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Geschrieben von Ulrich Erken am 19.07.2005 um 17:34:

  Partyschiff und Gaststättengesetz

Guten Tag allerseits. Bin neu in diesem Forum und kann von daher kleinere "Umgangsfehler" nicht ganz ausschließen. Man möge es großzügig übersehen!!

Zum Thema:
Hat jemand von Ihnen Erfahrung damit, ab welcher "Beförderungsintensität" ein Personenschiff noch als solches betrachtet werden kann und demnach nicht dem GastG unterliegt
(§ 25 I GastG)?
Hintergrund: In Bonn werden seit vergangenem Jahr in den Sommermonaten immer mal wieder "After-Job-Parties" auf einem eigens dafür gebauten großen Personenschiff gefeiert.
Vor der ersten Party habe ich den Veranstalter auf die Gestattungspflicht des § 12 GastG hingewiesen, woraufhin er glaubte, mitteilen zu müssen, es handele sich um Personenschiffahrt und daher entfiele die Erlaubnispflicht nach GastG.
Zunächst konnte ich ihn eines Besseren belehren, weil ich feststellte, dass sich das Schiff nur etwa ein Fünftel der Partydauer fortbewegte, ansonsten aber wie ein schwimmende Gaststätte am Ufer festlag.
Nach Einleitung eines ersten Bußgeldes wegen fehlender Gestattung ist der Veranstalter nunmehr dazu übergegangen, das Schiff mehr als die Hälfte der Partydauer den Rhein rauf und runer zu bewegen.
Während der neuralgischen Nachtstunden aber - etwa zwischen 23:00 und 02:00 Uhr - liegt es wieder am Ufer und stört Anwohner erheblich in deren Nachtruhe.
Die Frage ist daher: Entkommt mein Freund durch das überwiegende Fahren der Erlaubnispflicht und damit den dann möglichen Lärmauflagen? Kennt jemand einschlägige Gerichtsurteile zum Thema??

Danke im voraus,

Gruß,
Ulrich Erken



Geschrieben von Hubert Steinmetz am 20.07.2005 um 08:12:

  Partyboote

Moin nach Bonn

Auch wenn mein Gefühl mir eigentlich etwas anderes sagt, so sieht es mit der Gaststättenerlaubnis schlecht aus.
Laut Kommentar "Michel/Kienzle/Pauly" wird zu § 25 I ausgeführt, dass wohl richtiger die Auffassung ist, wonach vom Gesetzeswortlaut eine generelle Freistellung der genannten Beförderungsmittel gemeint ist. Dies wird damit begründet, dass es ansonsten wohl zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten kommen würde. Schade unglücklich
Hierzu muss im Gewerbearchiv 2002, S. 232,240 von Pfeifer/Fischer eine Ausarbeitung sein, Inhalt hiervon sowie Urteile sind mir nicht bekannt.
Was aber denn Lärm angeht, da gibt es ja auch Ahndungsmöglichkeiten außerhalb des Gaststättengesetzes Freude : Zum Beispiel als Owi nach 117 Ordnungswidrigkeitengesetz. Ob es hilft, weiß ich momentan auch nicht, mir fällt dazu aber noch die TA Lärm und das BImSchG ein.

Viel Erfolg und munter bleiben, Hubert Steinmetz 8)



Geschrieben von Gert Lindke am 20.07.2005 um 08:38:

