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Ich kenne solche Fälle eigentlich nur so:

Wenn Hauptniederlassung im Ausland, dann greift § 4 GewO, hierfür muss der "Gewerbetreibende" jedoch auch entsprechende glaubwürdige Unterlagen aus dem Ausland vorlegen. Denn § 4 GewO gilt nicht mehr, wenn hier die Hauptniederlassung sein soll bzw. im Ausland kein Gewerbe besteht.
Bei solchen Fällen bestünde ja dann ggf. die Möglichkeit, mit IMI zu überprüfen, ob das in dem Ausland auch so der Fall ist, wie der Gewerbetreibende sagt.

Wenn also der Rumäne X hier ein Einzelunternehmen anmelden will, wohnt aber in Rumänien...dann würde ich sehr hellhörig werden. Wenn dieser Rumäne dann auch kein Wort Deutsch könnte, würde ich knallhart zurückweisen.

Hatte hier mal einen Slowaken, der hier für verschiedene Handwerksdienstleistungen eine Zweigstelle eröffnen wollte. Er legte mir Gewerberegisterauszüge aus der Slowakei vor. Ich hatte hier das Glück, dass die HWK mit im Boot war.

Grds. hatte ich zunächst auch den Verdacht auf Scheinselbständigkeit bzw. dubiose Bauchgefühle ;-) ...der Mann konnte kein Wort Deutsch, die Unterlagen waren mir suspekt, die Betriebsstätte war ein Seniorenheim.

Ich ließ mir also den Pachtvertrag vorlegen, telefonierte mit der Heimleitung, die mir ihr OK gaben, die HWK brauchte allerdings erst die Anmeldung und dann musste der Mann bei denen seine Berufsqualifikation nachweisen/überprüfen lassen...hatte alles gepasst.
Enge Zusammenarbeit mit anderen Behörden halte ich hier für sehr notwendig und hilfreich. Auch die Clearingstelle der RV hatte ich bei einem Fall schon mal zu Rate gezogen und dort sehr gute Infos erhalten, welche Merkmale eine Scheinselbständigkeit kennzeichnen.
Überhaupt habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich FA, HWK, RV und auch FKS freuen, wenn die Gewerbeämter auch mal Meldungen hinterfragen, da die sehr viele Probleme bekommen, wenn das Gewerbeamt schnarchig alles abstempelt. Man rennt also bei diesen Behörden eher offene Türen ein, wenn man sie um Hilfe bittet ;-).

Bei dem Fall mit mehreren Rumänen unter gleicher Anschrift gehe ich ganz stark von Scheinselbständigkeit aus.

Ich weise solche Meldungen mittlerweile rigoros zurück und verweise auf das Feststellungsverfahren der Rentenversicherung. Ich erkläre das dann so, dass die Leute dieses Verfahren durchführen können und, sofern sie mir einen Bescheid der RV über die Feststellung der Selbständigkeit vorlegen, einer rückwirkenden Anmeldung nix im Wege stünde.

Was soll ich sagen? Es kam nie wieder einer...
Leistungsklage gab es auch noch nie, aber meine Erfahrung ist, dass alle Fälle, die der FKS mit Anhaltspunkten gemeldet werden, im Sande verlaufen, weil die schlicht zu wenig Zeit für sowas haben und nur dann tätig werden können, wenn konkrete Infos zu Baustellen etc. vorliegen. Heißt: Die Scheinselbständigen bekommen was sie wollen und es passiert denen i.d.R. nix. Deswegen versuche ich die Weitermeldung an den Zoll zu vermeiden, auch als Entlastung für die FKS, und weise lieber zurück.

Nur noch bei Fällen, bei denen mein Bauchgefühl selbst unsicher ist, weil derjenige z.B. ausreichend Deutsch kann, gebe ich an den Zoll weiter.



Gepostet am 26.07.2017 um 11:46 von:
Benutzer: Roesje
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