Forum-Gewerberecht

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Unterschied zwischen den selbständigen Erwerbstätigkeiten "Landwirtschaft" und "Gewerbebetrieb" ist nicht sachlich, sondern historisch bedingt. Die Gewerbeordnung stammt noch aus der ständischen Struktur der Zeit um 1860, daher der Unterschied zwischen Landwirtschaft (einfaches Volk), Gewerbetreibenden (Zielgruppe der Gewerbeordnung) und höheren Berufsarten (nicht nur Kaufleute, sondern Menschen mit Berufsethos, und akademischem Selbstverständnis).

Der Landwirtschaft ist daher zuzurechnen, was historisch als Ausübung der Landwirtschaft gesehen werden kann. Daher ist der Verkauf ab Hof und die erste Verarbeitungsstufe (z.B. Zerlegen von Tieren zur Fleischgewinnung, einfache Metzgerarbeiten) der Landwirtschaft zuzuordnen.

Sobald der Bauer seinen Hof verlässt, wird er zum Gewerbetreibenden. Die Teilnahme an einem (nicht festgesetzten) Markt oder der Verkauf vom LKW oder der Betrieb einer saisionalen Verkaufsbude ist damit dem Reisegewerbe zuzuordnen. Da mit dem Betrieb eines Reisegewerbes durch den Landwirt keine "Gefahren" verbunden sind, ist der Vertrieb von selbst erzeugten landwirtschaftlichen Erzeugnissen vom Erfordernis der Reisegewerbekarte nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 GewO befreit.

Sofern man sich auf den Standpunkt stellt, die Verkaufsbude sei stehendes Gewerbe, da sie für den dauernden Gebrauch eingerichtet ist und regelmäßig benutzt wird, wäre diese eigentlich ein Gewerbe. Um den Verwaltungsaufwand zur Ermittlung der Budenbetreiber möglichst gering zu halten, kann jedoch auch der Standpunkt vertreten werden, dieser Verkaufsstand bleibt Landwirtschaft, solange er auf landwirtschaftlichem Grund steht.

Da der Betrieb des Landwirts kein Gewerbe darstellt, unterliegt er auch nicht dem Ladenschluss für das "gewerbliche" Feilbieten. Dies würde dann auch für die "landwirtschaftlichen" Verkaufsbuden auf landwirtschaftlich genutzten Grundstücken gelten. Das erlaubnisfreie Feilbieten im Reisegewerbe unterliegt hingegen nach § 20 LadSchlG einem Verkaufsverbot. Ein Einschreiten dürfte jedoch nur dann geboten sein, wenn dies die Nacht- oder Feiertagsruhe beeinträchtigt. Bei "Bauernmärkten" am Sonn- und Feiertag würde dies auch gelten, hier könnte man aber ein Auge zudrücken, wenn der Bauernmarkt im Zusammenhang mit einer anderen Veranstaltung, z.B. einem Volksfest etc. steht.

Übrigens, die Broschüre des Bayerischen Landwirtschaftsministeriums kann auch [url=http://www.stmlf.bayern.de/markt/regionale_direkt_vermarktung/11797/]h
ier[/url] direkt downgeloadet werden. Vermutlich gibt es ähnliche Broschüren in jedem Bundesland, hier ist aber euer Geschick beim Surfen gefragt.



Gepostet am 07.06.2006 um 09:23 von:
Benutzer: Ingolstadt
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