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--- Meldung von Reisegewerbetreibenden an die IHK (https://www.forum-gewerberecht.de/thread.php?threadid=2102)


Geschrieben von BeBo56 am 21.06.2007 um 12:11:

Fragezeichen Meldung von Reisegewerbetreibenden an die IHK

Hallo Forenmitglieder,

die IHK Bielefeld versucht von uns Daten über Reisegewerbekarteninhaber zu erlangen. Sie argumentiert mit Schutz der Gewerbetreibenden vor hohen Beitragsnachforderungen wegen verspäteter Kenntnis der Reisegewerbetätigkeit, Nutzung IHK-Beratern und IHK-Kontaktbörsen zum Aufbau von Kontakten zu Geschäftspartnern. Ebenso empfiehlt sie die Meldung an den Landesverband der Berufsgenossenschaften. Wieder mit dem Argument, dass ein Schausteller evtl. in seiner Existenz gefährdet sein könnte, wenn seine gewerbliche Tätigkeit verspätet bekannt würde, weil nicht selten Nachveranlagungen bis zu 4 Jahren festgesetzt würden.

Eine Rechtsgrundlage für solche Meldungen findet sich in § 55 ff. GewO nicht. Die Regelungen des § 14 gelten m.E. nicht für Reisegewerbe.
Ich habe daher nicht vor, mich an diesem Einnahmeerhöhungsversuch der IHK zu beteiligen.
Wie sieht es in Ihrem Bereich aus? Hat ihre IHK auch schon diese neue Einnahmequelle erkannt und versucht mit Hilfe der Gewerbeämter Daten zu erlangen?

Für Meldungen aus allen Teilen der Republik bin ich dankbar.

Grüße aus dem regnerischen Ostwestfalen


BeBo



Geschrieben von Antonia Thien am 21.06.2007 um 12:22:

  RE: Melung von Reisegewerbetreibenden an die IHK

Hi,

bislang hat unsere IHK noch keinen ähnlichen Versuch unternommen.

Lt. ReisegewVwV sind über die Erteilung einer RGK zu unterrichten:
das Finanzamt
die Berufsgenossenschaften über den Hauptverband und
die zuständige Ausländerbehörde (soweit RGK an einen Ausländer erteilt wird).

Diese Aufzählung ist abschließend und damit eindeutig. Nix IHK.

Viele Grüße
A. Thien



Geschrieben von Puz_zle am 21.06.2007 um 13:32:

  RE: Meldung von Reisegewerbetreibenden an die IHK

Moin Moin aus Thüringen,

ergänzend zu den zutreffenden Ausführungen von Kollegin Thien die IHK auch auf den datenschutzrechtlichen Aspekt verweisen.

Auszug aus einem Bericht des Sächsichen Datenschutzbeauftragten
Quelle: http://www.landtag.sachsen.de/SLT_Online/Data/SDB/JB/6/6_TB.pdf

Zitat:
9.2 Gewerberecht
Mitteilung über die Erteilung von Reisegewerbekarten an die IHK’n

Die IHK zu Leipzig bat das SMWA, die Gewerbeämter zu veranlassen, ihr regelmäßig die Daten von Reisegewerbekarteninhabern zu übermitteln. Diese Daten würden zur Feststellung der IHK-Mitgliedschaft (§ 2 IHK-G) der Reisegewerbetreibenden benötigt.
Mit dem SMWA bin ich einig, daß regelmäßig Datenübermittlungen an die IHK’n nach § 14 Abs. 5 Nr. 1 GewO ausschließlich bei stehendem Gewerbe zulässig sind.
Gemäß § 2 IHK-G gehören zur Industrie- und Handelskammer u. a. natürliche Personen, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind und im Bezirk der Industrie- und Handelskammer entweder eine gewerbliche Niederlassung oder eine Betriebsstätte oder eine Verkaufsstelle unterhalten.
Insbesondere im Reisegewerbe kann nicht davon ausgegangen werden, daß diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, so daß Datenübermittlungen über diesen Personenkreis an die IHK’n unzulässig sind. Die regelmäßige Übermittlung der Daten der nicht kammerpflichtigen Reisegewerbekarteninhaber würde zudem zu einem (großen) Datenbestand führen, der für die Aufgabenerfüllung der IHK nicht erforderlich ist.
Sollte ein gewerbesteuerpflichtiger Reisegewerbekarteninhaber allerdings gleichzeitig eine gewerbliche Niederlassung, eine Betriebsstätte oder eine Verkaufsstelle unterhalten, würden die IHK’n die Daten bereits nach § 14 Abs. 5 Nr. 1 GewO erhalten.


Auch wenn dieser Bericht aus dem Jahre 1998 stammt (das Anliegen der IHK Bielfeld ist also nicht ganz neu ), gelten diese datenschutzrechtlichen Bedenken nocht heute.



