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Geschrieben von B.R. am 06.02.2023 um 16:34:

  Private Finanzplanung Gewerbe oder Freier Beruf ? ?

Die private Finanzplanung nach Uni Studium der BWL ohne Vermittlung von Finanzdienstleistungen, ist das Gewerbe oder Freier Beruf ?



Geschrieben von Civil Servant am 07.02.2023 um 13:10:

 



Das klärt man mit dem örtlich zuständigen Gewerbeamt bei der Stadt-/Gemeindeverwaltung.

Meine Einschätzung: Da für diese Tätigkeit gerade kein akademischer Abschluss erforderlich ist, spricht hier vieles für Gewerbe.

Es kommt bei der Einstufung nicht darauf an, ob man akademisch ausgebildet ist, sondern nur, ob man das dazu (zwingend) braucht, ob man den Job andernfalls nicht ausüben dürfte.

Beste Grüße

CS



Geschrieben von B.R. am 07.02.2023 um 15:40:

 

Wie kommen Sie denn darauf, dass man dafür keine akademische Ausbildung braucht ?

Wie wollen Sie denn z.b. Steuersparmodelle in Form von
Geschlossenen Fonds wie Schiffsbeteiligungen oder
Flugzeugfonds ökonomisch richtig bewerten ?

Oder wie wollen Sie denn Steuersparmodelle in Form einer Vermögensverwaltenden GmbH ökonomisch richtig bewerten?

Und wieso soll die höchstrichterliche Rechtsprechung dazu nicht entscheidend sein ?
Man soll das stattdessen mit einem Verwaltungsmitarbeiter einer 8000 Einwohner Gemeinde vor Ort klären ?

Das kommt mir alles ein bisschen seltsam vor .



Geschrieben von Civil Servant am 07.02.2023 um 16:51:

 

Hallo,

die Frage ist nicht, ob eine akademische Ausbildung sinnvoll ist, sondern ob man sie für eine etwaig erforderliche Zulassung/Erlaubnis zu dieser Tätigkeit, weil gesetzlich vorgeschrieben, braucht. Wenn ja, Freiberuf. Wenn nein, Gewerbe.

Für die Annahme von Gewerbemeldungen sind in ganz Deutschland die Ordnungs-/Gewerbeämter zuständig. Deswegen führt an den entsprechenden Kolleg*innen kein Weg vorbei. Ist man dort unsicher, besteht die Möglichkeit das mit den übergeordneten Stellen zu klären.

Da auch ich im Laufe der Zeit sehr viel mit Finanzdienstleitern zu tun hatte und für die Erlaubnisverfahren zuständig war, weiß ich, dass dieser Personenkreis definitiv nicht über einen Hochschul- oder Uniabschluss verfügen musste.

Seite einer Reihe von Jahren ist bei uns in Hessen aber die IHK für Erlaubnis nach § 34f und h GewO zuständig. Nach dieser Vorschrift bedarf der Erlaubnis,

Wer im Umfang der Bereichsausnahme des § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 8 des Kreditwesengesetzes gewerbsmäßig zu

1. Anteilen oder Aktien an inländischen offenen Investmentvermögen, offenen EU-Investmentvermögen oder ausländischen offenen Investmentvermögen, die nach dem Kapitalanlagegesetzbuch vertrieben werden dürfen,

2. Anteilen oder Aktien an inländischen geschlossenen Investmentvermögen, geschlossenen EU-Investmentvermögen oder ausländischen geschlossenen Investmentvermögen, die nach dem Kapitalanlagegesetzbuch vertrieben werden dürfen,

3. Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Vermögensanlagengesetzes

Anlagevermittlung im Sinne des § 1 Absatz 1a Nummer 1 des Kreditwesengesetzes oder Anlageberatung im Sinne des § 1 Absatz 1a Nummer 1a des Kreditwesengesetzes erbringen will (Finanzanlagenvermittler).

Wer dazu nur berät und nicht vermittelt unterliegt dem § 34 h GewO.

Beide gesetzlichen Bestimmungen verlangen keine akademische Ausbildung.

Soweit die von Ihnen beabsichtigte Tätigkeit von den vorstehend annähernd zitierten Bestimmungen umfasst wird, handelt es sich, wie von mir schon vor dem Nachlesen vermutet, um Gewerbe. Das lässt sich schon daran erkennen, dass die Sache eben in der GewO geregelt ist und die gilt nicht für freie Berufe.

Wenn Sie unverändert der Meinung sind, dass es dafür einer akademischen Ausbildung gesetzlich zwingend bedarf, können Sie die entsprechende Rechtsvorschrift hier gerne nennen. Wir lernen gerne dazu.

Sie erwähnen höchstrichterliche Rechtsprechung dazu. Das können Sie gerne konkretisieren (Gericht, Entscheidungsdatum, Aktenzeichen).

Sie betonen die steuerliche Seite der Anlageformen. Das ist fraglos wichtig, müsste aber von den nach § 34f und h Tätigen ja auch berücksichtigt werden, da andernfalls Vor- und Nachteile nicht richtig bewertet werden können.

