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Hallo! ..... und ein freundliches  Moin   aus Cloppenburg!

Alles das, was vorher die Kolleginnen und Kollegen ausgeführt haben, trifft zu. Insbesondere entscheidet nicht das Finanzamt (FA) über eine Gewerbeuntersagung, sondern die hierfür zuständige Verwaltungsbehörde. Auch diese kann (was das FA manchmal nicht glauben will) sogar im Rahmen eines Sanierungskonzepters Ratenzahlungsvereinbarungen akzeptieren, die zuvor vom FA abgelehnt wurden. Und wenn ein FA Gelder in Form von Raten zur Tilgung rückständiger Forderungen bekommt, haben sie diese letztlich anzunehmen und zu verbuchen, da der Schuldner hierdurch seine Zahlungswilligkeit beweist.    

Aber zur eingangs genannten Situation: Es bestehen Umsatzsteuerrückstände in Höhe von 4.000,00 EUR. Ob diese für einen Betrieb beachtlich sind, muss man anhand der Größe des Betriebes entscheiden, danach können sie sogar zwangsläufig beachtlich sein, wenn der Betrieb und die normalen Umsätze entsprechend gering sind. Darüber sind nicht abgeführte Umsatzsteuern im Rahmen eines Untersagungsverfahrens durchaus anders zu beurteilen, wie z. B. Einkommen- oder Kirchensteuern pp.

Denn, und dieses ist ein wichtige Passage: Umsatzsteuern werden für das Finanzamt eingezogen und sind quasi treuhänderisch zu behandeln; d. h. der Gewerbetreibende erhebt lediglich die Umsatzsteuer und hat diese für das Finanzamt einzuziehen und umgehend weiterzuleiten. Wenn der Gewerbetreibende also 4.000,00 EUR Umsatzsteuer eingenommen, aber nicht an das Finanzamt abgeführt hat, hat er sie dem Finanzamt vorenthalten. Dieses ist in aller Regel nicht so gut und wird bei den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen durchaus auch als negativ angesehen, wenn es hierfür nicht wirklich triftige und zwingende Gründe gibt. Denn wenn ich von jemanden Geld bekomme und dieses an einen anderen weiterzuleiten habe, aber nicht tue, könnte man dieses durchaus auch strafrechtlich beurteilen.

Darüber hinaus kenne ich es so, dass eine Finanzbehörde erst dann einen Anregung für eine Gewerbeuntersagung geben darf oder soll, wenn alle Vollstreckungsmaßnahmen ins Leere gelaufen sind und nicht zu erwarten ist, dass der Geldbetrag auch tatsächlich noch eingeht. Denn im Rahmen des "Antrages" auf Gewerbeuntersagung hat das Finanzamt im Vorfeld durchaus (nach den entsprechenden Richtlinien) zu prüfen, ob sich das gesamte Verhalten des Schuldner so darstellt, dass dieser aus steuerrechtlicher Sicht als so unzuverlässig erweist, dass ihm im Zweifelsfalls seine Einkommensquelle und seine Existenz zu nehmen ist.

Leider zeigt die Erfahrung jedoch auch, dass einzelne FA-Mitarbeiter diese Grundsätze nicht kennen und relativ früh mit einer Gewerbeuntersagung "drohen". Im Regelfall ist es jedoch so, dass tatsächlich die Vollstreckungsabteilung durchaus umfänglich über die rechtliche Situation unterrichtet sind. In einzelnen Bundesländern gibt es sogar bei den Finanzämter Prüfungsabteilungen, die diese Aufgaben übernehmen und im Vorfeld die gesamte wirtschaftliche Situation des Steuerschuldners einschätzen und diesem durchaus beratend zur Seite stehen. Bei uns gibt es dieses leider nicht.

Wenn Zweifel an den Ausführungen des FA bestehen, dass alle Vollstreckungsversuche ins Leere liefen und der Schuldner aus Sicht des Finanzamtes überschuldet und wirtschaftlich nicht mehr leistungsfähig ist, lassen wir uns auch gerne einmal nachweisen, was die Vollstreckungsabteilung alles unternommen hat, um die Gelder beizutreiben. So haben wir auch schon mal Vollstreckungsversuche am Vormittag im Rahmen einer Kassenpfändung bei einem Gaststättenbetreiber, der sein Restaurant erst abends öffnet, als ungeeignet angesehen. Hier muss man dann auch schon mal abends pfänden, und wenn dieses dann drei- vier- oder fünfmal gemacht wird, kommt in aller Regel auch das Geld (wenn dann noch welches vorhanden ist.) - Aber dieses ist nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Meine Erfahrungen zeigen vielmehr, dass auch die Finanzbehörden in aller Regel bürgerfreundlich geworden sind und durchaus für Finanzenpässe Verständnis zeigen (wenn diese ehrlich und offen dargelegt und begründet sind). Wenig Verständnis wird in aller Regel jedoch gezeigt, wenn treuhänderisch einbehaltene Beträge (wie z. B. die Umsatzsteuer) nicht erklärt oder nicht abgeführt wird.    

Also, eine grundsätzliche Schelte für das FA halte ich aufgrund meiner langjährigen Erfahrungen für nicht immer gerechtfertigt. Denn meistens steckt durchaus mehr dahinter, wenn das Finanzamt mit einer "Gewerbeuntersagung" droht.

@heidi111:
die von Ihnen genannten 2 Ratenzahlungen auf die Rückstände würde ich in jedem Fall vornehmen, um deutlich zu machen, dass Sie sowohl zahlungswillig als auch leistungsfähig sind. Laufende Steueren würde ich pünktlich erklären und zahlen. Dieses würde sich bei einem evtl. einzuleitenden Verfahren durchaus bei der Zukunftsprognose positv für sie aus- und einer evtl. Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO entgegenwirken.



Gepostet am 01.07.2009 um 08:30 von:
Benutzer: Kramer-Cloppenburg
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