Geschrieben von Sigi2910 am 21.06.2007 um 16:40:

  RE: Melung von Reisegewerbetreibenden an die IHK

Bei uns ist klar, dass die IHK nix bekommt - das wäre unzulässig. Deshalb will sie auch nichts. Aber vor vielen, vielen Jahren - so wurde mir berichtet - wurde auch hier mal ein entsprechender Vorstoß unternommen.



Geschrieben von Civil Servant am 26.06.2007 um 12:10:

 

Kolleginnen und Kollegen,

eingangs soviel: Zu den datenschutzrechtlichen Aspekten will ich mich hier nicht einlassen, sondern vielmehr meine Meinung loswerden.

Bei einigen von Euch glaube ich eine schimpf Haltung gegenüber Euren IHK's herauszulesen. Ich kann über unsere - zumindest was deren Rechtsabteilung anbetrifft - nur Gutes berichten. Wir funken auf einer Wellenlänge.

Ferner will ich darauf hinweisen, dass in so manchem GU- oder Widerrufsverfahren rückständige Kammerbeiträge immer auch ein Tatbestand sind / sein können, auf die die Bescheide gestützt werden.

Abschließend: Ich halte es für nicht erklärbar, dass einerseits für Gewerberegisterauskünfte an Dritte noch nicht einmal mehr ein berechtigtes Interesse nachgewiesen werden muss, weitgehend inhaltsgleiche RGK-Mitteilungen von Kommune an die öffentlich-rechtliche Köperschaft IHK aber der Datenschutz verhindert. Das ist ja wohl ziemlicher Käse.

Im Übrigen hat man mir von unserer Kammer mitgeteilt, dass RGK-Inhaber sehrwohl beitragspflichtig sind. Wenn der IHK die Daten dazu fehlen kommt es zu Ungerechtigkeiten. Der Ehrliche ist hier wieder mal der Dumme. Das ist doch eigentlich nicht in unser aller Sinn.

In diesem Sinne

frohes Schaffen.

aus Mittelhessen

Frank Schuster



Geschrieben von Antonia Thien am 26.06.2007 um 12:21:

 

Hallo Herr Schuster,

da nur drei Kollegen geantwortet haben, könnte ich evtl. gemeint sein, was ich nicht hoffe, da ich lediglich sachlich korrekt geantwortet habe. Wir haben hier überdies ein gutes Verhältnis zur zuständigen IHK.großes Grinsen

Viele Grüße
A. Thien



Geschrieben von Civil Servant am 26.06.2007 um 12:32:

 

Zitat:
Original von Antonia Thien
Hallo Herr Schuster,

da nur drei Kollegen geantwortet haben, könnte ich evtl. gemeint sein, was ich nicht hoffe, da ich lediglich sachlich korrekt geantwortet habe. Wir haben hier überdies ein gutes Verhältnis zur zuständigen IHK.großes Grinsen

Viele Grüße
A. Thien


Freut mich, dass ich nicht alleine bin.



Geschrieben von Sigi2910 am 26.06.2007 um 13:49:

 

Auch ich glaube, sachlich korrekt geantwortet zu haben ... und auch wir haben zu unserer IHK ein ausgezeichnetes Verhältnis (ich mache denen sogar im Rahmen der Gaststättenunterrichtung den Referenten für die gaststättenrechtlichen Bestimmungen) - aber das ändert nichts dran, dass eine solche Unterrichtung unzulässig wäre, wie uns anlässlich des damaligen Vorstosses auch vom Regierungspräsidium vorgegeben wurde...



Geschrieben von OrDnUnGsAnDy am 26.02.2008 um 07:39:

 

Guten Morgen aus Gera,

ich habe noch etwas interessantes zum Thema gefunden:

Der Bund-Länder-Ausschuss "Gewerberecht" hat sich bereits auf seiner 83. Tagung mit dem Sachverhalt beschäftigt.
Die Teilnehmer stellten übereinstimmend fest, dass zum damaligen Zeitpunkt keine Rechtsgrundlage für die Weiterleitung dieser Daten bestand. Der Titel III der GewO enthalte keine gesonderte Regelung, §§ 14 und 11 GewO seien nicht anwendbar. Zudem bezweifelten die Teilnehmer, dass die Datenübermittlung erforderlich sei, zumal die Nichtübermittllung der Daten kaum zu Problemen geführt habe.

An der damaligen Rechtslage hat sich meines Wissens nach nichts geändert.

Der Bericht über die 83. Tagung des BLA ist im GewArch 1998/9, S. 372 ff. zu finden.



Geschrieben von jonas kuckuk am 23.06.2010 um 12:37:

cool RE: Meldung von Reisegewerbetreibenden an die IHK

In Schleswig Holstein wird ebenfalls auch der Datenschutz bemängelt.

Und der Datenschutzbeauftragte in Bayern bemängelt die Datenweitergabe bei Anmeldungen vom Reisgewerbe ebenfalls.



