Forum-Gewerberecht

» Doppelte Arbeit im Erlaubnisverfahren ? «

Ein freundliches Hallo aus Sachsen.

Und ein paar Gedanken zur Begründung der geplanten Abschaffung des GastG.
Ein Hauptargument hierfür ist immer der angebliche Wegfall „zeit- und kostenintensiver doppelter Prüfungen durch Bauaufsichtsbehörden und Gewerbebehörden“. Das ist für mich nicht recht nachvollziehbar.
Ich schildere mal kurz die Verwaltungsapraxis unserer Behörde und fände es natürlich interessant, zu hören (bzw. lesen) wie es anderswo gehandhabt wird.

Sofern für die Betriebsräume eine Baugenehmigung vorliegt, gelten für uns die räumlichen Anforderungen grundsätzlich als erfüllt, denn die Baugenehmigung hat insoweit Bindungswirkung für das gaststättenrechtliche Verfahren. Bei einer Betriebsübernahme sowie bei wiederkehrenden Kontrollen prüft die Gewerbebehörde natürlich, ob sich die räumlichen Verhältnisse geändert haben. Falls dies der Fall ist, wird die Baubehörde informiert und die schaut dann, ob die Veränderung baugenehmigungspflichtig ist. Aber „doppelt“ wird nichts geprüft.

Bei allen Gaststätten, die nicht als Sonderbauten klassifiziert sind (Sonderbauten sind lt. SächsBO z.B. Schank- und Speisegaststätten mit mehr als 40 Gastplätzen) ist es in Folge der baurechtlichen „Deregulierung“ allerdings seit einiger Zeit ein wenig komplizierter. Hier wird im Baugenehmigungsverfahren im Wesentlichen nur die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens geprüft. Mit der Frage, ob z. B. Gästetoiletten a) überhaupt vorhanden und b) in ausreichender Anzahl vorhanden sind (bzw. welche Zahl denn als „ausreichend“ anzusehen ist) , beschäftigt sich die Baubehörde nicht. Dies findet ausschließlich im gaststättenrechtlichen Erlaubnisverfahren statt und zwar stets durch „Einzelfallentscheidungen“. Eine Verordnung auf Grund von § 4 Abs. 3 GastG hat der Freistaat Sachsen nie erlassen und die ehemalige „Gaststättenbaurichtlinie“ (eine Verwaltungsvorschrift zur Bauordnung) wurde im Zuge der „Deregulierung“ abgeschafft.

Für den Fall des Wegfalls der Gaststättenerlaubnis käme dann auf die Baubehörden wohl jede Menge neue Arbeit zu. Da Baurecht im Gegensatz zum Gewerberecht Landesrecht ist und beide Gebiete außerdem in die Zuständigkeit unterschiedlicher (Landes-)Ministerien fallen, bleibt nur zu hoffen, dass alle Beteiligten auch koordiniert vorgehen.

In diesem Sinne hoffnungsvolle Grüße
Th. Mischner



Gepostet am 14.12.2005 um 09:22 von:
Benutzer: Thomas Mischner
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