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Geschrieben von Jörg Wiesemeier am 10.02.2005 um 20:25:

verrückt Reisegewerbekarte

Jetzt weiß ich als alter Hase auch nicht mehr weiter.
Bin heute gefragt worden, wo es steht, dass man nach Abmeldung eines Reisegewerbes seine Reisegewerbekarte abgeben muss.
Ich vermute, dass sich das aus den Tiefen des VwVG ergibt, da es in der GewO explizit nicht steht.
Wißt ihr was?

PS: Man kann aber auch blöd gefragt werden.



Geschrieben von René Land am 14.02.2005 um 11:54:

 

Eine solche Verpflichtung besteht meiner Meinung nach im vorliegenden Fall nicht.

§ 52 VwVfG (Bund) regelt die Rückgabe von Urkunden und Sachen.
Hier heißt es in Satz 1: „Ist ein Verwaltungsakt unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen oder ist seine Wirksamkeit aus einem anderen Grund nicht oder nicht mehr gegeben, so kann die Behörde die auf Grund dieses Verwaltungsaktes erteilten Urkunden oder Sachen, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt oder zu deren Ausübung bestimmt sind, zurückfordern.

Die Reisegewerbekarte selbst ist ein begünstigender Verwaltungsakt (unter Umständen mit belastenden Nebenbestimmungen). Gleichzeitig ist Sie Erlaubnisurkunde. Für das Gaststättenrecht ist dieser Begriff explizit in § 3 Abs. 1 S. 2 GastG genannt. Nach der Begriffsdefinition der Urkunde (Creifelds Rechtswörterbuch, 11. Aufl., S. 1217: „Urkunde ist eine in Schriftzeichen verkörperte Gedankenäußerung…“) trifft diese Definition jedoch zweifelsohne auf alle schriftlich erteilten Erlaubnisse zu. Insofern kann geschlussfolgert werden, dass die Reisegewerbekarte bei Vorliegen der in § 52 VwVfG (Bund) genannten Voraussetzungen (also wenn diese unanfechtbar widerrufen oder zurückgenommen worden ist) als Urkunde zurückgefordert werden kann. Diese Voraussetzungen liegen jedoch im genannten Beispiel nicht vor.

Im vorliegenden Fall ist meiner Ansicht nach auch gar keine Verpflichtung des Gewerbetreibenden zur „Abmeldung“ seines Gewerbes gegeben. Diese wäre nur in den Fällen eines erlaubnisfreien Reisegewerbes (§ 55a GewO) erforderlich.

Die vom Gewerbetreibenden ausgeübte Tätigkeit unterliegt als erlaubnisbedürftiges Reisegewerbe nach § 55 GewO dem Titel III der GewO. Hierfür ist keine Anzeige nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 GewO erforderlich. Dies ergibt sich zunächst aus dem Fakt, dass die Vorschriften des einzelnen Titel der Gewerbeordnung stets nebeneinander anzuwenden sind (u.a. Stober/Korte in Friauf, Kommentar zur GewO, § 61a RdNr. 2 in Bezug auf die Trennung der Vorschriften der Titel II und III). Über eine Transformationsvorschrift (Vorschrift, die einzelne Paragraphen eines Titels für einen anderen Titel für anwendbar erklärt) wird § 14 Abs. 1 Nr. 3 GewO nur durch § 55c GewO für die Fälle des § 55a GewO für anwendbar erklärt. Auch ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

Unstrittig ist es jedoch gängige Praxis, dass in den Verwaltungsbehörden oftmals bei der Erteilung einer Reisegewerbekarte auch eine GewA gefertigt und ausgehändigt wird. Dies erfolgt meist kostenfrei, was insofern nicht zu beanstanden ist. Eine sich daraus ergebende Verpflichtung - etwa zur Ummeldung oder Abmeldung des Gewerbes - kann daraus jedoch nicht hergeleitet werden. Diese Praxis dient in der Regel der Führung des „Registers über erteilte Reisegewerbekarten“, das jedoch gesetzlich nicht näher geregelt ist.

Teilt der Reisegewerbekarten-Inhaber der zuständigen Verwaltungsbehörde mit, dass er zukünftig nicht mehr gewerblich tätig sein will, so ist dies eine freiwillige Mitteilung ohne weitere Konsequenzen. Eine Verpflichtung zur Rückgabe seiner Reisegewerbekarte besteht nicht. Er könnte jedoch die Reisegewerbekarte verzichten und diese ggf. freiwillig zurückgeben (z.B. aus Altersgründen).

Unklar ist mir jedoch der Hinweis 6 des amtlichen Vordrucks der Reisegewerbekarte (1. Innenseite), wonach der Beginn des Reisegewerbes der Wohnsitzgemeinde nach § 138 Abs. 1 AO mitzuteilen ist. Der Wortlaut der angeführten Vorschrift verweist hier auf einen amtlich vorgeschriebenen Vordruck, der mir jedoch für Fälle des § 55 GewO nicht bekannt ist. Nach meiner Auffassung dürfte für Ihnhaber einer Reisegewerbekarte eher § 138 Abs. 1a AO in Frage kommen.

Viele Grüße

R. Land



Geschrieben von A. Borlinghaus am 26.07.2005 um 12:19:

 

Hallo aus Lüdenscheid,

ich gebe meinen Leuten ihre Reisegewerbekarte immer wieder mit, wenn die ihr Gewerbe abmelden (wir melden das Gewerbe, wie oben von Herrn Land geschildert, kostenfrei im Laufe des Verfahrens mit an, was bei uns das Finanzamt erfreut, denn die wissen dann auch Bescheid, wenn ein Reisegewerbe nicht mehr betrieben wird), da m.E.n. auch nirgendwo geregelt ist, dass eine Reisegewerbekarte in irgendeiner Form "verfällt", anders als z.B. bei Gaststättenerlaubnissen.

P.S. Huch, habe gerade erst gemerkt, dass das Thema schon etwas älter war... Kopfkratz


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