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» 2016-07-13 Gesetzentwurf gegen Steuerbetrug «

Heute geht die Sache nunmehr in den Bundesrat.

TOP 33
[B]Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen[/B]

Dazu einige Hintergrundinformationen:
TOP 33: Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen
- BR-Drucksache 407/16 -
Zustimmungsgesetz


Inhalt der Vorlage
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht Änderungen der Abgabenordnung (AO) und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vor:
• Der neue § 146a AO sieht vor, dass derjenige, der aufzeichnungspflichtige Geschäfts-vorfälle oder andere Vorgänge mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems erfasst, ein elektronisches Aufzeichnungssystem zu verwenden hat, das jeden auf-zeichnungspflichtigen Geschäftsvorfall oder anderen Vorgang einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzeichnet. Dieses elektronische Aufzeichnungssystem und die digitalen Aufzeichnungen sind durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung zu schützen.
• Durch den neuen § 146b AO soll die so genannte Kassen-Nachschau eingeführt werden: Zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Buchungen von Kassen-einnahmen und Kassenausgaben können die damit betrauten Amtsträger der Finanz-behörde ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Außenprüfung während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten Geschäftsgrundstücke oder Geschäftsräume von Steuerpflichtigen betreten, um Sachverhalte festzustellen, die für die Besteuerung erheb-lich sein können.
• In § 379 AO werden Ordnungswidrigkeiten-Tatbestände geschaffen, mit denen Verstöße gegen § 146a AO geahndet werden können.
• Der neue § 30 in Artikel 97 des Einführungsgesetzes zur AO sieht vor, dass die genannten Vorschriften ab 01.01.2020 anzuwenden sind. Davon abweichend sollen nach 25.11.2010 und vor 01.01.2020 angeschaffte, nicht nachrüstbare Registrierkassen, die den Anforde-rungen der Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen vom 26.11.2010 (BStBl. I S. 1342) entsprechen, bis 31.12.2022 weiter verwendet werden dürfen.
Das Gesetz soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.

Ergänzende Informationen
Laut Gesetzesbegründung sind technische Manipulationen von digitalen Grundaufzeichnungen wie Kassendaten im Rahmen von Maßnahmen der Außenprüfung immer schwerer oder nur mit hohem Aufwand feststellbar. Die bestehenden gesetzlichen Regelungen bieten demnach keine ausrei-chenden Möglichkeiten, um Manipulationen von digitalen Grundaufzeichnungen, insbesondere Kassendaten, ohne großen Aufwand durch die Außenprüfungsdienste vor Ort aufzudecken. Die Veränderungen hinsichtlich steuerrelevanter Geschäftsvorfälle, die in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nachträglich, d. h. nach Dateneingabe, vorgenommen würden, seien insbesondere nicht dokumentierte Stornierungen, nicht dokumentierte Änderungen mittels elektronischer Programme oder Einsatz von Manipulationssoftware. Die Software könne Bedienereingaben unterdrücken,Umsatzkategorien löschen, Datenbanken inhaltlich ersetzen, Geschäftsvorfälle erfassen, die nicht stattgefunden haben, oder auch hochpreisige durch preiswertere Waren ersetzen. Die Manipula-tionssoftware könne sich versteckt auf dem Kassensystem selbst befinden (Phantomware), auf einem USB-Stick oder sie werde über das Internet verwendet (Zapper).
Die Thematik war lange mit dem Begriff INSIKA (INtegrierte SIcherheitslösung für messwertver-arbeitende KAssensysteme) verbunden. INSIKA wurde auf der Grundlage eines Konzepts der deutschen Finanzbehörden von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) von 2008 bis 2012 in einem Gemeinschaftsprojekt mit der Industrie entwickelt und erprobt. Das Verfahren kann ohne Patente, Lizenzkosten oder Ähnliches genutzt werden.
Die Bundesregierung hat sich jedoch im Gesetzentwurf für ein Zertifizierungsverfahren als technisches Konzept zur Sicherstellung der Unveränderbarkeit von digitalen Grundaufzeichnungen entschieden. Es ist laut Gesetzesbe-gründung eine technologieoffene und herstellerunabhängige Lösung. Das Zertifizierungsverfahren schreibt eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung vor, die aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer digitalen Schnittstelle besteht. Die technischen Anforderungen werden durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bestimmt; die technische Sicherheitseinrichtung wird vom BSI auch zertifiziert.
Zukünftig sollen elektronische Aufzeichnungssysteme bestimmte vorgesehene Anforderungen erfüllen. Eine verpflichtende Verwendung eines elektronischen Aufzeichnungssystems (z. B. Registrierkassenpflicht) ist aber nicht vorgesehen.
Zu der Thematik wird auf Artikel aus dem „Spiegel“, der „Süddeutschen Zeitung“ und der „Mittel-deutschen Zeitung“ verwiesen.