  RE: Partyschiff und Gaststättengesetz

Guten Morgen aus Osnabrück,
auch wenn der Kommentar Michel/Kienzle zum Ergebnis kommt, dass Schiffe generell von der Erlaubnispflicht ausgenommen sind, halte ich dieses Ergenbis für nicht ganz richtig. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass eine rgelmäßige Fahrgastbeförderung im Vordergrund steht und dann in zulässiger Weise Speisen und Getränke verabreicht werden können. Nach der vorliegenden Info wird hier das Schiff lediglich in Bewegung - eine Rundfahrt gemacht und wieder angelegt; die Beförderung der Personen steht dabei völlig im Hintergrund, Hauptzweck ist Party und Verzehr von Speisen und Getränken.
Selbst wenn ich auf dem Holzweg wäre, kann man den Lärm mittels Auflage nach BimschG eindämmen, nämlich das Schiff bzw.die Art der Nutzung des Schiffes würde ich als nicht genehmigungsbedürftige Anlage einstufen.( §§ 22 f BimschG). Der Betreiber hat alles zu tun, was nach dem Stand der Technik vermeidbar ist, anch § 24 BimschG können Anordnungen im Einzelfall getroffen werden, also zum Beispiel Einpegelung der Musikanlage, aber auch unter Zuhilfenahme der TA Lärm eine Begrenzung der Öffnungszeiten.
Mit freundlichen Grüßen
Gert Lindke



Geschrieben von Jörg Wiesemeier am 20.07.2005 um 09:08:

  RE: Partyschiff und Gaststättengesetz

Hei aus Hamm,
ich sehe es genau so wie Kollege Lindke.

Eine Frage hätte ich allerdings noch dazu:
Müssen solche Schiffe und Liegeplätze nicht irgendwie beim Wasser- und Schifffahrtsamt o.ä. angemeldet werden? Vielleicht geht aus deren Unterlagen etwas hervor, was die Einsortierung erleichtert.

Viel Ahnung habe ich nicht davon, wir haben hier nur einen kleinen Kanal mit 1 Schiff. Das fährt auch für Partys zum Glück rum.



Geschrieben von Ulrich Erken am 20.07.2005 um 09:21:

  RE: Partyschiff und Gaststättengesetz

Hallo, schönen Dank für diese ersten Antworten, die meine Auffassung bestärken, dass das Thema nicht ganz so eindeutig geregelt iist.

Herr Wiesemeier: das Schiff ist als Fahrgastschiff beim Schifffahrtsamt registriert. Nur bin ich bisher davon ausgegangen, dass es bei der Bewertung auf die tatsächlichen Verhältnisse ankommt, so dass ich zunächst, bei nur sehr geringfügiger Fahrt anlässlich der Parties von einer überwiegenden Partynutzung ausging, jetzt aber, bei überwiegender "Bewegung" des Schiffes, von einer Betätigung als, wenn auch störendes, Fahrgastschiff ohne gaststättenrechtliche Ahndungsmöglichkeiten.
Ich werde also weiter überlegen, vielleicht mit Hilfe der ein oder anderen "Fremdidee"...!

Grüße,
Ulrich Erken.



Geschrieben von Antonia Thien am 20.07.2005 um 09:38:

  RE: Partyschiff und Gaststättengesetz

Hallo Herr Erken,

wir haben hier bei uns die "Amisia", die auf der Ems tuckert und ein Sightseeing- und Partyschiff ist. Anlegehafen ist die Stadt Haren (Ems), so dass wir in Meppen außen vor sind. Aber, wenn ich mich nicht ganz täusche, ist das Schiff vom Landkreis Emsland konzessioniert worden. Vielleicht kann Ihnen die Kollegin vom LK EL helfen.

Ansonsten bin ich der Meinung von Herrn Lindtke. Es kann eigentlich nicht richtig sein, dass ein reines Partyschiff (nichts anderes scheint "Ihr" Schiff zu sein) keine Konzession benötigt. Das Schiff dient doch gar nicht der Personenbeförderung (Von wo nach wo werden die Personen denn befördert?), sondern die Kurverei dient doch nur dazu, eine mögliche Erlaubispflicht zu umgehen.

Viele Grüße
Antonia Thien
Stadt Meppen



Geschrieben von Kramer-Cloppenburg am 20.07.2005 um 09:43:

 

Tag, Herr Erken! ..... und ein freundliches Moin aus Cloppenburg!

Auch wenn die Kollegen Lindke und Wiesemeier mir aus der Seele sprechen, muss ich mit voller Überzeugung dem Kollegen Steinmetz zustimmen.

