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» Änderung § 56a GewO / Wanderlager «

[B]Ich bin ganz deutlich anderer Meinung:[/B]

Es steht dem Staat gut zu Gesicht, wenn er den Kaffeefahrten-Betrug eindämmt. Da wurden in den letzten - sagen wir 20 Jahren - mehrere Milliarden Euro auf betrügerische Art und Weise umgesetzt. Der Verband, der die Branche vertritt (!!!) hat die Umsätze auf 200 bis 500 Mio €/Jahr geschätzt. Das nur, um mich nicht dem Vorwurf auszusetzen, hier in die Luft gegriffen zu haben.

Die Vorschriften haben sich überhaupt nicht oder höchstens zum Teil bewährt. Ein Staat, der diesem Treiben tatenlos zusieht, goutiert also den Betrug sogar noch. Ich persönlich finde das sogar z. T. empörend.

Ich glaube auch, dass Staaten ihre Existenzberechtigung und damit auch ihre Akzeptanz in breiten Bevölkerungsschichten daraus ableiten, dass sie im Inneren und auch nach Außen für (einigermaßen) Ordnung sorgen. Es ist nicht klassische Aufgaben von Staaten ungehemmten Kapitalismus zuzulassen, der ist nämlich weder sozial, noch ökologisch. Belege dafür gibt es sicherlich zu Hauf. Ich kann deswegen mit liberalistischen Ansätzen nicht viel anfangen.

Es kann bei den Bestimmungen nicht darum gehen, ordnungsgemäß wirtschaftende Unternehmen zu gängeln. Meiner Erfahrung nach machen diese aber im Bereich der Wanderlager aber schon lange nicht mehr die Mehrheit aus. Außerdem brauchen die nur anzumelden und Alles wird gut.

Ich bin außerdem ein Freund davon, nicht abstrakte Rechtslagen anzusehen, die sich auf dem Papier prima lesen, sondern auch nachzusehen, ob diese in der Lebenswirklichkeit wirksam sind. Weder das Lebensmittelrecht, noch das Strafrecht sind hier wirksam. Und ich weiß wirklich wovon ich spreche, denn die Geschädigten sind in beiden Fällen als Zeugen erforderlich, können sich aber nicht hinreichend detailliert an das erinnen, was in den Veranstaltungen gesagt wurde. Das ist aber extrem wichtig für den Staatsanwalt und die Lebenmittelüberwachung. Die können deswegen mit den Aussagen oft nichts anfangen. Untauglich auch die Widerrufsrechte, der § 661a BGB und das Wettbewerbsrecht.

Bei den Wanderlagern besteht zwar auch ein Vollzugsdefizit aber bei Weitem nicht nur! Ob die Behörden davon nämlich überhaupt Kenntnis erlangen ist vom Zufall abhängig, weil es eben keine Anmeldungen unseriöser Wanderlager gibt.

Außerdem muss man auch die besonderen Befindlichkeiten älterer bis hoch betagter Menschen berücksichtigen. Wer sich deren Schutz in diesem Zusammenhang verweigert, kann auch gleich Kinder ab 0 Jahre für unbeschränkt geschäftsfähig erklären.

Weiterhin besteht in dieser Sache auch eine Waffenungleichheit. Während Opfer hinterher oft nicht schlafen können und juristische Auseindersetzungen unbedingt vermeinden wollen ("Ich will meine Ruhe haben.") und dazu auch noch Geld für den Anwalt oder die Verbraucherzentrale ausgeben müssen, zählt die Gegenpartei die Geldbündel und muss zunächts einmal nichts unternehmen.

Ich sage klar: Das muss aufhören. Deswegen ist mir jede Verbesserung der Rechtslage willkommen.



Gepostet am 13.11.2015 um 15:39 von:
Benutzer: Civil Servant
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