Forum-Gewerberecht (https://www.forum-gewerberecht.de/index.php)
- Gewerberecht (https://www.forum-gewerberecht.de/board.php?boardid=3)
-- Reisegewerbe (Titel III GewO) (https://www.forum-gewerberecht.de/board.php?boardid=14)
--- Gaststätte im Reisegewerbe - Der Kaffefreund! (https://www.forum-gewerberecht.de/thread.php?threadid=7965)


Geschrieben von pef024 am 30.01.2011 um 14:02:

  Gaststätte im Reisegewerbe - Der Kaffefreund!

Hallo bin neu und eher ein Laie auf dem Gebiet und hab deshalb auch direkt mal ein paar Fragen:
Wir haben uns an der Uni mit dem sog. "Kaffeefreund" (gibt es echt in Müster) beschäftigt...kurz gesagt : Ein Mann verkauft vom Fahrrad aus Kaffee (to go).Er steht jedoch immer auf dem selben Platz (privates Gelände einer Kirchengemeinde). Somit handelt es sich nicht um ein stehendes Gewerbe und nicht um eine Gaststätte bin ich soweit richtig? Aber wie schaut es aus mit Reisegewerbe? Ist dies nach § 55 Abs. 9 eine reisegwerbekartenfreie Tätigkeit? Muss er überhaupt irgendwas anmelden. Meinem Erachten nach ist noch nicht einmal eine Gewerbeanmeldung notwendig oder? Muss er dies tuen oder kann er es machen?

Hab mich hier mal ein bischen eingelesen aber dank neuer Reformen usw. bin ich nicht eindeutig zu einer Lösung gekommen.
Um schnelle Antworten wäre ich sehr dankbar! MFG, Peter



Geschrieben von J. Simon am 31.01.2011 um 08:01:

 

Hallo,

wenn er immer an derselben Stelle steht, dann ist es durchaus als stehendes Gewerbe anzusehen, für das er m.E. eine Gewerbeanzeige erstatten muss. Wenn er den Kaffee zu mitnehmen und nicht zum Verzehr an Ort und Stelle verkauft, dann liegt auch kein Gaststättengewerbe vor.

MfG J. Simon



Geschrieben von jonas kuckuk am 31.01.2011 um 16:41:

  RE: Gaststätte im Reisegewerbe - Der Kaffefreund!

Lieber Kaffeefreund,

Da der Kaffee vom Fahrrad verkauft wird, handelt es sich nicht um eine Niederlassung, Der Kaffee wird also außerhalb der Niederlassung verkauft.
Auch wenn der Verkäufer öfters am selben Platz steht ist es noch lange kein stehendes Gewerbe.
Wichtig ist, dass er den Kaffee auf einem Privat Geländer verkauft, weil es sonst manchmal langer bürokratischer Wege bedarf und einen Blick in die zB Innenstadtsatzung sehr wichtig ist.

Würde man ganz großzügig den Kaffee zum alltäglichen Bedarf zählen oder sogar zum Vertrieb selbstgewonnener Erzeugnisse (§55a) könnte der Kaffee Verkäufer ohne Reisegewerbekarte auskommen. Nur leider wird er den Kaffee hier nicht selbst angebaut haben. Obst Gemüse und anderes wäre auch von der Reisegewerbekartenpflicht befreit.

Schenkt der Kaffeefreund seinen Kaffee in seiner Gemeinde oder der seines Lebensmittelpunkts oder der seiner Niederlassung aus und zählt die gemeinde unter 10000 Einwohner würde hier auch keinen Reisegewerbekarte notwendig sein.

Eine einfache Gewerbeanzeige seines Reisegewerbes sollte ausreichen und auch die Kosten sehr gering halten.

Solange keine vernünftigen Formulare für eine gewerbeanzeige des RGWs vorrätig sind, sollte der Anmelder sein "Formular" selbst gestalten.
Meine Empfehlung ist, den verkauf von Getränke oin verschlossenen Behältnissen dazu zu nehmen. So kann er auch auf andern Plätzen Getränke verkaufen.

