Forum-Gewerberecht

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[quote][i]Original von hanisch-beckum[/i]
Ich hatte einen ähnlichen Fall und die Prüfung ergab folgendes:

Eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne eines freischaffenden Künstlers ist nach umfassender Prüfung nicht gegeben.
Es muss aber auch im Auge behalten werden, dass die Regelungen der HWK nur für den Anwendungsbereich des jeweiligen Gesetzes und nicht für das Gewerberecht verbindlich sind.
Das heißt, bezogen auf den jeweiligen Gesetzeszweck ist die eigene Beurteilung der Freien Berufe erforderlich, die Beurteilung der HWK schlägt demnach nicht durch.
Zum anderen ist die Tätigkeit auch nicht freiberuflicher Natur. Zwar gehören zu den freien Berufen nicht nur die in § 6 GewO aufgeführten Tätigkeiten, sondern alle „Dienstleistungen höhere Art“, insbesondere auch künstlerische Tätigkeiten.
Im Ergebnis ist dies hier jedoch aus folgenden Gründen zu verneinen:
Die Tätigkeit muss dem Bereich des künstlerischen Schaffens zuzurechnen sein.
Eine klare Definition des Kunstbegriffs gibt es weder im Grundgesetz noch in einfach gesetzlichen Regelungen. Es muss daher im Einzelfall festgestellt werden, wie weit der Gestaltungs- und Wirkungsbereich der Kunst reicht.

Wird auf den materiellen Kunstbegriff des BVerfG abgestellt, liegt das Wesentliche der künstlerischen Betätigung „in der freien schöpferischen Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium der Formsprache zu unmittelbaren Anschauung gebracht werden. Die künstlerische Tätigkeit ist ein Ineinander von bewussten und unbewussten Vorgängen, die rational nicht aufzulösen sind.
Beim künstlerischen Schaffen wirken Intuition, Phantasie und Kunstverstand zusammen; es ist primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck und zwar unmittelbarster Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers. In Bezug auf traditionelle handwerkliche Tätigkeiten wird der Geltungsbereich der Handwerksordnung verneint, wenn diese Tätigkeiten der freien schöpferischen Gestaltung von Kunstwerken dienen.

Um die gewerbliche von der künstlerischen Tätigkeit abzugrenzen, ist insbesondere auch die Rechtsprechung der Finanzgerichte heranzuziehen. So ist es ständige Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteil vom 23.08.1990, BStBl. 1991 II S. 20), dass im Grenzbereich zwischen Kunst und Gewerbe der gewerbliche Verwendungszweck und die bestimmungsgemäße Verwendung als Gebrauchsgegenstand die Annahme einer künstlerischen Tätigkeit grundsätzlich nicht ausschließen, wenn die Arbeiten nach ihrem Gesamtbild eigenschöpferisch sind und über eine hinreichende Beherrschung der Technik hinaus eine bestimmte künstlerische Gestaltungshöhe erreichen.
Maßgeblich ist demnach die auf die Künstlerpersönlichkeit zurückführende individuelle Ausdruckskraft, wobei nicht einzelne Arbeiten, sondern das Gesamtbild der Tätigkeit zu beurteilen ist.
Unter Heranziehung dieser Grundsätze gelangte ich zu dem Ergebnis, dass die Arbeiten nicht vorrangig von ihrer schöpferischen Gestaltungskraft geprägt und Ausdruck ihrer individuellen Persönlichkeit sind.

Im Fokus steht vielmehr die Beherrschung der handwerklichen Tätigkeit als eine darüber hinaus bestehende künstlerische Gestaltungshöhe.

Unerheblich ist auch, dass er sich als freischaffender Künstler sieht. Gewerberechtlich ist dies irrelevant. Diesbezüglich ist allein darauf abzustellen, ob das Handwerk oder die Kunst im Vordergrund steht. Gerade bei handwerklichen Tätigkeiten ist es erforderlich, dass sich die Tätigkeit nicht in der einzelfallbezogenen, in einer handwerklichen Ausbildung erlernbaren Bewältigung funktionaler Aufgaben und der Anwendung handwerklicher Techniken erschöpft.

VG[/quote]

Da wir (Handwerkskammern) hier schon genannt sind. Sobald eine gewerbliche Tätigkeit vorliegt, ist die Eintragungspflicht da.

Wenn es hingegen eine Künstler-Tätigkeit ist, ist der Betrieb nicht eintragungspflichtig, da die gewerbliche Tätigkeit als Voraussetzung fehlt.

Früher haben die Künstlersozialkassen die angehenden Künstler auf deren Eigenschaft geprüft und nur wirkliche Künstler aufgenommen. Da konnte man sich darauf berufen, solange keine KSK dann Gewerbe. Inzwischen nehmen die allerdings jeden auf - in sofern ist dies kein Abgrenzungskriterium mehr.

Die IHK München hat ein Merkblatt rausgegeben. Das hänge ich hier mal ran.



Gepostet am 15.02.2017 um 15:06 von:
Benutzer: HWK-CB
Der Original-Beitrag :
https://www.forum-gewerberecht.de/thread.php?postid=104813#post104813


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