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[quote][i]Original von Ludwig[/i]
Moin!

[U][I]Marcks/Heß[/I] in: Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Werkstand: 92. EL Dezember 2023, Rn. 44:[/U]

Der Begriff der unselbstständigen Zweigstelle geht weiter. Er umfasst jede feste örtliche Anlage oder ständige Einrichtung, die der Ausübung eines stehenden Gewerbes dient, oder die Abwicklung der von der Hauptstelle aus geschlossenen Geschäfte erleichtern soll, wie zB Auslieferungslager (so auch Heß in KRS, GewO § 14 Rn. 94 und Winkler in EWW § 14 Rn. 42 ff., → 12 GewAnzVwV Nr. 3.2, BVerwG Urt. v. 26.4.1994, NVwZ-RR 1995, 23, OLG Düsseldorf Beschl. v. 5.7.1983, GewA 1983, 331, OLG Stuttgart Beschl. v. 18.10.1984, GewA 1985, 332 = MDR 1985, 253, OVG Münster Beschl. v. 28.12.1995, MDR 1996, 1217, VG Köln Urt. v. 7.3.2002, GewA 2002, 242) und Repräsentanzen ausländischer Unternehmen.


[U][I]Winkler[/I] in: Ennuschat/Wank/Winkler, Gewerbeordnung, 9. Auflage 2020, Rn. 42-47:[/U]

Rn. 42: Unter einer unselbstständigen Zweigstelle ist im Grundsatz jede – von der Hauptstelle räumlich getrennte – feste örtliche Anlage oder Einrichtung zu verstehen, die der Ausübung eines stehenden Gewerbes dient oder die Abwicklung der von der Hauptstelle aus geschlossenen Geschäfte erleichtern soll (BayVGH Urt. v. 20.3.2017, 4 A 489/14, Juris, Rn. 36; OVG NRW DÖV 1996, 520; siehe auch Heß in Friauf, § 14 Rn. 94), soweit nicht bereits die Merkmale einer Zweigniederlassung erfüllt sind. Räumliche Trennung kann auch innerhalb einer Gemeinde gegeben sein.

Rn 43: Zweck der Anzeigepflicht ist die Ermöglichung gewerbeaufsichtsbehördlicher Überwachung (OVG NRW DÖV 1996, 520; → Rn. 2). Entfällt bei einer von der Hauptstelle getrennten unselbstständigen Einrichtung die Überwachungsbedürftigkeit, ist eine unselbstständige Zweigstelle iSd § 14 I zu verneinen. Daher bedarf der Begriff der unselbstständigen Zweigstelle einer gewissen Einschränkung (OVG NRW DÖV 1996, 520; Marcks in Landmann/Rohmer GewO, § 14 Rn. 44b).

Rn 44: Zur (unselbstständigen) Zweigstelle wird eine von der Hauptstelle räumlich getrennte Einrichtung oder Anlage daher erst dann, wenn diese unmittelbar dem Geschäftsverkehr nach außen dient (so auch Marcks in Landmann/Rohmer GewO, § 14 Rn. 44). Dies verlangt freilich nicht, dass von der Zweigstelle aus unmittelbar Rechtsbeziehungen zu Dritten eingegangen werden. Es genügt vielmehr, dass die Zweigstelle Geschäftsbeziehungen Dritter zu dem Hauptbetrieb anbahnt und vermittelt (OVG NRW DÖV 1996, 520; vgl. auch BayVGH Urt. v. 20.3.2017, 4 A 489/14, Juris, Rn. 36). Hinzu tritt das Erfordernis einer eigenen organisatorisch festen Infrastruktur, von der aus gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird, die dauerhaft von einer verantwortlichen Person für den Gewerbetreibenden betrieben wird (OVG NRW NVwZ-RR 2017, 870 [870]).

