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[SIZE=16][B]Ein kleiner und kostenloser Aufklärungskurs von Peter Eiba – Teil 2[/B]

[B]Dein Automatenaufsteller – das unbekannte Wesen?[/B]

Es war einmal eine Zeit vor vielen, vielen Jahren, so um 1970, da trugen die jungen Männer lange Haare und die Mädchen kurze Röcke, die Beatles lösten sich auf, Deutschland wurde Dritter bei der WM in Mexiko und Apollo 13 funkte zur Erde : „Houston, wir haben ein Problem!“
Es war die Zeit der elektromechanischen Glücksspielautomaten und die Zeit des Flippers. Auf den Plattentellern der jungen Generation lief die Dopple-LP „Tommy“ der britischen Rockband „The Who“, auf der ein blinder Junge beschrieben wird, der es am Flipperautomaten bis zum „Pinball Wizard“, zum Flipper-Weltmeister, schafft. Die Geldspiel-Geräte waren verständlich, einfach zu bedienen. Das Automatenspiel war kontrollierbar und nachvollziehbar für jeden. Die Automatenindustrie machte uns kleinen und mittelständischen Aufstellern noch keine Konkurrenz mit eigenen Spielhallen und Maschinen, deren Innenleben nur sie kannte und beeinflussen konnte. Schöne, alte Automatenwelt? Ja, eigentlich schon...

[B]Dein Aufsteller – ein Krimineller?[/B]

Und jetzt kommt ein dickes Aber. Schon damals herrschte ein nicht tot zu bekommendes Missverständnis. Den Missverständnissen zwischen den Geschlechtern dieser Zeit rückte der Aufklärungspapst Oswald Kolle mit seinem Film „Dein Mann - das unbekannte Wesen“ zu Leibe. Vielleicht müsste man heute, da es damals unterblieb, endlich einen Aufklärungsstreifen mit dem Titel und dem Inhalt „Dein Automatenaufsteller – das unbekannte Wesen“ drehen.
Warum?
Es gibt wohl kaum einen Beruf in Deutschland, über den so viel Falsches, Schlechtes oder Missverständliches geschrieben oder gedacht wird wie über den des Automatenaufstellers. Im Gegensatz zur landläufigen Meinung – auch in vielen Medien – ist der klassische Automatenaufsteller keinesfalls ein Kleinkrimineller oder sogar ein Ganove.Beides dürfte er auch nicht sein: Denn um überhaupt eine Konzession für eine Spielhalle zu erhalten oder sie zu behalten, müssen zwei ganz strenge Voraussetzungen erfüllt sein: Der Automatenaufsteller darf weder vorbestraft noch Steuern schulden. Und seine Spielhalle ist auch kein gesetzfreier Raum, sondern der Automatenaufsteller muss eine Vielzahl von Gesetze, Auflagen und Reglementierungen beachten bzw. einhalten. In den Spielhallen darf – im Gegensatz zu den staatlichen Casinos – kein Alkohol ausgeschenkt werden. Zutritt haben nur Erwachsene, die Dauer des Spiels, die Anzahl der Automaten und der mögliche Höchstverlust pro Stunde sind ganz genau vorgeschrieben. Es gibt baurechtliche Vorschriften und in allen Bundesländern – bis auf Bayern – wird mit der Vergnügungssteuer sogar noch eine zusätzliche Steuer von den Kommunen erhoben, die andere Unternehmer nicht zu tragen haben.Wir kleinen und mittelständischen Automatenunternehmer sind – bis auf ein paar Schwarze Schafe, die es leider in jeder Branche leider gibt - sauber. Rechtlich gesehen ist der Automatenunternehmer, wenn man das alles weiß, also kein unbekanntes Wesen.

