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Geschrieben von Rammstein1 am 04.04.2009 um 16:14:

  freie Sicht auf Toilette

Hallo zusammen!

Ich habe bereits einiges über Toiletten gelesen aber dennoch eine Frage:
Darf der Blick bei geöffneter Tür des Toilettenvorraumes auf die dahinter befindlichen Toiletten fallen? (nicht Urinale sondern Kabinen bzw. deren Türen sofern sie geschlossen sind) Ich wüsste nicht, dass etwas dagegen spricht. Türschließer müssen ja ohnehin existieren. Diese Frage wurde an mich im Hinblick auf einen geplanten Umbau gerichtet.

Grüße aus dem Rheinland und
vielen Dank! smile



Geschrieben von Ingolstadt am 06.04.2009 um 12:25:

  RE: freie Sicht auf Toilette

Toilettentürenexhibitionismusverhinderer.

Nach unserer nicht mehr gültigen Gaststättenbauverordnung (Bayern) war für die Toilette ein Vorraum vorgeschrieben. Seit der "Entbürokratisiuerung" richten sich die Anforderungen an Toiletten nach den betrieblichen Erfordernissen. Diese hat in erster Linie der verantwortliche Architekt zu ermitteln.

Da es sich hier eher um eine ästetische Vorgabe handelt, kann auf eine Zwischentüre auch verzichtet werden. Aus hygienischen Gründen ist aber ein Vorplatz mit Handwaschbecken nach wir vor nötig. Dieser könnte jetzt auch von beiden Geschlechtern gemeinsam genutzt werden. Wäre aber für Toiletten mit größerem Schmink- und Gesprächsbedarf nicht zu empfehlen.

Hier können unsere weiblichen Forenteilnehmerinen besser beurteilen, bei welcher Gaststätte der Vorraum zur Toilette größer sein sollte, als der Hauptgastraum.)




Geschrieben von Bresgen am 06.04.2009 um 15:05:

  RE: freie Sicht auf Toilette

Zitat:
Original von Ingolstadt
Hier können unsere weiblichen Forenteilnehmerinen besser beurteilen, bei welcher Gaststätte der Vorraum zur Toilette größer sein sollte, als der Hauptgastraum.)


So ein Schlawiner, dieser Bayer !

Und dann auch noch ..teilnehmerinen , da können wir ja glatt von Glück sprechen, dass dort nicht terrinen steht !

Das Thema mit Vorraum mit Handwaschgelegenheit und wenn ja, wie viele und wie getrennt ist hier aber gerade auch mal wieder großes Thema.
Ich habe auch gesagt, dass das Handwaschbecken aus hygienischen Gründen nicht im selben Raum sein darf, wie der Klo. Großes Streitthema war dann auch die Trennung des Vorraums nach Männlein und Weiblein.
Kann man dies eigentlich irgendwo nachlesen?
Ich habe hier natürlich noch die Vorgabe der ehemaligen Gaststättenbauverordnung in meinen Unterlagen, aber nichts neues, woraus die Toilettenregelung hervorgeht.

Sonnige Grüße aus Euskirchen



Geschrieben von Ingolstadt am 06.04.2009 um 17:20:

  RE: freie Sicht auf Toilette

Krone der Schöpfung.

Schönen Frauen soll man Geschenke bringen, daher zuerst ein Geschenk:

" n "

Da dies etwas wenig und auch nur der Ausgleich für ein Versäumnis (wie Blumen nach dem .... was auch immer) ist noch etwas mehr:

Auszug aus der Versammlungsstättenverordnung (Bayern):

§ 12 Toilettenräume

(1)Versammlungsstätten müssen getrennte Toilettenräume für Damen und Herren haben. Toiletten sollen in jedem Geschoss angeordnet werden. Es sollen mindestens vorhanden sein:

Besucherplätze----Damentoiletten----Herrentoiletten
---------------------Toilettenbecken---Toilettenbecken---Urinalbecken

bis 1000 je 100----1,2-------------------0,8----------------- 1,2

über 1000
je weitere 100------0,8------------------0,4------------------0,6

über 20000
je weitere 100------ 0,4------------------0,3-----------------0,6

Die ermittelten Zahlen sind auf ganze Zahlen aufzurunden. Soweit die Aufteilung der Toilettenräume nach Satz 2 nach der Art der Veranstaltung nicht zweckmäßig ist, kann für die Dauer der Veranstaltung eine andere Aufteilung erfolgen, wenn die Toilettenräume entsprechend gekennzeichnet werden. Auf dem Gelände der Versammlungsstätte oder in der Nähe vorhandene Toiletten können angerechnet werden, wenn sie für die Besucher der Versammlungsstätte zugänglich sind.

