Wie viel Glück braucht man im Wettbüro? |
schindel
Haudegen
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Wie viel Glück braucht man im Wettbüro? |
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Sind Sportwetten seriös? Der Staat sagt Nein, Zocker sehen das anders: Auf Fußballspiele zu setzen, habe mehr mit Taktik zu tun als mit Glück. Ein Besuch im Wettlokal.
Als die Niederlage des FCA besiegelt wird, schlägt ein Mann in einem Augsburger Wettbüro mit der flachen Hand auf den Tisch. Aus dem Glas, das vor ihm steht, schwappt ein Schluck Apfelsaftschorle heraus. „Das ist doch wirklich zum verrückt werden“, murmelt der 59-Jährige, der sich hier nur Wolfgang nennt, kopfschüttelnd, während er mit dem Ärmel seines Pullovers hektisch über die Tischplatte wischt. Gerade hat er 25 Euro in den Sand gesetzt. Außerdem ist ihm um Haaresbreite ein Gewinn von über 100 Euro durch die Lappen gegangen. Denn auf dem Wettschein, den er Sekunden nach dem Abpfiff des Spiels zwischen Augsburg und Hoffenheim zerknüllt, hatte er auf Unentschieden getippt – bis zur 84. Minute hatte es noch danach ausgesehen.
900 Millionen Euro geben die Deutschen pro Jahr für Sportwetten aus
Bei 25 Euro liegt das Limit, das sich Wolfgang jedes Wochenende setzt. Meist teilt er den Betrag auf mehrere Spiele auf, dieses Mal hat er schon am Samstagnachmittag seine Schmerzgrenze erreicht. Im unglücklichsten Fall verzockt er 100 Euro im Monat. „Gelegentlich auch mehr“, gibt er zu. „Denn wenn ich am Freitagabend gewinne, habe ich am Samstag manchmal schon umso mehr gesetzt.“ Ein Notizbuch über seine Einnahmen und Ausgaben führt er nicht. „Alles in allem bin ich bestimmt 1500 Euro im Minus“, schätzt Wolfgang. Auch deshalb will der Mann, der seit einigen Jahren gesundheitsbedingt nicht zur Arbeit gehen kann, seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen.
Wolfgang ist nicht allein mit seinem Hobby. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums investieren die Deutschen jährlich rund 900 Millionen Euro in Sportwetten. Das ist ein knappes Viertel mehr als das, was sie im Jahr für Fanartikel ausgeben. Wer will, kann jetzt schon den nächsten Weltmeister in der Formel 1 tippen oder auf ein Double der Bayern setzen. Dutzende Spiele aus aller Welt werden rund um die Uhr für Live-Wetten angeboten. Je unwahrscheinlicher die Vorhersage, desto höher die Wettquote, die mit dem eingesetzten Betrag multipliziert wird. Die Quoten lassen sich zudem kombinieren – aus einem kleinen Einsatz kann plötzlich viel Geld werden.
Wolfgang sieht sich nicht als Glücksspieler. Statt auf den bloßen Zufall hoffen zu müssen, könne man seine Erfolgschancen beim Wetten zum Beispiel durch gute Fachkenntnis beeinflussen. „Münzen in einen Automaten oder Spielkarten auf einen Tisch zu werfen hat keinen Reiz für mich“, sagt Wolfgang. Der deutsche Marktführer für Sportwetten, Tipico, lässt hingegen mitteilen, dass er aus seiner Sicht eine Form von Glücksspiel anbiete. „Natürlich kann man bei einer Wette auf Sportereignisse nicht alle Einflussfaktoren gegeneinander abwägen und damit das Ergebnis vorhersagen“, betont das Unternehmen. Anders als bei klassischen Glücksspielen wie Roulette sei die Gewinnwahrscheinlichkeit jedoch nicht immer gleich. Generell solle das Wettangebot laut Tipico nicht dazu anregen, reich werden zu wollen. Vielmehr solle es darum gehen, ein sportliches Ereignis noch persönlicher und spannender zu machen.
Der Staat trifft in dieser Frage keine Unterscheidung. Sportwetten gelten dem Gesetz nach als Glücksspiel. „Die Politik argumentiert mit dem Suchtfaktor des Glücksspiels, weshalb es die Menschen zu schützen gilt“, sagt der Rechtsanwalt Henrik Bremer, der mit seiner Hamburger Anwaltsgesellschaft 2012 an einem Gesetzesentwurf zur Liberalisierung des Glücksspielrechts mitgearbeitet hat. Buchmacher müssen daher wie alle Glücksspielanbieter in Deutschland über eine offizielle Erlaubnis verfügen. Das ist im sogenannten Glücksspielstaatsvertrag geregelt, den die Länder in Eigenregie umsetzen. Aktuell werden allerdings keine Lizenzen für Wettanbieter vergeben. „Für einige ausgewählte Anbieter von Sportwetten gelten befristete Genehmigungen, die im kommenden Jahr auslaufen“, erläutert Rechtsexperte Bremer. Weil es gleichzeitig kein offizielles Verfahren gibt, über das die Buchmacher an eine Lizenz kommen können, werden sie in Deutschland derzeit „geduldet“ und befänden sich in einer „juristischen Grauzone“.
