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Geschrieben von M.Hannes am 26.09.2011 um 14:10:

  höhere Tätigkeit, anmeldepflichtig?

Hallo liebe Forums-Nutzer,

ich hab da mal ne Frage:

Wenn jemand ein Studium als Bachelor abschließt /liegt mir vor)und dieser Abschluss nach deutschen Recht einem Tonmeister/Tontechniker/Ingenieur gleicht, benötigt er doch keine Gewerbeanmeldung da höhere Tätigkeit, oder?

Ich bitte um kurze Rückmeldung und bedanke mich bereits jetzt.

Grüße
M. Hannes



Geschrieben von Rheinhesse am 27.09.2011 um 07:54:

  RE: höhere Tätigkeit, anmeldepflichtig?

Moin aus Rheinhessen und im Forum,
bei dieser Frage stelle ich immer auf die ausgeübte (anzumeldende) Tätigkeit ab und stelle mir die Frage: Braucht der Gewerbetreibende (zwingend) für die Ausübung dieser Tätigkeit eine höhere Ausbildung?
Falls ja - kein anzeigepflichtiger Tatbestand nach § 14 GewO
Falls nein - formelle Gewerbeanzeige ist notwendig.

Denn - ein Rechtsanwalt, der nebenher Schreibwaren veräußert benötigt für die Veräußerung von Schreibwaren wohl nicht (zwingend) seine Zulassung als Anwalt - die ausgeübte Tätigkeit ist anzuzeigen.

Ähnlich könnte es bei Ihrem Tontechniker sein - anhand der Informationen würde ich von einer selbständigen, anzeigepflichtigen Tätigkeit ausgehen, da sich mir nicht erschließt, warum hier eine höhere (freiberufliche) Tätigkeit vorliegen sollte, die eine höhere Bildung zwingend erfordert.



Geschrieben von VoPi am 27.09.2011 um 13:08:

  RE: höhere Tätigkeit, anmeldepflichtig?

Moin und ,

bei der erworbenen beruflichen Qualifikation kann der Tonkünstler-Techniker auch zu den Katalogberufen (ähnliche Berufe) der Freiberufler gehören (siehe hier: http://www.freie-berufe.de/Katalogberufen-aehnliche-Beruf.346.0.html).

Beste Grüße und Wünsche für den Tag/ die Restwoche mailt VoPi aus "Struceberch".



Geschrieben von Steffen Balzer am 27.09.2011 um 15:01:

 

Hallo,

um mal die katalogähnlichen Berufe näher bestimmen zu können, kann ich euch nur folgende Infobroschüre empfehlen.

http://www.gs-journal.de/freiberu.pdf

Da sind die einzelnen Katalogberufe aufgezählt und näher definiert. So steht beim Tontechniker u.a.

Zitat:
künstlerische Tätigkeit; FG Berlin 30.09.1986, V 368/85, EFG 1987, 244


Diese Einstufung geht komplett in den künstlerischen Bereich. Für diesen wird keine höhere Bildung vorausgesetz.

Vom BVerfG , Beschl. v. 24.02.1971, BVerfGE 30, 173, 188ff wurde zum Grundrecht der "Kunst"-Freiheit des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ein weiter Kunstbegriff entwickelt:
Zitat:
"Das Wesentliche der künstlerischen Betätigung ist die freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zur unmittelbaren Anschauung gebracht werden. Alle künstlerische Tätigkeit ist ein Ineinander von bewussten und unbewussten Vorgängen, die rational nicht aufzulösen sind. Beim künstlerischen Schaffen wirken Intuition, Phantasie und Kunstverständnis zusammen; es ist primär nicht Mitteilung, sondern Ausdruck, und zwar unmittelbarster Ausdruck der individuelllen Persänlichkeit des Künstlers. Die Kunstfreiheitsgarantie betrifft in gleicher Weise den Werkbereich und den Wirkbereich des künstlerischen Schaffens. Beide Bereiche bilden eine unlösbare Einheit"
(Landmann/Rohmer § 14 Rdn. 24)

Ich würde mich daher stark den Ausführungen von Rheinhesse anschließen und sehe die Einordnung als Katalogberuf (ähnliche Berufe) als sehr wahrscheinlich nicht gegeben.



Geschrieben von LKKS am 27.09.2011 um 16:11:

 

Ich hätte auch Probleme, den Tontechniker (egal mit welcher Vorbildung) zum Freiberufler zu erklären.



Geschrieben von VoPi am 27.09.2011 um 17:18:

 

Hallo nochmals ins Forum,

zunächst zur Freiberuflichkeit "im steuerlichen Sinn": Im Jahr 1986, hat das Finanzgericht Berlin festgestellt, dass ein Tontechniker dann freiberuflich tätig ist, wenn es seine Aufgabe ist, "aus den musikalischen Leistungen der einzelnen Musiker ein bestimmtes Klangbild zu formen. Die Formung des Klangbildes stellt nach Ansicht des Gerichtes eine eigene künstlerische Tätigkeit dar, da das 'Gesamtklangbild', das der Künstler herstellt, gegenüber den Leistungen der einzelnen Musiker auf der Bühne ein neues und eigenständiges Kunstwerk ist.
Bei der Schaffung dieses Kunstwerkes in Gestalt des Gesamtklangbildes ist der Kläger durchaus in der Lage, eigenschöpferisch tätig zu werden und seiner individuellen Anschauungsweise Ausdruck zu verleihen, da der Kläger aufgrund der besonderen technischen Möglichkeiten der von ihm bedienten Anlage die Möglichkeit hat, die musikalische Darbietung der einzelnen Künstler erheblich zu verändern und diesen bei ihrer Zusammenfügung zu einem 'Gesamtklangbild' einen neuen künstlerischen Gehalt zu geben".
Finanzgericht Berlin, V. Senat, Urteil vom 30. September 1986, Aktenzeichen V 368/85.
Daher auch die entsprechende Eintragung bei Katalogberufe (ähnliche Berufe)!

Beste Grüße nochmals von VoPi aus "Struceberch".


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