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[quote][i]Original von Schöni[/i]
... also so ganz kann ich doch noch nicht Ruhe geben. [/quote]

*grins*, das kann ich irgendwie verstehen, ist ja schon ein recht sensibles Thema.

[quote][i]Original von Schöni[/i]
... Die Vorführung des Geschlechtsverkehrs vor laufender Kamera, ist für mich kein anzeigepflichtiges Gewerbe. Es ist sozial "unwertig".  
Eine Erwerbsart ist als sozial unwertig einzustufen, wenn sie durch die Mehrheit der Staatsbürger nicht gebilligt oder abgelehnt wird. Dabei ist im Grunde genommen einzuschätzen, ob diese Tätigkeit als wirtschaftliche Betätigung im Sinne eines "Berufes" von der Mehrheit anerkannt wird. ...[/quote]

tjä, .. das könnte ein wichtiger Aspekt sein. Ich meine jedoch, dass man mit der "sozialen Unwertigkeit" genauso sensibel umgehen muss. Seit dem ProstG hat sich ja im rechtlichen und gesellschaftlichen Bereich doch eine lange überfällige Änderung ergeben. Nicht jede Form der Prostitution (bspw. in Gaststätten) ist noch "von sich aus" sozial unwertig.
Die Prostitution ist insoweit zumindest teilweise etwas aus der "Schmuddelecke" geholt und einer auch gewerberechtlichen Überwachung und Prüfung unterstellt worden. Ebenso verhält es sich mit anderen Verhaltensweisen des Menschen und deren Betrachtung in der Gesellschaft, bspw. Swinger-Clubs.

In Zeitungsläden, Film und Fernsehen hat seit Jahren die Abbildung des mehr oder weniger bekleideten menschlichen Körpers deutlich zugenommen und auch vor der Kunst nicht halt gemacht (Bodypainting u.ä. Events). Die Sicht und Akzeptanz der Gesellschaft hat m.E. insoweit zugenommen.
Erstaunlich finde ich daher bei diesem Thema immer, dass ein großer (überwiegender?) Teil der Bevölkerung dem ablehnend gegenüber stehen soll. Die geradzu flächendeckenden, unzähligen Angebote müssen ja doch bestehen können, da sie eine große Zahl von Kunden nutzt und den geschäftl. Aufwand damit deckt. Mir will scheinen, dass zwar ein großer Teil der Bürger derartige Dinge ablehnt, sie aber ungeachtet dessen nutzt. Ist das ehrlich und zeitgemäß?

Die öffentliche Darstellung des menschlichen Geschlechtsaktes - egal ob im Film, auf einer Bühne oder im Internet - erreicht mit Sicherheit nun einen Grenzbereich - da kann man "doch noch nicht Ruhe geben". Richtig, kann man so einfach nicht, muss man mal lange nachdenken.
Wenn sich im Umfeld sich ändernder Rechtsansichten und sich ändernden Denkens in der Gesellschaft menschliche Handlungen nun "freier" betrachtet werden, dann muss sich die Gesellschaft und damit auch die Behörde diesen Grenzbereichen widmen, evtl. auch den Begriff der sozialen Unwertigkeit überdenken und in den nun gültigen gesellschaftlichen Kontext setzen.

Ich meine, dass die beabsichtigte Tätigkeit als gewerbliche Tätigkeit anzusehen ist, allerdings nur in einem ziemlich engen Rahmen ausgeübt werden darf und daher immer der staatlichen Kontrolle und hier auch der gewerberechtl. Überwachung stehen muss.
Es gibt Bürger, die derartig Handeln ablehnen oder damit nicht in Kontakt zu kommen wünschen. Das ist ihr gutes Recht ! Daher muss sichergestellt sein, dass die Leistungen in einem jugendgeschützten Bereich stattfinden, der nur demjenigen zugänglich ist, der dies wirklich möchte.

Auch wenn das hier betrachtete Handeln sicher umstritten sein könnte, so wird doch selbständig, auf Dauer agiert und - vor allem - eine Menge Talerchen umgesetzt. Wollen wir das wirklich einfach so völlig unbeaufsichtigt in einer dunklen Ecke des Internet "laufen lassen"?
Was uns nicht bekannt ist, können wir, aber auch der Jugendschutz und andere Behörden wohl schwerlich zum Schutz der Bürger im Auge behalten.
Am Rande, es hat mich schon vor Jahren verwundert, dass in "Gaststätten" zwar auf 6x6 Meter großen Leinwänden Hardcore-Filme "en detail" dargeboten werden durften, das gleiche aber als "Realdarbietung" mehr als verboten war.

Ich empfinde es ohnehin als recht bedauerlich, dass häufig Aktivitäten mit mehr oder weniger eigenwilligen Begründungen als nicht gewerblich eingestuft und damit aus der staatlichen/gewerberechtlichen Überwachung ausgegliedert werden. Damit verzichten wir als Behörde auch darauf, in der Zukunft im Interesse des Bürgers handeln zu können.

Um jedes Mißverständnis zu vermeiden, ich bin kein Überwachungsstaat-Fan, aber ein Gewerbe- und Ordnungsrechtler, der den Wegfall vieler notwendiger Vorschriften und ein "Wegsehen" bei neuen Tätigkeitsfeldern wie dem hier betrachteten, ehrlich bedauert.

Es ist sicher auch eine gute Idee den BLA zu befragen, löst aber vermutlich nicht das aktuelle Problem.

Grüßle
Ralf



Gepostet am 15.05.2009 um 16:45 von:
Benutzer: Raindancer
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