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Hallo nochmals zu diesem Thema und ein freundliches  Moin   aus Cloppenburg!

Leider komme ich erst heute dazu, meine aus dem wiederholt von mir angesprochenen Seminar gewonnenen Erkenntnisse zusammenzufassen und hier einzubringen. Man möge es mir nachsehen (die Gründe hierfür sind neben dem Webmaster einigen Kolleginnen und Kollegen bekannt!)  seufz  

Auch wenn es vielleicht arg ausführlich ist und klingt; hier das sicherlich schon lange erwartete Ergebnis:  smile  

Ein gewichtiger Punkt des obigen Seminars war die Klärung der Frage, ob erteilte Erlaubnisse nach altem Recht erloschen sind und wie zu verfahren ist, wenn neben erlaubnispflichtigem auch erlaubnisfreies Gaststättengewerbe ausgeübt wird.

Hierbei wurde u. a. die Frage gestellt, wie der jeweilige Verwaltungsakt (also der Bescheid über die Erlaubniserteilung) nach einem Zeitablauf von ca. 20 und mehr Jahren für die jeweilige Gaststätte beurteilt werden würde.  Kopfkratz  

Bei einer solchen Beurteilung würde man zu dem Ergebnis kommen, dass der Betreiber (erlaubnisfrei seit 01.07.2005) eine Erlaubnis nicht mehr benötigen würde und diese durch die Gesetzesänderung erloschen sei. Hierüber wären sich sowohl der Betreiber als auch die erteilende Behörde unstrittig einig. (Wenn also in der Erlaubnis nur die reine Erlaubniserteilung ohne irgendwelche weitergehenden rechtlichen Regelungen zu dem jeweiligen Gaststättenbetrieb = Auflagen etc. drin stehen würde, hätte sich die Erlaubnis, also der Verwaltungsakt, nach § 43 Abs. 2 VwVfG auf andere Weise erledigt).

Da aber ja in den meisten Gaststättenerlaubnissen sowohl Auflagen als auch andere Regelungen (z. B. Sperrzeitregelung über eine Freifläche oder Maßnahmen zum Jugendschutz etc.) zu dem einzelnen Gaststättenbetrieb enthalten sind, bleibt zu fragen, ob diese Regelungen weiter fortgelten sollen oder nicht. Aus Sicht der Behörde, die seinerzeit ja die Auflagen ganz bewusst zu diesem Gaststättenbetrieb verfügt hat und bei der jetzigen (geänderten) Rechtslage ebenfalls verfügen würde, auch wenn der Betrieb nun erlaubnisfrei wäre, sollen also die „anderen Regelungen“ weiter fortgelten, auch wenn der Betreiber evtl. anderer Auffassung ist.

In diesem Fall liegt somit also keine Übereinstimmung darüber vor, dass der seinerzeitige Bescheid (die Erlaubnis insgesamt) erloschen ist. Damit hat sich der „Verwaltungsakt Erlaubnis“ eben nicht in anderer Weise erledigt.  geschockt  

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass es u. U. erst durch die Auflagen möglich geworden ist, den jeweiligen Gaststättenbetrieb zu ermöglichen (z. B. Auflagen über bestimmte Abluftanlagen, bestimmte Sicherungsmaßnahmen für Gäste und Personal etc.), die Erlaubnis ansonsten hätte versagt werden müssen. Auch ist zu berücksichtigen, dass es schwachsinnig wäre, nur weil die „Erlaubnispflicht“ entfallen ist, die seinerzeit verfügten Nebenbestimmungen (die ja auch nur verfügt werden durften, weil sie erforderlich waren) jetzt neu zu bescheiden und hierfür ggf. auch noch einmal Verwaltungsgebühren zu erheben. Auch dieses spricht dafür, dass die seinerzeit erlassenen Verwaltungsakte in der Form der Erlaubnis weiter fortgelten, auch wenn zwischenzeitlich die Erlaubnispflicht entfallen ist.

