Forum-Gewerberecht

» Verbot von sog. "flatrate-party's" in öffentlichen Gebäuden «

    Wir haben bei uns in einem Gewerbebetrieb mit einigen DiskothekenProbleme , weil da auch recht ausgiebig gebechert wird und dabei auch solche Parties stattfinden. Die sind uns ein Dorn im Auge, aber man kommt nur schwer ran. Wir versuchen jetzt, die Betreiber ins Boot zu holen, denn der Ruf des Gebietes leidet darunter natürlich auch. In diesem Zusammenhang haben wir eine Selbstverpflichtungserklärung (kann bei Bedarf gefaxt oder gemailt werden) gebastelt, die auch den Verzicht auf solche Parties beinhaltet. Leider haben zwei von fünf das Ding nur unter Streichung genau dieser Passage unterschrieben - wollen also an diesen Partie festhalten.  wut    schimpf  

Angedacht sind deshalb jetzt auch Maßnahmen nach dem JuSchG gegenüber den Diskothekenbetreibern. Nach dem reinen Gesetzestext und dessen Systematik dürfte eindeutig sein, dass § 7 und § 8 keine generelle Möglichkeit bieten, Jugendliche aus Diskotheken herauszuhalten. § 5 trifft ja schon eindeutige Regelungen, unter welchen Voraussetzungen Jugendliche sich bei "Tanzveranstaltungen" aufhalten dürfen; Jugendlichen ab 16 Jahren ist das grundsätzlich erlaubt. Auf §§ 7, 8 JuSchG kann man Anordnungen also allenfalls dann stützen, wenn von einem Betrieb Gefährdungen für die Jugendlichen ausgehen, die über das bei Diskotheken "normale Maß" hinausgehen. Dazu fällt hier allerdings wenig ein. Aber bei den 99 Cent-Parties könnte man doch argumentieren, dass dabei wegen der niedrigen Kosten eher die Gefahr besteht als in der "normalen" Disko, dass Jugendliche (z.B. über Bekannte) an solche alkoholischen Getränke kommen, die Ihnen gemäß § 9 verwehrt sind. Andererseits besteht diese Gefahr ja im gewissen Maße immer...

Nichtsdestotrotz ist es nicht unbedingt ausgeschlossen, den Betreibern solcher 99 Cent-Parties zunächst mal mit Unbill aus dem JuSchG zu drohen. Völlig aus der Luft gegriffen wäre diese Drohung nicht. Und es dürfte in der Folge auch rechtlich durchaus möglich sein (zumindest nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt) eine Verfügung auf § 7 JuSchG zu stützen, mit der dem Veranstalter von 99 Cent-Parties weitergehende Beschränkungen als die ihm Gesetz ohnehin schon vorgesehenen (§§ 4, 5 JuSchG) auferlegt werden. Einer entsprechenden Anordnung von Alters- und/ oder Zeitenbeschränkungen oder von anderen sinnvollen Auflagen steht wohl nicht entgegen, dass die §§ 4, 5 JuSchG für den Aufenthalt von Kindern / Jugendlichen in Gaststätten oder Discos bereits Vorgaben treffen. § 7 JuSchG ist als Auffangtatbestand ausgestaltet und betrifft auch die bereits im JuSchG geregelten Gefährdungsfelder. Das Verhältnis zu den speziellen Vorschriften ist so gestaltet, dass der Gesetzgeber in diesen Vorschriften eine grundsätzliche Wertungsentscheidung für ein bestimmtes Gefährdungsfeld getroffen hat. Wenn aber eine einzelne Gaststätte durch besondere Umstände zusätzliche Gefährdungen aufweist, sind weitergehende Einschränkungen im Einzelfall möglich. Maßstab ist das Drohen einer Gefährdung für das körperliche, seelische und geistige Wohl von Kindern und Jugendlichen. Gefährdungen von einigem Gewicht betreffen u.a. übermäßigen und verbotswidrigen Alkoholkonsum.

Beachtet muss allerdings werden, dass § 9 JuSchG die Ausgabe von Alkohol an Jugendliche nicht generell untersagt und damit ein gewisses Maß an Alkoholkonsum vom Gesetzgeber als nicht gefährdend betrachtet und in Kauf genommen wird. Eine Anordnung nach § 7 (bzw. 8) JuSchG kann also nur dann mit "Gefahr durch Alkoholkonsum" begründet werden, wenn man tatsächliche Anhaltspunkte für eine überdurchschnittliche Gefährdung hat. Wenn man einem 99 Cent-Party-Veranstalter eine weitergehende Altersbeschränkung auferlegen will, wäre es also sinnvoll, wenn z.B. durch Polizeiberichte belegt würde, dass dort mehrfach stark alkoholisierte Jugendliche angetroffen wurden, die möglicherweise auch ärztlich versorgt werden mussten. Auch wenn von Veranstalterseite "Trinkspiele" etc. durchgeführt würden, könnte man damit argumentieren.

Was ich akteull gerade hatte: Eine dieser Diskotheken warb im Internet mit einem "Blase-Hase-Test", der in der Osterwoche stattfinden sollte. Für 1 € darf jeder bei einem Disko-Cop ins Röhrchen blasen und der mit dem höchsten Promillewert wird mit Freigetränken im Wert von 150 € "bestraft".    
Das habe ich unter den Begriff "Vorschuleisten von Alkoholmissbrauch" subsumiert und deshalb dem Betreiber mitgeteilt, dass ich beabsichtigen würde, ihm diese Aktion per Verfügung zu untersagen. Im Rahmen des rechtlichen Gehörs ist er eingeknickt und verzichtet jetzt auf die Aktion und hat die entsprechende Werbung auch aus der Homepage rausgenommen.



Gepostet am 14.03.2007 um 15:23 von:
Benutzer: Sigi2910
Der Original-Beitrag :
https://www.forum-gewerberecht.de/thread.php?postid=12163#post12163


Beitrags-Print by Breuer76