Schleswig Holstein sagt 2009

4.1.7 Unterrichtung der Handwerkskammer über Reisegewerbekarte

Die Unterrichtung anderer Behörden über ausgestellte Reisegewerbekarten ist bereichsspezifisch abschließend geregelt. Eine Beteiligung der Hand werkskammern ist nicht vorgesehen. Die Verwaltungsvorschriften zum Voll zug der Gewerbeordnung sehen nur eine Weitergabe an das Finanzamt, die Berufsgenossenschaft und gegebenenfalls die Ausländerbehörde vor.

Über Eingaben erfuhren wird, dass die Gewerbeämter der Kommunen häufig Daten über die Ausstellung einer Reisegewerbekarte an die jeweilige Handwerks kammer übermitteln. Die Kommunen verwiesen auf ein Merkblatt der Hand werkskammer, worin um Übersendung der entsprechenden Gewerbeanmeldung gebeten wurde. Hinweise auf Rechtsvorschriften zur Datenübermittlung waren dem Merkblatt nicht zu entnehmen.

Die Übermittlung personenbezogener Daten ist in der Gewerbeordnung bereichsspezifisch geregelt. Danach können öffentliche Stellen, die an gewerbe rechtlichen Verfahren beteiligt waren, über das Ergebnis informiert werden, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Öffentliche Stellen sind zudem zu informieren, wenn eine Entscheidung Rechtsfolgen hat und die Kennt nis der Daten aus Sicht der übermittelnden Stelle für die Verwirklichung dieser Rechtsfolgen erforderlich ist. Für weitere Zwecke sind Übermittlungen nur zuläs sig, soweit diese zur Verfolgung von Straftaten erforderlich sind oder eine beson dere Rechtsvorschrift dies vorsieht.
In den geprüften Fällen bestand allenfalls die Besorgnis, dass die im Reisegewerbe zulässigen Grenzen bei den Tätigkeiten der Betroffenen überschritten werden könnten. Konkrete Anhaltspunkte dafür lagen nicht vor, zumal mit der Tätigkeit erst noch begonnen werden sollte. Es gab also keinen konkreten Anlass für die Übermittlungen. Es handelte sich um regelmäßige Datenübermittlungen, für die es an einer ausdrücklichen Rechtsvorschrift fehlte.

Was ist zu tun?
Kommunen dürfen nach Ausstellung einer Reisegewerbekarte davon nur die Behörden unterrichten, die in den Verwaltungsvorschriften zum Vollzug der Gewerbeordnung aufgezählt sind.


Bayern:
13.3. Mitteilungen von Gewerbeämtern an Industrie- und Handelskammern über Reisegewerbe
Eine bundesweit durchgeführte Umfrage der IHK Leipzig hat ergeben, daß auch in Bayern Industrie- und Handelskammern von einigen Gewerbeämtern regelmäßig Mitteilungen über erteilte Reisegewerbekarten bzw. die Ausübung einer reisegewerbekartenfreien Tätigkeit erhielten. Für eine solche Datenübermittlung gibt es keine Rechtsgrundlage.

Gem. § 14 Abs. 5 Nr. 1 GewO darf die Gewerbebehörde regelmäßig lediglich die dort genannten Daten der Gewerbeanzeigen des stehenden Gewerbes an die Industrie- und Handelskammer übermitteln. Die Erteilung von Reisegewerbekarten nach § 55 GewO ist hiervon nicht erfaßt. Ebenfalls unzulässig ist gem. § 55 c GewO die Übermittlung von Daten der reisegewerbekartenfreien Tätigkeiten nach § 55 a GewO, denn in § 55 c GewO ist die Anwendung von § 14 Abs. 5 GewO nicht mit aufgenommen worden. Die fallweise Übermittlung von Einzeldaten gem. § 14 Abs. 6 - 8 und 9 GewO ist nur aus Gewerbeanzeigen nach § 14 und § 55 c GewO vorgesehen, nicht jedoch aus Reisegewerbekarten.

§ 138 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 der Abgabenordnung (AO) läßt lediglich eine regelmäßige Unterrichtung des Finanzamtes über den Beginn eines Reisegewerbes durch die Wohnsitzgemeinde des Reisegewerbetreibenden zu.

Damit besteht für eine regelmäßige Übermittlung von Daten über Reisegewerbe an die Industrie- und Handelskammern keine rechtliche Grundlage. Gleiches gilt allgemein für die Datenübermittlung aus der Reisegewerbekarte an öffentliche und nicht-öffentliche Stellen.

Ich habe das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie gebeten, die rechtswidrige Verwaltungspraxis der Gewerbeämter zu unterbinden. Das Wirtschaftsministerium hat das Thema inzwischen auf einer Gewerberechtsarbeitstagung erörtert und die Vollzugsbehörden entsprechend unterrichtet.

13.4. Veröffentlichung von Gewerberegisterdaten im Internet
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