhessen
Frank Schuster
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04.03.2008 11:04 |
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