[B]Automatenindustrie durchleuchten[/B]

Dieser Satz gilt allerdings nicht für die Automatenindustrie. Anrüchige Spiele wie das Token-Spiel (Fungames), merkwürdige Jackpotausschüttungen oder elektronische Glücksspielautomaten, die weder vom Aufsteller, noch von der Kripo, den Ordnungsämtern, der Physikalisch Technischen Prüfanstalt, dem Gesetzgeber, dem Kartellamt oder von der Politik zu kontrollieren sind, gehen allein auf das Konto einer sich mehr monopolisierenden Automatenindustrie. Und auch deren Glitzerpaläste auf der Grünen Wiese, deren unerträglicher Lobbyismus, deren angebliches Sprechen in unserem Namen wollen wir kleinen und mittelständischen Automatenunternehmer nicht. Die Automatenindustrie und ihr Tun – sowohl auf dem politischen Parkett als auch in ihren Forschungsanstalten – sind es, die kritisch beleuchtet und hinterfragt werden müssten. Doch mit einer ganzen Batterie von Nebelwerfern – über Verbandsfunktionäre, „Fachzeitschriften“, Sponsoren, Lobbyisten, Hauptstadtflüsterern bis hin zu ehemaligen Politikern, die nun in Vorstands- und Aufsichtsratssesseln Platz genommen haben, wird dieser Status aufrecht erhalten.

[B]Der Spieler spielt nicht gegen seinen Aufsteller[/B]

Kommen wir wieder zum Automatenaufsteller zurück. Beim Automatenspiel selber, ist da der Automatenaufsteller das unbekannte Wesen? Fast scheint es so, wenn man den Stammtischparolen, den Zockerreden oder gar den Politikern oder Medien glauben soll. Da wird ein Bild vom Automatenaufsteller gezeichnet, das nichts, aber auch gar nichts mit der Realität zu tun hat. Da sahnt der Automatenaufsteller nur ab, entnimmt beliebig Geldbeträge aus den Automaten und füllt sie nach eigenem Gutdünken oder Profitinteresse halb oder gar nicht auf. Nach dieser gängigen Meinung – übrigens auch in vielen Foren verbreitet – spielt der Spieler gegen den Automatenaufsteller und seine Maschine. Das ist so falsch wie die Erde eine Scheibe ist, Bayern morgen an Preußen fällt oder Greuther Fürth in diesem Jahr deutscher Meister wird.Denn tatsächlich hat der Automat direkt mit dem Aufsteller nichts zu tun. Das Gerät hat ein geschlossenes System, in das wir kleinen und mittelständischen Aufsteller gar nicht eingreifen können. Vielmehr treffen sich die Spieler vor den Automaten, beobachten, wie viel Geld eingeworfen wird – und spielen so gegeneinander.
Wie bei den meisten anderen Spielen, etwa Skat, Schafskopf oder Poker auch. Mit anderen Worten: Der eine Spieler wirft Geld in den Automaten, der andere holt es sich wieder heraus. Das Automatenspiel ist letztlich so auch ein Beobachtungsspiel.Der Automatenaufsteller stellt lediglich den Raum und die Maschinen zur Verfügung, er ist quasi Veranstalter des Spiels, aber nicht Spielpartner oder gar Gegner des Spielers. Dafür, dass er unter anderem Raum und Maschinen zur Verfügung stellt, Miete, Strom, Heizung, Wasser und Steuern bezahlt und Personal beschäftigt – von der Servicekraft über den Techniker bis hin zur Putzfrau – bekommt der Automatenaufsteller einen Anteil des Spielumsatzes, höchstens 10 Prozent. Das Geld im Automaten sieht er oft wochenlang nicht. Natürlich will und muss der Automatenunternehmer Geld verdienen. Doch er verdient bei weitem nicht diese Summen, die immer wieder kolportiert werden.

