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Auszug aus dem Mannheimer Morgen von heute:
Unterwegs in Mannheims Eckkneipen: Wirte und Gäste nehmen es mit dem Nichtraucherschutz nicht so genau
Dem blauen Dunst auf der Spur
Von unserem Redaktionsmitglied Tanja Rühle
Auf den ersten Blick haben Nichtraucher in Mannheim allen Grund aufzuatmen: Die Cafés, Bars und Restaurants rund um die Planken erscheinen rauchfrei. Verlässt der Besucher jedoch gewohnte Pfade, findet er sich schnell umnebelt von Rauchschwaden wieder. Denn unter den unscheinbaren Eckkneipen der Stadt gibt es eine Menge schwarze Schafe. Rund die Hälfte der vom "MM" getesteten Kneipen nimmt es mit dem Nichtraucherschutz, der seit 1. August für gastronomische Betriebe in Baden-Württemberg verbindlich ist, nicht allzu genau.
Ein Abend in den Quadraten: Bizarre Szenen spielen sich in einer kleinen Kneipe ab. Von den zehn Gästen ziehen fünf ganz ungeniert an ihren Glimmstängeln. Die Wirtin reicht ihnen sogar noch fürsorglich einen Aschenbecher und zündet sich dann selbst eine Kippe an. Nichtraucherschutz? Fehlanzeige. "Da könnten wir unseren Laden hier dicht machen, wenn die Gäste nicht mehr rauchen dürften", ist die Wirtin sich sicher. Obwohl sie die Möglichkeit hätte, einen separaten Raum für das qualmende Publikum einzurichten, stößt der Nichtraucherschutz hier auf taube Ohren. Ähnlich gleichgültig steht die Bedienung einer Eckkneipe in der Schwetzingerstadt der Sache gegenüber. "Bei Ihnen wird ja trotz Verbots geraucht?" "Na und. Wem's nicht passt, der kann ja woandershin gehen", antwortet sie patzig.
Umsatzrückgang bis 40 Prozent
In der Neckarstadt-West das gleiche Bild: In jeder zweiten Schankwirtschaft wird offensichtlich und ohne Hemmungen geraucht. Allerdings gibt es auch vorbildliche Betriebe, die mit großen Schildern auf dunstfreie Räumlichkeiten hinweisen, vor den Kneipen Stehtische oder Heizstrahler aufgebaut haben oder einen Raucherraum zur Verfügung stellen. Im Jungbusch gehen die Szene-Kneipen mit gutem Beispiel voran. Die Zigarette wird nur vor der Tür genossen. Doch zu welchem Preis: "Wir haben seit August 30 bis 40 Prozent Umsatzeinbußen", klagt Alexander Groß, Pächter vom Nelson. Natürlich könne er das nicht allein auf das neue Gesetz schieben, aber viele Stammkunden fühlten sich diskriminiert, weil sie nun bei Eiseskälte im Freien stehen müssten. Um diesen etwas entgegenzukommen, denkt er darüber nach, Heizstrahler aufzustellen. Seiner Meinung nach wird das Rauchverbot im Jungbusch weitgehend eingehalten - "mit Ausnahme von so ein paar Eckkneipen vielleicht." Hart trifft der Nichtraucherschutz natürlich so genannte Schischah-Läden, von denen in der Innenstadt immerhin auch eine Handvoll existieren. Zum Beispiel der Liquid Room im Jungbusch. Nicht nur, dass Mitinhaber Stefan Blickensdörfer einen Umsatzrückgang von bis zu 40 Prozent zu verzeichnen hat, er hat auch höhere Kosten durch die Umbaumaßnahmen für das Raucherzimmer. "Die Leute kommen ja nur wegen der Wasserpfeifen zu uns", betont er. Der Bereich, in dem gequalmt werden dürfte, sei meistens voll, während im wesentlich größeren Teil der Lounge gähnende Leere herrsche.
Die Mannheimer, eine Schar unverbesserlicher Raucher? Könnte der Zuhörer meinen, wenn er sich die Schilderungen der Gastronomen anhört. Jedoch gibt es auch genügend Gäste, die sich über die gute Luft in Kneipen freuen. Und auch die Konkurrenz in Rheinland-Pfalz hat allen Grund zur Freude. Hier laufen die Geschäfte in den Lokalen seit August wie am Schnürchen: Denn viele Mannheimer zieht es über die Brücke nach Ludwigshafen, wo sie ihrem "Hobby" noch ohne Sanktionen nachgehen dürfen.
Mannheimer Morgen
06. November 2007
......über die Brücke gehn........(bis 15.2.2008)
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