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Geschrieben von Gewerbe_SB am 08.08.2022 um 11:14:

  Photovoltaik- Wenn Anmeldung: Wie?

Hallo zusammen,

bei dem Thema PV-Anlagen haben wir uns folgende Frage gestellt:

Wenn jemand seine Anlage anmelden möchte, obwohl er diese auf seinem eigenen Grundstück zum Zweck der Eigennutzung betreibt und die Gesamtleistung so gering ist, dass man nicht von einer Gewinnerzielungsabsicht ausgehen kann, dann können wir die Gewerbeanmeldung nicht verweigern.
Stellt sich die Frage, wie angemeldet werden muss. Bislang haben wir "erwartet", dass alle Grundstückseigentümer das Gewerbe anmelden, sprich dafür eine GbR gründen.

Nun hatten wir den Fall, dass der Kunde das so nicht akzeptieren wollte, da er allein die Anlage gekauft hat und sie auch alleine auf seinem Namen betrieben wird.

Die Frage ist, ob es reicht, wenn der Betreiber allein das Gewerbe anmeldet und in dem Zuge z.B. eine Art Zustimmungserklärung der weiteren Grundstückseigentümer vorlegt.

Wie wird das in anderen Kommunen gehandhabt? Über jegliche Erfahrungsberichte sind wir dankbar!

Liebe Grüße aus der Wedemark!



Geschrieben von SteBa am 08.08.2022 um 13:02:

  RE: Photovoltaik- Wenn Anmeldung: Wie?



Unter den beschriebenen Umständen liegt kein Gewerbe vor, daher kann auch kein Gewerbe angemeldet werden. Entsprechende Gewerbeanzeigen sind zurückzuweisen.

Viele Grüße

SteBa



Geschrieben von Civil Servant am 08.08.2022 um 14:06:

 

Dem stimme ich zu.

Liegt kein Gewerbe vor sollte - wie bei den Scheinselbständigen auch - die Meldung zurückgewiesen werden.

Nicht zurückweisen kann man Meldungen, in denen z.B. noch Erlaubnisse oder Handwerksrolleneintragungen fehlen, denn das sind gewerbliche Betätigungen.

Man muss zunehmend aufpassen. Mindestens bei den Ladenstationen (Wallboxen) scheinen über Gewerbanmeldungen auch Fälle von Subvetionsbetrug zu laufen! Wir müssen da also zunehmend sensibler mit umgehen.



Geschrieben von J. Simon am 09.08.2022 um 09:02:

 

Ich würde das nicht gleich von vornherein ablehnen. Es kommen da mehrere Faktoren zusammen:

10 kwp-Grenze
neue höhere Einspeisevergütung
Eispeisung auch bei Eigenverbrauch
ersparte Aufwendungen bei eigenem Strom.

Es steckt in irgendeiner Form immer eine Gewinnerzielungsabsicht dahinter.

Allerdings dürfte eine Gewerbeanmeldung bei der (einkommen-)steuerlichen Freistellung von Anlagen bis 10kwp ausscheiden. Die Pflicht zur Zahlung der Umsatzsteuer ändert daran nichts.



Geschrieben von Civil Servant am 09.08.2022 um 09:14:

 

Moinsen,

Frage: Wo kommt eigentlich die 10-kwp-Grenze her? Der BLA Gewerberecht hatte die 2011 bei seinem Beschluss zu der Anmeldepflicht von Photovoltaikanlagen nicht auf dem Radar.

Weiterhin scheint mir die Anmeldepflicht auch gar nicht in erster Linie an der fehlenden Gewinnerzielungsabsicht zu liegen, sondern daran, dass praktisch alle ansonsten typischen Gewerbemerkmale fehlen:

Konkurrenz: Gibt es nicht.
Werbung: Findet nicht statt.
Personal: Wird keines beschäftigt und kann praktisch auch gar nicht.
Außenwirkung der Tätigkeit: Erschöpft sich in einer glänzenden Dachfläche.

Es macht schlicht keinen Sinn so etwas dem Regime der GewO zu unterwerfen. Noch nicht einmal eine Gewerbeuntersagung macht in diesem Kontext irgendwie Sinn und die steuerlichen Dinge bleiben von der Gewerbemeldung auch unberührt.

Also raus aus'm Gewerberegister, oder?



Frank Schuster



Geschrieben von H. Allgaier am 09.08.2022 um 09:46:

 

Die 10 kWp wird immer wieder bei den Finanzbehörden als Grenze genannt. Bei mir kommt bei Gewerbeanzeigen meistens die Aussage: "Das Finanzamt hat gesagt, dass ich ein Gewerbe anmelden muss".