[B]Lassen wir mal die Hosen komplett runter: [/B]
Die rund 240 000 Spielautomaten sorgten im vergangenen Jahr für einen Umsatz von 4,1 Milliarden Euro. Das macht pro Jahr und Gerät einen Umsatz von 17 083 Euro, im Monat von 1 423 Euro, am Tag von 47 Euro und pro Stunde (bei 4 Stunden Spielzeit pro Gerät am Tag) lediglich 12 Euro in der Stunde. Und wie gesagt: Das ist der Umsatz, nicht der Gewinn! Wenn man das weiß, ist der Automatenaufsteller kein unbekanntes Wesen mehr.

[B]Fördert dein Automatenaufsteller die Spielsucht?[/B]

Und was ist mit der Spielsucht? Generell gilt, was ich schon in meiner Aufklärungsbroschüre „Hände weg vom kleinen Glück“ (Augsburg 2002/2003) geschrieben habe. Sucht ist etwas, was man sich nicht leisten kann. Weder gesundheitlich, sozial oder finanziell. Wer spielt und kein Geld hat, beziehungsweise durch das Spiel sein ganzes Geld verliert, der hat ein Problem. Wir wollen vielmehr den Spieler, der maßvoll spielt, der mit dem Spiel kein Problem hat. Für den maßvollen Spieler oder den Gelegenheitszocker bedeutet das Geldspiel Entspannung und Zeitvertreib. Er hofft auf den Kick beim „kleinen Glück“ im tristen Alltag.
Der Automatenaufsteller fördert auch nicht die Spielsucht. Menschen haben, seitdem sie aufrecht gehen, immer gespielt. Der Mensch ist ein „homo ludens“, ein Spieler. In den Spielhallen wird das Spielbedürfnis mit Regeln und Auflagen kanalisiert und unter staatlicher Aufsicht gestellt. Dieses „kleine Glück“, also das Automatenspiel zu verbieten, würde bedeuten, dass die Branche mit ihren Spielern in die Hinterhöfe und in die Kriminalität abrutscht und für den Staat nicht mehr kontrollierbar wäre.Wir kleinen und mittelständischen Automatenaufsteller wollen das Problem der Spielsucht nicht bagatellisieren. Jeder Spielsüchtige ist ein Spielsüchtiger zu viel. Das gilt auch für das Suchtverhalten in anderen Bereichen. Laut „Deutsches Rotes Kreuz“ (DRK) sind 2,5 Millionen Deutsche alkoholabhängig, 2,7 Millionen betreiben Alkoholmissbrauch, rund 40 000 Menschen sterben danach pro Jahr in der Bundesrepublik an den direkten oder indirekten Folgen übermäßigen Alkoholgebrauchs.
Rund 20 Millionen Deutsche rauchen, davon sollen 60 bis 70 Prozent nikotinabhängig sein. Bis zu 140 000 Bundesbürger sterben jährlich, so Schätzungen, an Krebs, Herz- und Kreislauferkrankungen und an Lungenerkrankungen, die auf das Rauchen bzw. auf den Tabakkonsum zurückgehen.Ich will das Leid Süchtiger auch nicht vergleichen oder relativieren. Und ich will hier gar nicht zur abgeleierten Standardantwort bei Statistiken kommen, die besagt: Traue keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast. Nein, ich will die Zahlen nur mal etwas sezieren. Schon die Zahlen für Alkohol- oder Nikotinabhängigkeit variieren stark und werden unterschiedlich hoch angegeben. Wenn man genau hinschaut, beruhen sie auf „Schätzungen“, „Berechnungen“ oder „Angaben“ oder „bis-zu“-Formulierungen, die nicht immer genau nachzuvollziehen sind oder unterschiedliche Bewertungsgrundlagen haben. Und das soll bei der Spielsucht anders sein?Laut „Fachverband Glücksspielsucht e.V.“ gibt es in Deutschland rund 500 000 Menschen mit problematischen oder pathologischem Spielverhalten. Mit dem Spiel am Geldspielautomaten wurden im vergangenen Jahr, wie schon erwähnt, rund 4,1 Milliarden Euro umgesetzt. Machen wir mal eine Rechnung nach Adam Riese auf – und teilen diesen Umsatz nur durch die Spieler mit problematischen und pathologischem Spielverhalten (4,1 Milliarden: 500 000 Spieler). Das würde ein Jahresverlust von 8 200 Euro pro „Suchtspieler“ ergeben, einen Monatsverlust von 683,- Euro und einen Tagesverlust von 23,-Euro.

