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» Änderung § 56a GewO / Wanderlager «

Hallo Forum,

Eigentlich bin ich es einwenig leid, hier ellenlange Beiträge zu schreiben, die dann leider nicht verstanden werden wollen oder missverstanden werden.

Zum einen kann niemand ernsthaft behaupten, dass jedes Wanderlager betrügerisch ist, bzw zu 100 % bandenmäßig organisiert.

Diese Art und Weise der Diskussion und Verleumdung kennen wir reisenden Dachdecker zu genüge, wenn wir mit den selben Falschbehauptungen und viel zu pauschal als Betrüger an der Haustür, als "Dachhaie" bezeichnet werden.

Es wäre genauso absurd in Zukunft die Dachdeckerei im Reisegewerbe zu verbieten um möglichen Betrug zu verhindern.


Wenn solche pauschal Behauptungen als Motivation dienen eine Gesetzesintiative zu starten oder unkritisch zu unterstützen, dann kann das nur böse enden.
Schlecht gemachte Gesetze richten nur größeren gesellschaftlichen Schaden an und sind zudem meistens auch ungeeignet, das wirkliche Problem zu bekämpfen.

Es ist angebracht sich auch mal an die eigene Nase zu fassen und zu überlegen ob die hier mM nach "hilflosen" und ungeeigneten Verbote wirklich Sinn machen.
Das geht ganz klar auch an die vielen Verwaltungsangestellten und Vollzugsbeamten, die trotz bestehender Gesetze gegen Betrug, Täuschung und überhöhte Preise und alle anderen möglichen Tatbestände, die eben existieren aber nicht angewand werden.

Kurz: Es besteht ein Vollzugsproblem und KEIN Reglungsdefizit.

Ganz unter der Gürtellinie finde ich den letzten Satz im letzten Kommentar von Civil Servant:



"Ich setze Ihrer Thesen Mal eine andere entgegen:

Die Kultur einer Nation erkennt man an ihrem Umgang mit älteren Menschen!"

Diese moralisierenden Statements tauchen auch gerne bei den "Dachhai"Diskussionen auf und helfen letztendlich auch nicht weiter außer dass ich mich dadrüber aufregen könnte und mich verleiten könnten hier ebenfalls unsachlich oder moralisch zu werden.

genau so verkaufen und blenden Schreiber solcher Gesetzesinitiativen die Politik. Kein Wunder das sich der Bundesrat für diesen untauglichen Gesetzesentwurf begeistern können. Das wirft allerdings erst recht kein gutes Licht auf die Politik, die solch Gesetzesinitiativen dann feiern kann und bei der zukünftig größten Bevölkerungsgruppe (den Alten) ordentlich Stimmvieh füttert.

Zu den Nahrungsergänzungsmitteln ein Zitat des DIHK:


Nahrungsergänzungsmittel (§ 56a Abs. 1b Nummer 2 GewO-E)
Grundsätzlich ist der Vertrieb von Arzneimitteln im Reisegewerbe verboten (§ 51 Abs. 1 des Geset- zes über den Verkehr von Arzneimitteln (AMG)). Weiter ist es nach dem Lebensmittel-, Bedarfsge- genstände- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) auch untersagt, Lebensmittel mit irreführenden In- formationen oder mit Aussagen in den Verkehr zu bringen, die diesen Eigenschaften der Vorbeu- gung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zuschreiben oder den Eindruck die- ser Eigenschaften entstehen lassen (§ 11 Abs. 1 Nummern 1 und 2 LFGB).
Der Gesetzesantrag sieht nunmehr ein generelles Vertriebsverbot vor, ohne dass es auf irreführen- de Angaben o.ä. ankommt. Sofern damit intendiert wird zu verhindern, dass gerade älteren Ver- braucherinnen und Verbrauchern Nahrungsergänzungsmittel als Gesundheitspräparate unter An- gabe unwahrer Versprechen verkauft werden, ist aber bereits die bestehende Gesetzeslage geeig- net, dies zu unterbinden. Dem Verbraucherschutz kann hier durch eine effektive Durchsetzung der bestehenden Verbote bereits angemessen Rechnung getragen werden.


