Forum-Gewerberecht

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Moin aus Alzenau,

anscheinend laufen in Bayern die Uhren tatsächlich etwas anders. Bei der letzten Gewerberechtsarbeitstagung wurde dies so erläutert. Im Protokoll hierzu steht folgendes:

"[b]Gewerberechtliche Behandlung von Wettbüros (Vermittlung von Sportwetten)[/b]

Nach Behördenauskunft steige die Zahl der Wettbüros, in denen Sportwetten (nicht eingeschlossen Pferdewetten nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz) vermittelt werden, ständig an. In einigen Fällen seien [u]Gewerbeanzeigen[/u] nach § 14 Abs. 1 S. 1 GewO übermittelt worden. Als gewerbliche Tätigkeiten seien genannt worden „Sammeln, Annahme, Bestellung und Übertragung von Wetten gemäß EuGH-Urteil vom 06.11.2003“ bzw. „Online-Vermittlung an staatlich konzessionierte Sport-Wettanbieter“. Einer der Gewerbeanzeigen war der Hinweis beigefügt, wonach die Zurückweisung der Anzeige einer gewerblichen Tätigkeit und die Verweigerung der Empfangsbestätigung unzulässig seien, auch wenn der Anzeigende die für das beabsichtigte Gewerbe etwa vorgeschriebene Zulassung oder Erlaubnis nicht besitze. Die Empfangsbestätigung stelle lediglich einen Nachweis der Anzeige dar. Eine weitergehende Bedeutung besitze die Anzeigebestätigung nicht. Insbesondere besage sie nicht, dass der Gewerbetreibende zur Ausübung eines Gewerbes berechtigt sei.

Überprüfungen vor Ort hätten ergeben, dass in den Wettbüros Sportwetten unterschiedlichster Art, insbesondere Fußballwetten, vermittelt würden. Gestützt auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG wurde der Betrieb eines Wettbüros untersagt. Im gerichtlichen Verfahren wurde vom Betreiber des Wettbüros geltend gemacht, nach § 14 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 GewO bestehe eine Anzeigepflicht für den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art. Der Betrieb des Wettbüros sei daher anzeigepflichtig.

Für die Behörde stellte sich die Frage, ob es - unter Zugrundelegung der Ausführungen in Landmann/Rohmer, GewO (I), Einl. Rdnr. 40, wonach die „gewerbsmäßige“ Veranstaltung von Glücksspielen im Sinne des § 284 StGB als Tätigkeit anzusehen sei, die dem Grunde nach erlaubnisfähig und damit als Gewerbe im Sinne des Gewerberechts denkbar sei - noch vertretbar sei, die [u]Empfangsbestätigung[/u] für Sportwetten vermittelnde Wettbüros zu [u]verweigern[/u]. Die Empfangsbestätigung als solche sage nichts darüber aus, ob es sich um eine zulässigerweise ausgeübte Tätigkeit handle.

Zur Problematik der Sportwetten hat das Staatsministerium des Innern in Abstimmung mit uns mit Schreiben vom 04.12.2003 (Nr. IA4-2161.5-39) an die Regierungen Stellung genommen. Hiernach gilt Folgendes:

Sportwetten sind [u]Glücksspiele[/u] im Sinne des § 284 StGB. Die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten durch private Anbieter ist in Bayern [u]uneingeschränkt verboten[/u] (zum Glücksspielcharakter von Sportwetten vgl. auch Dr. Hübsch in GewA, 2004, 313).

Die Veranstaltung und Vermittlung von in Bayern nicht erlaubten Sportwetten stellt als unerlaubte Tätigkeit [u]kein Gewerbe[/u] dar. Gewerbeanzeigen, welche die Veranstaltung oder Vermittlung dieser Sportwetten zum Gegenstand haben, dürfen daher [u]nicht entgegengenommen[/u] werden. Erlaubt ist nur die Sportwettveranstaltung oder –vermittlung durch die Staatliche Lotterieverwaltung (vgl. § 5 Lotteriestaatsvertrag i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Staatslotteriegesetz) und ihre Annahmestellen in Bayern. Hierbei ist darauf zu achten, dass Annahmestellen der Staatlichen Lotterieverwaltung nie allein nur Oddset-Wetten vermitteln, sondern das gesamte Glücksspielangebot der Lotterieverwaltung vertreiben. Aus diesen Gründen sollte sich die Gewerbebehörde bei Gewerbeanmeldungen mit Sportwettenbezug die schriftliche Vereinbarung der Annahmestelle mit der Staatlichen Lotterieverwaltung (Art. 3 Abs. 1 Staatslotteriegesetz) vorlegen lassen.