[B]Auch wenn diese Verluste im Vergleich zu Schilderungen von Spielsüchtigen[/B]
in den Medien oder in entsprechenden Foren eher noch gering (für die Betroffenen natürlich zu hoch) erscheinen, so bleibt doch die grundlegende Frage: Und was ist mit dem Umsatz des Millionenheers an Gelegenheitsspieler, das wir in dieser Rechnung völlig außen vor gelassen haben? Werfen diese Spieler nichts in die Automaten?
Was ich mit dieser Rechnung sagen will: Entweder stimmen die Umsatzzahlen nicht und sie liegen viel höher. Das kann ich angesichts der peniblen Auflagen und Kontrollen der Spielhallen nicht glauben. Zur Erinnerung: Dem Spielhallenbetreiber, der die Umsatzahlen frisiert, drohen ja nicht nur steuer- und strafrechtliche Konsequenzen, sondern auch der Entzug der Konzession, also der Entzug seiner Lebensgrundlage.
Es mag einige Schwarze Schafe in diesem Bereich geben, aber um eine Umsatzbilanz nach unten auf „nur“ noch 4,1 Milliarden Euro zu frisieren, bedürfte es schon einer kriminellen Vereinigung oder einer Verschwörung, an der nicht nur alle Aufsteller, sondern auch Finanz- und Ordnungsämter mitmachen müssten. Und selbst eingefleischte Freunde von Verschwörungstheorien müssen sich an dieser Stelle eingestehen: Die Zahl der Mitwisser wäre einfach zu groß, als dass diese Sauerei nicht an Tageslicht käme...Oder die von Zahl der Spielsüchtigen stimmt nicht. Und das halte ich viel eher für wahrscheinlich. Solche Zahlen beruhen auf Vermutungen oder Schätzungen. Im besten und honorigsten Fall wird die Zahl der Spielsüchtigen, die sich an die entsprechenden Fachverbände und Selbsthilfsorganisationen wendet, hochgerechnet nach dem Motto:
Zu uns kommen mehr Spielsüchtige als je zuvor, also muss auch die Gesamtzahl der Spielsüchtigen zugenommen haben.
Das ist eine Milchmädchenrechnung, denn sie berücksichtigt weder die zugenommene Bereitschaft Süchtiger, sich therapieren zu lassen oder sich zumindest Rat zu holen, noch die zugenommene gesellschaftliche Akzeptanz und öffentlichen Wirksamkeit solcher Organisationen. Sie berücksichtigt auch nicht die Selbstauflagen unserer Branche, mit der wir auf die von einer Spielsucht ausgehenden Gefahren hinweisen.Auch die zweite Behauptung, die Zahl der Spielsüchtigen nehme ständig zu, kann so nicht aufrecht erhalten werden. Die dafür immer wieder genannte Umsatzzahl von 4,1 Milliarden Euro kann jedenfalls dafür kein Beleg sein, denn der jährliche Umsatz der Branche mit Spielautomaten bewegt sich schon seit Jahren in diesem Bereich.Ich stehe im ständigen Dialog mit Selbsthilfsorganisationen und entsprechenden Fachverbänden. Und diese fordern zu Recht Transparenz und Offenheit in unserer Branche ein. Aber angesichts der von mir aufgemachten Rechnung fordere ich das umgekehrt auch von meinen Gesprächspartnern.

Das ist doch nicht zu viel verlangt, oder?
Ich freue mich auf eine rege Diskussion und einen offenen Meinungsaustausch.[/SIZE]



Gepostet am 08.11.2012 um 12:41 von:
Benutzer: L.Duke
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