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» Casinos Austria: "Sind kein Sanierungsfall" «

Chef Karl Stoss über Eigentümer, Pech im Ausland, eine 250-Millionen-Klage und Projekte.

SPÖ und ÖVP sind sich so gut wie einig, dass die Casinos Austria unter das Dach der Staatsholding kommen und von dieser saniert werden sollen. Wie sehr schmerzt es Sie, dass der ÖIAG offenbar mehr zugetraut wird als Ihren Management-Qualitäten?
Karl Stoss: Es stört mich sehr, wenn Außenstehende so etwas sagen, die nicht über die internen Verhältnisse Bescheid wissen. Alle diese Leute sollen mir einmal andere europäische Casino-Unternehmen zeigen, die in stagnierenden Märkten Zuwächse haben. Wir sind gut aufgestellt.

Auch der mäßig erfolgreiche ÖIAG-Chef Kemler spricht dauernd vom Sanierungsfall Casinos.
Ich glaube, es wurde erkannt, dass bei der ÖIAG selbst eine Restrukturierung notwendig ist. Ich wüsste nicht, wo wir ein Sanierungsfall wären. Wir haben in Österreich 2014, nach vorläufigen Zahlen, bei den Casinos-Besuchern ein Plus von 6,5 Prozent und bei den Umsätzen von 2,5 Prozent. Bei den Videolotterie-Terminals VLTs (miteinander vernetzte Automaten, für die eine Lotto-Konzession notwendig ist) wachsen wir um 15 Prozent und bei den klassischen Lotteriespielen auch um fast 2 Prozent.

Was sagen Sie zur Diskussion über Änderungen der Eigentümer-Struktur? Die Nationalbank will den Drittel-Anteil ihrer Tochter Münze loswerden.
Darüber müssen diejenigen diskutieren, denen das Eigentum gehört. Aber ich hoffe, dass der Münze-Anteil weiterhin im Dunstkreis der Republik bleibt. Eine direkte oder indirekte Beteiligung der Republik Österreich ist gerade auf ausländischen Märkten ein Türöffner. Auch am Kapitalmarkt tun wir uns damit leichter.

Raiffeisen, einer der größten Eigentümer, will angeblich auch aussteigen.Raiffeisen steht zu dieser Beteiligung und es wäre, soweit ich weiß, Raiffeisen sehr recht, wenn sich die Republik genauso dazu bekennen würde.

Das Drittel der Münze ist auf rund 130 Millionen Euro geschätzt. Damit ist der gesamte Glücksspiel-Konzern nicht einmal mehr eine halbe Milliarde Euro wert.
Unser wertvollstes Asset ist die 68-prozentige Beteiligung an den Lotterien. Für mich ist es wichtig, dass wir erfolgreich unterwegs sind und regelmäßig Dividende ausschütten. Und dass wir weiterhin ein starker Sponsor für soziale Projekte und Kultur sind. Das können wir mit dieser Eigentümer-Struktur. Wenn wir Eigentümer haben, die auf Gewinnmaximierung aus sind, können wir uns das alles abschminken. Wir unterstützen jährlich rund 100 soziale Projekte, von der Gruft bis zum Hilfswerk. Insgesamt geben wir für Sponsoring fast 10 Millionen Euro aus. Das müssen Sie in Relation zum Gewinn sehen. Die Lotterien schütten 40 Millionen Dividende und die Casinos sechs Millionen aus.

Mit dieser Argumentation können Sie jede Privatisierung schlechtreden. Diese gesellschaftspolitische Rolle muss auch einmal gewürdigt werden, dafür bin ich unseren Eigentümern sehr dankbar. Wenn eine große japanische oder eine US-Gruppe einsteigt, weiß ich nicht, welchen Bezug ein solcher Konzern zu sozialen oder kulturellen Projekten hätte.

Ihr Vertrag läuft bis Ende 2016. Es wird schon über Ihren vorzeitigen Abgang spekuliert.Ich mache diesen Job unglaublich gerne und habe eine wahnsinnig tolle Mannschaft. Aber ich bin Realist. In 24 Monaten kann viel passieren. Es wird 2015 Veränderungen bei den Eigentümern geben und da kann es natürlich auch zu einem Wechsel im Management kommen. Wir werden sehen.

