Forum-Gewerberecht

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Liebe Leserinnen und Leser,

wenn hier ein großer Einsatz für Handwerker, die nicht in Besitz eines Meistertitels sind, aber sich gerne selbständig machen wollen, gezeigt wird, ist dies sehr lobenswert (meine ich wirklich ernst!).

Aber wenn es die gesetzlichen Grundlagen nicht hergeben, geht es nun eben nicht. Da kann man über die Situation unzufrieden sein und schimpfen, wie man will. Es ist so.

Wenn nun ein "Königsweg" zur meisterfreien Handwerksausübung per Reisegewerbekarte vorgestellt wird, so kann dies in Einzelfällen durchaus so sein (wurde von mir nie bestritten).

Was mir fehlt, ist die klare Aussage: "Maya, bei dem was Du vorhast, klappt es leider nicht ohne Meistertiel oder Ausnahmegenehmigung. Auch nicht mit §§ 55 ff GewO".

Maya hatte erkennbar gar nicht vor, ihre Dienste im Altersheim als Reisegwerbe anzubieten (oder habe ich etwas überlesen?). Sie hat irgendwo mal gelesen/gehört, dass es eine "Altgesellenregelung" gibt und hat Fragen dazu. Und diese bezieht sich klar auf eine Handwersausübung im stehenden Gewerbe.

Dennoch bleibe ich aufgrund meiner 20-jährigen praktischen Erfahrungen in Bereich SchwArbG, HwO und Gewo bei der Feststellung: Ein seriöses Reisegewerbe für das Friseurhandwerk habe ich nicht feststellen können. Immer ging es nur darum, den Meistertitel zu umgehen, da faktisch kein Reisegewerbe vorlag. Die vorherigen Behauptungen "Ich gehe im Krankenhaus/Altersheim von Tür zu Tür und/oder von Haustür zu Haustür und biete meine Dienste an" entpuppten sich stets als falsch.

In ganz Deutschland man in keinem Altenheim -geschweige denn Krankenhaus- als Gewerbetreibender von Tür zu Tür gehen und dort seine Dienste anbieten. Und die wahrscheinlichkeit von Friseurdienstleistungen von Haustür zu Haustür wurde ja schon oben diskutiert. Und wie wahrscheinlich ist die Dienstleistung per öffentlicher Ankündigung § 56aGewO mit vorheriger Ordnungsamtsanmeldung?

Wenn man schon Hinweise für eine Handwerkstätigkeit im Reisegewerbe gibt, dann sollte man zugleich auch erwähnen, was -vielleicht zur Enttäuschung der Anfragenden- nicht geht und welche Konsequenzen aus der Mißachtung folgen können. Alles andere wäre unseriös.

Um Mißverständnissen vorzubeugen: Selbstverständlich erteile ich eine Reisegewerbekarte für Friseurdienstleistungen, sofern die persönliche Zuverlässigkeit gegeben ist. Zugleich belehre ich aber aufgrund der gemachten Erfahrungen über die Dinge, die nicht zulässig sind und deren Konsequenzen bei Verstoß (vorsätzlicher Verstoß gegen HwO, GewO, SchwArbG, Widerruf der RGW wg. Unzuverlässigkeit, Eintragung ins GZR.....). Und der Krug geht immer solange zum Brunnen, bis er bricht....


Also Maya:

So wie ich Dich verstanden habe, möchtest Du auf legale Art und Weise bei Deinen Kunden zuhause die Haare schön machen, nachdem diese bei Dir angerufen und einen Termin vereinbart haben.

Du hast Berufserfahrung (Geselle?) und bis 44 Jahre alt.

Es gibt vielleicht zwei Möglichkeiten:

1.
Ausnahmeregelung § 8 HwO:
§ 8 Handwerksordnung sieht eine Ausnahme von der Meisterpflicht für Personen vor, die zwar jahrelange Berufserfahrung haben, aber denen die Ablegung der Meisterprüfung nicht mehr zuzumuten ist. Ist ist vor allem bei Personen der Fall, die sich selbständig machen wollen, aber schon [b]ein gewisses Lebensalter[/b] überschritten haben. Derzeit liegt das reguläre "Ausnahmealter" bei 46 Jahren. Vielleicht, in begründeten Einzelfällen auch niedriger? Die 46 Jahre ist kein geschriebenes Gesetz sondern nur "Richtwert".

Zudem müssen die Antragsteller über notwendige [b]Kenntnisse und Fertigkeiten[/b] zur Ausübung der selbständigen Handwerksausübung verfügen. Dazu erfolgt meist eine "kleine Prüfung" durch einen beauftragen "Sachverständigen" (meist selber Meister/Ausbilder). Erfahrungsgemäß ist die Erfolgsquote erfreulicherweise recht hoch (was wohl an einer guten jahrelangen Erfahrung und Vorbereitung liegt).

Der Antrag ist meist bei der Bezirksregierung/Regierungspräsidium zu stellen (je nach Bundesland).

2.
Ausübungsberechtigung § 7 HwO:
§ 7 HwO sieht für "Altgesellen" eine Möglichkeit zur meisterfreien Handwerksausübung vor.

Voraussetzungen:
1. Gesellenprüfung (bzw. gleichartiger Abschluß)
2. Mindestens 6 Jahre Berufserfahrung, davon mind. 4 Jahre in [b]leitender Stellung[/b]. Und hier liegt häufig der Hase im Pfeffer.
Bedingung sind "eigenverantwortliche Entscheidungsbefugnisse". Wenn Du also zuvor z.B. einen Filialbetrieb eigenverantwortlich geleitet hast (eigenverantwortliche Personalführung, selber den Einkauf gemacht....), stehen die Chancen nicht schlecht. Das Problem ist aber zumeist der Nachweis. Manchmal spielt der/die (Ex)Chef/in nicht mit (wer schafft sich schon gerne selber neue Konkurrenz?). Aber auch da wird es Lösungen geben (z.B. Zeugen, Unterlagen).

Eine zusätzliche Prüfung musst Du dann meist nicht mehr ablegen.

Auch hier ist der Antrag bei der BezRegierung zustellen.

In beiden Fällen wird aber die Handwerkskammer angehört.

Meine Erfahrung: Die Handwerkskammer ist nicht von vornherein abgeneigt, sondern unterstützt sogar auch (vor allem bei echten Notfällen, wie Arbeitlosigkeit). Da magst Du vielleicht einen schlechtgelauten Sachbearbeiter/in erwischt haben. Aber wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, hast Du einen Rechtsanspruch...

Versuche es doch einfach!

Vielleicht hilft Dir Herr Kuckuk dabei? (ich darf es aus berufswegen nicht).

Und wenn´s geklappt hat, meldest Du Dein Gewerbe beim örtlichen Ordnungamt als "mobiler Friseur" mit einer ganz normalen Gewerbeanmelung als stehendes Gewerbe (Deine Wohnanschrift als Betriebsanschrift) an. Kostet auch nur 20,- € (zumindest bei uns, Reisegewerbekarte ist teurer ;-) ).

Viel Erfolg!!



Gepostet am 13.11.2013 um 16:29 von:
Benutzer: Taron-Arnsberg
Der Original-Beitrag :
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