(2) Für Rollstuhlbenutzer muss eine ausreichende Zahl geeigneter, stufenlos erreichbarer Toiletten, mindestens jedoch je zehn Plätze für Rollstuhlbenutzer eine Toilette, vorhanden sein.

(3) Jeder Toilettenraum muss einen Vorraum mit Waschbecken haben.

Die obigen Angaben sind momentan die einzig verbindlichen Richtwerte, da die Gaststättenbauverordnungen aufgehoben wurden. Toiletten sind immer dann erforderlich und ggf. von der Baugenehmigungsbehörde zu fordern, wenn sich aus dem Betriebscharakter der Bedarf nach einer Toilette ergibt. Der Architekt / Bauherr hat hierzu entsprechende Angaben zu machen.

Aus Absatz 3 kann man den Schluss herleiten, dass Toiletten einen Vorraum mit Waschbecken haben müssen. Von einer Abtrennung oder gar Toilettentüren ist hier nicht die Rede. Man geht offenbar davon aus, dass diese vom normalen Menschenverstand gefordert werden. Ob dieser Verstand auch bei Investoren und Kostenrechnern vorhanden ist, wird sich wohl noch zeigen. Allerdings hat man ja auch beim Finanzwesen auf die Kräfte des Marktes und den Verstand vertraut. Aber: Vertrauen ist gut, Kontrolle (Controlling) ist besser.

Ich hoffe, mir fehlt nur gelegentlich ein "n" und nicht der Verstand.




Geschrieben von Bresgen am 08.04.2009 um 08:53:

  RE: freie Sicht auf Toilette

@Ingolstadt

Lieber Kollege, ganz herzlichen Dank für diese ausführliche Antwort.

Ich habe inzwischen hier auch mal recherchiert, die Versammlungsstättenverordnung für NRW sagt exakt dasselbe.
Ich werde dieses Ergebnis dann mal unserem Abteilungsleiter unterbreiten, mal sehen, ob dann wieder der Standardspruch kommt: ja aber die Gaststättenbauverordnung wurde ja aufgehoben, der Erlass des Ministeriums ist ja kein Gesetz und die Versammlungsstättenverordnung kann ja nicht für einen kleinen Imbissbetrieb herangezogen werden !

Sonnige Grüße aus Euskirchen



Geschrieben von Waldfee am 08.04.2009 um 09:02:

  RE: freie Sicht auf Toilette



Soweit mir bekannt, gilt die Versammlungsstättenverordnung (Bayern) aber erst ab 200 Gästen und ist somit für einen kleinen Imbiss nicht anwendbar.



Geschrieben von Bresgen am 08.04.2009 um 09:08:

  RE: freie Sicht auf Toilette

@ Waldfee

Genau deshalb sagt mein Abteilungsleiter ja auch, dass diese nicht für den Imbiss gilt.

Aber wenn ich seiner Argumentation folge, komme ich zwangsläufig zu dem Entschluss, dass dann jeder, der keine Versammlungsstätte hat, machen kann was er will.

Aber was bleibt uns anderes übrig, als aus den Angaben der alten, aufgehobenen Gaststättenbauverordnung, dem Ministerialerlass, dass die dort verankerten Richtwerte aber selbstverständlich weiterhin Gültigkeit besitzen sowie den Angaben aus der Versammlungsstättenverordnung, die in diesem Fall denen der alten Gaststättenbauverordnung entsprechen, zu dem entsprechenden Schluss zu kommen (wie der Kollege aus Ingolstadt auch schrieb), dass pro Toilette ein eigener Vorraum erforderlich ist.