Zum Glück gibt es keine Kaffekammer.

Viel Glück

Jonas Kuckuk



Geschrieben von J. Simon am 01.02.2011 um 06:49:

 

Moin Herr Kuckuck, Gruß nach Bremen,

wenn das mit der Niederlassung denn so einfach wäre...

Leider gibt der Ausgangssachverhalt keine genaueren Details zum Verhalten des Kaffeefreundes.

Wenn er aber immer wieder an derselben Stelle steht (egal ob Privatgarten oder öffentl. Verkehrsraum) und das für, sagen wir, den ganzen Tag, dann liegt kein Reisegewerbe vor, dann steht er. Ob er dann nur Kaffee zum Mitnehmen oder andere Lebensmittel verkauft ist ebenfalls zweitrangig.

Reisegewerbe ist nun mal dazu "verdammt" in Bewegung zu bleiben. Bei uns haben alle Wurstverkäufer, Obsthändler usw, die ein oder mehrmals die Woche den ganzen Tag an der gleichen Stelle stehen, ein stehendes Gewerbe angemeldet. Das ist dann z.B. eine Zweigniederlassung oder unselbstständige Zweigstelle.

Gruß J. Simon



Geschrieben von Jürgen Rixinger am 01.02.2011 um 07:57:

 

Das ist eine ziemlich schwierige Frage. Einerseits ist für das Reisegewerbe die Mobilität typisch, unser Kaffee-Mensch steht aber immer am gleichen Ort. Andererseits gibt´s für das stehende Gewerbe ja auch bestimmte räumliche Mindestanforderungen, die wir z.B. bei unseren Goldankäufern, die sich in Solarien oder Reisebüros vorübergehend einnisten, seither nicht anerkennen.

Leider kommt´s wohl mal wieder "auf den Einzelfall" an. Landmann-Rohmer (§ 55 Rdnr. 46) bezieht sich auf Entscheidungen des VG Köln und des VG Berlin, wonach eher ein Reisegewerbe vorliegt, wenn Verkaufsstellen morgens auf- und abends wieder abgebaut werden und nicht auf stationäre Versorgungsleitungen angewiesen sind. Alleine das zeitweise Verschwinden drücke dann schon die für das Reisegewerbe typische Mobilität aus. Demnach kann zwar die an Stromleitungen angehängte Softeismaschine eine feste Verkaufsstelle sein. Andererseits ist der stundenweise Warenverkauf von einem Klapptisch, Handkarren oder wohl auch einem Fahrrad eher als Reisegewerbe einzustufen. Vorliegend könnte also ausmachen, ob der Kaffee aus Thermoskannen verabreicht wird oder ob Stromleitungen zum Kaffeekochen vor Ort verlegt werden.



Geschrieben von jonas kuckuk am 01.02.2011 um 12:33:

  kaffeefreunde im Reisegewerbe?

Liebes Forum-

Vorweg: ich habe nicht den Anspruch immer richtig zu liegen oder immer recht zu haben- aber ich finde diese Diskussionen einfach lehrreich und deswegen bin ich auch großer Fan vom Forum.

Man müsste sich jetzt noch einmal mit dem Begriff der Niederlassung beschäftigen. Besonders auch mit dem reformierten Begriff durch die EU Dienstleistungsrichtlinie.
Was ich bezweifel, ist dass

"Wenn er aber immer wieder an derselben Stelle steht (egal ob Privatgarten oder öffentl. Verkehrsraum) und das für, sagen wir, den ganzen Tag, dann liegt kein Reisegewerbe vor, dann steht er. Ob er dann nur Kaffee zum Mitnehmen oder andere Lebensmittel verkauft ist ebenfalls zweitrangig."