Der am 01.07.2004 in Kraft getretene Lotteriestaatsvertrag regelt in seinem § 5 Abs. 4 explizit, dass anderen als den in § 5 Abs. 2 des Lotteriestaatsvertrages Genannten nur die Veranstaltung von Lotterien und Ausspielungen nach den Vorschriften des Dritten Abschnitts erlaubt werden darf. Die Erlaubniserteilung für die Vermittlung von Sportwetten an Private ist damit – wie bereits bisher - [u]ausgeschlossen[/u].

An der Auffassung, dass Gewerbeanzeigen von Sportwettanbietern zurückzuweisen sind, wird [u]weiterhin festgehalten[/u]. Auch unter Berücksichtigung der BVerfG-Entscheidung vom 27.04.2005 (GewA 2005, 246) ergibt sich keine Änderung (vgl. IMS v. 19.05.2005, Nr. IA4-2161.5-39). Der betreffende BVerfG-Beschluss bezieht sich allein auf den Sofortvollzug einer Untersagungsanordnung. Eine Aussage zur materiellen Rechtslage trifft er jedoch nicht, so dass es bei der bisherigen straf- und sicherheitsrechtlichen Beurteilung verbleibt.

Die Zurückweisung der Gewerbeanzeige erscheint auch deshalb angebracht, um gegenüber dem Betreiber den [u]Anschein einer Legalisierung[/u] der Sportwettenvermittlung zu vermeiden. In der Vergangenheit haben sich immer wieder Gewerbetreibende – teilweise mit Erfolg – gegenüber den Strafverfolgungsbehörden auf einen sog. [u]Verbotsirrtum[/u] berufen, da sie durch die behördliche Bestätigung der Gewerbeanzeige von der Rechtmäßigkeit ihres Tuns ausgegangen seien.

Zwar kommt der Empfangsbestätigung eine solche Bedeutung tatsächlich nicht zu (insbesondere enthält sie keine Aussage darüber, ob der Anzeigende zur Ausübung der beabsichtigten Tätigkeit berechtigt ist), dennoch lässt sich nicht ausschließen, dass sie beim Anzeigeerstatter die Fehlvorstellung legalen Handelns hervorruft. Um dies zu vermeiden, bliebe andernfalls nur die Alternative, den Anzeigeerstatter bei der Entgegennahme der Anzeige ausdrücklich auf das Verbot der angezeigten Tätigkeit hinzuweisen (und dies zu Beweiszwecken zu dokumentieren). Nachvollziehbarer und konsequenter erscheint es jedoch, die Anzeige [u]gleich zurückzuweisen[/u].

Untersagungsbescheide sind grundsätzlich auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG (kumulativ auf Art. 12 Abs. 1 S. 1 LottStV – vgl. IMS vom 01.07.2004, Nr. IA4-2161.5-66) zu stützen. Dies wurde – soweit ersichtlich - bislang auch von der bayerischen Rechtsprechung bestätigt. Insbesondere hat der BayVGH in seinem Urteil vom 29.09.2004 (GewA 2005, 7) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Art. 7 Abs. 2 LStVG nicht durch Normen der GewO verdrängt werde und als Rechtsgrundlage für die Untersagung der Tätigkeit weder § 35 GewO noch § 15 GewO in Betracht kämen.

Die Nichtanwendbarkeit der §§ 35 und 15 GewO hat der BayVGH auch in dem von der Behörde vorgetragenen Fall im einstweiligen Verfahren mit Beschluss vom 21.12.2004 (Az.: 24 CS 04.111) nochmals bekräftigt. Die Behörde hatte zutreffend den Untersagungsbescheid auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG gestützt und den Sofortvollzug (ein EU-Bezug war im konkreten Fall nicht gegeben) angeordnet. Das VG Regensburg hatte den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des gegen den Untersagungsbescheid eingelegten Widerspruchs abgelehnt. Die Beschwerde beim BayVGH blieb erfolglos.

Hinsichtlich der materiellen Rechtslage, nämlich der Konformität des staatlichen Sportwettmonopols bzw. des Verbots der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten durch Private mit dem Verfassungs- und Europarecht, wird erst die weitere Rechtsprechung des BVerfG und des EUGH endgültige Klärung bringen."Soweit der auszug aus der Ergebnisniederschrift der 41. Gewerberechtsarbeitstagung.

Gruß
Felix Krämer



Gepostet am 14.02.2006 um 08:02 von:
Benutzer: Felix Krämer
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