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Vielen Dank die Hinweise und Anregungen!
Der Beschluss des Bundesrates wirft wirklich viele Fragen auf. Nach welchen Anhaltspunkten für Scheinselbstständigkeit sollen die Gewerbebehörden überhaupt suchen? Wenn zehn osteuropäische Fliesenleger unter der gleichen Adresse gemeldet sind, ist das für sich betrachtet ja nicht verboten. Genauso wenig ist es verboten, dass sie nicht Deutsch sprechen. Oder dass sie vorher in ihrem Leben noch nie Fliesen verlegt haben und das jetzt als "Unternehmer" für fünf Euro die Stunde tun.

Zollbeamte, die solche Sammelunterkünfte überprüfen, sagen, dass es für sie extrem schwierig ist, Scheinselbstständigkeit nachzuweisen. Sie müssen eine lange Indizienkette aufbauen. Und Scheinselbstständigkeit allein ist nicht jusitziabel, wenn ich das richtig verstanden habe. Fälle landen nur vor Gericht, wenn Steuern (§370) oder Sozialabgaben (§266a) hinterzogen worden sind. Und dann soll es nicht selten vorkommen, dass das Verfahren endet wie das Hornberger Schießen. Die DRV soll immer wieder Rückzieher machen - warum allerdings ist mir nicht klar(?).

Aus Handwerkskammern ist zu hören, dass sie es hilfreich fänden, wenn mehr formale Voraussetzungen an eine Gewerbeanzeige geknüpft wären. Zum Beispiel, dass jeder Gewerbegründer einen Festnetz-Telefonanschluss und ein Geschäftskonto nachweisen muss. In Luxemburg und Frankreich werden offenbar detailliertere Angaben bei der Anmeldung verlangt als in Deutschland.

Sehr fraglich erscheint mir, wie das mit elektronischen Anzeigenverfahren klappen soll. "Zielkonflikt" - das bringt es auf den Punkt! Das Risiko, dass Behörden gefälschte Dokumente untergeschoben werden, dürfte doch im Netz steigen - und damit der Arbeitsaufwand zur Prüfung. In der Beschlussvorlage für den Bundesrat allerdings ist von Bürokratieabbau dank des elektronischen Verfahrens die Rede.

Zurzeit sind die Auftragsbücher im Bauhandwerk voll, auf vielen Baustellen gibt es personelle Engpässe. Ja, da hält sich die Aufregung über Scheinselbstständige und Schwarzarbeiter wohl in Grenzen. Die Statistiken und Analysen des Linzer Professors Schneider (von manchen Experten werden sie angezweifelt) tun ihr Übriges dazu. Bis zur nächsten Delle am Bau.



Gepostet am 17.07.2014 um 17:37 von:
Benutzer: manfisch
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