Ein immer wieder genutzter (oder auch regelmäßig) Platz kann kein Hinweis auf ein stehendes Gewerbe sein.
Sicherlich ist zB das Marktrecht das fast älteste in der Gewerbeordung, aber nach dieser Logik wären auch Marktteilnehmer stehende Betriebe. Sind sie aber nicht, obwohl sie regelmäßig und auch immer wieder am selben Platz stehen. Ob sie Stromkabel nutzen oder nicht ist ebenfalls unerheblich.

Wer in beweglichen Räumen, auf/vom Fahrad oder vom Schiff aus verkauft wird es schwer haben hier eine Niederlassung zu begründen.

Keine gewerbliche Niederlassung ist daher zB ein Verkaufswagen (OVG Lüneburg OVGE 7,344) es sei denn so sagt es das OLG Hamm, es steht für längere zeit an derselben Stelle und ich glaube hier spricht man von mindestens 5 Monaten.
Wichtig für einen Niederlassung ist, dass der Raum auch tatsächlich ständig und regelmäßig genutzt wird. Vom dauernden Gebrauch ist die rede.
So soll der Gewerbetreibende mit einer gewissen Regelmäßigkeit für Geschäftspartner und Behörden erreichbar sein. Ein Ab zb reicht nicht aus um einen Niederlassung zu begründen. Auch eine regelmäßige Nutzung einer Gaststätte für Verkaufsveranstaltungen oder zB für einen Friseur ist ebenso nicht ausreichend für einen Niederlassung.

Ich sage es ja nicht gerne, aber ich glaube es hat in der Vergangenheit viele fehlerhafte/unvollständige Gewerbeanmeldungen gegeben. Ein Großteil der Anmeldungen eines stehenden Gewerbes bedürfen einer zusätzlichen Anzeige oder Anmeldung eines Reisegewerbes.

und: zu dem Moment "außerhalb der Niederlassung" gehört auch der Moment der "ohne vorhergehenden Bestellung" und den braucht man nicht bei einem Kaffeverkäufer auf dem fahrad zu diskutieren - oder?

Soweit meine spontan aus dem Ärmel geschüttelter kommentar.

Die Frage ist nur, ob dem Kaffeefreund jetzt geholfen ist.

Demnächst gerne mehr.

Jonas Kuckuk



Geschrieben von pef024 am 01.02.2011 um 13:06:

  RE: kaffeefreunde im Reisegewerbe?

Danke schonmal für die zügigen Antworten...
Ich habe dem Herrn der dieses Fahrradkaffee betreibt mal eine E-Mail geschickt und postwendend eine Antwort bekommen. Er hat ein Reisegewerbe angemeldet!
Nach welchen § usw. weiß ich nun nicht...muss jmd der eine Reisegewerbe anmeldet auch immer nach §14 sein Gewerbe anmelden?
PS.: Das Fahrradkaffe hat sogar eine eigene Hompegae für Interssierte einfach mal nach Kaffeefreund googeln...
Beste Grüße!



Geschrieben von Jürgen Rixinger am 02.02.2011 um 07:53:

  RE: kaffeefreunde im Reisegewerbe?

Zitat:
Original von pef024 ...muss jmd der eine Reisegewerbe anmeldet auch immer nach §14 sein Gewerbe anmelden?

In aller Regel nicht, § 14 gehört zum Titel II der GewO und betrifft damit das stehende Gewerbe. Allerdings ist § 55c zu beachten. Danach könnte eine Anzeigepflicht vorliegen, wenn es sich um eine reisegewerbekartenfreie Tätigkeit gem. § 55a Nr.9 GewO handeln würde. Wie gesagt, alles eine Frage des Einzelfalls und schwierig abzugrenzen.

Sofern die zuständige Behörde aber bereits eine RGK ausgestellt hat, dürfte eine zusätzliche Anmelde- bzw. Anzeigepflicht ausgeschlossen sein.


Forensoftware: Burning Board 2.3.6 pl2, entwickelt von WoltLab GmbH