Forum-Gewerberecht
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[quote][i]Original von Ludwig[/i]
Die Weiterverarbeitung der im Rahmen der Urproduktion gewonnenen Ereugnisse wird der Urproduktion gemeinhin nicht mehr zugeordnet (ich denke, dass ist nicht nur "herrschende Meinung", sondern wird einhellig so vertreten).
[/quote]
Nein, genau das Gegenteil ist der Fall (seit den 1970ern...).
1) Es ist unstreitig, dass auch die eigenen Erzeugnisse aus der Urproduktion, die unmittelbar be- bzw. verarbeitet und verkauft werden, ebenfalls der Urproduktion zuzurechnen sind. Die regelmäßig auftretende Frage in diesem Fall ist, bei welcher Art des Verkaufs (zB vor Ort an Endverbraucher, an Letztverkäufer, auf Flohmärkten, im eigenen Ladengeschäft) die Grenze zum Gewerbe überschritten ist.
Das kann man mittlerweile auch gesetzlich nachlesen (Art. 38 Abs. 2 AEUV).
(Davon abgesehen ist die Herstellung von Marmelade der ersten Verarbeitungsstufe zuzurechnen.)
2) [B]Die gesamte Diskussion geht am eigentlichen Thema - der Privilegierung der Urproduktion - vorbei[/B]. Wenn der Verein selbst keine landwirtschaftlichen Produkte erzeugt (durch Anbau oder Anzucht), dann gibt es auch keinen Anlass, über eine gewerberechtliche Privilegierung der Urproduktion zu diskutieren. Es spielt übrigens generell keine Rolle, ob die Vereinsmitglieder oder Landwirte die Erzeugnisse an den Verein verschenken oder verkaufen. Der Verein wird dadurch nicht zum Urproduzenten.
Zur Erinnerung: Die Urproduktion wird aus dem Gewerberecht herausgenommen (bzw. das Gewerberecht findet heute nur noch geringfügig Anwendung), weil sie natürlichen Abhängigkeiten unterliegt (Grund und Boden, Witterung und Jahreszeiten) und weil arbeitsrechtliche Vorschriften der GewO auf die Arbeit in der Landwirtschaft nicht passten (zB Sonntagsbeschäftigungsverbot).
[B]Wenn der Vereinszweck also nicht die Herstellung landwirtschaftlicher Erzeugnisse ist, bleibt Gewerberecht vollumfänglich anwendbar.[/B]
[Eine Ausnahme bzw. ein Streitthema ist nur die Massentierzucht, wenn der Landwirt Zuchtvieh bzw. Futtermittel von Dritten zukauft. In diesem Fall ist tatsächlich streitig, ob es sich noch um Urproduktion handelt (es wird nicht (nur) der eigene Grund und Boden für die Viehzucht verwendet) oder die Grenze zum Gewerbe überschritten wird. Dieser Streit spielt aber sowieso keine Rolle wg. § 6 Abs. 1 GewO.]
VG
Gepostet am 25.07.2024 um 10:26 von:
Benutzer: hans-im-glück1986
Der Original-Beitrag :
https://www.forum-gewerberecht.de/thread.php?postid=127427#post127427
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