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Geschrieben von René Land am 20.04.2022 um 10:58:

  Übergangsregelungen und Bestandsschutz

Hallo zusammen,

mich erreichten kürzliche mehrere Fragen zu den Themen Übergangsregelungen und Bestandsschutz im Bewachungsgewerbe. Insbesondere stand die Frage im Raum, ob eine Behörde auf Antrag eines Gewerbetreibenden eine Bescheinigung darüber ausstellen soll, dass dieser keine Sachkunde benötige.

Nachfolgend eine kurze Beantwortung aus meiner Sicht:

Im Rahmen der Verschärfung der Qualifikationsanforderungen im Bewachungsrecht zum 01.12.2016 wurde die 80h-Unterrichtung für Gewerbetreibende durch das Erfordernis der Sachkunde ersetzt. Auf Grund des § 1 Absatz 2 GewO sowie des Fehlens einer separaten Bestandsschutzklausel ergibt sich, dass Erlaubnisinhaber, die die jeweilige Erlaubnis vor dem Inkrafttreten der Verschärfung der Qualifikationsanforderungen erhalten haben, diese weiterhin nutzen können. Will die handelnde natürliche Person (Einzelunternehmer, Gesellschafter einer Personengesellschaft oder gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person) jedoch im Rahmen einer neuen (anderen) Erlaubnis tätig werden, ist hierfür die Sachkunde erforderlich.

Interessant ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob sich die Bestandsschutzklausel des § 1 Abs. 2 GewO auch allein an eine juristische Person richten kann. Dies ist zumindest theoretisch möglich, da sich hinter dem Wort „wer“ dem Sinn nach auch eine juristische Person als Gewerbetreibende verbergen kann. Somit könnte man in diesem Fall vermuten, dass ausgehend von der Bestandsschutzregel die Erlaubnis der juristischen Person auch dann fortbestehen kann, wenn zukünftig auch deren neue Geschäftsführer nur über eine 80h-Unterrichtung verfügen.

Die Sachkunde ist überdies ebenfalls erforderlich, wenn eine durch die o.g. Bestandsschutzregel geschützte natürliche Person selbst als Wachperson in Bereichen tätig werden will, für die die Sachkunde erforderlich ist. Grund hierfür ist, dass sich die Bestandsschutzklausel explizit an die Tätigkeit als Erlaubnisinhaber richtet.

Betreffend die Tätigkeit als Wachperson gelten darüber hinaus die Übergangsregelungen des § 23 Abs. 1 und 2 BewachV:

§ 23 Abs. 1 BewachV
Hier bescheinigt der Gewerbetreibende (oder ehemalige Gewerbetreibende oder eine von ihm hierfür bevollmächtigte Person, deren Vertretungsmacht noch wirkt), dass die Wachperson am 31. März 1996 in einem Bewachungsunternehmen mit Bewachungsaufgaben beschäftigt war. Die betroffene Wachperson benötigt somit (auch zukünftig) keinen Unterrichtungsnachweis.

§ 23 Abs. 2 BewachV
Hier bescheinigt der Gewerbetreibende (oder ehemalige Gewerbetreibende oder eine von ihm hierfür bevollmächtigte Person, deren Vertretungsmacht noch wirkt), dass die Wachperson am 01. Januar 2003 seit mindestens drei Jahren befugt mit damals sachkundepflichtigen Tätigkeiten betraut war. Die betroffene Wachperson benötigt somit (auch zukünftig) keinen Sachkundenachweis für Tätigkeiten als Wachperson. Sie erstreckt sich nach dem Sinn der Vorschirift nicht auf Tätigkeiten als Unternehmer oder Betriebsleiter.

In allen vorgenannten Fällen ist nicht vorgesehen, dass eine Behörde Bescheinigungen über das Erfordernis oder Nicht-Erfordernis bestimmter Qualifikationen ausstellt.


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