Wo stehen die zwölf Casinos in Österreich derzeit?
Wir leiden nicht Not, im Gegenteil. 2014 investierten wir fast zehn Millionen Euro in Österreich, heuer werden es an die 20 Millionen. Das Casino Bregenz, die Nummer eins im Inland, wurde ausgebaut, dort beginnt heuer die zweite Baustufe. In der Kärntner Straße in Wien haben wir ein Lokal eröffnet und bauen weiter aus und um. Auch Velden wurde ausgebaut. Der größte Brocken wird die Sanierung des Standortes im Schloss Klessheim in Salzburg. Zu Jahresbeginn 2016 eröffnen wir ein neues Casino in Zell am See. Unsere Strategie heißt Effizienz-Steigerung, Kostensenkung und Umsatzstärkung. 2015 wird es neue Spiele geben und wir werden die Casino-Restaurants selbst weiter ausbauen.

Warum wollen Sie durch Ihren Einspruch das Casino-Projekt der schweizerisch-deutschen Konkurrenz im Palais Schwarzenberg in Wien verhindern? Sie müssen doch zugeben, das ist ein tolles Projekt.
Sie können in unser Casino in Baden fahren, das ist auch in einem schönen Palais. Ein Casino nur 700 Meter Luftlinie von der Kärntner Straße entfernt entspricht wohl kaum der geografischen Diversifikation, wie sie im Glücksspielgesetz vorgeschrieben ist.

Die Tochter Casinos Austria International, die CAI, hatte viel Pech.Wie weit sind Sie mit der Sanierung?
Die Hausaufgaben wurden sehr ordentlich gemacht. Alle Verlustbringer sind geschlossen oder verkauft. Wir machen in Brüssel große Sanierungsfortschritte, Niedersachsen hat in die schwarzen Zahlen gedreht und Australien bringt pro Jahr drei bis vier Millionen Euro Dividende.

Warum wollen Sie Australien dann verkaufen?
Wir wollten nicht. Aber wir wurden von Tony Fung angesprochen, einem milliardenschweren Hongkong-Chinesen, der ein Riesen-Resort für chinesische Spieler am Tor zum Great Barrier Reef plant. Er will 8,1 Milliarden Austral-Dollar investieren, 10.000 Jobs schaffen und ein großes Casino bauen. Dafür braucht er eine Konzession, deshalb wollte er unsere Betreibergesellschaft kaufen. Auflage war, dass er bis 2014 alle Bewilligungen bekommt. Die Gaming Commission von Queensland wird das Verfahren aber erst im Februar oder März 2015 abschließen. Die Frage ist, was Herr Fung dann tut. Durchaus möglich, dass wir sein neues Casino betreiben. Australien ist ein gutes Geschäft, dorthin kommen viele chinesische und japanische Gäste, die sehr spiel-affin sind.

In Argentinien flog die CAI raus und musste hohe Wertberichtigungen dotieren. Lassen Sie sich das einfach so gefallen?
Das war eine kalte Enteignung. Wir sind vor ein Schiedsgericht bei der Weltbank in Washington gegangen und fordern rund 250 Millionen US-Dollar an Schadenersatz. Das ist möglich, weil es zwischen Argentinien und Österreich ein Investitionsschutz-Abkommen gibt.

Pech hatten Sie auch mit der Lotterie in Baschkortostan.
Ja, Präsident Putin hatte mit 1. Juli 2014 alle privaten regionalen Lotterien verboten. Darauf hatten wir keinen Einfluss. Auch die guten Beziehungen bekannter Österreicher zu Putin haben nichts bewirkt. Das ist bitter, denn wir waren sehr erfolgreich und machten sogar höhere Umsätze als Lotteriegesellschaften mit einer gesamt-russischen Konzession.

Ist die CAI jetzt aus der Verlustzone und welche neuen Projekte sind in der Pipeline?
Die CAI macht operativ Gewinn und wir sind dabei, die rund 200 Millionen Euro an Verbindlichkeiten abzuarbeiten. 2015 starten wir in Mazedonien gemeinsam mit der dortigen Lotterie mit VLTs und haben einen Managementvertrag für ein Casino an der Grenze zu Griechenland abgeschlossen. Wir starten heuer auch mit einem Casino in Georgien. In Batumi am Schwarzen Meer. Die Hafenstadt ist ein Spielerparadies. Dorthin kommen Gäste aus der Türkei, Russland und dem Iran – in all diesen Ländern sind Casinos verboten.

Kurier, 04.01.2015



Gepostet am 05.01.2015 um 09:46 von:
Benutzer: räubertochter
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