Forum-Gewerberecht

» Gewerbeanzeigeverfahren/Scheinselbstständigkeit «

Nun wird es Zeit, dass ich mich auch in die Diskussion einmische. Habe sie aber auch noch nicht so lange verfolgt...

- Ein Gewerbeamt wird mit den aktuellen Rechten und personellen Ressourcen eine Scheinselbständigkeit nie erkennen können.
- Selbst das Vorlegen einer Handwerkskarte ist kein Indiz für einen ordentlich geführten Gewerbe- bzw. Handwerksbetrieb.

Es ist Fakt, aber sehr schwer nachweisbar, dass häufig Firmen statt eigenem Personal (Schein-)Selbständige aus aller Herrenländer einsetzen. Sie sparen damit die Personalverwaltung und Lohnfortzahlung, wenn die Auftragsbücher mal nicht so prall sind bzw. der Auftrag fertig ist.
Die Mindestlohnregelungen greifen nur für abhängig Beschäftigte. Darf ich als Bauunternehmer also einen Osteuropäer nicht mehr für 7 EUR beschäftigen, so suche ich mir z.B. einen selbständigen Osteuropäer, der die gleiche Arbeit mit weniger Rechten und weniger Aufwand für mich für 7 EUR erledigt. Ich muss nur aufpassen, dass die Arbeit auch meinen Qualitätsanforderungen entspricht.
Ich kann sogar mehr als die 7 EUR versprechen und dann wegen mangelhafter Ausführung nachträglich Abzüge machen. Ich als Bauunternehmer habe also von Selbständigen mit entsprechenden Fertigkeiten nur Vorteile.

Wenn nur Ebene der Ministerien/Staatssekretäre diskutiert wird, so fehlen dort sicherlich die Erkenntnisse der Basis. Auch ich muss eine jährliche Statistik abliefern, wieviel Ordnungswidrigkeitenverfahren mit welchen Ergebnissen im Bereich des Gewerbe- und Handwerksrecht durchgeführt wurden. Aus den Zahlen, die ich für diese Statistik abliefern musste, ist die tatsächlich Lage nicht ersichtlich. Mangels Personalressourcen und (aus meiner Sicht notwendigen) Ermittlungsrechten konnte vieles einfach nicht verfolgt werden. Also wenig Verfahren, wenig rechtskräftige Bußgeldbescheide. Diese Zahlen falsch interpretiert belegen dann aber, dass die Welt hier in Ordnung scheint, die Schwarzarbeit weiter auf dem Rückzug ist.
Und wenn die Schwarzarbeit auf dem Rückzug ist, braucht weder Personal noch der Rechtsrahmen angepasst werden.

Es gab schon so manch eine Initiative, die kommunalen Verfolgungsbehörden (teilweise wieder, teilweise endlich) mit mehr Rechten auszustatten, damit im eigenen Zuständigkeitsbereich effektiv ermittelt werden könnte. Eine Vorlage aus Niedersachsen ist vor Jahren im Ausschuss für Tourismus untergegangen. Ich weiß noch von mindestens zwei weiteren, deren Weg ich nicht folgen konnte. Rausgekommen ist bisher nichts. Stattdessen hat die Bundespolitik aber die Rechte der eigenen Verfolgungsbehörden ausgeweitet.
Ob die Kompetenz angezweifelt wird oder ob einfach die Lobby fehlt?

Es geht dem Handwerk aber zurzeit wohl auch sehr gut, denn ich bekomme in Zeiten schlechter Auslastung sehr häufig Meldungen über vermeintliche Schwarzarbeit z.B. von unterlegenen Betrieben öffentlicher Ausschreibungen. Seit deutlich mehr als 12 Monaten habe ich kaum Hinweise bekommen...

manfish empfehle ich auch das Forum Schwarzarbeit ([URL]http://www.bkschwarzarbeit.de/[/URL]), wo z.B. die handwerksrechtlichen Aspekte der Schwarzarbeit beleuchtet werden. In diesem Forum geht es überwiegend um die gewerberechtlichen Aspekte. Etliche Mitarbeiter sind in beiden Bereichen und in beiden Foren aktiv.



Gepostet am 16.07.2014 um 17:43 von:
Benutzer: SE-Schwarzarbeit
Der Original-Beitrag :
https://www.forum-gewerberecht.de/thread.php?postid=91247#post91247


Beitrags-Print by Breuer76