Forum-Gewerberecht

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Hallo,

Ihre Fragen und Bedenken sind durchaus verständlich.

Der entscheidende Punkt ist, dass in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich Berufs- bzw. Gewerbefreiheit herrscht (Art. 12 GG, § 1 GewO). Somit kann im jede(r) unabhängig von ihrer/seiner fachlichen Qualifikation ein Gewerbe in den allermeisten Branchen betreiben.
Der Berufszugang ist nur für einzelne konkrete Gewerbezweige beschränkt, bei denen der Gesetzgeber ein besonderes Gefahrenpotential sieht (siehe die erlaubnispflichtigen Gewerbe in §§ 30ff. GewO und die zulassungspflichtigen Handwerksberufe).
Für alle anderen (also die meisten) Gewerbe besteht lediglich eine Anzeigepflicht.

Der Eingang der Gewerbeanmeldung ist von der Behörde innerhalb von drei Tagen zu bestätigen (§ 15 Abs. 1 GewO). Eine Verweigerung der Empfangsbescheinigung ist durchaus möglich, wenn die Behörde erkennt, dass es sich nur um eine „Scheinanmeldung“ handelt. Allerdings sind die Prüfungsmöglichkeiten im Anzeigeverfahren (schon wegen des zeitlichen Rahmens) beschränkt, so dass eine solche „Zurückweisung“ der Gewerbeanmeldung nur in ganz offensichtlichen Fällen erfolgen wird. Eine weitergehnde Prüfung ist nicht Aufgabe der Gewerbebehörden, sondern - darauf hat Civil Servant bereits hingewiesen - der Rentenversicherungsträger bzw. der Zollbehörden.

Die Gewerbeanmeldung regelt eben nicht die Berechtigung zur Ausübung eines Gewerbes (in etwa so, wie die Anmeldung beim Einwohnermeldeamt nicht das Recht begründet, in einem bestimmten Haus zu wohnen), sondern hat lediglich den Zweck, den Gewerbebehörden einen Überblick zu verschaffen, wer in ihrem Bereich gewerblich tätig ist. Der so genannte „Gewerbeschein“ stellt nur den Nachweis dafür dar, dass die betreffende Person ihre Anzeigepflicht erfüllt hat. Sie als Nachweis dafür, dass das betreffende Gewerbe rechtmäßig ausgeübt wird, nicht geeignet. Leider hat sich das außerhalb der Gewerbeverwaltung offenbar noch nicht hinreichend herumgesprochen, so dass dem „Gewerbeschein“ oft eine Bedeutung beigemessen wird, die er überhaupt nicht besitzt. Hier liegt sicherlich eine Ursache für so manchen Missbrauch.



Gepostet am 07.05.2014 um 08:13 von:
Benutzer: Thomas Mischner
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