Auch wenn die Intention des Entwurfs, eine Eindämmung unseriöser Verkäufe gerade im Rahmen von „Kaffeefahrten“ zu erreichen, positiv zu bewerten ist, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es nicht Aufgabe des Gesetzgebers ist, Verbraucher vor jedweder Art nachteiliger Vermö- gensdisposition zu schützen. Die Fälle, in denen ein rechtlich zu missbilligendes Ungleichgewicht zwischen dem Wert der erworbenen Ware oder Dienstleistung und dem dafür entrichteten Entgelt besteht, werden aus hiesiger Sicht bereits de lege lata angemessen erfasst. So ist ein Rechtsge- schäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB). Dieses Unwerturteil wird regelmäßig zu fällen sein, wenn im Wirtschaftsleben die schwächere Lage oder die Unerfahrenheit eines anderen bewusst ausgenutzt wird, um übermäßigen Gewinn zu erzielen. Insbesondere trifft auf die Verkaufssituation bei Kaffeefahrten auch die Nichtigkeitsfolge des § 138 Abs. 2 BGB zu, mit der Rechtsgeschäfte erfasst werden, bei denen jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines an- deren sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen. Ein Verkauf unter falschen, irreführenden Angaben eröffnet weiter den Anfechtungsgrund der arglistigen Täuschung, §§ 123, 142 Abs. 1 BGB. Zudem besteht die Möglichkeit, abgeschlossene Verträge zu widerrufen, §§ 312 Abs. 1, 312b Abs. 1 und Abs. 2, 312g Abs. 1 BGB. Die hier gegenständlichen „Kaffeefahrten“ sind ausdrücklich in § 312b Abs. 1 Nummer 4 BGB geregelt, denn zu außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen zählen auch Verträge, die „auf einem Ausflug geschlossen werden, der von dem Unternehmer oder mit seiner Hilfe organisiert wurde, um beim Verbraucher für den Ver- kauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu werben und mit ihm entsprechende Verträge abzuschließen“. Damit besteht für den Verbraucher aufgrund des Widerrufsrecht eine ein- fache Möglichkeit sich von unliebsamen Verträgen zu lösen und die Rückabwicklung zu erreichen (§§ 355 ff. BGB). In diesem Zusammenhang sei ferner angemerkt, dass es bei „Kaffeefahrten“ re- gelmäßig an der Erfüllung der vorgesehen Informationspflichten im Sinne von § 312d BGB in Ver-
bindung mit Artikel 246a und Artikel 246b EGBGB fehlen dürfte, sodass den Verbrauchern die Mög- lichkeit offensteht, innerhalb von 12 Monaten und 14 Tagen nach Vertragsschluss den Vertrag zu widerrufen (§ 356 Abs. 3 BGB). Soweit die Durchsetzung von Ansprüchen nach den §§ 355 ff. BGB erschwert wird, weil die Verbraucherinnen und Verbraucher keine Möglichkeit haben, den Vertrags- partner im Nachgang der Veranstaltung zu erreichen, bleibt festzuhalten, dass auch der vorliegende Gesetzesantrag keine Lösung dieses Problems vorsieht. Jedoch nimmt der Gesetzentwurf auch aufgeklärten Verbraucherinnen und Verbrauchern, die willens und in der Lage sind, Vor- und Nach- teile angebotener Produkte abzuwägen und ausgehend von dieser Abwägung eine Entscheidung für oder gegen den Kauf zu treffen, diese Möglichkeit. Der Entwurf greift damit also nicht unerheb- lich in die Privatautonomie ein.
Damit dürften die nach dem Entwurf neu einzuführenden Vertriebsverbote als teilweise nicht geeig- net, teilweise nicht erforderlich anzusehen sein, ein höheres Verbraucherschutzniveau zu erreichen.


Mit kritischem Gruß

Jonas Kuckuk



Gepostet am 05.11.2015 um 18:45 von:
Benutzer: jonas kuckuk
Der Original-Beitrag :
https://www.forum-gewerberecht.de/thread.php?postid=98663#post98663


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