Forum-Gewerberecht

» Oddset: Sportwetten für Minderjährige «

Gruß nach Bochum zu @FedaMecan

Bekannter Maßen hinken Vergleiche. Mir ging es bei der Zitierung des Kommentars aus Ihrem Magazin nicht um den Vergleich, sondern das gewinnlose Ergebnis Ihres „Szenarios“. Ich denke schon, dass es ein Unterschied ist, ob der Jugendliche mit illegalen Mitteln nur seine Wette abgeben kann oder ob er auch damit verbunden den in Aussicht gestellten Gewinn kassieren kann. Kindern und Jugendlichen ist es nicht generell verboten, an Glücksspielen teilzunehmen, sondern und hier lohnt sich wieder mal ein Blick ins Gesetz, ist ihnen nur die Teilnahme an [B]Spielen mit Gewinnmöglichkeit [/B]zu verwehren (§ 4 Abs. 2 Staatsvertrag Lotteriewesen i. V. m. § 6 Abs. 2 Jugendschutzgesetz).
Ich bin zugegebener Maßen kein Suchtexperte, aber ich glaube nicht, dass der entstandene Nervenkitzel, den die illegale Abgabe der Wette möglicher Weise beim „kleinen Bruder“ ausgelöst hat, zur Suchtgefahr wird. Die Gefahr entsteht erst dann, wenn er auch die reelle Chance erhält, den Gewinn einzukassieren. Beim vorliegenden „Szenario“ bleibt es beim [B]Glücksspiel ohne Gewinnmöglichkeit [/B](abgesehen von der innerlichen Genugtuung, wenn er richtig getippt hat).
Wenn der „kleine Bruder“ morgen in den Supermarkt geht und sich den Einkaufswagen mit div. Alkoholika füllt, ist es zwar moralisch zu beanstanden, wenn nicht gleich eine Verkäuferin (soweit vorhanden) oder ein anderer Erwachsener dagegen einschreitet, aber erst dann, wenn er mit den suchtgefährdeten Waren nach Entrichtung des Kaufpreises ungehindert den Kassenbereich verlassen darf, liegt ein verbotener Tathergang i. S. des Jugendschutzes vor. Da jedoch auch die Gefahr besteht, dass der „kleine Bruder“ unter der Jacke und ohne zu bezahlen die hochprozentige Flasche nach Hause tragen könnte, müsste man analog Ihrer Forderung zur Einstellung des Oddset-Internet-Angebotes auch jeglichen Alkohol aus dem Selbstbedienungssortiment nehmen... Ja, ja – ich weiß, Vergleiche hinken, aber sie bieten zugleich die Chance über den „Tellerrand“ hinaus einen Sachverhalt lebensnaher zu betrachten…
Ihre Argumentation zur Negierung des Oddset-Internet-Angebotes überzeugen mich auch aus anderem Grund nicht wirklich. Allternativ hat der "kleine Bruder" auch die Möglichkeit, seinen ausgefüllten Tippschein vom "großen Bruder" bei der Lotto-Toto-Annahme abzugeben. Soll jetzt künftig das nette Fräulein von der Wettannahme vom Wetter eine eidesstattliche Erklärung verlangen, dass das sein Tippschein ist und nicht der vom "kleinen Bruder"?

Sorry, aber ich habe im betreffenden Urteil des Bundverfassungsgerichts nicht gelesen, dass die staatlichen Glücksspielanbieter ihre Angebote in ein blickdichten Tresor einschließen müssen und nur nach 3maligen nachfragen, Ausweiskontrolle … zögerlich das Angebot offerieren dürfen. Eine Kanalisierung des natürlichen Spieltriebs auf ein legales Glücksspielangebot bedarf einer Außenwirkung. Das BVerfG hat hier den groben Rahmen zwischen Suchtprävention und sachbezogener Offerte abgesteckt. Wie dies in Praxis im Detail aussehen muss bzw. darf, sollte m. E. schnellstmöglich über die Installation eines unabhängigen Überwachungsgremiums abgeklärt werden. Bei allem Respekt für Meinungsfreiheit ist es wohl auf Dauer nicht der richtige Weg, wenn vom Oddset-Anbieter angefangen, über die Anwälte der privaten Sportwettenanbieter bis hin zu Sportwetten-Liberalisierungs-Befürwortern jeder für sich interessenbezogen seine eigenen Maßstäbe aufstellt, wie die Auflagen des BVerfG zu erfüllen sind.

Noch ein kleiner [B]redaktioneller Hinweis[/B] zu Ihrem Magazin-Beitrag „Tut Oddset zu wenig?“: Sie verweisen darin wiederholt auf das „BGH-Urteil“. Ich denk mal, Sie meinen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28.03.2006 und keine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH).
In Ihrem persönlichen Resümee zum Beschluss des OVG NRW heißt es des Weiteren: „Das Urteil des OVG Münster ist unanfechtbar, jedoch bleibt immer noch der Gang vor den Bundesgerichtshof, denen die meisten wohl auch gehen werden.“ Das sog. Eilverfahren ist abgeschlossen, da hilft auch kein Gang zum BGH. Vielmehr steht der weitere Rechtsweg über die Hauptsacheverfahren am Verwaltungsgericht > Oberverwaltungsgericht > Bundesverwaltungsgericht offen. Ein (anschließender) Gang zum Bundesverfassungsgericht wird sicherlich – solang keine neue Rechtslage sich in der Übergangzeit bis zum 31.12.2007 ergibt – mit einer Ablehnung der Verfassungsbeschwerde enden, da die Karlsruher Richter bereits in der Sache ein Grundsatzurteil erlassen haben.



Gepostet am 07.07.2006 um 00:13 von:
Benutzer: Puz_zle
Der Original-Beitrag :
https://www.forum-gewerberecht.de/thread.php?postid=6530#post6530


Beitrags-Print by Breuer76