Forum-Gewerberecht

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Selbst das mit der Entgegennahme einer ordnungswidrigen Meldung ist so eine Sache.

Dazu ein Beispiel:

Eine Person meldet das Gewerbe "Immobilienvermittlung" bei der Stadt an, in der sie ihr Büro errichtet. Sie besitzt aber noch keine Erlaubnis dafür nach § 34c der GewO. Würde sie jetzt bereits in puncto Vermittlung tätig, läge eine Ordnungswidrigkeit vor.

Aber: Die Person ist noch mit dem Aufbau ihres Büros beschäftigt, was bereits als Ausfluss ihrer Tätigkeit gilt und von daher zur Gewerbeanmeldung führen kann. Sie braucht den "Gewerbeschein", um im Großhandel Büroausstattung einzukaufen. Tatsächlich Immobilien vermitteln tut sie (noch) nicht.

Weiterhin ist zu bedenken, dass es Sache der fachlich zuständigen Behörden ist, tatsächlich ordnungswidrig betriebene Gewerbe zu verhindern. In Hessen z.B. könnten das sein:
- die Ausländerbehörden
- der Landkreis, wenn ein Vollhandwerk ohne Handwerksrolleneinragung ausgübt wird,
- die IHK'n, wenn ein Versicherungs- oder Kapitalanlagenvermittler ohne Erlaubnis unterwegs ist.

Die Kommunen können gar nicht in der Lage sein, die jeweiligen Ordnungswidrigkeiten alle zu erkennen, dafür ist die Materie zu vielfältig und die Abgrenzung zu schwierig.

In dem hier diskutierten Fall liegt die Sache aber noch viel komplizierter: Da die Gewerbeanmeldung bei Beginn der Tätigkeit erfolgt, weiß man ja noch gar nicht, was sich dann später tatsächlich abspielt.

Natürlich gibt es Fälle, in denen das offenkundig ist. Z.B. wenn mehrere Osteuropäer am gleichen Tag das gleiche Gewerbe am gleichen Ort anmelden, und beim Anmeldeprocedere noch von irgendeinem "Berater" vertreten werden. Diese Fälle werden aber auch sofort von den Kommunen an die Hauptzollämter - Finanzkontrolle Schwarzarbeit und auch speziell an die Finanzämter gemeldet.

Wenn dann der Nachweis der Scheinselbständigkeit nicht geführt werden kann, die Rolle der Justiz ist hierbei vielleicht auch zu hinterfragen, dann muss man sich eher Gedanken machen, ob die Definition von Scheinselbständigkeit verändert werden muss oder man muss an Beweislastumkehr denken.



Gepostet am 07.05.2014 um 08:59 von:
Benutzer: Civil Servant
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