Zudem:

Der BLA „Gewerberecht“ hat sich auf seiner 107. Tagung am 14./15.04.2010 nochmals mit der Gewerbeanmeldung von Photovoltaikanlagen beschäftigt (siehe GewArch 2010 S. 296).

Er kam dabei fast einvernehmlich zu folgendem neuen Beschluss:

„Für den Betrieb von Photovoltaikanlagen als selbständiges Gewerbe ist eine Gewerbeanmeldung erforderlich. Ein Indiz für ein selbständiges Gewerbe ist die Installation von Photovoltaikanlagen auf fremd genutztem Gelände. Nicht erforderlich ist eine Gewerbeanmeldung, wenn die Photovoltaikanlagen auf Dächern eigen genutzter Gebäude installiert werden.“

siehe auch:
Betreiben einer Photovoltaikanlage



Geschrieben von Civil Servant am 09.08.2022 um 10:13:

 

Ja, eben. An genau dem Beschluss habe ich mich auch immer gehalten, insofern als ich das so gegenüber unseren Gemeinden gepredigt habe.

Die Aussagen vom FA sind da weniger (bis gar nicht) maßgeblich.



Geschrieben von Delius am 10.08.2022 um 09:08:

 

Hallo aus Helmstedt

Wichtig ist für uns dieser Satz:

Nicht erforderlich ist eine Gewerbeanmeldung, wenn die Photovoltaikanlagen auf Dächern eigen genutzter Gebäude installiert werden.

Mit Grüßen aus Helmstedt



Geschrieben von Civil Servant am 10.08.2022 um 09:26:

 

Yep! Spitze!

Natürlich mutiert der Unternehmer (i. S. des Umsatzsteuergesetzes) auch zum Gewerbetreibenden, wenn er auf anderen Dächern unterwegs ist. Dann komm in der Regel der Verbrauch des Stroms durch ihn selbst ja auch nicht mehr in Betracht. Er wird zum "Energieversorger", wenn auch vielleicht in kleinem Stil.

Nach einem jüngsten Artikel in Finanztest, lohnt die P-Anlage auf dem eigenen Dach heute nur noch, wenn man einen maximal hohen Anteil des Stroms selbst verbraucht. Die akt. Einspeisevergütung ist so niedrig (einstellig pro kw/h), dass sich Einspeisen absolut nicht rechnet. Insofern ist - wenn man so will - der, der eine P-Anlage neu auf eigenem Dach betreibt - heute noch weniger Gewerbetreibender als 2011 herum.



Geschrieben von karin koch am 12.09.2022 um 13:34:

 

Hallo,

bei welcher Gewerbebehörde müsste denn die Gewerbeanmeldung konkret erstattet werden (Wohnsitzgemeinde oder die Gemeinde, wo sich die Anlage befindet)?

Folgender Fall: Bürger X wohnt in Hamburg und möchte auf einem fremden Grundstück in einer Gemeinde Y / Land Sachsen eine Photovoltaikanlage errichten. Er beabsichtigt, diese Anlage als Hauptniederlassung in der Gemeinde Y gewerblich anzuzeigen.

Bislang wurde bei uns die Meinung vertreten, dass solch eine Anlage grundsätzlich keine Betriebsstätte im Sinne der Gewerbeordnung ist; das Gewerbe dort angezeigt werden soll, von wo aus ggf. Vertragsabschlüsse, Rechnungslegung, Buchführung, Reparaturaufträge u.s.w. erfolgen.

Lt. Industrie- und Handelskammer verfahren die Gewerbebehörden sehr unterschiedlich.

Gibt es dazu eventuell aufschlussreiche Erkenntnisse, wie es denn nun gewerberechtlich korrekt ist?

Beste Grüße
K.K.



Geschrieben von Roesje am 13.09.2022 um 08:25:

 

Moin

Dazu zitiere ich mal aus einem Rundschreiben unseres Ministeriums:

• Gewerbeanmeldung für gewerbliche Aufsteller von Photovoltaikanlagen und weitere zu beachtende Anzeigepflichten nach § 14 GewO – Rundschreiben 8/2011 des Ministeriums für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Rheinland-Pfalz

Gewerbliche Aufsteller von Photovoltaikanlagen, haben eine Gewerbeanmeldung für JEDEN Standort einer installierten Photovoltaikanlage als unselbständige Zweigstelle, neben der Anmeldung der Hauptniederlassung, vorzunehmen.
Eine Nichtbeachtung stellt einen Verstoß gegen die Anzeigepflicht nach § 14 GewO dar, der mit einer Geldbuße bis zu 1.000 EUR geahndet werden kann!