Rn 45: Eine unselbstständige Zweigstelle kann daher bejaht werden bei einer Auslandsrepräsentanz (OLG Düsseldorf GewArch 1983, 331 [332]; VG Köln GewArch 1968, 36 [37]; VG Darmstadt GewArch 2001, 338). Dasselbe gilt bei einem Büroraum, der mit Sekretariat, Telefon und Fax ausgestattet ist und von einem selbstständigen Handelsvertreter dazu genutzt werden soll, dort Geschäftskontakte zwischen Dritten und einem im Ausland ansässigen Unternehmen herzustellen; das ausländische Unternehmen ist zur Anzeige verpflichtet, selbst wenn deren Hauptstelle weder Mieterin des Büros noch Arbeitgeberin des Büropersonals ist – andernfalls könnte die Anzeigepflicht einer Auslandsrepräsentanz durch deren rechtliche Ausgestaltung umgangen werden (OVG NRW DÖV 1996, 520 f.). Eine unselbstständige Zweigstelle liegt ferner vor bei einem Auslieferungslager, einer Annahmestelle für einen Reinigungsbetrieb oder bei einem Baubüro einer Großbaustelle, wenn von dort unmittelbar Geschäfte mit Dritten – etwa mit Subunternehmern – abgewickelt werden (Marcks in Landmann/Rohmer GewO, § 14 Rn. 44b; einschränkend: Heß in Friauf, § 14 Rn. 94 f., wonach die Eingehung unmittelbarer Rechtsbeziehungen zu Dritten unerheblich ist).

Rn 46: Eine unselbstständige Zweigstelle ist hingegen zu verneinen – mit der Folge, dass insoweit keine Anzeigepflicht besteht – im Fall eines Postschließfachs oder eines Raums, in dem sich lediglich ein Telefonanrufbeantworter befindet (Marcks in Landmann/Rohmer GewO, § 14 Rn. 44b; ähnlich BayVGH GewArch 2007, 158 [159]). Selbst bei Installation eines Telefonanschlusses und Beschäftigung einer Hilfsperson zur schlichten Entgegennahme und Weiterleitung der eingehenden Anrufe von Interessenten liegt keine unselbstständige Zweigstelle vor (OLG Stuttgart GewArch 1985, 332 f.; s. auch BayVGH Urt. v. 20.3.2017, 4 A 489/14, Juris, Rn. 36). Dasselbe gilt bei einem bloßen Lagerraum (ohne dass dort Ware unmittelbar an Kunden ausgegeben wird; vgl. BayVGH, Urt. v. 20.3.2017, a.a.O.) oder bei einer schlichten Baustelle; etwas anderes kann bei einem Baubüro einer Großbaustelle gelten (→ Rn. 45). Bei den hier genannten Stellen handelt es sich um anzeigefreie Bestandteile des Hauptbetriebes.


[U][I]Mischner[/I] in: Forum-Gewerberecht » Gewerberecht » Stehendes Gewerbe (allgemein) » Fuhrpark unselbständige Zweigstelle » Beitrag #6:[/U]

Unabhängig davon, ob es dort Gebäude gibt oder nicht:
"Eine Zweigstelle muss unmittelbar dem Geschäftsverkehr nach außen dienen ..., d. h. es müssen von der örtlichen Anlage aus Geschäftsbeziehungen zu Dritten unterhalten werden ... ." (Pielow, GewO, 2. Aufl. § 14 Rn. 36).
Wenn das nicht der Fall ist, handelt es sich nicht um eine anzeigepflichtige unselbständige Zweigstelle.


So liegt es m. E. auch hier: Keine unselbständige Zweigstelle.

Gruß
Ludwig[/quote]

Hallo Ludwig,

vielen Dank für diese tolle und ausführliche Rückmeldung! Diese hat mir sehr weitergeholfen, vielen Dank!



Gepostet am 01.10.2024 um 08:12 von:
Benutzer: Alfi_278
Der Original-Beitrag :
https://www.forum-gewerberecht.de/thread.php?postid=127819#post127819


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