So lustig ist es eben dank des Bürokratieabbaus noch Regelungen zu finden, die dann anwendbar sind.



Geschrieben von Antonia Thien am 08.04.2009 um 09:10:

  RE: freie Sicht auf Toilette

Hi Waldfee,

richtig, das ist in Niedersachsen auch so.

Zum Thema: Ob Vorraum oder nicht ist inzwischen eine rein baurechtliche Entscheidung und sollte von den zuständigen Kollegen bestimmt werden, dafür gibt es schließlich die Landesbaugesetze etc..

Viele Grüße
A. Thien



Geschrieben von Bresgen am 08.04.2009 um 09:14:

  RE: freie Sicht auf Toilette

@ Antonia Thien

Was die baurechtliche Entscheidung angeht, das stimme ich Ihnen voll und ganz zu.
Aber leider ist es bei uns mal wieder zweierlei, wer zuständig ist und wer diese Zuständigkeit dann wieder nicht wahrnimmt. Tatsache ist leider, dass diese Erläuterungen mal wieder an uns hängenbleiben.



Geschrieben von Antonia Thien am 08.04.2009 um 09:17:

  RE: freie Sicht auf Toilette

Hi Frau Bresgen,

ich arbeite natürlich auch mit unserem Bauamt zusammen und werde regelmäßig um Stellungnahmen gebeten. Die letzte Enstcheidung überlasse ich aber den Kollegen.

Viele Grüße
A. Thien



Geschrieben von Bresgen am 08.04.2009 um 09:20:

  RE: freie Sicht auf Toilette

Frau Thien,

bei mir ist der Fall leider gerade gegenteilig:
Ein Imbiss will Alkoholausschank betreiben, will demzufolge bei mir eine entsprechende Konzession beantragen, hat aber nicht die erforderlichen Toiletten mit separaten Vorräumen. Und unser Bauamt argumentiert wie mein Abteilungsleiter ! Kopfkratz



Geschrieben von Waldfee am 08.04.2009 um 09:22:

  RE: freie Sicht auf Toilette



Wie hieß es so schön in den Erläuterungen der Änderungen im Entwurf einer Versammlungsstättenverordnung (August 2006):

"Die in der bisherigen GastBauV enthaltenen, eher dem Gaststättenrecht als dem Bauordnungsrecht als Gefahrenabwehrrecht zuzuschreibenden Anforderungen an Gasträume, Toilettenanlagen und Küchen sind nicht mehr erforderlich, weil sie einen Standard beschreiben, der heute überall gang und gäbe ist. Sie können deshalb entfallen."

Wir richten uns deshalb nach der bisherigen GastBauV.



Geschrieben von Antonia Thien am 08.04.2009 um 09:43:

  RE: freie Sicht auf Toilette

...und wie heißt es sinngemäß so schön im GewA 2005/353:
"Die Bestimmung der Anzahl notwendiger Toiletten erfolgt durch die Baubehörde im Baugenehmigungsverfahren. Die Gaststättenbehörde ist anzuhören und kann aus ihrer Erfahrung Angaben zur notwendigen Toilettenzahl machen."



Geschrieben von Ingolstadt am 08.04.2009 um 10:21:

  RE: freie Sicht auf Toilette

Verteidiger/innen der Vernunft.

Meinem Kollegen aus dem Bauordnungsamt habe ich aufgrund folgender Aussage:

Der Gesetzgeber sieht mittlerweise keine Regularien mehr für den Nachweis von Toilettenanlagen vor.

Für Ihren geplanten Glühweinstand auf öffentlichem Grund ist eine Sondernutzungserlaubnis erforderlich.
nachstehende e-Mail geschrieben. Seitdem funktioniert die Abstimmung wieder wunderbar.

