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» Vorsätzliche Mißachtung der GewO durch die PTB? «

Hallo zusammen,

ich denke, dass wir uns darüber einig sind, dass das Handeln der PTB, welche mit Unterstützung der Dienstaufsicht dem BMWI erfolgte,
nur durch den Bundestag kontrolliert und "geahndet" werden kann, oder?

Und wenn jemand ein Schreiben der PTB vorliegen hat, in dem diese Ihr "Verfristungsspiel" endlich mal rechtlich erläutert, wäre dies sehr hilfreich.

Beispiel: Wenn die PTB mitteilen würde, dass die Bauart "klamm heimlich" auf diese Art zurück genommen wird,
hätte sie zugegeben, dass es sich bei der Erteilung der Bauartzulassung um einen rechtswidrigen Verwaltungsakt gehandelt hatte.



Und in dem Zusammenhang, vielleicht für alle ganz interessant, der Hinweis auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Inormationsfreiheitsgesetz.

Das Urteil lässt sich natürlich vom BMJ auf das BMWI übertragen, da es hier Grundsätzlichkeiten beleuchtet.

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BUNDESVERWALTUNGSGERICHT, URTEIL, BVerwG 7 C 3.11

OVG Berlin-Brandenburg - 05.10.2010 - AZ: OVG 12 B 6.10
VG Berlin - 17.12.2009 - AZ: VG 2 A 109.08

Leitsatz:


1. Ein Bundesministerium ist auch insoweit anspruchsverpflichtete Behörde im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG, als seine Tätigkeit dem Regierungshandeln zuzuordnen ist.
..................................




10

a) Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Darüber hinaus richtet sich der Anspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG gegen sonstige Bundesorgane und Bundeseinrichtungen, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Das Bundesministerium der Justiz zählt zu den nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG grundsätzlich zur Auskunft verpflichteten Behörden; die gesetzesvorbereitende Tätigkeit als Teil des Regierungshandelns ist hiervon nicht ausgenommen.
.....................





20

Das Informationsfreiheitsgesetz will die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürger durch die Verbesserung der Informationszugangsrechte stärken und vor allem auf der Grundlage der so vermittelten Erkenntnisse der Meinungs- und Willensbildung in der Demokratie dienen (BTDrucks 15/4493 S. 6). Dieser Zweck würde nur unvollkommen gefördert, wenn gerade der Bereich der Vorbereitung und Durchführung grundlegender Weichenstellungen für das Gemeinwesen vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen wäre. In Einklang mit der allgemeinen Zielsetzung des Gesetzes ist der Gesetzgeber ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs ohne Weiteres davon ausgegangen, dass nicht nur die alltägliche insbesondere der Anwendung der Gesetze dienende Verwaltungstätigkeit, sondern gerade auch der Bereich des Regierungshandelns grundsätzlich dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterfallen sollte und sich Ausnahmen - jedenfalls grundsätzlich - nach Maßgabe der gesetzlich vorgesehenen Informationsversagungsgründe rechtfertigen lassen müssen. Nur so lässt sich erklären, dass die Begründung des Gesetzentwurfs, der im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens nicht widersprochen worden ist, ausdrücklich einen von der Verfassung gebotenen Verweigerungsgrund für einen Teilausschnitt des Regierungshandelns - nämlich den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung - anführt (BTDrucks 15/4493 S. 12). Dies wäre entbehrlich, wenn die obersten Bundesbehörden in ihrer Rolle als Träger der Regierungstätigkeit schon nicht zum Kreis der Anspruchsverpflichteten gehörten. Entsprechendes hat insbesondere für den Versagungsgrund des § 3 Nr. 3 Buchst. a IFG zu gelten.

Auch die ausdrückliche Einordnung der Vorbereitung von Gesetzen in den Bundesministerien als wesentlicher Teil der Verwaltungstätigkeit
(BTDrucks 15/4493 S. 7)
kann nicht als rechtsirrig und deshalb unbeachtlich abgetan werden."



Anmerkung:
--------------------- Spätestens nachdem wir alle in der öffentlichen Anhörung von Herrn Gauselmann erfahren haben, was er beim BMWI "beantragt" hatte und was in die SpielV durch sein Zutun aufgenommen wurde, wird das Urteil besonder spannend................................




"Der nach diesen Maßstäben gewährleistete Schutz der Regierungstätigkeit muss sich auch gegenüber einfachgesetzlichen Auskunftsansprüchen Dritter durchsetzen, damit er im Verhältnis der Verfassungsorgane untereinander nicht unterlaufen wird und ins Leere geht......................Ob eine solche Sondersituation hier gegeben ist, bedarf keiner Entscheidung. Denn es ist nichts dafür dargetan, dass die streitigen Ministervorlagen am Schutz des Kernbereichs teilhaben. Die Beklagte trägt hierzu lediglich vor, die Willensbildung innerhalb der Regierung nehme Schaden, weil eine nachträgliche Publizität von Unterlagen, die der Vorbereitung eines Gesetzes dienten, auch künftig eine sachlich förderliche Kommunikation zwischen den Beteiligten hemmen könne. Es bestehe die Gefahr, dass die Offenheit des der Regierungsentscheidung vorgelagerten Abstimmungsprozesses leide und es zu einer Versteinerung dieses Prozesses komme, weil ein Abweichen von Bewertungen dann schwierig sei. Mit diesem Vorbringen, das im Übrigen das Bild einer Ministerialverwaltung mit einem eher geringen Selbstbewusstsein zeichnet, wird die Beklagte dem Erfordernis nicht gerecht, die befürchteten negativen Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Regierung anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles nachvollziehbar zu belegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. März 2004 - 2 BvK 1/01 - BVerfGE 110, 199 ). Die Beklagte macht letztlich geltend, dass die Beratungen im Rahmen der Gesetzesvorbereitung in jeglicher Hinsicht vertraulich bleiben müssten und deshalb auch nach Abschluss des Verfahrens der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden dürften. Diese Argumentation läuft darauf hinaus, die gesetzesvorbereitende Tätigkeit des Ministeriums entgegen den abweichenden und in Kenntnis der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Kernbereichsschutz getätigten Äußerungen im Gesetzgebungsverfahren ganz generell den Ansprüchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz zu entziehen. Das überzeugt nicht."



Gepostet am 05.04.2012 um 08:20 von:
Benutzer: Meike
Der Original-Beitrag :
https://www.forum-gewerberecht.de/thread.php?postid=72245#post72245


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