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» Umsatzsteuer auf Glücksspielumsätze zum 3. Mal vor dem EuGH «

[quote][i]Original von barnie[/i]

Ein solcher gesonderter Rechnungsausweis ist jedoch beim Automatenspiel nicht möglich, was sich schon daraus ergibt, dass die Umsatzsteuer nicht proportional zum Spieleinsatz erhoben wird, sondern proportional zur Kasseneinnahme.

Für das gewerbliche Automatenspiel war und ist also die Umsatzsteuer von vornherein nicht auf Abwälzbarkeit angelegt. Die Umsatzsteuer belastet hier nicht wie vorgesehen den Endverbraucher, sondern den Unternehmer, der nun plötzlich seit 06.05.2006 seine Kasseneinnahme nicht mehr netto, sondern brutto hat, also bis zum 31.12.2006 einschließlich 16 % Umsatzsteuer und seit dem 01.01.2007 einschließlich 19 % Umsatzsteuer. Und wer weiß, vielleicht ist diese Kasseneinnahme ja bald einschließlich 22 % Umsatzsteuer und irgendwann einschließlich 30 % oder 50 % oder 100 % ... .
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Wenn das allen klar ist, stellt sich die Frage, warum die Automatenverbände gegen diese verfassungswidrige Belastung ihrer Mitglieder nicht rebellieren oder gar Amok laufen?

Am 8.. September 2010, 11.00 Uhr findet die mündliche Verhandlung vor dem BFH statt. Bin gespannt ob dort die EuGH- Antwort nur "1 zu 1" umgesetzt wird oder ob sich der BFH mit der "Umsatzsteuerzauberei" beim Glücksspiel auseinandersetzen wird.
Wenn nicht, dann dürfte es wohl eine 4. Vorstellung vor dem EuGH geben.

Von Interesse dürften auch die Fragen sein, mit denen sich jetzt der EuGH zu beschäftigen hat. Fragt sich, warum solche eindeutigen Fragen nicht bereits vom deutschen BFH dem EuGH vorgelegt wurden:

[b]Rechtssache C-259/10[/b]

Vorabentscheidungsersuchen des Court of Appeal (Civil Division) (England & Wales) eingereicht am 26. Mai 2010 — Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs/The Rank Group PLC (Rechtssache C-259/10) (2010/C 209/39) Verfahrenssprache: Englisch Vorlegendes Gericht Court of Appeal (Civil Division) (England & Wales) Parteien des Ausgangsverfahrens Kläger: Commissioners for Her Majesty’s Revenue and Customs Beklagte: The Rank Group PLC Vorlagefragen

[b]1. Reicht eine mehrwertsteuerliche Ungleichbehandlung [/b]

i) von Umsätzen, die aus der Sicht des Verbrauchers identisch sind, oder
ii) von ähnlichen Umsätzen, die jeweils dieselben Bedürfnisse des Verbrauchers befriedigen, für sich genommen zur Begründung einer Verletzung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität aus, oder muss (und gegebenenfalls in welcher Weise) berücksichtigt werden,
a) in welchem rechtlichen und wirtschaftlichen Kontext sie erfolgt,
b) ob die fraglichen identischen bzw. ähnlichen Dienstleistungen in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander stehen und/oder
c) ob die mehrwertsteuerliche Ungleichbehandlung zu einer Wettbewerbsverfälschung geführt hat?[b]

2. Kann ein Steuerpflichtiger, dessen Umsätze nach innerstaatlichem Recht (aufgrund des von einem Mitgliedstaat wahrgenommenen Ermessensspielraums gemäß Art. 13 Teil B Buchst. f der Sechsten Richtlinie ( 1 )) der Mehrwertsteuer unterliegen, die Rückzahlung der auf diese Umsätze entrichteten Mehrwertsteuer wegen Verletzung des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität unter Hinweis auf die mehrwertsteuerliche Behandlung anderer Umsätze[/b] [b](im Folgenden: Vergleichsumsätze) verlangen, wenn [/b]

a) die Vergleichsumsätze nach innerstaatlichem Recht der Mehrwertsteuer unterlagen, jedoch
b) die Steuerbehörde des Mitgliedstaats nach einer Praxis verfuhr, wonach die Vergleichsumsätze als von der Mehrwertsteuer befreit behandelt wurden?

[b]3. Falls Frage 2 zu bejahen ist, welches Verhalten stellt eine Praxis in diesem Sinne dar und ist es insbesondere [/b]

a) erforderlich, dass sich die Steuerbehörde zuvor klar und unzweideutig dahin äußert, dass Vergleichsumsätze als von der Mehrwertsteuer befreit behandelt würden,
b) von Bedeutung, dass die Steuerbehörde zum Zeitpunkt einer etwaigen Äußerung ein unvollständiges und irriges Verständnis von den Tatsachen hatte, die für die korrekte mehrwertsteuerliche Behandlung der Vergleichsumsätze erheblich sind, und
c) von Bedeutung, dass die Mehrwertsteuer auf die Vergleichsumsätze weder vom Steuerpflichtigen abgerechnet noch von der Steuerbehörde verlangt wurde, die Steuerbehörde jedoch in der Folgezeit bestrebt war, die Mehrwertsteuer vorbehaltlich der üblichen innerstaatlich geltenden Verjährungsfristen nachzufordern? [b]

4. Soweit die steuerliche Ungleichbehandlung Folge einer einheitlichen Praxis der nationalen Steuerbehörden ist, die auf einer allgemein akzeptierten Vorstellung vom tatsächlichen Inhalt der innerstaatlichen Rechtsvorschriften beruht, spielt es dann für das Vorliegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität eine Rolle, wenn [/b]

i) die Steuerbehörden später ihre Praxis ändern,DE C 209/28 Amtsblatt der Europäischen Union 31.7.2010
ii) ein nationales Gericht später entscheidet, dass die geänderte Praxis der richtigen Auffassung von den innerstaatlichen Rechtsvorschriften entspricht,
iii) dem Mitgliedstaat aufgrund innerstaatlicher und/oder europäischer Rechtsgrundsätze, darunter die Grundsätze des Vertrauensschutzes, des Estoppel, der Rechtssicherheit und des Rückwirkungsverbots, und/oder aufgrund der Verjährungsfristen die Erhebung der Mehrwertsteuer auf die zuvor als steuerbefreit erachteten Umsätze verwehrt ist?

( 1 ) Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern — Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ABl. L 145, S. 1

Quelle: EuGH



Gepostet am 18.08.2010 um 08:04 von:
Benutzer: jasper
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