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Geschrieben von anders am 25.07.2006 um 08:24:

  BVerwG 10. Senat, Urteil vom 14.12.2005 - 10 CN 1/05 - Vergnügungssteuer (UHG)

Anmerkung zu: BVerwG 10. Senat, Urteil vom 14.12.2005 - 10 CN 1/05

Autor. Rüdiger Nolte, RiBVerwG
Erscheinungsdatum: 24.07.2006
Quelle:Fundstelle:jurisPR-BVerwG 15/2006 Anm. 1

Vergnügungssteuer für Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit (UHG)

Leitsatz

Sofern für Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit nicht feststeht, dass in dem betreffenden Gemeindegebiet nur Apparate mit ,,manipulationssicherem“ Zählwerk aufgestellt sind und aller Voraussicht nach nur solche Apparate künftig aufgestellt werden, ist die Erhebung der Vergnügungssteuer nach dem Stückzahlmaßstab für diesen Typ von Spielautomaten weiterhin grundsätzlich zulässig (im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 13.04.2005 - BVerwG 10 C 5.04 - DVBl 2005, 120.

A. ProblemstellungIst die neuere Rechtsprechung des BVerwG, wonach unter bestimmten Voraussetzungen die Erhebung einer gemeindlichen Vergnügungssteuer für Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit nach dem Stückzahlmaßstab gegen Art. 105 Abs. 2a GG verstößt, auf Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit übertragbar?

B. Inhalt und Gegenstand der EntscheidungDie Antragsgegnerin erhob eine Vergnügungssteuer auf das Halten von Spielautomaten. Ihrer Spielapparatesteuersatzung zufolge bemaß sich die Steuer nach der Stückzahl der Automaten (Stückzahlmaßstab), gestaffelt nach Automaten mit und ohne Gewinnmöglichkeit. Der VGH gab dem Normenkontrollantrag der betroffenen Automatenaufstellerin statt, weil eine gültige Bemessungsregelung für die Besteuerung sowohl von Gewinnspielautomaten als auch von Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit fehle. Bezogen auf Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit wandte die Revision dagegen ein, jedenfalls für Apparate dieser Art sei weiterhin der Stückzahlmaßstab zulässig, da sie nicht über manipulationssichere Zählwerke verfügten und deshalb nicht die erforderlichen Nachweismöglichkeiten für einen umsatzbezogenen Steuermaßstab bestünden. Das BVerwG hat die erstinstanzliche Entscheidung auf der Grundlage der in seinem Urteil vom 13.04.2005 ( 10 C 5/04 - BVerwGE 123, 218; jurisPR-BVerwG 19/2005 Anm. 3, Nolte) entwickelten Grundsätze insoweit bestätigt, als darin die Satzungsregelung über die Besteuerung von Gewinnspielautomaten nach dem Stückzahlmaßstab für ungültig erklärt worden ist. Hingegen hat es die Entscheidung aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, soweit der VGH die Satzung auch bezogen auf die Besteuerung von Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit für ungültig erklärt hat. Die neue Rechtsprechung des Senats zur Unzulässigkeit des Stückzahlmaßstabs bei der Spielautomatensteuer zugunsten eines wirklichkeitsnäheren umsatzorientierten Maßstabs beruhe wesentlich auf der Feststellung, dass mit Rücksicht auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Automatenaufstellerverbände seit dem 01.01.1997 Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit nur noch mit manipulationssicherem Zählwerk aufgestellt sein dürften. Könnten demgegenüber die Einspielergebnisse der Spielapparate ohne Gewinnmöglichkeit im Gemeindegebiet mangels manipulationssicherer Zählwerke nicht durchweg zuverlässig erfasst werden, verbleibe es insoweit beim bisherigen Rechtszustand, der die Besteuerung nach dem Stückzahlmaßstab erlaube. Dass auch für Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit eine entsprechende Selbstverpflichtung der Automatenaufstellerverbände wie für die Gewinnspielautomaten erklärt worden sei, habe der VGH nicht festgestellt. Ebenso wenig habe er tatsächliche Feststellungen dazu getroffen, dass die Aufsteller auch ohne Selbstverpflichtung Spielapparate ohne Gewinnmöglichkeit gegenwärtig und künftig nur noch mit manipulationssicherem Zählwerk aufstellten. Dem werde der VGH in der erneuten Verhandlung nachgehen müssen.

