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» BR-Drs. 459/12 Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Geldwäschegesetzes Spielhallen kommen rein «

Hallo zusammen,

sehr deutliche Worte dazu im Spiegel

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omatenlobby-entschaerft-gesetz-a-858299.html#spCommentsBoxPager[/URL]

Das nennt man erfolgreiche Lobbyarbeit: Die Betreiber von Spielhallen haben sich gegen eine schärfere Regulierung ihrer Branche gewehrt. Kurz darauf flog ein entsprechender Abschnitt aus dem neuen Geldwäschegesetz. Grüne und Kriminalbeamte sind entsetzt.


Hamburg - Deutschland gilt international als Paradies für Geldwäscher. Nach Schätzungen der OECD werden hierzulande pro Jahr zwischen 43 und 57 Milliarden Euro gewaschen. Ermittler sind überzeugt, dass ein wesentlicher Teil des Problems die Spielhallen sind. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) warnt vor dem Boom kleiner Zockerbuden mit ihren Münzautomaten. Seit 2006 hat sich die Zahl der Automaten vervierfacht, der Umsatz der Branche legte um 40 Prozent zu.

Dabei lassen viele dieser Spielhallen von außen nicht gerade auf ein florierendes Geschäft schließen. Der Verdacht: Einige Betreiber manipulieren ihre Automaten, um Geld aus der Illegalität zurück in den normalen Zahlungsverkehr zu schleusen. Auch die Bundesregierung sah Handlungsbedarf: Um die Branche stärker zu kontrollieren, sollte das Geldwäschegesetz verschärft werden. In einem Gesetzentwurf des Finanzministeriums tauchte ein neuer Paragraf 16a auf - der Titel: "Geldwäscherechtliche Aufsicht über den Betrieb von Spielhallen".

Das war Ende Juni. Doch was dann geschah, darf man wohl als Lehrstück erfolgreicher Lobbyarbeit werten. Am 9. Juli verfasste die Deutsche Automatenwirtschaft einen Brief an das Finanzministerium. Das Schreiben liegt SPIEGEL ONLINE vor. Darin dankte der "Arbeitsausschuss Münzautomaten" zunächst höflich für die Zusendung des Referentenentwurfs zum Geldwäschegesetz. Dann kommen die Lobbyisten zur Sache: In den vergangenen Jahren habe es lediglich "in Einzelfällen Manipulationen an Geldspielgeräten gegeben". Der "suggerierte Tatbestand der Geldwäsche kann von uns nicht bestätigt werden". Den Verbänden sei "kein einziger Fall bekannt", bei dem Automaten mit dem Ziel manipuliert worden seien, Geld zu waschen.

Statt die Aufsicht zu verschärfen, plädieren die Lobbyisten für einen anderen Weg: Man solle doch lieber die Spielverordnung ändern - und zwar so, dass die Betreiber künftig nachweisen müssten, dass ihre Automaten gegen Manipulationen geschützt seien. Außerdem sollten die Kassendaten in den Geräten mit einer digitalen Signatur gesichert werden.

"Die Bundesregierung toleriert die Geldwäsche"

Genau so geschah es. In der Ressortabstimmung des Geldwäschegesetzes flog der Paragraf 16a zur Spielhallenregulierung aus dem Entwurf. Der Abschnitt wurde nicht etwa verändert oder entschärft, er wurde ersatzlos gestrichen - und fehlt damit in der Version, die der Bundestag am Donnerstagabend in erster Lesung bespricht.

Der Grünen-Finanzpolitiker Gerhard Schick kritisiert das scharf: "Die Bundesregierung toleriert die Geldwäsche im Spielhallenbereich, statt endlich für eine wirksame Beaufsichtigung zu sorgen", sagt er SPIEGEL ONLINE. "Ich befürchte, dass die Automatenlobby erfolgreich interveniert hat. Denn eine gute inhaltliche Begründung für das Wegsehen bei der Geldwäsche über Spielhallen sehe ich nicht." Die Opposition versucht nun über den Bundesrat, das Gesetz wieder zu verschärfen.

An den Verhandlungen war neben dem federführenden Finanz- auch das Wirtschaftsministerium von FDP-Chef Philipp Rösler beteiligt. Dort weist man die Vorwürfe der Opposition zurück. Man gehe die Geldwäscheprävention im Zusammenhang mit Spielhallen entschlossen an, sagte ein Sprecher. Die beteiligten Ministerien hätten sich geeinigt, "entsprechende Regelungen in die anstehende Spielverordnung aufzunehmen". Angesichts dessen sei eine zusätzliche Regelung im Geldwäschegesetz überflüssig.

Diese Begründung entspricht exakt der Argumentation der Automatenlobby. Nicht nur die Opposition, auch Kriminalisten kritisieren das Agieren der Bundesregierung scharf. Für Sebastian Fiedler, Geldwäscheexperte beim Bund Deutscher Kriminalbeamter, ist die Sache eindeutig. "Die Regierung hat die Wünsche der Automatenindustrie eins zu eins umgesetzt", sagte Fiedler SPIEGEL ONLINE. "Ein klarer Sieg der Glücksspiellobby. Und das ist nicht zum ersten Mal passiert."

Er hält Spielautomation generell für "viel zu leicht manipulierbar". Der Trick sei ganz einfach: Jeder Betreiber könne die Umsätze eines Gerätes ganz leicht nach unten korrigieren - um Steuern zu hinterziehen. Oder er korrigiert den Umsatz eben nach oben - um Geld zu waschen. Eine schärfere Kontrolle sei unbedingt notwendig, fordert Fiedler. "Uns ging bereits dieser Paragraf 16a nicht weit genug, doch er wäre ein Anfang gewesen. Zum Glück hat der Bundesrat jetzt die Initiative ergriffen."

Umstrittene Spendenpraxis

Das Wirtschaftsministerium argumentiert dagegen, eine solche Änderung könne sich sogar als kontraproduktiv herausstellen, "weil die Regelung neue Möglichkeiten zur Gerätemanipulation eröffnet hätte". Für Fiedler ein "absurder Verteidigungsversuch". Eine schärfere Aufsicht der Spielhallen habe nur Vorteile. Nur so könnten Ermittler einen Einblick in mögliche kriminelle Machenschaften der Branche bekommen.

Der ganze Vorgang wirft also einige Fragen auf. Zumal die Automatenindustrie mit dem Branchenprimus Paul Gauselmann seit Wochen wegen umstrittener Geldgeschäfte mit der FDP in der Kritik steht. Das Unternehmer hat sich an der parteieigenen Druckerei beteiligt. Diese soll dann laut ARD-Magazin "Monitor" der FDP ein Gelände überteuert abgekauft haben. Die zu viel gezahlte halbe Million Euro könne als verdeckte Spende gewertet werden, so "Monitor". Die FDP weist das zurück.

Im vergangenen Jahr hatte Gauselmann bereits zugegeben, dass er seine leitenden Mitarbeiter regelmäßig auffordere, Parteien und Abgeordneten Geld zu spenden. Da diese Spenden häufig unter 10.000 Euro lagen, mussten sie nicht in den Rechenschaftsberichten der Parteien auftauchen. Die Gauselmann Gruppe teilte mit, das sei aber nicht der Maßstab gewesen. Stattdessen hätten die Mitarbeiter die steuerliche Absetzbarkeit berücksichtigt. Außerdem seien sowohl 2011 als auch 2012 auch Beträge über 10.000 Euro an jeweils vier Parteien gespendet worden.



Gepostet am 27.09.2012 um 17:08 von:
Benutzer: Meike
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