Die Frage, die zu klären wäre, ist, ob Sie dabei nicht in die steuerberatenden Berufe abgleiten. Das ist natürlich ein Freiberuf.

Sie betonen, nicht vermittelnd tätig zu sein. Für diesen Fall hielte ich aber immer noch § 34h GewO für anwendbar. Dann wären Sie Anlageberater und damit Gewerbetreibender

Möglicherweise bewegen Sie sich dann aber auch in der Mitte zwischen Steuerberater und Anlageberater.

Beste Grüße

CS



Geschrieben von B.R. am 07.02.2023 um 19:07:

 

Das ist nicht richtig so.

Der Honorar Finanzberater nach § 34 h Gewerbeordnung vermittelt sehr wohl Produkte
gem. § 34 f Gewerbeordnung. Nur darf er dafür keine Provisionen beziehen.

Darüber hinaus berät doch jede Bank und jeder andere Vermittler über die steuerliche Seite der Geldanlage.

Z.B. waren früher die Auszahlungen aus Lebensversicherungen steuerfrei. Da hat doch jeder Vermittler versucht, diese Produkte an den Mann bzw. die Frau zu bringen, indem er die steuerlichen Vorteile betont hat.

Und bei den Steuersparmodellen der Geschlossenen Fonds berät doch jeder Anlagevermittler über die steuerlichen Verlustzuweisungen in der Anfangsphase. Diese steuerlichen
Verlustzuweisungen sind doch das Hauptargument der Vermittler von Geschlossenen Fonds.

Wieso sollte man dann bei der Privaten Finanzplanung ohne Vermittlung von Finanzdienstleistungen nicht über die steuerliche Seite der Geldanlage informieren
dürfen ?



Geschrieben von Franzose am 08.02.2023 um 08:55:

 

Hallo B.R.,

vorausschicken möchte ich, dass ich auch ein "Verwaltungsmitarbeiter einer 8000 Einwohner Gemeinde" bin und gewerbliche auf der einen, steuerliche Aspekte auf der anderen Seite strikt getrennt werden müssen. Ich betrachte nur die gewerbliche Seite, da diese Grundlage für mein Handeln ist, wobei ich mich den Ausführungen von Civil Servant vollumfänglich anschließe.

Ihre Auffassung, dass der Honorarberater nach 34h sehr wohl Produkte nach 34f vermittelt, nur eben dafür keine Provision erhält, ist ja echt "interessant"!

Der Unterschied zwischen Berater und Vermittler ist doch, dass, während Vermittler auf Provisionsbasis im Auftrag von einem oder mehreren Produktanbietern die Vorteile der jeweiligen Produkte in den Vordergrund stellen, damit es zum Kauf dieser kommt, liefern Berater (die auf jegliche Zuwendungen der Produktanbieter verzichten) den Beratungsempfängern vollständige Entscheidungsgrundlagen, weil sie unabhängig von einem Vertragsabschluss mit einem speziellen Produktanbieter direkt vom Beratungsempfänger für diese bezahlt werden (Honorar).

Diese strikte Unterscheidung ist ja auch vom Gesetzgeber mit den §§ 34f und h bezweckt worden.

Das schlimme ist, dass es unter den "Beratern" diverse "schwarze Schafe" gibt, die unter dem "Mäntelchen" des Beraters zugleich auch als Vermittler tätig werden!!! Dadurch entstehen m.E. Interessenkonflikte, wenn der Berater zwischen den Formen Honorar oder Provision wechseln kann oder sogar beide Formen kombiniert.

Interessant st in diesem Zusammenhang ein Endurteil des LG Dresden (Az.: 42 HK O 48/20).

Das Erlaubnisinhaber nach 34 f oder h natürlich auch zu steuerlichen Aspekten informieren (unabhängig davon ob sie vermittelnd oder beratend tätig sind), steht doch außer Frage, hat jedoch keinen Einfluss auf die gewerberechtliche Beurteilung.

Freundliche Grüße aus`m sonnigen Oderbruch smile , der



Geschrieben von B.R. am 08.02.2023 um 11:24:

 

Wenn Sie sich den Ausführungen vollumfänglich anschliessen, dann sind sie genau so unwissend.

" Wer dazu nur berät und nicht vermittelt unterliegt dem § 34 h GewO."

Das wie gesagt, falsch. Der Gewerbetreibende gem. § 34 h Gewerbeordnung berät nicht
nur, sondern er vermittelt auch im Sinne von § 34 f.

" Sie betonen, nicht vermittelnd tätig zu sein. Für diesen Fall hielte ich aber immer noch § 34h GewO für anwendbar. Dann wären Sie Anlageberater und damit Gewerbetreibender "

Das ist sogar in zweierlei Hinsicht falsch.
Zum einen ist Gewerbetreibende nach § 34 h nicht zwangsläufig in der Anlageberatung
tätig; weil er kann auch Vermitteln ohne Anlageberatung.
Zum zweiten fällt ein Berater bei der Privaten Finanzplanung nicht zwangsläufig
unter die gesetzliche Definition des Anlageberaters.


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