Sehr geehrter Kollege,

bitte gestatten Sie mir eine Richtigstellung, denn die von Ihnen gemachte Aussage könnte bei Gastwirten zu falschen Vorstellungen führen.Richtig ist, dass es seit dem Wegfall der Gaststättenbauverordnung keine detaillierten gesetzliche Vorgaben für die Anforderungen an den Bau und Betrieb von Gaststätten mehr gibt. Derzeit besteht auch keine Absicht, von der Möglichkeit des Art. 80 Abs. 1 Nr. 4 BayBO bezüglich der Gaststätten Gebrauch zu machen.Die Anforderungen an Gaststätten sind daher im Einzelfall nach Art. 3 Abs. 1 und Art. 54 Abs. 3 BayBO von der Bauaufsichtsbehörde festzulegen.(Anmerkung: baurechltiche Generalklausel Art. 2 Abs. 1 Bayer. Bauordnung:
"Anlagen sind unter Berücksichtigung der Belange der Baukultur, insbesondere der anerkannten Regeln der Baukunst, so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit, und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden. 2Sie müssen bei ordnungsgemäßer Instandhaltung die allgemeinen Anforderungen des Satzes 1 ihrem Zweck entsprechend angemessen dauerhaft erfüllen und ohne Missstände benutzbar sein.")

Ob und in welchem Umfang Toiletten verlangt werden, ergibt sich daher aus der beabsichtigten Nutzung. Toiletten sind dann erforderlich, wenn mit einem längeren Aufenthalt der Gäste in den Räumen oder dem Umfeld der Gaststätte zu rechnen ist. Die Zahl und Ausstattung der Toiletten ist anhand der voraussichtlichen Besucherzahl abzuschätzen.Bei temporär betriebenen Gaststätten ist keine Baugenehmigung erforderlich. Nach der derzeitigen Rechtslage werden die dort notwendigenToiletten im Rahmen der Gaststättenerlaubnis vorgeschrieben.Im vorliegenden Fall ist eine Gaststättenerlaubnis erforderlich, da alkoholische Getränke ausgeschenkt werden. Dieser Ausschank wird in beschränktem Umfang vom Gewerbeamt auch ohne eigene Toilettenanlage erteilt. Es ist mit einer kurzen Aufenthaltsdauer zu rechnen. Daher besteht kein Bedarf, am Ausschankort eine Toilette zur Verfügung zu stellen.Bei „normalen“ Gaststättenbetrieben sind grundsätzlich Toiletten erforderlich, auch wenn die Gaststätte über weniger als 40 Gastplätze verfügt. Ein Verzicht ist möglich, wenn kein Alkohol ausgeschenkt wird, der Betrieb darauf ausgerichtet ist, nicht mehr als 40 Gäste gleichzeitig zu bewirten und deren Aufenthaltsdauer in der Regel auf die Zeit zur Einnahme einer Mahlzeit beschränkt ist. Darunter fallen Imbissgaststätten (Dönerläden, Würstlstände, Schnittpizza), Bäckereien, Metzgereien, Lebensmitteleinzelhandel oder Tankstellen mit Imbiss-Ecke. Imbiss-Großbetriebe wie McDonalds, Burger-King etc. sind auf eine längere Aufenthaltsdauer ausgerichtet. Zudem erwartet das Publikum dort eine Toilette.Bis der Gesetzgeber erkennt, dass es durch die fehlende Regelung zu Missständen kommt, müssen wir uns mit der „baurechtlichen Generalklausel“ behelfen.So ist's bei uns in Bayern, in den anderen Bundesländern wird die Entbürokratisierung wohl auch zu solchen Ergebnissen führen. Wie die Waldfee so schön schreibt, geht der Gesetzgeber in seinem Vertrauen in die Vernunft der Menschen und die Selbstheilungskräfte der Marktwirtschaft davon aus, dass die Bauherren schon selbst wissen, wie eine Gaststätte zu bauen ist. Das bedeutet eigentlich, wir sollen uns um die Sache überhaupt nich kümmern, bei Mißständen bleiben halt die Gäste aus und der Markt sorgt so für das Ende der Problemlage.Was der "Markt" zu leisten vermag, zeigt uns jetzt deutlich die Wirtschafts- und Bankenkrise. Hier haben Vernunft und marktwirtschaftliche Selbstheilungskräfte ein tolles Ergebnis zustandegebracht. Wer muss es jetzt wieder richten? Die Trottel aus dem öffentlichen Sektor, die von all den Zusammenhängen ja keine Ahnung haben!


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