Der Staat verdient mit der Glückssteuer
Gleichzeitig verdient der Staat durch die Glücksspielsteuer mit, nicht nur bei Sportwetten, sondern zum Beispiel auch bei der Lotterie. „6 aus 49“ ist das mit Abstand populärste Glücksspiel in Deutschland. Etwa 57 Prozent der 16 bis 65-Jährigen haben schon einmal einen Lottoschein ausgefüllt. Sofortlotterien mit Rubbellosen liegen in der Beliebtheitsskala direkt dahinter.
Ein Fünftel aller Bundesbürger hat einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zufolge schon einmal an einem Automaten gespielt – 267000 solcher Geräte stehen im Bundesgebiet in Kneipen und Spielotheken. Den Gesamtumsatz der Glücksspielindustrie beziffert die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen auf 40 Milliarden Euro, etwa 25 Milliarden Euro verbuchen die Aufsteller von Spielautomaten.
„Diese Dinger sind mir zu anstrengend und kompliziert“, sagt Fußballfan Wolfgang, als einige der anderen Gäste im Wettlokal zu einer der rund 100 Spielotheken im Augsburger Stadtgebiet aufbrechen. Auf das Spitzenspiel des Bundesligaspieltags, das gleich angepfiffen wird, verzichtet er ebenfalls. „Ohne Einsatz ist das für mich dann doch irgendwie witzlos.“
In der Schwerpunktausgabe der Volontäre der Augsburger Allgemeinen dreht sich alles um das Thema "Glück". Welche Beiträge es gibt und wer dahinter steckt, erfahren Sie hier.
https://www.augsburger-allgemeine.de/wir...id52771856.html
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26.11.2018 22:07 |
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Solon
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Jannes
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Hallo liebe Freunde aus der Exekutive,
seit Jahren lese ich hier vieles zum Thema Glücksspiel und Spielrecht. Sinnvolles und oft auch weniger Sinnvolles.
Jetzt habe ich mir mal Gedanken gemacht, was die Menschen an diese obskuren Geldspielautomaten treibt?
So banal es klingt, wird der Hauptgrund der Reiz am Spiel und genauer der Reiz am Spiel um einen Einsatz sein.
Haben Sie schon mal versucht Poker oder Black Jack ohne Einsatz zu spielen?
Also so richtig über einen langen Zeitraum?
Entsetzlich langweilig. Ohne einen Einsatz funktioniert das überhaupt nicht.
Das liegt auch daran, dass Poker und Black Jack selbst eigentlich entsetzlich langweilige Spiele sind.
Mal versucht Bridge oder Whist nur um Punkte zu spielen?
Ja, das funktioniert überraschenderweise! Es sind halt interessante, ja geradezu geistreiche Spiele.
Nun ein anderer Blickwinkel, eine Zeitreise ein paar Jahrzehnte zurück:
Man sitzt gelangweilt zu Hause, es gibt ja nur drei Fernsehprogramme. Man hat aber Lust auf Unterhaltung, Lust auf Spiel.
Da schaut man mal in seiner Stammkneipe um die Ecke vorbei. Ach wie schön, da sitzen ja vier Männer und spielen Schafkopf. Man schaut ein Viertelstündchen zu und fragt dann höflich, ob man mitspielen darf.
Prompt die Antwort „Setz Dich dazu, so haben wir immer einen Brunskarter und der Tisch läuft ohne Pause weiter“.
Man spielt mit und hat sofort drei wichtige Aspekte:
1. Man spielt ein intelligentes Spiel zum Mitdenken
2. Man verzockt keine Unsummen, sondern vielleicht pro Spiel 10 oder 20 Pfennig, der Abend kostet vielleicht 5 Mark (Man kann sogar mit der gleichen Wahrscheinlichkeit auch was gewinnen. Niemand bekommt eine „Gebühr“ für das Anbieten des Spiels).
3. Man hat soziale Kontakte. Echte Menschen! Vielleicht wird sogar noch zusammen etwas gegessen.
Daher meine Aufforderung an die Politik:
Bekämpft Spielsucht!
Beendet das Kneipensterben!
Die Gaststätte muss wie in Irland das Wohnzimmer des kleinen Mannes sein!
Fördert das intelligente Karten spielen. Organisiert Turniere.
Macht vielleicht ein kleines Schulfach draus.
Rettet lokale Kultur!
Ihr Menschen in der Pfalz und in Bayern, spielt Schafkopf, Ihr in Norddeutschland spielt Doppelkopf. Ihr Österreicher, spielt Euren Tarock und Ihr in Paderborn, spielt Euer Sechsundsechzig!
__________________ Gewerbeamt Zweibrücken
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28.11.2018 14:14 |
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