C. Kontext der EntscheidungDreh- und Angelpunkt der Rechtsprechung des BVerwG zur Spielautomatensteuer ist das Erfordernis eines wenigstens lockeren Bezugs zwischen dem Steuermaßstab und dem Vergnügungsaufwand des Spielers, der entsprechend dem Charakter dieser Steuer als einer Aufwandsteuer letztlich erfasst werden soll (vgl. bereits BVerwG, Urt. v. 22.12.1999 - 11 CN 1/99 - BVerwGE 110, 237, 242). Das BVerwG hatte einen solchen Bezug des Stückzahlmaßstabs zunächst auch für Gewinnspielautomaten allgemein bejaht und zur Rechtfertigung u.a. darauf verwiesen, dass der jeweilige Vergnügungsaufwand als sachgerechteste Bemessungsgrundlage mangels entsprechender Zähl- und Kontrolleinrichtungen an den Automaten nicht zuverlässig erfasst werden könne. In dieser Hinsicht hat sich jedoch bei den Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit eine Entwicklung vollzogen, die das BVerwG in seinem Urteil vom 13.04.2005 (a.a.O.) zu einer Änderung seiner Rechtsprechung veranlasst hat. In den Jahren 1989 und 1990 war es zwischen den Herstellern von Gewinnspielautomaten und den Verbänden der Unterhaltungsautomatenwirtschaft einerseits und den zuständigen Bundesministerien andererseits zu einer selbstverpflichtenden Vereinbarung gekommen, wonach ab dem 01.01.1997 nur noch Gewinnspielautomaten mit manipulationssicherem Zählwerk aufgestellt sein sollten. Aus dieser Entwicklung zog das BVerwG die Konsequenz, den erforderlichen lockeren Bezug zwischen Stückzahlmaßstab und Vergnügungsaufwand für Gewinnspielautomaten zu verneinen und den Stückzahlmaßstab dann zu beanstanden, wenn im Satzungsgebiet Einspielergebnisse derartiger Apparate vom Durchschnitt der dortigen Einspielergebnisse dieser Apparategruppe um mehr als 25% nach oben oder unten abweichen. Da sich die erwähnte Selbstverpflichtung offenbar auf Gewinnspielautomaten beschränkt und aufgrund der vom VGH getroffenen tatsächlichen Feststellungen auch nicht von der Annahme ausgegangen werden konnte, Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit seien heute ebenfalls allgemein nur noch mit manipulationssicheren Zählwerken ausgestattet, konnte die Entscheidung der Vorinstanz bezogen auf die letztgenannte Apparategruppe keinen Bestand haben.

D. Auswirkungen für die PraxisMit der Entscheidung hat das BVerwG – wie schon die Zurückverweisung an die Vorinstanz zeigt – nicht etwa den Stückzahlmaßstab für Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit „abgesegnet“. Die Praxis wird vielmehr in tatsächlicher Hinsicht zu prüfen haben, ob auch in dieser Apparategruppe nur noch Geräte mit manipulationssicherem Zählwerk auf dem Markt sind und damit auch für das jeweilige Steuersatzungsgebiet die Aufstellung
ausschließlich manipulationssicherer Geräte hinreichend gesichert ist. Nur wenn dies zutreffen sollte, sind die zur Besteuerung von Gewinnspielautomaten entwickelten Grundsätze auf Spielautomaten ohne Gewinnmöglichkeit übertragbar.

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