Forum-Gewerberecht (https://www.forum-gewerberecht.de/index.php)
- Medienschau (https://www.forum-gewerberecht.de/board.php?boardid=34)
-- sonstige Themen (https://www.forum-gewerberecht.de/board.php?boardid=38)
--- 'Keine Selbstbedienung bei Pflanzenschutzmitteln' (https://www.forum-gewerberecht.de/thread.php?threadid=4462)


Geschrieben von Puz_zle am 27.11.2008 um 20:16:

Text 'Keine Selbstbedienung bei Pflanzenschutzmitteln'

Pressemitteilung des HessVGH vom 26.11.2008
Quelle: http://www.vgh-kassel.justiz.hessen.de/irj/VGH_Kassel_Internet?cid=326f6305d6bd48602f927022e4b51aa1

Zitat:
Keine Selbstbedienung bei Pflanzenschutzmitteln
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat mit einem heute verkündeten Urteil die Berufung eines Betreibers von Gartencentern zurückgewiesen. Die Klage war auf die Feststellung gerichtet, bestimmte Pflanzenschutzmittel entgegen dem geltenden Selbstbedienungsverbot im Pflanzenschutzgesetz frei im Regalverkauf anbieten zu dürfen.

Der Kläger sah sich durch das generelle Selbstbedienungsverbot in rechtswidriger Weise in seiner Freiheit eingeschränkt, über den Vertrieb von Pflanzenschutzmitteln im Rahmen seiner Freiheit zur Berufsausübung selbst zu entscheiden. Er machte geltend, das gesetzliche Verbot, Pflanzenschutzmittel in Automaten oder im Wege der Selbstbedienung in den Verkehr bringen zu dürfen, sei zumindest hinsichtlich solcher Produkte überflüssig und unverhältnismäßig, die zu keinen oder jedenfalls nur bei grobem Missbrauch durch den Anwender zu Gefahren für die menschliche Gesundheit oder für den Naturhaushalt führen können.

Ebenso wie zuvor das Verwaltungsgericht Gießen ist der Hessische Verwaltungsgerichtshof dieser Argumentation in seiner heutigen Entscheidung nicht gefolgt. Der Gerichtshof ist davon ausgegangen, dass ein Großteil auch der für den Haus- und Kleingartenbereich zugelassenen Pflanzenschutzmittel ein erhebliches Gefahrenpotenzial für den Anwender und den Naturhaushalt in sich berge. Das mit einer zwingenden Beratungspflicht durch sachkundiges Verkaufspersonal verbundene gesetzliche Selbstbedienungsverbot begegne daher keinen rechtlichen Bedenken.

Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wurde zugelassen.

(Aktenzeichen: 6 A 694/08 )



Geschrieben von Puz_zle am 27.08.2009 um 15:30:

  RE: 'Keine Selbstbedienung bei Pflanzenschutzmitteln'

Moin Moin aus Thüringen,

das Bundesverwaltungsgericht hat nun die vorgenannte Entscheidung des HessVGH bestätigt:

Pressemitteilung des BVerwG vom 27. August 2009
Quelle: http://www.bundesverwaltungsgericht.de

Zitat:
Selbstbedienungsverbot für Pflanzenschutzmittel

Das Verbot, Pflanzenschutzmittel durch Automaten oder durch andere Formen der Selbstbedienung in den Verkehr zu bringen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 Pflanzenschutzgesetz) schränkt die Berufsausübungsfreiheit der Verkäufer solcher Mittel in verfassungsrechtlich zulässiger Weise ein. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden. Die Klage der Inhaberin mehrerer Gartenmärkte, die einige von ihr als ungefährlich angesehene Pflanzenschutzmittel im Wege der Selbstbedienung verkaufen wollte, blieb deshalb in allen Instanzen erfolglos.

Das Selbstbedienungsverbot für Pflanzenschutzmittel ist verbunden mit der Verpflichtung der Verkäufer, den Erwerber über die Anwendung des Pflanzenschutzmittels, insbesondere über Verbote und Beschränkungen, zu unterrichten (§ 22 Abs. 2 Pflanzenschutzgesetz). Sinn und Zweck der Regelung ist es, dem privaten Anwender, der die für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln erforderlichen Kenntnisse nicht hat, so zu beraten, dass er - wenn überhaupt - ein in seinem Falle richtiges Pflanzenschutzmittel erwirbt und dieses dann gemäß den geltenden Anwendungsbestimmungen auch anwendet, insbesondere dabei nach guter fachlicher Praxis verfährt.

Die damit verbundene Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit des Verkäufers ist nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts verhältnismäßig. Insbesondere ist die Regelung erforderlich, weil allgemeine - über die Gebrauchsanweisung vermittelbare - Kenntnisse nicht ausreichen, um ein Pflanzenschutzmittel im Einzelfall sachgerecht anzuwenden. Der Besitzer eines Haus- oder Kleingartens, der an seinen Pflanzen ein Schadbild feststellt, wird nur selten erkennen können, welcher Schadorganismus die Pflanzen befallen hat, welches Pflanzenschutzmittel zu dessen Bekämpfung geeignet ist oder ob es sich nicht stattdessen empfiehlt, die befallenen Pflanzen zu entfernen, um eine weitere Ausbreitung des Schädlings zu verhindern. Eine Klärung dieser Fragen ist nur in einem Beratungsgespräch und nicht durch die Lektüre einer Gebrauchsanweisung möglich.

Für Mittel, die keine Gefahrstoffe im Sinne des Gefahrstoffrechts enthalten, gilt nichts anderes. Im Interesse einer umfassenden Gefahrenvorsorge und Umweltschonung durfte der Gesetzgeber auch bei diesen Mitteln vorschreiben, dass sie nur auf Grund einer sachkundigen Beratung nach guter fachlicher Praxis angewandt werden dürfen.

BVerwG 7 C 1.09 - Urteil vom 27. August 2009


Forensoftware: Burning Board 2.3.6 pl2, entwickelt von WoltLab GmbH