Oft wird von Betreibern, die Photovoltaikanlagen gewerblich aufstellen, z.B. auf hierfür angemieteten Hausdächern oder Flurstücken, teilweise die Auffassung vertreten, der gewerbliche Betrieb der jeweiligen Photovoltaikanlage müsse bei der Gewerbebehörde angemeldet werden, in welcher der Gewerbetreibende mit seiner Wohn- oder Geschäftsadresse niedergelassen ist.
Diese Auffassung ist nicht zutreffend!
Aus rechtlicher Sicht ist zu beachten, dass für jede neue gewerblich betriebene Photovoltaikanlage in der Gemeinde ein Gewerbe nach § 14 GewO angemeldet werden muss, in deren Gebiet der Standort der Photovoltaikanlage liegt.
Dies beruht darauf, dass der gewerbliche Betrieb von Photovoltaikanlagen der Anzeigepflicht nach § 14 GewO unterliegt.
Hat ein Gewerbetreibender beispielsweise sein Büro, von dem er die Geschäfte betreibt, in Vallendar und mietet er Hausdächer in anderen Orten (z.B. Weitersburg, Niederwerth) zur gewerblichen Aufstellung von Photovoltaikanlagen an, dann muss jede neue Photovoltaikanlage nach § 14 GewO bei der jeweils zuständigen Gewerbebehörde als unselbständige Zweigstelle angemeldet werden; insoweit wird darauf hingewiesen, dass der Begriff der „unselbständigen Zweigstelle“ jede feste örtliche Anlage oder ständige Einrichtung umfasst, die der Ausübung eines stehenden Gewerbes dient.
Falls eine gewerblich betriebene und bereits angemeldete Photovoltaikanlage erweitert wird (Mehrfläche, mehr kW), ist eine Gewerbeummeldung der bestehenden Betriebstätigkeit vorzunehmen.
Diese Pflicht zur Ummeldung besteht, da sich durch eine Erweiterung auch steuerliche Änderungen ergeben.



Geschrieben von karin koch am 13.09.2022 um 10:33:

 

Danke

für die schnelle Rückinfo smile



Geschrieben von Thomas Mischner am 13.09.2022 um 12:51:

 

Ich halte die zitierte Rechtsauffassung für falsch. Wir hatten das hier bereits diskutiert.



Geschrieben von Puz_zle am 14.09.2022 um 02:45:

  RE: Photovoltaik- Wenn Anmeldung: Wie?

Moin ,

eine rein technische Anlage stellt m. E. keine (weitere) Niederlassung i. S. des § 4 Abs. 3 GewO dar, da sie selbst kein Gewerbe ausüben kann - es fehlt die personelle Komponente einer anzeigepflichtigen Betriebsstätte - und schließe mich daher der vorgenannten Auffassung von Kollegen Mischner zum o. g. RLP-Rundschreiben an.

Siehe auch z. B. im etwas älteren Thread > Anmeldung Photovoltaikanlage



Geschrieben von Roesje am 14.09.2022 um 08:18:

 

Das unser Ministerium mitunter interessante Rechtsauffassungen vertritt ist ja bekannt.

Da sich dieses Zitat jedoch in einem Merkblatt zu Photovoltaik befindet, hatte ich das direkt zur Hand. Ich stehe jetzt auch nicht wirklich hinter dieser Meinung...

Man nimmt sich am Ende die Rechtsauffassung, die am besten passt... Weißnicht



Geschrieben von Civil Servant am 15.09.2022 um 10:14:

 

Moinsen,

ich bin da bei den Kollegen Mischner und @Puz_zle.

Allerdings frage ich mich, ob nicht doch ein nicht von der Hand zu weisendes Argument hinter der Sache stecken könnte. Die Steuer nämlich: Wenn die zu entrichten ist in der Kommune, in der die PV-Anlage steht, hätte zumindest das FA ein (berechtigtes) Interesse an entsprechenden Meldungen.

Aber: Das ändert freilich nichts an der Anmeldepflicht am Hauptsitz, wo ein Büro existiert und Erreichbarkeit gegeben ist.



Geschrieben von Bernie am 26.10.2022 um 11:49:

 

Hallo zusammen,

ich muss dieses leidige Thema leider nochmal aufwärmen.