Zum Verfahren im Bundesrat
Der federführende Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zunächst allgemein zum Gesetz-entwurf Stellung zu nehmen. Er soll zwei gravierende konzeptionelle Mängel des Gesetzentwurfs konstatieren (betreffend Belegausgabepflicht und zentrale Registrierung der Sicherheitskompo-nenten), die nach seiner Auffassung zu erheblichen Sicherheitslücken führen; auch soll er darauf hinweisen, dass der Gesetzentwurf die vollständige Neukonzeption eines Sicherungsverfahrens nur für Registrierkassen vorsieht, obwohl Manipulationen derzeit in allen bargeldintensiven Branchen vorgenommen würden. Aufgrund des noch zu durchlaufenden langwierigen Prozesses der Entwicklung, Erprobung und Integration des Schutzsystems soll er seine Zweifel an der Einführung des Schutzsystems ab 01.01.2020 zum Ausdruck bringen. Der Bundesrat soll darum bitten, dem Gesetzesanliegen hinsichtlich Wirksamkeit und Zeitpunkt der Umsetzung durch die Einfügung eines alternativen Sicherungskonzepts besser Rechnung zu tragen. Er soll ferner seine Erwartung zum Ausdruck bringen, dass die Bundesregierung den Entwurf für eine Rechts-verordnung gemäß § 146a Absatz 3 AO des Gesetzentwurfs möglichst kurzfristig vorlegt. Darüber hinaus soll der Bundesrat eine Reihe konkreter Änderungen des Gesetzentwurfs vorschlagen, u. a. die Einführung einer Belegausgabepflicht, die Zuordnung der verwendeten Sicherheitseinrich-tungen zum jeweiligen Steuerpflichtigen durch eine zentrale Stelle, die Möglichkeit der Nutzung eines Verfahrens auf Basis einer standardisierten Signaturerstellungseinheit als gleichrangiges Sicherheitskonzept sowie verkürzte Übergangsfristen. Auch soll er sich dafür aussprechen, das neue Instrument der Kassen-Nachschau unverzüglich und nicht erst ab 2020 zur Verfügung zu stellen.

Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat hingegen, keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf zu erheben.

Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates.


[B]Der Bundesrat hat im ersten Durchgang darüber zu entscheiden, ob er zu dem Gesetzentwurf Stellung nimmt oder keine Einwendungen gegen ihn erhebt.[/B]

Presse:
[URL=http://www.mz-web.de/wirtschaft/neuer-gesetzesentwurf-so-soll-kassen-m
anipulation-kuenftig-verhindert-werden-24388766]Mitteldeutsche Zeitung[/URL]
[URL=http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/2.220/steuerhinterziehung-so-wil
l-die-regierung-den-betrug-an-der-kasse-stoppen-1.2911644]Süddeutsche.de [/URL]
[URL=http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-131578901.html]DER SPIEGEL[/URL]

Fundstelle der vg. Ausführungen [URL=http://www.lv.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwa
ltung/Landesvertretung/LV/Bundesrat_Erlaeuterungen_Ergebnisse/2016/Erlaeute
rungen_LV_ST_zum_948._BR.pdf]Klick![/URL]

Die Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrates im Detail (BR-Drs. 407/1/16 vom 09. 09. 2016) zu dem GE sind beigefügt.

Grüße



Gepostet am 23.09.2016 um 08:37 von:
Benutzer: gmg
Der Original-Beitrag :
https://www.forum-gewerberecht.de/thread.php?postid=102950#post102950


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