Forum-Gewerberecht

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[quote][i]Original von Ludwig[/i]
Einspruch!

Der Hinweis auf die gesetzliche Regelung des § 6 Absatz 1 GewO („Unterrichtswesen“) als Begründung für die fehlende Zuständigkeit der Gewerbebehörde ist zweifelsohne nicht falsch. Ich halte ihn, da die Vorschrift nun einmal existiert, anders als die rechtsdogmatische Begründung sogar für unverzichtbar.

Die rechtsdogmatische Begründung fehlt aber im Übrigen auch nicht. Sie findet sich in dem „Stichwort: Kulturhoheit der Länder“ wieder.

Nicht zu beanstanden ist auch der Hinweis auf das Bundesrecht. Zum einen ist der Begriff des „Unterrichtswesens“ umfassender als der des „Schulwesens“. Zum anderen ist mit „Unterrichtswesen“ im Sinne des § 6 GewO seit jeher nur der Bereich gemeint, der landesrechtlich geregelt ist. Es gibt also auch einen Bereich des „Unterrichtswesens“, der von der Ausschlussregelung des § 6 Absatz 1 Satz 1 GewO nicht umfasst ist und deshalb der Gewerbeordnung unterfällt, nämlich der bundesrechtlich geregelte Bereich des Unterrichtswesens. Dazu passt das beispielhaft genannte Fahrlehrerrecht. Das Fahrlehrerwesen gehört nicht zum Schul-, aber zum Unterrichtswesen. Eigentlich Ländersache, unterfällt gemäß Artikel 74 Absatz 1 Nummer 22 GG (Straßenverkehr, Kraftfahrwesen usw.) aber der konkurrierenden Gesetzgebung, von der der Bund mit dem FahrlG auch Gebrauch gemacht hat. Folge: GewO anwendbar.

Man kann, kurz und knapp formuliert, also durchaus sagen:

[quote][i]Original von Ludwig[/i]

Kurz und knapp formuliert:

Gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 GewO (Unterrichtswesen) keine Zuständigkeit der Gewerbebehörde, wenn es sich um eine Schule handelt, die den Unterricht in landesrechtlicher Zuständigkeit ersetzt. Stichwort: Kulturhoheit der Länder.

Sobald Bundesrecht im Spiel ist, greift § 6 I 1 GewO nicht.
[/quote][/quote]

Hallo,

von mir aus können wir uns darauf einigen, dass der Hinweis auf § 6 Abs. 1 GewO nicht falsch, aber überflüssig ist und der Rechtslage der Weimarer Republik entspricht?!

Zur Klarstellung: Ich habe nicht geschrieben, dass § 6 Abs. 1 GewO generell mit Bezug auf das Unterrichtswesen überflüssig ist, sondern in Bezug auf das Schulwesen ("schulischer Bereich") durch Übertragung der Kulturhoheit auf die Länder.

Dass das Unterrichtswesen auch den außerschulischen Bereich erfasst, sofern er landesrechtlich geregelt ist, ist anerkannt (BVerwG, Urt. 1.7.1987, GewArch 1987, 331). Dennoch bleibt der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 1 GewO für das Unterrichtswesen sehr beschränkt und zielt auf Fälle des außerschulischen Bereichs mit Wirtschaftsbezug (Art. 74 Nr. 11 GG) ab, wenn eine nicht abschließende Landesregelung existiert und daher ein Rückgriff auf die GewO möglich wäre. [B]Wenn eine solche Regelung bekannt ist, wäre ich für einen Hinweis dankbar.[/B]

In allen anderen Fällen ist der Verweis auf § 6 Abs. 1 GewO überflüssig.

Übrigens ist der Hinweis, dass das Fahrschulwesen dem Unterrichtswesen unterfiele, unzutreffend. Das Fahrschulwesen ist - wie zutreffend ausgeführt - (ausschließlich) Teil des Verkehrswesens (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG). § 6 Abs. 1 GewO braucht man daher nicht einmal anprüfen. Es greift die Sperrwirkung für Landesrecht nach Art. 72 Abs. 1 GG. Für die ausdrückliche Anwendbarkeit der GewO wäre § 6 Abs. 1 GewO sowieso ungeeignet.
Zuletzt entschieden von VG Cottbus Beschl. v. 31.5.2018 – VG 3 L 700/17, BeckRS 2018, 10632 m.w.N., steht sicherlich auch im Landmann/Rohmer.

Der Satz

[I]"Sobald Bundesrecht im Spiel ist, greift § 6 I 1 GewO nicht."[/I]

ist pragmatisch und führt zum richtigen Ergebnis, entspricht aber nicht dem Regelungszweck. Dieser besteht darin, dass der (historische) Gesetzgeber die GewO für nicht anwendbar hielt, wenn landesrechtliche Vorschriften bestehen (BVerwG, Urt. vom 1.7.1987, GewArch 1987, 331). Er wollte also einen Konflikt mit Landesrecht vermeiden, indem er seine Kompetenz hinter die der Länder stellt (anders als es Art. 72 Abs. 1 GG "nun" vorsieht). Wie gesagt, diese Konfliktsituation bestand während der Weimarer Republik, weil der Gesetzgeber damals auch für das Schulwesen eine Grundsatzkompetenz hatte.
Mit obigem Satz dreht man diesen gesetzgeberischen Willen ins Gegenteil, weil man meinen könnte, der Bundesgesetzgeber sieht seine Bestimmungen als vorrangig gegenüber dem Landesrecht an, so dass auch die GewO anwendbar sein soll.

Beste Grüße

p.s. die Richtigkeit allein mit der Existenz einer Vorschrift in der GewO zu begründen und den gesetzgeberischen Willen dabei außer Acht zu lassen, ist mit Vorsicht zu genießen (vgl. etwa die Existenz und Bedeutung von §§ 3 und 5 GewO).



Gepostet am 23.08.2023 um 12:13 von:
Benutzer: hans-im-glück1986
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