Sowohl nach den Ausführungen im Kommentar Michel / Kienzle zu § 25 (hier insbesondere Rd.-Nr. 11) und den Ausführungen der dort zitierten Fundstelle im Gewerbearchiv 2002 (Seite 240) ist es danach egal, ob die Bewirtung der Gäste Haupt- oder Nebenzweck bei der Beförderung der Personen ist. Das GastG soll (nach dem Wunsch und dem Willen des Gesetzgebers) hier keine Anwendung mehr finden. Und wo nix GastG, da nix mit Auflagen nach GastG. - Aber wo nix GastG, da auch nix mit Sperrzeit nach GastG und damit gelten die ganz normalen Regelungen für Lärm nach Baurecht pp. - Und da die Nachtruhe ja nach gängiger Rechtsprechung um 22.00 Uhr beginnt und hier Störungen auch als OWi nach § 111 geahndet werden können (und sollten) und bei wiederholten Verstößen auch die Anwendung von Zwangsmitteln in Betracht kommen kann, dürften Sie dieses Problem (sofern Sie überhaupt weiter zuständig wären) m. E. auch relativ schnell in den Griff bekommen.



Geschrieben von Kai-Uwe Christiansen am 20.07.2005 um 11:01:

 

Hallo, alle zusammen!

Bisher ist ein derartiges Problem bei uns zwar nicht aufgetreten, es ist allerdings nicht auszuschließen, dass im Rahmen der Bergbausanierung und Flutung der Tagebaurestlöcher zu einer Seenlandschaft auch hier mal die sog. Party-Schiffe auftauchen. Deshalb habe ich mal in unserem Kommentar nachgesehen (Aßfalg/Lehle/Rapp/Schwab, Aktuelles Gaststättenrecht).
In Rz. 2 zu § 25 wird hier die Auffassung vertreten, dass der Wortlaut "...anlässlich der Beförderung von Personen..." entscheidende Bedeutung hat. Es sollten nur Personenbeförderungen mit Transportcharakter und Bordverpflegung von den Vorschriften des GastG befreit sein.

Die alte Geschichte, 2 Juristen und 4 Meinungen Augenzwinkern .

Es sieht so aus, dass der vorliegende Fall von Koll. Erken im Falle einer gaststättenrechtlichen Behandlung (also mit Erlaubnis) sicher vor dem VG entschieden werden muss.



Geschrieben von Kramer-Cloppenburg am 20.07.2005 um 12:51:

 

Hallo und nochmals Moin aus Cloppenburg!

Das VG Düsseldorf hat sich wohl schon einmal mit diesem Thema beschäftigt, wenn es hierbei auch um ein Schiff ging, welches offensichtlich längere Zeit am Kai lag. (Ortsfeste Anlage?? = Baurecht??)

Das Gericht sagt in seiner Pressemitteilung: "Es sei auch ohne weiteres erkenn- und voneinander abgrenzbar, wann ein Schiff fest vor Anker liege und wann es zu einer der zielgerichteten Beförderung von Personen dienenden Fahrt an.- bzw. ablegt", was u. U. doch dafür sprechen könnte, dass ein Schiff, welches nur für Partys gedacht ist, eine Erlaubnis benötigt. Vielleicht hat das Gericht ja noch weitere Ausführungen in der Begründung gemacht, was leider aus dem Pressetext nicht hervorgeht.

Hier ist der Link dazu: http://www.vg-duesseldorf.nrw.de/presse/pressem/2004/p0401122.htm .



Geschrieben von Ulrich Erken am 20.07.2005 um 13:12:

 

Hallo nach Cloppenburg,

vielen Dank für die Info. Ich werde mir das Urteil mal besorgen. Vielleicht werde ich schlauer dadurch.
Problematisch ist halt vorliegend, dass das Schiff mittlerweile überwiegend fährt und weniger als die Hälfte der Zeit am Ufer liegt.

Grüße aus Bonn.


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