Ich hatte zunächst von November 2020 bis Mai 2021 schonmal bei uns im Gewerbeamt ausgeholfen und dieses nach zwischenzeitlich anderer Verwendung nun zum Oktober fest übernommen. Vergangenen Donnerstag war ich deshalb zunächst auf einer Grundlagenschulung zum Thema Gewerberecht, die bei mir doch einige Irritationen ausgelöst hat.

Dass die Photovoltaik auf dem eigenen Dach keine gewerbliche Tätigkeit ist und damit keine Anzeigepflicht auslöst war unstrittig. Irritiert hat mich die Aussage der beiden Dozenten (Mitarbeiterin RP und Professor an der Verwaltungshochschule) wie verfahren werden sollte, wenn die Bürger es freiwillig anmelden wollen würden. Bisher haben wir es so gehandhabt wie auch hier im Forum die vorherrschende Meinung ist: kein Gewerbe = keine Gewerbeanmeldung.

Die Dozenten waren allerdings der Auffassung, dass man keine Grundlage habe die Anmeldung zurückzuweisen, wenn die Bürger diese trotz der fehlenen Anzeigepflicht freiwillig anmelden wollten. Also genau die gleiche Annahme wie im Eröffnungspost dieses Themas.
Zitat:
Wenn jemand seine Anlage anmelden möchte, obwohl er diese auf seinem eigenen Grundstück zum Zweck der Eigennutzung betreibt und die Gesamtleistung so gering ist, dass man nicht von einer Gewinnerzielungsabsicht ausgehen kann, dann können wir die Gewerbeanmeldung nicht verweigern.


Ich persönlich bin, wie schon gesagt, anderer Meinung. Denn sonst müsste ich ja nach dieser Logik auf gut deutsch gesagt jeden Sch**** als Gewerbe anmelden, wenn der Bürger das nur möchte, ganz unabhängig davon wie weit entfernt das von der Gewerbedefinition ist.

Die Frage wäre ob es irgendwo in der Literatur (vllt. in einer Kommentierung) etwas handfestes gibt worauf ich mich stützen könnte um weiter so zu verfahren wie bisher und diese Fälle weiterhin abzulehnen. Denn die Empfehlung der Dozenten widerspricht klar meiner persönlichen Rechtsauffassung. Insbesondere auch deshalb, weil bei uns in Baden-Württemberg seit diesem Jahr eine Photovoltaikpflicht gilt und somit jeder Häuslebauer dann auch potentiell ein Gewerbe anmelden könnte und weil ein nicht geringer Anteil durchaus offen sagt, dass sie den Gewerbeschein deshalb haben wollen um sich einen Metro-Ausweis zu holen, was sicherlich auch nicht die Intention des Gesetzgebers dabei ist.



Geschrieben von Civil Servant am 26.10.2022 um 12:20:

 



da die Gewerbeämter lt. Literatur sogar gehalten sind, Meldungen zurückzuweisen, die kein Gewerbe darstellen, passt die Auffassung dieser Professoren nicht.

Natürlich können die übrigen Personen melden bis sie schwarz sind, nur ins Gewerberegister kommen sie nicht!



Geschrieben von Bernie am 26.10.2022 um 16:36:

 

Sehe ich genau so und habe jetzt auch die Stelle im Landmann/Rohmer gefunden, auf die ich mich im Zweifel berufen kann.

Landmann/Rohmer Kommentar zu §15 GemO RN 7:
Zitat:
[…] Die Anzeige ist ebenfalls zurückzuweisen und demnach von einer Bestätigung abzusehen, wenn es sich bei der angezeigten Tätigkeit um kein Gewerbe handelt, die Tätigkeit nicht selbstständig ausgeübt wird oder es sich schlechthin unerlaubte Tätigkeit handelt, da es sich in diesen Fällen rechtlich nicht um eine Anzeige nach § 14 handelt.


Dementsprechend werde ich auch weiter so verfahren und sowas konsequent zurückweisen.



Geschrieben von Rheinhesse am 27.10.2022 um 13:46:

 

Moin aus Rheinhessen
@Bernie - betrifft "Metro-Ausweis"

Landmann-Rohmer zu § 14 - Rand Nr. 53 mit Verweis auf § 15 Rand-Nr. 6 i. d. F. der 85. Ergänzungslieferung

Zitat:
Endlich ist der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, dass die Anzeige nur erstattet wird, um mit der Empfangsbescheinigung einen Ausweis zum Einkauf im Großhandel zur Deckung des privaten Bedarfs des Anzeigenden zu erhalten. Sie (Anm.: Die Gewerbeanzeige) ist daher zurückzuweisen.


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