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Wer sich zum Watten trifft, handelt illegal, sofern er um Geld spielt. Im Kreis Regensburg widersetzen sich viele dem Gesetz.

Über dem traditionellen Watt-Turnier im Sportheim des Regenstaufer Ortsteils Laub lag am Wochenende ein dunkler Schatten: Die Polizei ermittelt nach einer anonymen Anzeige gegen Konrad Kaser, der das Preis-Watten für den Stammtisch und den FC Laub organisiert hat. Der Vorwurf: illegales Glücksspiel. Doch ein Einzelfall ist das im Landkreis nicht.

Als Glücksspiel gilt Watten, sobald Spieler gegen Geldeinsatz Geldpreise gewinnen können. „Im Vergleich zum Schafkopf hat das Watten zwei Elemente, die aus dem Strategiespiel ein Glücksspiel machen“, erklärt der Schierlinger Erich Rohrmayer, Autor mehrerer Bücher über Kartenspiele, im Gespräch mit unserer Zeitung. Zum einen werden beim Watten nicht alle Karten verteilt. Zum anderen werde geblufft: „Jemand, der eine schlechte Karte hat, kann deshalb trotzdem noch gewinnen.“

Nach der Anzeige haben die Beamten der Polizeiinspektion Regenstauf Kaser ausgebremst. Denn im Fall des Preis-Wattens, wie er es beworben hatte, griff der Paragraf 284 des Strafgesetzbuchs. Dieser sieht für diejenigen, die für öffentliches Glücksspiel werben, eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor. Kaser kündigte die Veranstaltung noch schnell bei der Gemeinde an und sammelte seine Plakate wieder ein. Denn was darauf stand, war äußerst heikel: Die Kartler hätten neun Euro Einsatz pro Person bezahlen sollen. Für die besten drei Kartler-Paare waren 200, 100 und 50 Euro Preisgelder ausgelobt. Am Ende galten dann andere Formalien: Statt Geldpreise gab es ausschließlich Sachpreise, und aus dem „Einsatz“ war ein „Unkostenbeitrag“ geworden.

Obwohl im Landkreis bereits Ermittlungen laufen, gibt es noch etliche Watt-Turnierveranstalter, die Geldpreise an die Sieger verteilen. Insider sprechen sogar von mindestens zehn bis zwölf. Ein Vorsitzender eines Vereins (Name der Redaktion bekannt), zu dessen Jahresprogramm traditionell ein Preis-Watten gehört, hat schon vor etwa 15 Jahren Post vom Landratsamt bekommen. Damals hatten seiner Einschätzung nach die Behörden-Mitarbeiter Wind vom Turnier bekommen und ihn darauf hingewiesen, dass er die Modalitäten ändern müsse. Doch er wollte das Turnier nicht aufgeben. Seither veranstaltet er es nur noch „intern, mit geladenen Gästen“, wie der Vorsitzende verrät. Bescheid müsse er diesen Leuten trotzdem nicht mehr geben. Die bis zu 80 Spieler wüssten schon, wann und wo das nächste Mal wieder gespielt wird.

Eingefleischte Kartler wollen nicht wahrhaben, dass das Watten unter bestimmten Voraussetzungen als illegal gilt. „Deshalb hält jeder still und hofft, dass die Polizei nicht kommt“, sagt der Vereinschef. Niemand wolle sich den Riesenspaß, die Tradition nehmen lassen. Allerdings überlegen er und seine Kameraden schon, ob sie nicht auf das Preis-Wallachen umsteigen sollen, ein Kartenspiel, das vom Aussterben bedroht ist, aber nicht als Glücksspiel gilt.

Florian Mascarello, stellvertretender Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands und Inhaber des Dechbettener Hofs in Regensburg, ärgert es riesig, wenn er hört, dass Polizisten und Staatsanwälte wegen Kartenspielern ermitteln. „Das ist Irrsinn und ein Angriff auf die Kartler-Kultur“, sagt er. „Watten sollte man nicht in eine sündige Ecke stellen, sondern als das behandeln, was es ist: als Kulturgut.“ In Gaststätten in Stadt und Landkreis werde seit Ewigkeiten um Geld gekartelt, zuallermeist um Centbeträge. Wer einen Lauf habe, gehe maximal mit zehn Euro Gewinn heim, beobachtet Mascarello. „Aber wenn es um Geld geht, ist der Reiz größer, sich zu konzentrieren und ordentlich zu spielen.“

In Bayern hat das Gesetz es noch nicht geschafft, die Kartler aus den Wirtshäusern zu vertreiben. Man hat sich arrangiert: Geht es nur um Kleinstbeträge oder etwa eine Halbe Bier, drückt der Gesetzgeber ein Auge zu. Dennoch droht das Kartenspiel auszusterben, findet Mascarello. Deshalb freuen sich er und seine Gastronomenkollegen über Kartler-Veranstaltungen wie die in Laub und die vielen anderen, über die im Landkreis lieber niemand öffentlich spricht. Mascarello sagt: „Wegen Preisgeldern von 200 Euro wird auch niemand süchtig.“ Viel eher müssten die Ermittler die Spielcasinos im Blick behalten. „Da kann man die zehn Euro, die manche beim Kartln an einem Abend gewinnen oder verlieren, in wenigen Minuten loswerden.“

Bleibt die Frage nach dem Werbeeffekt, den Veranstalter erzielen, wenn sie hohe Preisgelder aufrufen. Watten-Profi Erich Rohrmayer, der bei der Recherche für sein Buch sogar mit Experten von Kripo und Landeskriminalamt gesprochen hat, rät, den Siegern statt Geldscheinen Warengutscheine in gleicher Höhe zu überreichen. Dann sei das „rechtlich nicht relevant“.

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Gepostet am 07.03.2018 um 08:18 von:
Benutzer: räubertochter
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