Bei der Beurteilung, ob nun die damalige Erlaubnis auf andere Weise erledigt ist, sind also die Umstände des Einzelfalles und der Inhalt des Verwaltungsaktes (hier der Erlaubnis) maßgeblich. Der Verwaltungsakt erledigt sich auf andere Weise für Genehmigungen , wenn das gesetzliche Verbot, von dem freigestellt wird, wegfällt und keine sonstigen Rechtswirkungen verbleiben.  Augen rollen  

In diesem Zusammenhang ist auch die Entscheidung des BVerwG vom 27.03.1998 (4 C 11/97) zu berücksichtigen in dem gesagt wird:
„Eine Erledigung in anderer Weise“ i. S. des § 43 Abs. II VwVfG kann vorliegen, wenn alle Beteiligten übereinstimmend einen früheren Verwaltungsakt für obsolet ansehen und davon ausgehen, dass die Sach- und Rechtslage auf dem Boden einer neuen „Geschäftsgrundlage“ zu beurteilen ist“.  Formulier  

Damit ist m. E. ganz deutlich gesagt, dass nur dann, wenn wirklich alle Beteiligten sich darüber einig sind, dass sich der VA insgesamt (nicht nur zum Teil) erledigt hat, dieser vom Tisch ist. Ansonsten ist dieser zu widerrufen oder zurück zu nehmen.

Weiter wurde darüber referiert und diskutiert, wie denn nach Änderung der Rechtslage zum 01.07.2005 bei festgestellter Unzuverlässigkeit zu verfahren ist.

Hierbei wurde sehr deutlich gemacht, dass ein Gaststättenbetrieb nicht in einen erlaubnispflichtigen und erlaubnisfreien Teil getrennt werden kann. (Dem einen Gast bringe ich ein Schnitzel mit einem Bier, dieses ist erlaubnispflichtig, dem anderen ein Schnitzel mit einer Cola, dieses ist erlaubnisfrei??!! Eine solche Trennung in einem Betrieb darf es doch nicht geben, so der Tenor!). Eine Gaststätte stellt danach eine in sich geschlossene Einheit zur Bewirtung von Gästen (ob nun erlaubnispflichtig oder erlaubnisfrei) dar.

Wenn eine Erlaubnis vorliegt, ist bei festgestellter gewerberechtlicher Unzuverlässigkeit also nach § 35 Abs. 8 GewO die entsprechende Gaststättenerlaubnis nach § 15 GastG zurück zu nehmen oder zu widerrufen. Erst wenn der ehemalige Erlaubnisinhaber einen jetzt erlaubnisfreien Gaststättenbetrieb anmeldet oder eröffnet, dürfen Maßnahmen nach § 35 Abs. 1 GewO getroffen werden. Ein solches Verfahren könnte dann auch aufgrund der bereits festgestellten Unzuverlässigkeit schnell abgewickelt werden. („kurze Anhörung, Bescheid raus!“)  großes Grinsen  

Dieses würde sich, so die im Seminar vertretene Auffassung, zum einen aus dem Gesetzestext von § 35 GewO und der hierzu ergangenen Rechtsprechung, zum anderen aber auch aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergeben. Ein Gewerbeuntersagungsverfahren kommt somit erst dann in Betracht, wenn „die Erlaubnis aus der Welt“ ist und der unzuverlässige Gewerbetreibende tatsächlich dann noch weitermachen will. Hierfür gibt es bei der Einleitung des Widerrufs- oder Rücknahmeverfahrens aber im Allgemeinen noch keine Anhaltspunkte.

Für alle erlaubnisfreien Gaststättenbetriebe, die seit dem 01.07.2005 angemeldet wurden, greift § 35 Abs. 1 unmittelbar, da hierfür keine Erlaubnispflicht vorliegt ebenso, wie für Gaststättenbetriebe, die erlaubnispflichtig sind, für die der Betreiber aber nie eine Erlaubnis eingefordert oder erhalten hat.  Heul  

Im Ergebnis bleibt also festzustellen, dass, solange eine Erlaubnis im Raum ist, diese zuerst „aus der Welt muss“, ehe eine Entscheidung nach § 35 GewO getroffen werden kann. Meine bisher vertretene Auffassung, dass zeitgleich sowohl ein Widerrufsverfahren als auch ein Untersagungsverfahren durchzuführen ist, muss ich also insofern revidieren.  Augenzwinkern  



Gepostet am 12.12.2005 um 12:54 von:
Benutzer: Kramer-Cloppenburg
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